Florblanca
Florblancas Blog
vor 13 Jahren - 22.01.2013
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Was unterscheidet ein Extrait de Parfum vom EdT oder EdP eigentlich?

Wenn wir unseren Sammlungen ein neues "Parfum" hinzufügen oder ein "Parfum" besprechen, dann handelt es sich meiner Erfahrung nach meist um ein EdT oder ein EdP, seltener um ein reines Parfum, also ein Extrait. Aber ganz abgesehen von der Konzentration - wir alle kennen die %ualen Duftstoffanteile der einzelnen Konzentrate - was unterscheidet ein Extrait von EdT oder EdP? Duftet es anders oder ist nur die Konzentration anders oder ist die ganze Zusammensetzung anders?

Wahrscheinlich treffen alle drei Vermutungen zu. Ich habe mir - insbesondere im Bereich der Vintage Düfte, also der Düfte aus dem vergangenen Jahrhundert (bis ca. 1990) - das eine oder andere Extrait zugelegt und dabei wirkliche Überraschungen erlebt.

Beispiel 1 - TABU von Dana: Das EdT ist unglaublich raumgreifend, sehr "wummsig", wie Medüschen es beschreiben würde, sehr laut und würzig. Im Gegensatz dazu ist das Extrait unglaublich fein, auch raumgreifend, aber in keinem Fall laut oder irgendwie "ordinär", sondern ganz im Gegenteil sehr subtil erotisch. Könnte man es trinken, würde ich es Liebestrank nennen!

Beispiel 2 - MON IMAGE von Lucien Lelong (mein neuer Lieblingsduft): deutet das EdT noch auf einen Chypre hin, mit einigen grünen und herben Anklängen, ist das Extrait ein absoluter Gourmandduft und recht raumgreifend. Ich kenne keinen, der weicher, cremiger, feinwürziger und kuscheliger ist, als dieser! Seine Haltbarkeit beträgt über 20 Stunden.

Beispiel 3 - L'Interdit von Givenchy (alle drei Vintage Versionen): schon das EdT hat mich begeistert, aber als ich das EdP bekam, dachte ich, ich hätte einen komplett anderen Duft vor mir. Das EdT ist frisch, grün-blumig und lebhaft, das EdP im Gegensatz sehr tief und warm, hat aber noch immer die gewisse grüne Note, die mitschwingt. Diese grüne Note geht dem Extrait komplett ab. Es ähnelt sehr dem EdP, ist aber weniger tief, dafür eleganter, femininer als jenes. Bei diesem Duft liebe ich alle drei Versionen. Das EdT eignet sich bestens für jeden Tag und jeden Anlass, das EdP ist die Version für besondere Anlässe und zum Ausgehen und das Extrait verwende ich nur für meine ganz persönlichen Momente. Die Haltbarkeit ist beim EdP am besten.

Beispiel 4 - Parure von Guerlain: Dank Coriolon bin ich im Besitz eines Extraits und kann es somit gut mit meinem EdT vergleichen. Entgegen allen meinen Erwartungen ist das Extrait von Parure eindeutig subtiler und körpernaher, das EdT dagegen frischer und raumgreifender. Diese leicht zitrische Frische des EdT geht dem Extrait vollkommen ab. Es ist in sich geschlossener und matter. Es wirkt auf mich wie ein seidener Umhang der sich ganz nah an den Körper schmiegt. Das EdT dagegen bildet eine Duftwolke um mich herum. Beide zusammen angewendet sind eine Offenbarung! Die Haltbarkeit des Extrait ist mit 24 Stunden enorm.

Beispiel 5 - Jicky von Guerlain: Dank Bellemorte - nochmals vielen Dank, liebe Bellemorte - durfte ich den Unterschied zwischen Extrait, EdP und EdT testen. Wow, es hat mich umgehaun. Ich liebe Jicky, aber das Extrait (und ich bin so verschossen in den Flakon) wird wohl doch nicht bei mir einziehen. Aber der Reihe nach: das EdT ist von Anfang an ein wunderschöner, sehr feiner Duft, bei dem die Zibetkatze nicht groß zu Wort kommt. Dagegen beim EdP (meine Lieblingsvariante) ist die Katze schon deutlich zu vernehmen und hält sich länger als eine Stunde, bevor es wieder das schöne Jicky wird. Das Extrait kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Es dauerte geschlagene 12 Stunden, bevor die Zibetkatze sich verzogen hat und den anderen Duftbausteinen den Raum überlies. Auch ist das Extrait wesentlich lauter, raumgreifender und anhaltender als das EdP. Die animalische Note des Extrait ist mir eindeutig zu laut und zu unangenehm. Der Unterschied zwischen Extrait und den anderen Konzentrationen ist so groß, dass ich fast den Eindruck gewann, zwei verschiedene Düfte vor mir zu haben. Einfach sensationell! Von der Haut ist der Duft längst runter, aber auf den Duftstreifen kann ich noch nach vielen Tagen das EdP (jetzt nur noch sehr leicht und fein) und das Extrait (noch immer mit animalischem und einem leicht rauchigen Einschlag) wahrnehmen.

Beispiel 6 - Ysatis von Givenchy: Das ein Duft als EdT und als Extrait SO unterschiedlich duften kann wie im Falle von Ysatis, hat mich wirklich verblüfft. Das EdT weist gewisse scharfen Kanten auf und eine gute Portion Herbheit, die das Extrait überhaupt nicht hat. Es ähnelt meinem kleinen Mini aus den 90er Jahren sehr viel stärker, als das EdT. Es ist unglaublich weich, fast cremig in seiner Blütenfülle und zeigt keinerlei Spitzen oder Schärfe, auch nicht die durchaus vorhandene Kratzigkeit des EdT. Beinahe habe ich das Gefühl, hier zwei verschiedene Düfte vor mir zu haben!

Ich werde meine Erfahrungen mit den unterschiedlichen Konzentrationen weiterschreiben, denn mir ist der Unterschied deutlich aufgefallen und vllt. hat die/der eine oder andere unter Euch auch solche Erfahrungen gemacht.

Lieber JOE, lieber Dannyboy, das Geheimnis ist eigentlich gar keines. Es kommt natürlich oft vor, das gerade die Extraits von Vintage Düften an Flüssigkeit verloren haben, i.d.R. ist es der Alkohol. Hier befolge ich nur den Rat von Ramón Monegal, die Düfte bis zum Hals mit 70%igem Ethanol aufzufüllen, um sie zu erhalten und zu schützen. Das kann über kurze Zeit zur Eintrübung führen, wegen der Schwebstoffe, das beruhigt sich aber innerhalb von ca. 2 Wochen. Der Duft selbst nimmt durch die Eintrübung keinen Schaden.

Die Kopfnote solch alter Düfte ist jedoch meist nur noch in Ansätzen vorhanden, der Rest ist oxydiert. Im Grunde stört mich das nicht sonderlich, denn die Kopfnote ist ja nur der Auftakt und meist recht schnell verflogen. Mit dem Kauf des "Glamour" von Bourjois hatte ich ausgesprochenes Glück. Der Parfumflakon war so fest verschlossen, dass selbst die Verdunstung des Alkohol nur minimal war und hier auch noch der größte Teil der Kopfnote erhalten war.

Bevor ich kaufe, schaue ich mir die Beschreibung, die Bilder und den Verkäufer sehr genau an. Seriosität ist oberste Regel. In 99 % der Fälle hatte ich bisher auch Glück. Nur zwei der Düfte sind gekippt und nicht mehr verwendbar. Dafür habe ich unter diesen alten Schätzen aber auch meine Lieblinge gefunden (Mon Image und L'Interdit).

8 Antworten
LarimarLarimar vor 13 Jahren
Ich habe einen kleinen Flakon Tabu Extrait, den ich nicht hergegeben/getauscht habe, als ich meine Vintages ausgemistet habe. Es ist ganz einfach ein Referenzduft und hervorragend. Ich empfinde ihn zwar schon als 'Wummser' und als äußerst raumgreifend für ein Extrait. Für mich ist er ein Duft des Verführens mit ganz eindeutiger Botschaft 'Ich will mit dir ins Bett.'. :)
Chris hat recht - Jicky Extrait ist 'lauter' als das EdP. Ich trage daher gerne das 'dichtere' und 'lautere' Extrait im Winter und das EdP mehr im Sommer.
DannyboyDannyboy vor 13 Jahren
Toller Idee für 'nen Blog! Dass das Verhältnis vom Parfümanteil zu Alkohol und Wasser maßgeblichen Einfluss auf Sillage und Haltbarkeit hat ist ja bekannt. Interessant ist natürlich - und da gehst du den einzig richtigen Weg - wie sich das bezogen auf einen bestimmten Duft auswirkt. Denn wie sich eine Veränderung dieses Verhältnisses konkret auswirkt und ob die Formel möglicherweise angepasst wurde, lässt sich pauschal mit Faustregeln und Duftpyramiden halt nicht sagen. Das einzige Problem bei Vintages ist und bleibt nur die Kalkulierbarkeit von Alterungsprozessen. ;)
YataganYatagan vor 13 Jahren
Sehr interessant. War mir auch absolut nicht geläufig. Man denkt ja immer, dass mit steigender Konzentration auch die Intensität zunehmen müsste. JOE's zusätzliche Erläuterungen ergänzen Florblancas Info.s ideal.
Medusa00Medusa00 vor 13 Jahren
das kann ich bestätigen. jedenfalls zum größten teil. aktuell habe ich super fragrance von aigner und chanel no 5 als extraits. die haben zwar ordentlich wumms, bleiben aber im duftverlauf eher nah am körper. die haltbarkeit ist enorm. extraits haben ja einen duftölanteil von bis zu 30 %. auch durch pröbchentausch konnte ich an vielen extraits riechen. persönlich jedoch ziehe ich edp vor.
flori, du kannst jedes parfüm trinken, kicher
:
Chris185Chris185 vor 13 Jahren
Hmm, gerade die Guerlain Extraits, die ich kenne (Jicky und Shalimar), sind deutlich lauter als das EdP und schaffen eine ganz schöne Duftwolke...
CallasCallas vor 13 Jahren
Ich habe noch nie an einem Extrait geschnuppert und dachte auch, dass es konzentrierter, stärker als ein EdP duftet. Wie wird hier Sublime (z. B. Iris Nobile) zugeordnet?
PazuzuPazuzu vor 13 Jahren
Ja ganz eindeutig. Die Extrait´s die ich bisher hatte, bleiben alle dichter an der Haut und sind oft weniger laut, als das EdP.
TurandotTurandot vor 13 Jahren
Auf einer Guerlain-Duftschulung wurde uns das Extrait beschrieben als "die intimste Art, einen Duft zu tragen". Das EdP die lauteste Art und das EdT als leichteste Version, bzw. um die anderen beiden tagsüber immer mal wieder aufzufrischen.