Daisy

Daisy

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1 - 5 von 19
Daisy vor 12 Jahren 8 7
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
4
Duft
Thema verfehlt!
Wer hier beim Studieren der Ingredienzen über Vanille, Ambra und Guajakholz stolpert und die Angabe von Moschus oder Zeder vermisst, tut gut daran. Denn Blanc des Cotons, was frei übersetzt „weiße Baumwolle“ heißen könnte, hat mit einem, wie ich ihn nenne, Rein & Weich – Duft nicht viel gemeinsam. Wird man mit dem angegebenen Lavendel noch auf die Frische-Wäsche-Spur geschickt, entpuppt sich der Duft kurz gesagt als Gourmand der heftigen Art, gekrönt von enormer Ausdauer.

Im Auftakt zeigt sich Blanc des Cotons bittersüß, erdig-muffig und streng, fast medizinisch. Nein, hatte ich wegen der vermeintlichen Ackerboden-Note zunächst auf Iriswurzel getippt, verwerfe ich den Gedanken gleich wieder. Aldehyde sollen das sein, aha! Wie merkwürdig - mag ich sonst deren prägnante Kerzenwachsnote, so wirken sie hier doch ziemlich entstellt. Weit entfernt meine ich einen Hauch von Jasmin zu erkennen. Ausgesprochen Florales sucht man hier jedoch vergebens. Was folgt ist zugegebenermaßen ganz angenehm, jedoch von recht kurzer Dauer: zarter Lavendel, hier gar nicht krautig-struppig, sondern schön ätherisch-waldig, scheint auf einer fluffig-weichen Vanillewolke dahinzuschweben. Jene Vanille, mit ihrer vollen, leicht rauchigen Süße, verstärkt sich zu meinem Bedauern im weiteren Verlauf immens. Ist erst der letzte Lavendelzweig hinüber, erscheint der Duft ganz und gar essbar. Amber harzt gehörig, während Vanille süßt als gäbe es kein morgen mehr.

Alles in allem ist mir die Basis hier einfach zu mächtig. Die Kombination von Lavendel und Vanille mag an sich eine schöne Sache sein, nur hat Erstgenannter hier nicht genug Power, um dieser kräftig gesüßten Wattigkeit etwas entgegenzusetzen. Zum Glück ist sie nicht auch noch klebrig.

Unter einem Duft, der an weiße Baumwolle erinnern soll, verstehe ich etwas völlig anderes. Von frischer Sauberkeit, strahlender Weißheit und fröhlicher Unbekümmertheit kann man hier überhaupt nicht reden. Deshalb von mir das Prädikat: Thema verfehlt.

Wen es interessiert, dem lege ich Masaki Matsushimas Shiro (Rein & Weich in 3D) nahe oder Puro Lino von Officina delle Essenze, die sind zwar auch Italiener, aber meiner Nase nach wesentlich geschickter in Sachen Wäscheduft.

Ach, noch Eins! Bei sommerlichen Temperaturen halte ich diesen Duft für ungeeignet. Da könnte die Duftaura leicht zur Dunstglocke werden. Wenn überhaupt ist die beste Tragezeit Herbst und Winter, aber auch da besser nicht in warmen, geschlossenen Räumen mit vielen Leuten drin.
7 Antworten
Daisy vor 12 Jahren 11 6
8
Flakon
8
Duft
Sechs-Zeilen-Lektüre
Rauch, sehr kühl, weniger dicht. Und Zitronen, mild, auf subtile Art sahnig, angesüßt, eher lockere Zitronencreme, ein Scheit Holz und eine kleine kalte Zigarettenkippe. Mittelvolumig – nichts, das einem den Atem verschlägt. Schmeichelndes, gleichmäßiges Duftgebilde ohne Sperenzchen, allerdings recht flüchtig. Wirkt auf mich ungewöhnlich, aber nicht teuer. Mehr für Sie, als für Ihn. Passt im Herbst zu besonderen Anlässen; Für Couch, Fahrrad und Schreibtisch ist er nichts.
6 Antworten
Daisy vor 13 Jahren 24 14
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Veilchen à la Lutens
Veilchen – zierliche Blümchen mit samtigen, leuchtend-lilablauen Blütenblättern, dessen Anblick mich in Verzückung zu versetzen vermag und dessen frische, helle Duftnote in mir eine vergnügliche Stimmung aufkommen lässt.

Niemand, der den einen oder anderen Duft aus dem Hause Lutens kennt, wird erwarten, hier einen ganz gewöhnlichen Veilchenduft vorzufinden. Völlig zu recht, denn rein gar nichts an dieser Komposition ist so, wie man es in vielen solifloralen Veilchendüften antrifft: Sie wirken artig, schüchtern, sanft und stellen manchmal eine langweilige Biederkeit zur Schau. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Allerdings habe ich noch keinen Einzigen getroffen, der so aus der Masse hervor sticht, wie Bois de Violette.

Dieses Veilchen hier ist kein zartes, liebliches Blümelein, sondern ziemlich selbstbewusst und beinahe kess. Seinen imposanten Auftritt verdankt es nicht zuletzt einem Ensemble aus nicht näher bestimmbaren blumigen Noten. Wilde Vermutungen spare ich mir, denn ich könnte keine Einzige mit Gewissheit benennen. Egal welche blumigen Noten unser Veilchen zum Strahlen bringen, es ist prächtig in Szene gesetzt. Sein helles Leuchten schwebt über allem.

Was den Duft für mich so anziehend macht, ist dieser gewisse „Wald“-Akkord, dem ich schon bei einigen Lutens-Düften (z. B. Bois et Fruits und Féminité du Bois) begegnet bin und der mir jedesmal größtes Wohlbehagen bereitet. Mir kommt es vor wie ein Mix aus Gehölz, feuchtem Laub, Harz und trockener Erde. Hier schafft er angenehme Tiefe, nicht erdrückend oder dominant, sondern lässt dem Veilchen stets genügend Raum.

Im Vergleich hierzu wirkt das Eau de Violette de Parme von Rancé 1795 luzide und frisch und präsentiert das sanfte Grün der Veilchenblätter auf einem weich gepolsterten, dennoch sehr holzig anmutenden Fond. Nicht vergessen will ich das entzückende Borsari-Veilchen, dessen Liebreiz durch einen zarten pudrig-holzigen Fond unterstrichen wird. Jeden finde ich auf seine Weise eindrucksvoll.

Bois de Violette ist ein wunderbarer Veilchenduft, für mich der Schönste seiner Art. Er lässt sich prima im Urlaub auf Reisen tragen und wirkt auch im Büro nicht deplatziert. Den edlen Glockenflakon, der in der fürsorglichen Obhut einer lieben parfumo-Freundin den Weg aus Paris zu mir gefunden hat, und seinen kostbaren duftenden Inhalt habe ich fest ins Herz geschlossen.
14 Antworten
Daisy vor 13 Jahren 11 4
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Aus dem Gerichtssaal
Unter Vorsitz der ehrenwerten Richterin D. wurde heute in nichtöffentlicher Sitzung dem Angeklagten C. im Eilverfahren der Prozess gemacht. C. wurde vorgeworfen, er habe sich gegenüber mehreren, dem Gericht namentlich bekannten Zeugen unschicklich verhalten und diese durch seine widerwärtigen Äußerungen auf das Ärgste beleidigt.
C. trug zu seiner Verteidigung vor, er habe keine Kenntnis von derlei Vorkommnissen. Vor Jahren schon habe er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und pflege keinerlei soziale Kontakte mehr. Sein Ruf sei immer untadelig gewesen, er habe sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Derlei Verhalten sei ihm völlig fremd. In seiner näheren Verwandtschaft gäbe es jedoch ein bösartiges Individuum, das in letzter Zeit mehrfach unangenehm aufgefallen sei und durch gezielte Aktionen seinen guten Ruf zerstören wolle.
Richterin D. ordnete daraufhin die Erstellung eines Gutachtens zur körperlichen Verfassung des Angeklagten an. Da sich kurzfristig kein geeigneter Sachverständiger finden ließ, übernahm Richterin D. kurzerhand selbst diese Aufgabe. Sie stellte nach eingehender Leibesvisitation und Persönlichkeitsprüfung keine Verhaltensauffälligkeiten fest. Im Gutachten heißt es, C. sei eine lebhafte Frohnatur mit ausgeprägtem Hang zur Völlerei. Dennoch wirke er hölzern und etwas steif. Er habe keine romantische Neigung. Des Weiteren bevorzuge er stets ein gutes, zuckerfreies Dessert nach dem Hauptgang, anstatt sich bei einem beschwingten Spaziergang an der frischen Luft zu laben. Ausgeschlossen werden könne, dass C. einen widerwärtigen oder muffligen Umgangston habe. Sein Gemütszustand weise keinerlei Bitterkeit auf.
Nach den Feststellungen des Gerichts könne C. die Tat nicht begangen haben, da es ihm zweifelsfrei an den hierfür erforderlichen schlechten Eigenschaften mangele. C. wurde an Ort und Stelle von allen Vorwürfen freigesprochen. Erleichtert versicherte er, er werde sich höchstpersönlich dafür verwenden, den guten Ruf der Familie wiederherzustellen.
4 Antworten
Daisy vor 13 Jahren 14 1
6
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Dignity
Royal Delight ist einer der Düfte, bei denen in meinem Kopf wie von selbst Bilder von Menschen entstehen. Das passiert nicht oft. Meistens sehe ich gar nichts, was ich dann gern (weil es mir unerklärlich ist) darauf zurückführe, dass mich „der Duft nicht erreicht hat“. Ich bewundere diejenigen von Euch, bei denen auf ihrer Entdeckungsreise ein ganzer Film abläuft. Ich wäre schon für ein Standbild dankbar.

Der Duft ruft das Bild einer Frau um die 40 in mir hervor. Sie trägt ein maßgeschneidertes, edles, grün-braunes Tweedkostüm, dezentes Make-up und spricht in leisem, aber bestimmtem Tonfall. Sie ist in sich gekehrt und zeigt kaum emotionale Regungen. Nichts kann sie aus der Fassung bringen. Selbst ein peinliches Malheur ringt ihr nur ein entschuldigendes Lächeln ab. Eine Frau mit natürlicher Anmut und kühler Eleganz, mit Bildung und feinsinnigem Humor.

Fruchtige Noten von Bergamotte und Mandarine eröffnen einen wunderschönen blumigen Reigen. Jasmin, der sich als Hauptakteur im gesamten Duftverlauf recht manierlich und vornehm, dafür weniger verführerisch präsentiert, wird begleitet von einer eher schüchtern auftretenden Rose. Die angegebenen Veilchenblätter kann ich als solche nicht wirklich ausmachen; möglicherweise nehmen sie dem edlen Duett jedoch etwas von seiner sonst üblichen Opulenz.

Diese charmante, unaufdringliche Blumigkeit wird aufgefangen von einem der schönsten Fonds, die mir bisher begegnet sind. Seine Wärme ist so wonniglich, seine harzige Süße nur angedeutet. Seinen besonderen Charakter verdankt der Duft jedoch einem eindrucksvollen, samtig-feinen Lederakzent, den ich kaum zu beschreiben vermag und zu dem mir jeglicher Vergleich mit anderen Parfums (noch) unmöglich ist. Na, vielleicht gibt es doch eine gewisse Ähnlichkeit mit der Ledernote in Piguets Visa.

Ich kann mir vorstellen, ihn auf Arbeit oder bei einem Restaurantbesuch zu tragen. Ein geeigneter Herbst-Kandidat für beiderlei Geschlecht mit großem Faszinations-Potential.

(in der Duftnoten-Aufzählung oben fehlt türkische Rose, in der Basisnote noch Sandelholz und Vanille)
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