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Duftpsyches Blog
vor 7 Monaten - 28.03.2025
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unbewusste Wiederholung bedeutet Prägung


Kennt Ihr das? Wenn uns wiederholt ein Duft begegnet , der uns wie magisch in den Bann zieht?
Wenn man noch sehr jung ist, muss das ja nicht gleich was großes bedeuten, weil Jugend, auch aufgrund
der noch relativ geringen Sachkenntnis, eher leicht zu begeistern ist. Wenn es aber dann ein zweites und drittes mal im Abstand einiger Jahre wiederholt passiert, darf man mit Recht davon ausgehen, dass „der Nerv getroffen“ ist.
So erging es mir mit meinem Signaturduft L‘air du temps. Wie lang hab ich doch gebraucht
zu verstehen, dass „Nerv getroffen“ am Ende „unausweichlich“ bedeutet. Die erste Ahnung des Duftes bekam ich mit 14 durch die Nachbarin, die während eines netten Smaltalks „zufällig“ den Rest eines Pröbchens über den Gartenzaun reichte, mit dem sie gerade herumgespielt hatte. Herstellerproben waren damals winzige Glasröhrchen, kleiner noch als solche für Kuchenbackaromen. Der Dorn des Plastikknopf-deckels war eingehängt in den Rücken einer zusammengelappten Infokarte. Vordergründig der  Täubchenflacon im Bild,  im Hintergrund suggestiv ein am Strand spazierendes Mädchen, von Schleiern zart umweht. Die Stimmung erinnerte an die Postkarten des damals aktuellen Fotokünstlers David Hamilton und so bewahrte ich das Probenkärtchen zusammen mit meiner kleinen Sammlung auf. Wenn ich sie mir ansah, schnupperte ich natürlich auch immer mal wieder. Was mich stets entzückte. Und trotzdem grundlos skeptisch machte. Innerlich kopfschüttelnd versagte ich mir den Duft zu mögen. Geht nicht an, sagte ich mir, dass dieser Duft genauso schön ist wie die Bilder, das muss ich mir einbilden. (Smile!) Heute amüsiert mich diese grandiose Selbstsabotage der Jugend und die Erkenntniss, dass ich Jahre brauchte um meiner Nase vorbehaltlos zu vertrauen, obgleich sie doch sofort überzeugt war. Um das nachhinkende Gehirn ebenfalls zu überzeugen brauchte es nämlich noch eine weitere, vergleichsweise größere Menge dieses Duftes, den ich etwas später als Auszubildende in Form eines Minis bekam. Hab vergessen durch
welchen Umstand. Selbstgekauft jedenfalls nicht. Doch sofort stimmte  mich der wohlgeruch glücklich und ich ging recht sparsam damit um. In einer ledergefütterten Knipsbörse bewahrte ich den Miniflacon
auf. Obgleich ich damals noch nicht viel von Düften wusste war das eine gesegnete Idee. Als der Mini nämlich endlich aufgebraucht war duftete das Lederfutter noch sehr, sehr lange nach. Einige Jahre später, brach dann die Erkenntniss der „Signatur“ endlich durch. Gelegentlich erinnert durch das duftende Leder,
wusste ich auf einmal dass  L’air du Temps nichts anderes war als „mein“ Duft. Ich sehnte mich plötzlich so eindeutig danach, dass ich alsbald meinen ersten 30ml Sprühflacon kaufte. Mein erster bewusster Parfüm-einkauf auf „erwachsene“ Art, den ich anhaltend wiederholen sollte, bis heute. In all der Zeit ist mir  L’air du Temps nie langweilig oder überdrüssig geworden.
Wie fandet ihr zum  Signaturduft?
.

19 Antworten
PoesiefannyPoesiefanny vor 7 Monaten
Air du temps mochte ich früher auch mal gerne. Dann wurde er von Maritimerem überlagert. Aber es ist definitiv ein zeitlos schöner Duft. Erinnert mich immer an das Brelchanson "Madame .." ecoutez :
https://www.bing.com/videos/search?q=brel%20madame%20videos&FORM=VIRE0&mid=515FE31BC355A334F986515FE31BC355A334F986&view=detail&ru=%2Fsearch%3Fq%3Dbrel%20madame
oder in der Version für den deutschsprachigen Raume - kicher :
https://www.bing.com/videos/riverview/relatedvideo?q=HELTAU%20MADAME&mid=8CBCA2449C42BA957BE18CBCA2449C42BA957BE1&ajaxhist=0
PoesiefannyPoesiefanny vor 7 Monaten
Wie schön, dass es Du hier ähnlich empfindest. Hab noch eine leichtere deutsche Übersetzung im Gassenhauerstil gefunden, die aber weniger perfekt, doch dafür leichthändiger dargeboten wird ... und das Easygoinghafte an der leichtfertigen Madame ein wenig mehr betont ;-) ich glaube, das meinte auch Brel im Originaltext, der aber selber viel animalischer singt. Der war halt so ein Typ. Und Französisch ist natürlich per se dermaßen elegant ...wie l'air du temps.
https://www.youtube.com/watch?v=BWv5aNkwQg8
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
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ein glückliches Kichern zurück!.......und ja...kommt etwa hin.....wenn meine Assoziation dazu auch etwas leichter und verspielter ist und eher mit Luft und Natur als mit Kabaret zu tun hat...danke für diese Antwort!
CoraKirschCoraKirsch vor 7 Monaten
Ja, nicht wahr? Da ist ein Element des Sich-Ergebens drin. Ich hab es gestern (!) getan und nach über 3 Jahren "parfumo-offiziell" meine Signatur geändert, vulgo: die Tatsachen anerkannt.
Schon immer, seit ich hier bin, habe ich "Le Musc & La Peau" mehr als alles andere getragen. Der riecht nach mir, nach zu Hause und gleichzeitig In-der -Welt-Sein, nach Alles-ist-richtig statt So-tun-als-ob. Weil das OG so schwach und leise ist, hat allerdings keiner gemerkt, wie oft ich den trage. Jetzt gibt es endlich ein Extrait. Das musste auch noch kurz reifen, aber jetzt sind wir startklar. Mein Duft und ich.
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
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Das hast Du schön gesagt. " ein Element des sich-ergebens". Empfinde ich auch so. und Signaturen können sich natürlich ändern, immerhin: nur wer loslässt hat die Hände frei! hihihi !
VanillewumsVanillewums vor 7 Monaten
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Dein Artikel hat bei mir vergessene Erinnerungen geweckt.
,Mit 15 Jahren bekam ich von meiner Patentante Nina Ricci L air du Temps geschenkt.
Der Flakon war wunderschön, aber den Duft mochte ich damals eigentlich nicht besonders.
Ich nehme es zum Anlass ihn nun Jahrzehnte später erneut zu testen.
Danke für Deinen Artikel!!
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
Hihi, liebe Vanillewums, mach das, mach das...unbedingt! ....flacons sind fürs Auge, düfte fürs Herz. Und dazu ist man nicht jeden moment bereit. Bin gespannt wie es Dir geht
SloersniSloersni vor 7 Monaten
Befinde mich wieder auf der Suche, nachdem der alte (Prada L‘homme intense) zu sehr negativ belastet ist in meinem Kopf- dennoch ein sehr schöner Duft- war ja nicht umsonst Signature
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
wenn ich mir dein Profilbild so ansehe, kann ich mir vorstellen dass das gut gepasst hat, (pudrig-süß-cremig)...viel Glück bei der Suche von ähnlichem , und sehr oft sogar "besserem"....frei nach Hermann Hesse: vollkommen sein heißt, sich oft gewandelt haben.
XyzXyzXyzXyz vor 7 Monaten
Hatte schon einige. Jedes Mal Liebe auf den ersten Schnüff.
ChnokfirChnokfir vor 7 Monaten
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"grandiose Selbstsabotage der Jugend" ... das trifft es aktuell leider in vielerlei Hinsicht.
Reizüberflutet und hyperschnell informiert (oder influenced) findet man nicht irgendwann seinen Duft, man wird zunehmend beeinflusst, was man mögen und konsumieren muss.
Ließ David Hamilton 1975 noch völlig offen, wer sich von einem weichgezeichneten Mädchen am Strand angesprochen gefühlt werden möchte (heutzutage leider zweifelhaft konnotiert, die Bilder und die Motive sind aber noch immer sehr schön), so sind die Influencer von heute sehr viel direkter.
Und ging man als Backfisch vor 50 Jahren mit einem L’air du Temps Mini über Monate oder Jahre hinweg schwanger, so werden die 100 ml Aventus heute en passant per PayPal geschossen und binnen Wochen verkonsumiert.
Bin ich ein Kulturpessimist?
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
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Danke für diesen richtig tollen Kommentar! Ja, werter Chnofkir, bist offenbar ein heilloser Kulturpessimist! Smile! Zurecht, wie ich meine. ( bist mir bereits woanders angenehm aufgefallen mit deinen Ansichten!) 1975 hatte man als Teen viel weniger Möglichkeiten das für sich passende zu entdecken und zu besorgen. Dafür aber war man deutlich weniger beeinflusst. Insofern absolut frei SELBST zu wählen. Wenn es auch einen ertragbaren "Ausgrenzungs"-preis kostete, sich nicht mit dem Mainstream zu bewegen, z.b. als Einzige mit Überzeugung Kleider zu tragen wenn die ganze Klasse uniform in Jeans ging, so wurde es doch toleriert und war möglich. Während heute die tausend "personalisierten Empfehlungen" gar nicht mehr erlauben, irgendeinen "eigenen Stil" zu entwickeln. Die scheinbare Verfügbarkeit jeder Ware und Idee (via Internet) lässt weder Raum noch Lust auf Kreativität.
PistazieneisPistazieneis vor 7 Monaten
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Mit zarten 16 im letzten Jahrhundert das erste Mal den Eau Sauvage von Dior gerochen, seit der Zeit bis heute immer in meiner Sammlung.
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
Jiiiaaah! so muss es sein!
PollitaPollita vor 7 Monaten
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Cašmir kam auch zunächst als ein Mini zu mir. Ich trug in meiner Jugend lange Zeit nur den einen.
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
...genau , was ich meine! das darf gern sein, doch solang es nicht 100% den Nerv trifft, kommt es dann halt nicht wiederholt als Treffer zurück. Danke für deinen Kommentar, liebe Pollita
SchrippeSchrippe vor 7 Monaten
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Bei mir war es die Begegnung mit einem Menschen, der mir noch heute viel bedeutet. Er trug Kouros.
DuftpsycheDuftpsyche vor 7 Monaten
Huch, ihr zwei Kourios-lover....danke für die Idee...düfte in diese Richtung sind mit neu...aber vielleicht ja durchaus interessant.
VerbenaVerbena vor 7 Monaten
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Er trug Kouros! Meiner auch! Dieser Mensch eben. Bis heute liebe ich diesen Duft, was auch sonst?

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