Calliste

Kommt da jetzt Liz mit Katzenaugen und im vollen Ornat mit allen Insignien
Ober- und Unterägyptens auf uns zu? Nein, das nun wirklich nicht.
Der Name gibt wirklich Rätsel auf. Auch die Webside des amerikanischen Modelabels Tocca gibt nicht wirklich Auskunft darüber: "Inspired by the Mediterranian Seductress" steht da.
Was da inspired sein soll, verstehe ich irgendwie nicht. Vielleicht sehen "mediterrane Verführerinnen" für amerikanische Werbetexter aus wie die blonde Diana Krüger in Troja, "Helena" hätte viel besser zu dem hellen Duft gepasst. Wir haben auf jeden Fall eine komplexere Vorstellung von einer ägyptischen Königin.

Abgesehen davon ist "Cleopatra" ein wirklich freundliches, nettes Sommerdüftchen. Nichts Großes oder Dramatisches, unkompliziert ist er wie ein luftiges Baumwollsommerkleid.
Viel Frucht, mehr Pfirsich als Johannisbeere, das Ganze etwas weinsüffig.
Ein goldiger Champagner, mit Peach-Likör zum aparten Sommercocktail aufgepeppt.
Das macht Laune und so kann man sich den lieben langen Tag, den man leider im Büro oder im Geschäft während der Sommermonate verplempern muss, auf den wohlverdienten Feierabend, einschließlich des Drinks auf der Terrasse, freuen.

Übrigens, die Flakons der Toccaserie sind spektakulär, ein wunderschöner Handschmeichler aus Glas, gekrönt von einem richtig schweren, mit Blüten verziertem Messingverschluß.

Für sich genommen ist dieses "Vapeurs de Parfum", was immer das auch bedeuten mag, ein ganz schönes, angenehmes Sommer-Eau de Cologne. Leicht, sonnig, fruchtig, hat es den gleichen Effekt einer erfrischenden Dusche nach einem Tag am Strand. Eingecremt, mit After Sun gepflegt, Deo drauf,
so kann man wieder der abendliche Promenade zustreben, den Sonnenuntergang genießen und schauen, was an diesem Abend noch so alles laufen wird.
So weit, so gut, ein Fraicheur, wie es viele gibt. So fischig wie "Womanity" finde ich es nicht, bei mir bleibt es zart, fruchtig, sanft. Also ganz nett.

Was einem jedoch die Sache übel aufstossen lässt, sind zwei Dinge:
1. den "auf Teufel komm raus" marktingstrategische Mißbrauch des Klassikers "Opium", denn damit hat das putzige Wässerchen nun wirklich nichts zu tun. Und...
2. den damit einhergehenden unverschämten Versuch, den Teenies als erklärte Zielgruppe auf dem Preisniveau eines richtigen Parfums das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Da bleibt nur die berechtigte Hoffung, darauf zu setzen, dass dieses Nebenprodukt so floppt, dass man es in einigen Monaten für die Hälfte des Geldes preisreduziert ergattern kann.
Dann, vielleicht, könnte man darüber noch mal nachdenken...

Carticasi ist ein kleines korsisches Dorf in den Bergen und, so wie ich es verstanden habe, das Heimatdorf der Mutter von Xavier Torres.

Von den bislang bekannten Testa Maura Düften scheint mir „Carticasi“ in der Tat der femininste Duft unter ihnen zu sein. Trotzdem scheint es mir ein ziemlich vergebliches Unterfangen zu sein, hier auf einen Rosenkavalier zu warten.

Die Düfte von Testa Maura haben allesamt eine charakteristische Eigenart:
zu Beginn explodieren sie mit einem lauten Knall, mit Aromen, die zunächst wild durcheinander zu tanzen scheinen.

Erst später beruhigt sich der Duft, und die einzelnen Elemente sind besser zu unterscheiden. Die eigentliche Aussage und die ganze Kraft der Düfte von Testa Maura liegen also weit oben in der Kopfnote.

Hier ist „Mastix“ angegeben, ein mediterranes Baumharz. Und ergo ist das Thema nicht etwa ein Strauß voller netter Blümchen oder kapriziöser Rosen. Dennoch ist sie da, die ach so vermisste Rose.

Aber zunächst einmal befinden wir uns mitten in der Macchia, zur Mittagszeit, dort wo es piekst und man sich die nackten Beine blutig schrammen kann. Die Insekten summen um die Wette und suchen die wenigen hitzeresistenten Blüten auf. Die Sonne brennt auf die Kräuter und Gräser hinab und entlockt ihnen ein Feuerwerk an Aromen: harsch, bissig, harzig, grün.

Das ist ein phantastisches Erlebnis, ausdrucksstark und furios,
so unerbittlich wie die gleißende Sonne im Sommer über Korsika.
Es tut fast ein bisschen weh und ist doch so unendlich schön…

Erst später, wenn sich die Sonne neigt, die Schatten länger und die Konturen klarer werden, kann man auch die Rose erkennen, die da einsam am Wegesrand steht.
Leider gehen die Ferientage auf Korsika – wie alle Ferientage am Mittelmeer – schneller vorbei, als mir lieb ist, eine Konzession, die man wahrscheinlich bei der Verwendung reiner Naturprodukte machen muss.

Feigendüfte sind "in", spätestens seit dem Erfolg von Diptyques "Philosykos" gehören sie mittlerweile zum beliebten Sommerrepertoire der Parfumeure.
Sie bieten uns die Möglichkeit einer Traumreise zu mediterranen Urlaubsgefühlen.
Aber oftmals sind sie für den tatsächlichen Sommer fast zu schwer und süß ausgebaut.
Ich denke da vor allem an das vor mir ansonsten sehr geschätzte "Ichnusa"

„Officina delle Essenze“ präsentiert hier nun eine etwas modernere Version eines Feigendufts.
Prominent und kräftig steht auch hier der Duft des Feigenblattes im Zentrum, wohlgemerkt des Blattes, das grüner und knackiger wirkt, als die Frucht selbst.
Dazu gesellen sich jene Saubernoten, die Maurizio Lembo bereits in seinen andern Kreationen der Puri Linie zum Thema gemacht hat.
Diese geschickte Kombination der Sauber- und Frischenoten geben eine schönen Kontrast, oder auch Ausgleich, und schützen davor, in der süßen Frucht vollständig zu ertrinken.
Daran kann auch die gut wahrnehmbare Kokosnussnote nicht ändern; sie wird nicht zu fett oder cocktail-exotisch, sondern sie passt sich wunderbar an.

Mir gefällt dieser schlanke Feigenduft außerordentlich gut, und auch das erwartete Ausklingen der rein natürlichen Essenzen kommt mir nur gerade recht, denn bevor ich mich an der gierigen Intensität der Feigen satt gerochen haben und sie droht, mir gewaltig auf die Nerven zu fallen, wird sie langsam milder und milchiger. Dennoch nehme ich den Duft ordentliche 4-6 Stunden wahr.
Meiner Meinung nach ist das neue "Puro Fico" eine ausgesprochene Empfehlung für den kommenden Hochsommer und schafft es auf meine Wunschliste.

Was für ein Versprechen dieser Flakon macht:
Er liegt in einem roten Seidenboudoir, versteckt im goldenen Palastkästchen, exclusiv und verheißungsvoll.
Die Peitsche, die Seidenstrümpfe, alles Erotik pur, und nicht zuletzt die Granate selbst, einen wahren Aufruhr an Temprament und Esprit erwartet man da doch.

Der geneigte und freudig gespannte Liebhaber betritt die vermeintliche Liebeshöhle.
Aber anstatt der rotharrigen erfahrenen Lola sitzt da auf dem roten Samtkissen eine Lolita, maulend, verwöhnt, capriziös und mitnichen mitreißend.
Erstmal muß sie sich noch die Fingernägel zu Ende lackieren, pink-rosa ist ihre Wahl, nicht rot.
Die ganze Bude stinkt nach dem Zeug. Der Drang des Liebhabers bekommt den ersten Dämpfer.
Um die Zeit des Lacktrocknens zu überbrücken; vorher will sie ihn nicht küssen; bringt die Süße erstmal die faulig müffelnden Rosen vom letzten Besuch des Gönners weg, um dann den neuen Strauß gelangweilt entgegenzunehmen. Ein bißchen ärgert sich Monsieur über ihr Desinteresse. Flugs bringt dieses raffinierte kleine Luder ihm einen blümeligen dünnen Tee, damit der Alte sich wieder beruhigt.
Dann zieht sie pflichtgemäßig die erwartete Peitschennummer durch, vorsichtig und sehr langsam, eher lahm und routiniert, mehr traut sie ihrem alternden Liebhaber sowieso nicht zu.
Der nachmittägliche Besuch bei seiner Maitresse verstreicht auf diese Weise ziemlich unspektakulär.
Etwas entäuscht und gelangweilt macht sich Monsieur bald wieder auf zu seinen Geschäften und eigentlich bestätigen sich seine Zweifel aufs Neue, ob sich der Unterhalt dieses Boudoirs mit den Zuwendungen für seine zugegenermaßen hübsche Maitresse überhaupt noch lohnt.