Chnokfir
Verbale Interaktion chnokfir mit Parfum
vor 11 Jahren - 04.04.2013
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Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 4

Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 4

Unendliche Duft-Shopping-Abstinenz

Vor genau einem Monat habe ich mir jetzt meinen Fuss gebrochen und genau so lange habe ich jetzt meinen königsblauen Liegegips.

Da rotte ich jetzt so seit vier Wochen in meiner Wohnung im dritten Stock vor mich hin und irgendwie hat es was von 'Fenster zum Hof'. Also nicht wirklich, aber irgendwie schon. Die Farben sind nicht ganz so pastellig, auch wenn hier seit vier Wochen keinen einzigen Tag mal die Sonne länger als eine Vierstunde raus kam und das ist auch schon wieder eine Woche her. Es hat wohl auch noch keinen Mord in der Nachbarschaft gegeben aber ich kann ja nicht den ganzen Tag mit dem Spannerglas ... zumal die Koordination ein wenig schwierig ist, denn wir haben Fenster nach Norden, Osten und Süden raus und in jeder dieser drei Richtungen gibt wirklich interessante Fenster mit interessanten Nachbarn. Aber ich bin ja nicht James Stewart, SIE hat auch keine Ähnlichkeiten mit Grace Kelly und Alfred Hitchcock erteilt mir keine Anweisungen. Wenn man so den ganzen Tag nur dumm herumliegt, denn lange sitzen soll ich nicht und herumhumpeln auch nur, wenn ich aufs Töpfchen muss, dann will der Kreislauf nicht so in Schwung kommen. Ich bin kein Kaffeetrinker, meine Nieren meinen immer, ich müsse umgehend die siebenfache Menge, die hinein ging, wieder ausscheiden - kein Vergnügen mit Liegegips. SIE weigert sich mittlerweile auch mir RedBull mitzubringen - ich wäre dadurch immer so "aufgewühlt".

Also liege ich auf der Couch und tue das, was man im allgemeinen dem typischen Hartz-IV-Empfänger zuschreibt - ich glotze TV. Nur leider nicht das Programm, welches Nina Hagen so schön besungen hat. In meiner Verzweifelung betätige ich schon zwei mal täglich den Sendersuchlauf, in der Hoffnung, das der Münchner Kabelanbieter doch bitte irgendeinen halbwegs vernünftigen Sender neu einspielt - tut er aber nicht. Dummerweise kann ich DMAX nur zwischen 18:00 und 24:00 schauen, ansonsten kommt da so ein grottiger Münchner Lokalsender. Arte ist toll, aber für mich als alten Lateiner auf Dauer leider zu frankophil. Ich kenne mittlerweile alle Automarken mit 'O', ich komme nur nicht durch, um einmal vor Fernsehdeutschland laut 'Püschoooooo' sagen zu können. Nach gut einer Stunde HSE - oder war es QVC? - wusste ich auch, dass ich und die Produkte von Herrn Glöööckler nicht kompatibel sind. Inzwischen habe ich auch schon alle meine Lieblings-DVDs mehrfach geguckt und auch meine Freunde können mir schon keine interessanten neuen DVDs mehr ranschaffen.

Ich habe neben Düften und schöner Gebrauchskeramik noch eine andere Leidenschaft - Bücher. Es sind knappe 1400 mittlerweile. Ich sollte sie mal zählen, dann wäre ich ein wenig beschäftigt. Nun, ich konnte in den vergangenen Monaten meinen SUB, den Stapel ungelesener Bücher, ein wenig abbauen, doch ein wirkliches Vergnügen ist das auch nicht. Zum einen ist der Blutdruck ja im Keller und ich werde sehr schnell müde und oft fallen mir einfach die Augen zu. Dann also wieder 20 Seiten zurück, um wieder in die Story rein zu kommen. Und wenn man in 30 Tagen 18 Bücher liesst, dann weiss man auch nicht mehr wirklich, was man denn gerade gelesen hat, von Handlungen, Personen oder Namen mal ganz abgesehen. Ich lese jetzt mehr Zeitschriften, das ist besser! Fragt sich nur, wie lange noch!?

Ein wirkliches Drama ist die Nahrungsbeschaffung. Ich bin auf Gedeih und Verderb IHR ausgeliefert! Ich kann nur essen, was SIE einkauft und was SIE kocht. Und SIE kocht immer so salz- und gewürzarm und weigert sich inzwischen mir TK-Kost in Form von Pizzas mitzubringen ... lassen wir das. Ich habe schon versucht, selber für mich was zu bruzeln, aber ich kann in dem Gips nicht richtig gut stehen, das wäre schon zwei mal fast ins Auge gegangen. Also lasse ich das. Ich habe mittlerweile alle örtlichen Bring-Dienste bis auf zwei - die sind spooky - ausprobiert und mir Pizza und Asiatisch kommen lassen. Gut dass mein Appetit, mein Magenfassungsvermögen und die Mindestbestellwerte kompatibel sind. Leider habe ich inzwischen keine Barmittel mehr, SIE will mir dafür kein Geld mehr leihen und anschreiben ist auch nirgends möglich. Leute, legt euch unbedingt mittelgrosse Barreserven unter die Matratze oder sonstwo, wo ihr notfalls auch auf allen Vieren rankommt, an. Ich werde es tun, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!

Mittlerweile wird mir echt fad. Ich komme nicht mehr raus, spreche immer nur mit den paar wenigen Menschen, die mich entweder besuchen oder anrufen und sehe jeden Tag immer nur das selbe. Und ich rieche auch immer nur das selbe!!!

Und das ist echt sowas von fies! Ich gehe ab und an online und sehe hier bei parfumo, was da draussen denn so los ist. Da schreibt der eine von einem tollen Duft, der genau in mein Beuteschema passt und der nächste kündigt an, was jetzt gerade in diesem Augenblick gerade neu in die Regale kommt. Und ich kann nicht daran teilhaben! Gut, ich habe eine nicht gerade kleine Menge an Düften. Aber nur ein kleiner Vorrat für den täglichen Gebrauch - siehe Fotos - ist in erreichbarer Nähe. Die nicht unerhebliche Mehrheit lagert, für mich unerreichbar, vier Stockwerke tiefer im kühlen, trockenen, dunklen Keller. Fuck!

Ich bitte also SIE - SIE arbeitet mitten in München, im Umkreis von 5 Gehminuten von IHREM Arbeitsplatz fallen mir spontan 12 Parfumerien ein -  mir doch den einen oder anderen Duft mitzubringen. Macht SIE nicht, denn sie will nicht Gefahr laufen, dass mir der Duft nicht gefällt, oder dass SIE mir etwas falsches besorgt. Dann solle SIE mir wenigstens den einen oder anderen Tester erbetteln. Nöhö, das macht SIE auch nicht, das ist nicht IHR Ding. Gut, ich könnte jetzt jemand anrufen und den/die darum bitten, aber das finde ich auch doof. Oder im weltweiten Netz bestellen.

Aber das ist ja auch nicht Sinn der Sache, dass ich für etwas Versand bezahle oder mehr ausgebe, was ich am Flughafen wesentlich günstiger haben kann, weil ich ja im Crew-Shop, in der Ringeltaube oder im Duty-Free günstig einkaufen kann. Also halte ich zähneknirsched notgedrungen meinen noch nicht ruhiggestellten Fuss auch noch still.

Und dann darf ich mir von IHR anhören, dass ich scheinbar sehr gut damit zurechtkomme, nicht alle paar Tage durch die oben genannten Duft-Paradiese am Flughafen zu schlendern, alle möglichen Düfte an mir zu testen und ab und zu einem neuen Schätzchen ein schönes, neues Zuhause zu geben.

Hah, falsch! Ich komme nicht gut damit zurecht! Ich bin schon auf turkey! Da können mir die knappen 30 Düfte, die jetzt gerade auf Armlänge hinter mir im Regal stehen auch nicht helfen. Denn die kenne ich schon. Ich habe die letzten 30 Tage an allen 30 Düften mehrfach gerochen, mir die meisten auch aufgesprüht. Ich will was Anderes, ich will Neues!

Wenn ich nächste Woche meinen Liegegips abbekomme und dann wieder halbwegs selbstbestimmt laufen kann, sei es im Gehgips, mit oder ohne Krücken, dann will ich in die nächste Stadt, auch wenn die nur zwei Parfumerien hat. Aber ich will da rein. Ich will irgendwas Neues riechen. Irgendwas! Auch wenn ich es vielleicht nicht mag, egal! Und wenn es mir dann auch nur halbwegs gefällt, dann werde ich es kaufen, koste es was es wolle ...

Und während ich IHR dieses Versprechen so gebe, IHR die absolute Gewissheit dessen verschaffe, was nächste Woche passieren wird, da schaltet SIE von Snooker auf Eurosport zu 'Mieten, Kaufen, Wohnen' auf VOX um und fragt mich mit zuckersüsser Stimme, ob SIE mir nicht doch was Scharfes vom Thailänder bestellen soll ...

 

To be continued ...

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