Butterbomb

Yves Rochers Marketing ist mir ein Dorn im Auge: das Greenwashing, die angeblichen minus-50%-Angebote, etc. Alles sehr suspekt. Aber ich mag die Produkte, besonders im Skin Care-Bereich. Die Parfums hingegen sind ein Hit Or Miss, also war ich anfangs skeptisch gegenüber dem Neuzugang der So Elixir-Familie eingestellt. Nie hatte ich erwartet, dass mich dieser Spontankauf dermaßen überzeugen würde. Der Kaufgrund war der günstige Preis und weil ich einen Alltagsduft brauchte, der zu allem passt.
So Elixir Bois Sensuel ist eindeutig ein gourmandiger Winterduft. Ich rieche viel sinnliche Vanillle, süßen Karamell und schweren Honig, wobei eine leicht herbe, fast maskuline Würze die ersten Minuten dominiert. Über die Stunden wird er runder und weicher bis nur ein Hauch von Vanillezucker auf der Haut verbleibt und dann sanft abklingt. Ich erwische mich oft wie ich an mir selber schnüffle - so lecker! Auf der Kleidung hält er überraschend lang, nämlich paar Tage.

Übrigens wurde ich noch nie so oft auf ein Parfum angesprochen. Nicht nur ein "Oh, Sie riechen aber gut", sondern "Schreiben Sie mir genau auf wie es heißt und wo ich es kaufen kann".

Der Geruchssinn ist sehr interessant. Das Riechsystem ist außergewöhnlich direkt mit den Teilen des Vorderhirns verknüpft, der unter anderem eine essentielle Rolle bei Emotionen und dem assoziativen Gedächtnis spielt, während andere sensorische Bahnen aufwändig mit dem Thalamus verschaltet sind, bevor sie überhaupt die Großhirnrinde erreichen. Viel neurobiologisches Blabla, aber was ich sagen will: Gerüche werden anscheinend ohne viel Umwege in unserem Gehirn verarbeitet und sind eng mit Gefühlen assoziiert.
Dass der Duft bei Parfumo so schlecht ankommt, macht mich ein wenig traurig, denn ich habe eine persönliche Geschichte mit ihm. Bright Crystal ist das erste Parfum, das mir von einem Mann geschenkt wurde. Mein Liebster hatte sich ihn selbst ausgesucht für mich, nach langen heimlichen Besuchen in Parfümerien. Er schob mir ein kleines Paket zu meinem Geburtstag hin, das er blöderweise vergessen hatte einzupacken. Das prachtvolle Glasflakon leuchtete verheißungsvoll aus dem rosa Karton, und neugierig sprühte ich mein Handgelenk unter dem nervösen Blick meines Freundes ein. Oh nein... Ein kleiner, unangenehmer Blitz durchzuckte mein Schädelinneres. Es stach in meiner Nase und die penetrante zitronige Note passte eigentlich nicht in mein Beuteschema. Aber meinem Liebsten gefiel er so gut, dass ich jeden Morgen den rosa Kristall auftrug und versuchte die synthetische und bohrende Eröffnung der Pfingstrose zu ignorieren, denn nach einiger Zeit ließ sie nach und gab einen weicheren, fruchtigeren, sommerlichen Körper frei, den ich interessant und für gut befand. Es war übrigens Anfang Frühling, um die Zeit im Jahr wo er noch mit seinen kühlen Händen an die Tür klopft, und Tag und Nacht die ersten Blütenknospen aus den eisigen Knollen zieht.
Der besagte Duft begleitete uns bei all unseren Frühlingswanderungen im Wald, romantischen Candlelight-Dinnern, Museumsbesuchen, langen Spaziernächten an der Donau, und als der Frühling klanglos in den Sommer überging.
Bald fiel mir auf, dass ich durch einen einzigen Spritzer immer ein bisschen glücklicher wurde, denn dieser Duft hatte sich verwoben mit zahlreichen herrlichen, liebevollen Erinnerungen. Ich konnte die Kopfschmerznote nicht mehr wiederfinden, und verstand nicht, wieso mir diese fruchtig-freche Komposition zu Beginn unsympathisch war. Wie sehr Erfahrungen die Sinneswahrnehmung beeinflussen können...

Der Name ist Programm : Dieser Versace riecht kristallklar und "hell". Er hat Ecken und Kanten, ist trotz alldem schön, fröhlich und luminös. Achtung: Er kann wiederum in der falschen Nase kratzen. Ich liebe ihn und werde ihn definitiv nachkaufen.

Ich würde Bright Crystal selbstbewussten Frauen jeden Alters ans Herz legen, die gerne lachen, sich ohne Gedanken in die dreckige Wiese legen um die Sonnenstrahlen zu genießen, die Leichtigkeit im Alltag suchen und einfach gut riechen wollen.

Das erste Mal begegnete ich Yves Saint Laurents "Manifesto L'Elixir" im Duty Free Shop. Aufgeregt, und unter Zeitdruck stehend, hatte ich bereits eine Myriade an Parfüms an allen erdenklichen (in der Öffentlichkeit zeigbaren) Stellen meines Körpers getestet, und obwohl keine Kaffeebohnen zur Entspannung und Neutralisierung meines gereizten Riechorgans in Sicht- oder Reichweite waren, griff ich trotzig nach dem schlanken, eleganten violetten Glasfläschen und sprühte großzügig auf einen Papierstreifen. Und wow... Dieses Wässerchen fiel auf. Nicht weil seine Duftnoten "schrien" oder sonst "laut" waren, sondern weil es so butterweich meine Sinne umspielte, dass ich kurz die Hektik des Flughafens vergaß... Es reichte in diesem Moment knapp nicht für den Kauf, aber er tätowierte sich in meine Hirnwindungen... Ausgerechnet mit seiner Sanftheit.

Paar Tage später. Ich musste Manifesto nochmals in der Parfümerie testen, denn meine Urteilskraft im Duty Free Shop war ziemlich geschwächt als ich ihn ausprobierte. Also nochmals ein Papierstreifen-und-dann-Handgelenk-Test. Die Vanillewolke riecht, wie in meiner Erinnerung, lecker und weich. Verführerisch und weiblich. Die holzigen, blumigen Noten bleiben im Hintergrund und wärmen die Komposition "von innen". Ich muss diesen Duft meinem Freund zeigen, denn keine Person muss mich so oft riechen wie er. Er verzieht die Miene und meint: "Riecht wie ein Duschgel." Okay. Auch wenn ich es nicht wahrhaben will - er sollte recht behalten! 20 Minuten später verwandelt sich die tiefe, sinnliche Vanille durch das Wechselspiel mit meiner Hautchemie in ein Dove Duschgel, nur noch seifiger und intensiver. Ach, wie frisch geduscht fühle ich mich, sauber und... Warte, irgendwie kriege ich Kopfschmerzen von dem Zeug. Die Assoziation mit dem Duschgel kriege ich sowieso nicht mehr aus dem Kopf. Tant pis! Trotzdem, sympathisch, dieser Manifesto.