unbewusste Wiederholung bedeutet Prägung
Kennt Ihr das? Wenn uns wiederholt ein Duft begegnet , der uns wie magisch in den Bann zieht?
Wenn man noch sehr jung ist, muss das ja nicht gleich was großes bedeuten, weil Jugend, auch aufgrund
der noch relativ geringen Sachkenntnis, eher leicht zu begeistern ist. Wenn es aber dann ein zweites und drittes mal im Abstand einiger Jahre wiederholt passiert, darf man mit Recht davon ausgehen, dass „der Nerv getroffen“ ist.
So erging es mir mit meinem Signaturduft L‘air du temps. Wie lang hab ich doch gebraucht
zu verstehen, dass „Nerv getroffen“ am Ende „unausweichlich“ bedeutet. Die erste Ahnung des Duftes bekam ich mit 14 durch die Nachbarin, die während eines netten Smaltalks „zufällig“ den Rest eines Pröbchens über den Gartenzaun reichte, mit dem sie gerade herumgespielt hatte. Herstellerproben waren damals winzige Glasröhrchen, kleiner noch als solche für Kuchenbackaromen. Der Dorn des Plastikknopf-deckels war eingehängt in den Rücken einer zusammengelappten Infokarte. Vordergründig der Täubchenflacon im Bild, im Hintergrund suggestiv ein am Strand spazierendes Mädchen, von Schleiern zart umweht. Die Stimmung erinnerte an die Postkarten des damals aktuellen Fotokünstlers David Hamilton und so bewahrte ich das Probenkärtchen zusammen mit meiner kleinen Sammlung auf. Wenn ich sie mir ansah, schnupperte ich natürlich auch immer mal wieder. Was mich stets entzückte. Und trotzdem grundlos skeptisch machte. Innerlich kopfschüttelnd versagte ich mir den Duft zu mögen. Geht nicht an, sagte ich mir, dass dieser Duft genauso schön ist wie die Bilder, das muss ich mir einbilden. (Smile!) Heute amüsiert mich diese grandiose Selbstsabotage der Jugend und die Erkenntniss, dass ich Jahre brauchte um meiner Nase vorbehaltlos zu vertrauen, obgleich sie doch sofort überzeugt war. Um das nachhinkende Gehirn ebenfalls zu überzeugen brauchte es nämlich noch eine weitere, vergleichsweise größere Menge dieses Duftes, den ich etwas später als Auszubildende in Form eines Minis bekam. Hab vergessen durch
welchen Umstand. Selbstgekauft jedenfalls nicht. Doch sofort stimmte mich der wohlgeruch glücklich und ich ging recht sparsam damit um. In einer ledergefütterten Knipsbörse bewahrte ich den Miniflacon
auf. Obgleich ich damals noch nicht viel von Düften wusste war das eine gesegnete Idee. Als der Mini nämlich endlich aufgebraucht war duftete das Lederfutter noch sehr, sehr lange nach. Einige Jahre später, brach dann die Erkenntniss der „Signatur“ endlich durch. Gelegentlich erinnert durch das duftende Leder,
wusste ich auf einmal dass L’air du Temps nichts anderes war als „mein“ Duft. Ich sehnte mich plötzlich so eindeutig danach, dass ich alsbald meinen ersten 30ml Sprühflacon kaufte. Mein erster bewusster Parfüm-einkauf auf „erwachsene“ Art, den ich anhaltend wiederholen sollte, bis heute. In all der Zeit ist mir L’air du Temps nie langweilig oder überdrüssig geworden.
Wie fandet ihr zum Signaturduft?
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Duftpsyche
https://www.bing.com/videos/search?q=brel%20madame%20videos&FORM=VIRE0&mid=515FE31BC355A334F986515FE31BC355A334F986&view=detail&ru=%2Fsearch%3Fq%3Dbrel%20madame
oder in der Version für den deutschsprachigen Raume - kicher :
https://www.bing.com/videos/riverview/relatedvideo?q=HELTAU%20MADAME&mid=8CBCA2449C42BA957BE18CBCA2449C42BA957BE1&ajaxhist=0
https://www.youtube.com/watch?v=BWv5aNkwQg8
Schon immer, seit ich hier bin, habe ich "Le Musc & La Peau" mehr als alles andere getragen. Der riecht nach mir, nach zu Hause und gleichzeitig In-der -Welt-Sein, nach Alles-ist-richtig statt So-tun-als-ob. Weil das OG so schwach und leise ist, hat allerdings keiner gemerkt, wie oft ich den trage. Jetzt gibt es endlich ein Extrait. Das musste auch noch kurz reifen, aber jetzt sind wir startklar. Mein Duft und ich.
,Mit 15 Jahren bekam ich von meiner Patentante Nina Ricci L air du Temps geschenkt.
Der Flakon war wunderschön, aber den Duft mochte ich damals eigentlich nicht besonders.
Ich nehme es zum Anlass ihn nun Jahrzehnte später erneut zu testen.
Danke für Deinen Artikel!!
Reizüberflutet und hyperschnell informiert (oder influenced) findet man nicht irgendwann seinen Duft, man wird zunehmend beeinflusst, was man mögen und konsumieren muss.
Ließ David Hamilton 1975 noch völlig offen, wer sich von einem weichgezeichneten Mädchen am Strand angesprochen gefühlt werden möchte (heutzutage leider zweifelhaft konnotiert, die Bilder und die Motive sind aber noch immer sehr schön), so sind die Influencer von heute sehr viel direkter.
Und ging man als Backfisch vor 50 Jahren mit einem L’air du Temps Mini über Monate oder Jahre hinweg schwanger, so werden die 100 ml Aventus heute en passant per PayPal geschossen und binnen Wochen verkonsumiert.
Bin ich ein Kulturpessimist?