Florin

Florin

Rezensionen
Florin vor 13 Jahren 42 23
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Ich möchte Weltenbürger sein, überall zu Hause und überall unterwegs.*
Zunächst einmal danke ich Ergoproxy noch einmal herzlich für die Überlassung dieser Probe. Das war ein Volltreffer.

Wenn man sich auf der Homepage von Humiecki & Graef nach dem Bosque umschaut, bekommt man die Bilder zweier Menschen gezeigt. Beide nicht wunderschön, beide aber in keinem Falle hässlich. Und beide sind, bis auf die reizendsten Stellen (hier prangt weißes Bettleinen) splitterfasernackt, eben wie Gott (hier in Gestalt des Photographen) sie schuf.

Aber wie schöne, frische, blütenreine Bettwäsche riecht Bosque nicht. In dieser lieblichen Mischung versteckt sich ein wenig mehr:
Man hat den ganzen Tag schon am Strand verbracht. Hat sich freilich artig mit Sonnenmilch eingecremt. Irgendwann aber, am späteren Mittag, da wird es auch in der Sonne zu heiß, also zieht man sich mit seiner Liege unter den Sonnenschirm zurück, prüft skeptisch die eigene, noch kaum vorhandene Bräune und sieht ein wenig sehnsüchtig hinaus aufs Meer. Man hört die Wellen branden, man riecht die subtile Salznote in der Brise, die das Meer mit sich trägt. Schließlich setzt man sich auf seiner Liege auf, vergräbt noch ein wenig die Zehen im feinen Sand. Ein paar Seiten des mitgebrachten Buches werden noch gelesen, aber eher halbherzig. Bald reicht es auch, es zieht auf das Zimmer zurück. Ungeduscht, ein wenig sandig, verschwitzt und platt vom süßen Nichtstun wirft man sich auf das Bett, zappt noch ein wenig umher und döst schließlich ein, nur ein halbes Stündchen. Vielleicht ein ganzes.

Schließlich ergibt man sich doch der Notwendigkeit zu duschen, After Sun zu nutzen, sich ans Buffet und schließlich ins Nachtleben zu stürzen.

Ganz plötzlich, am nächsten Morgen, ganz fein und flüchtig nur, so wenig greifbar wie das Kätzchen am Napf mit Rahm, findet man plötzlich den Duft von Bosque. Nur dann, wenn die Sonne es schafft, einen wach zu kitzeln, wenn die Vorfreude auf frisch gepressten Orangensaft, süße Ananas uns saftige Wassermelone zum Frühstück einen viel früher als im Alltag aus dem Bett lockt, dann zeigt er sich. Dann vereinen sich der Geruch der noch frischen, weißen, gestärkten Bettwäsche, die Meeresluft, die Reste der Sonnenmilch und Schweiß, die man am Tag zuvor beim Dösen selbst mitbrachte, die flüchtigen Reste vom Parfum der Nacht zu dieser süßen, weichen, cremigen Melange, die in diesem Duft eingefangen wurde.

Ausgesprochen schön ist das, aber aufregend? Erotisch? Nein. Es sei denn, man entdeckt auf einmal ein noch nicht ganz vertrautes Gesicht im Lakengewühl neben sich. Ach ja...gestern am Abend, an der Strandbar, da hatte einen ja plötzlich der blondgelockte Surferbengel/die Yoga-Trainerin mit den langen, schwarzen Haaren gefragt, was für einen unverschämt schönen Duft man da eigentlich trägt. Oh, das Frühstück muss noch einen Moment warten...

*Erasmus von Rotterdam
23 Antworten
Florin vor 13 Jahren 22 17
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Auf einen „Kurzen Braunen“ in's Sperl?
Mir behagt nicht recht, den ersten Kommentar zu einem Duft zu schreiben. Man steht so allein auf weiter Flur. Aber wenn er denn so schön ist, wie dieser...
Dabei war er, letzte Woche auf eine Feder gesprüht, ganz ok. Am nächsten Tag auf der Haut, ja, doch. Das passte schon. 50% reduziert. Dafür allemal. Heute aber, als er das erste Mal ausgeführt wurde, da...

...ja, da öffnete ich auf einmal die doppelflügelige Holztür und trat hinein, hinein in dass Café Sperl, 6. Bezirk, Gumpendorfer Straße. Wenn auch leider nur in Gedanken, waren sie alle wieder da: die Herren Ober, selbstverständlich im Smoking, wie es sich für ein Haus mit Tradition gehört. Die Herren Magister, jene, die ihre etwas abgegriffene Ausgabe von Kafkas "Der Proceß" ausführen und öffentlich lesen, die Studenten an den Karambole-Tischen.

Man atmet tief ein und riecht in dem Duft etwas Gediegenes. Der starke, würzige Kaffee, der gerade an der Theke frisch gemahlen wird, der verfliegt fast schon mit dem ersten Sprühstoß. Das ist nicht schlimm, denn schon wird Milch mit in die Tasse gegeben. Warm und aufgeschäumt. Eine Prise Zucker dazu. Und nach und nach entfaltet sich der Duft des perfekten Milchkaffees. Warm und weich, da klingt Karamell an, vielleicht von der erwärmten Milch kommend. Hin und wieder meint man, eine cremige Vanille lugt ganz kurz hervor. Eine ganz leichte Säure schwingt mit. Oder ist es eine zart fruchtige oder florale Komponente? So genau weiß man es nicht, sie scheint zu schüchtern. Fakt aber ist, dass sie das Bouquet des Milchkaffees wunderbar und harmonisch abrundet.

Später, sehr viel, später, nachdem man schon einen ganzen Nachmittag die Zeit hat passieren lassen, mit nicht viel mehr als Schauen, auf die Leuchter des Art Déco, auf die Zeitungshalter, an denen die Presse präzise aufgespießt wurde, eben auf die goldenen Zeiten von K. u. k. höchstselbst, da verfliegt das würzig-erdige des Kaffees leicht und wird klarer, blumiger. Da trägt die angegebene Rose ganz bestimmt ihr Scherflein zu bei.

Viel, viel Zeit kann man mit diesem schönen Werk von Diptyque verbringen, so schnell verlässt er einen nicht. Um 7:00 Uhr heute früh aufgetragen ist er noch immer präsent und wickelt um den Finger.

Der Duft passt hervorragend in den Frühling, wenn man endlich draußen an der Promenade sitzen kann. Im Herbst kann man mit ihm die letzten Sonnenstrahlen genießen, im Winter auf dem Fell vor dem Kamin kuscheln. Im Hochsommer ist er wohl etwas zu warm. Dann doch lieber einen G'spritzen.

Wie überaus bedauerlich, dass der Duft gerade offenbar vom Markt genommen wird. Also schnell noch einen Schluck. Einen letzten Schluck...
17 Antworten
Florin vor 13 Jahren 17 17
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Komm, erlebe "meinen" Tag!
Dieser Einladung folgend wurde ich bei schönster, lauer Luft an einen Bach geführt. Die grüne, saftige Wiese so einladend, darauf Platz zu nehmen, sich zurück zu lehnen, dem sanften Rauschen und Plätschern des unschuldigen Bächleins zu lauschen. Natürlich auch die tolle Luft einzuatmen. Aber was schwingt da mit, in ihr? Veilchen, so flüstert's der Wind ins Ohr, Veilchen! Ja? Das sind Veilchen? Mh, vielleicht. Viel mehr aber vermeine ich jetzt zu erkennen, dass unmittelbar neben mir Birnbäume stehen. Birnbäume, die reife, ja fast schon überreife, in jedem Fall aber golden leuchtende und betörend duftende Früchte tragen. So saftig, es wäre eine Schande, nicht hinein zu beißen. Genau daran erinnert mich der Duft viel mehr als an die zugehauchten Veilchen, die bestimmt auch hier und da auf der wilden Wiese blühen. Birnen sind gar nicht mein Lieblingsobst, dennoch sehe ich mich gezwungen, zu verweilen, zu genießen, so lange es währt.

Ich will mich erheben, nach den Früchten greifen, schlage die Augen auf...alles Schwindel! Da ist gar kein Bach. Keine Wiese. Keine Bäume. Es ist viel wärmer geworden. Kein Wunder. Ich bin ja mitten in einer Stadt. Welche ist das? Istanbul? Wenn ja, dann sitze ich hier an den Gestaden des Bosporus, der verlockend an mir vorbeirauscht. Sehe ich zur Seite, dann sehe ich, wie die Birnbäume sich verändern zu wilden Lavendelsträuchern. Auch die locken und reizen, laden ein zu verweilen. Warum denn nicht? Es ist so warm, selbst unter dem weißen Leinenhemd beginnt man leicht zu schwitzen. Also bleiben, wieder zurücklehnen, wieder die Augen schließen, sich seufzend der pulsierenden Sinnlichkeit des Orients ergeben.

Es wird Abend, nicht wahr? Aber woher kommen die Rhythmen? Sollte es nicht abkühlen? Ich schlage wieder die Augen auf. Da ist kein Flieder mehr. Nicht mehr der Bosporus. Denn Wellen branden am Strand, an dem ich stehe. Nein, an dem ich tanze. Mit den anderen, die ein Feuer entzündet haben, die Bier und Wein und Musik mitbrachten und nun, in der schwülen Abendhitze und der Wärme des Feuers feiern, lachen, trinken. Der Flieder? Irgendwo, ja. Doch schon hat jemand nach meinem Handgelenk gegriffen und zieht mich fort. Immer weiter in die Dünen, in das Holz, das dort wächst. Die andere Hand des fremden Wesens beginnt schon, die wenigen noch verschlossenen Knöpfe des Leinenhemdes ungeduldig zu öffnen, schubst mich, mitten im Gehölz angekommen, die Musik dringt nur noch leise ans Ohr, in den Sand, um hier den Tag ausklingen zu lassen und den Rest der Nacht zu genießen.

Darf ich morgen wieder mit Dir auf die Reise gehen?
17 Antworten
Florin vor 13 Jahren 11 8
Erfolg beim gewünschten Geschlecht garantiert
Da der Osterhase so nett war, mir unter anderem einen Tester von Boss Orange zu überlassen, möchte ich in meinem ersten Kommentar ein paar schnelle, erste Eindrücke formulieren. Für eine komplette Besprechung bedürfte es noch einer intensiveren Auseinandersetzung.

Gleich zu Beginn erkennt man, was bei Boss gerne bemängelt wird: originalgetreu riecht das nicht. Da kann man sicherlich sagen, dass da keine Orange drin ist. Aber es riecht orange. Das bedeutet ja nicht zwangsweise, dass es nach Orange riechen muss.

Es gilt dem Duft zuzugestehen, dass die einzelnen Bestandteile sehr fein miteinander verwoben wurden. Da ist keine Kante drin, an der der die Nase hängen bleiben könnte. Ebenso wird von diesem Duft aber auch nichts in der Nase hängen bleiben. Nichts über einen spritzigen, leichten Tag im Büro oder eine flüchtige, hitzig-schwüle Partynacht hinaus.

Das aber scheint mir auch gar nicht der Anspruch von Boss zu sein. Man komponiert nicht jeden Tag den Ring der Nibelungen. Manchmal ist es „nur“ Für Elise. Nicht jede Party ist so legendär, dass man in fünf Jahren noch mit Freunden beim Rotwein davon schwärmen wird. Das minimiert aber nicht den Spaß im Moment des Augenblicks. Der ist mit diesem Duft nahezu garantiert. Es würde wundern, spräche einen niemand auf Boss Orange an. Dazu ist er einfach zu gefällig und eingehend; exakt so, wie er erdacht wurde. Klassenziel erreicht.

Jetzt, da ich nach dem Festhalten der ersten Impressionen nochmal schnuppere, klingt da nicht ein Hauch von Hugo durch?
8 Antworten