Fragrancexxx

Der erste Nischenduft den ich je gerochen hatte und was hast du mich geflasht am Anfang. Die Frische, die Frucht, der Rauch und die Erfahrung. Absoluter Volltreffer, so trug ich dich stolz vor mich her wie ein überaus bekannter Youtuber seine Eigenkreationen - mit derselben unerträglichen Naivität und Unbelehrbarkeit. Nun wurden die neueren Batches schlechter, die Haltbarkeit sank, die rauchigen Noten verschwanden für mich gänzlich - Club de Nuit gefällt mir hier mittlerweile besser. So stehe ich nun viele gerochene Düfte später vor dir und denk: Du bist überhaupt nichts besonderes mehr.

Eigentlich wollte ich den Kommentar schon vorgestern verfassen, aber dachte mir dann: Nein! Gib dich nicht ausschließlich den ersten Eindrücken hin, du verfälschst wieder nur das Gesamtbild. Nun trage ich den Duft den dritten Tag in Folge und weiß einfach nicht so recht was ich davon halten soll. Der Duft ist definitiv gut und setzt sich vom Einheitsbrei der Armani Code DNA ab, die ich einfach so gar nicht riechen mag. Er kommt sehr frisch und aquatisch daher ohne den Raum unangenehm zu füllen und ist damit auch gut fürs Büro geeignet. Aber eben auch hart männlich und das stört mich im zunehmenden Verlauf dann doch irgendwie. Wahrscheinlich kommt daher auch die oft ausgesprochene Altersempfehlung von 30+. Ob man das nun am Alter festmacht oder an einer vermeintlich rauen Männlichkeit, die man auch früher schon darstellen kann, sei mal dahingestellt. Natürlich ist ein Duft in gewisser Weise wie ein Kleidungsstück und es macht Spaß sich immer mal wieder neu zu erfinden und etwas anderes darzustellen. Aber ein Duft muss in einer gewissen Spanne auch zu einem Menschen passen und ich bin da (noch) nicht bzw. weiß auch nicht ob ich da jemals hinmöchte.
Saloppes Fazit: Kauf ich mir nicht, weil ich es mir nicht abkaufen würde.

Die Fußstapfen vom alten Le Male (1995) sind groß. Sehr groß. Es war mit zarten 15 Jahren der erste Duft den ich überhaupt probiert und getragen habe. Ich erinnere mich wie gestern an die Shoppingtour mit der älteren Schwester zu der ich so gar keine Lust hatte, die aber warum auch immer in einer Parfümerie endete. Ohne großes Interesse schlenderte ich durch die Regale und blieb an diesem Flakon hängen, den ich - mit den drei bedeutsamsten Worten meiner Teeniezeit (Ach was soll´s) - in die Hand nahm und den Duft auf den Arm sprühte. Volltreffer! Da war dieses Maskuline, die Erfahrung, die Risikobereitschaft, der Spieltrieb. Kurzum: Alles wonach ein unsicherer Teenie strebt!
Der Duft und zumindest einige Komplimente begleiteten mich bis zum 20 Lebensjahr eigentlich ständig und selbst heute kriegt er mich noch gelegentlich.

Wo aber nun das Problem? 1) Die Haltbarkeit und 2) die fehlende Evolution des Duftes! Wie kann JPG es über nunmehr 25 Jahre nicht schaffen von diesem Duft eine haltbarere EDP Variante auf den Markt zu bringen und ihn würdevoll altern zu lassen ohne seine DNA und den Charakter zu verlieren? Zugegeben, gerade in den letzten Jahren mangelt es ja nicht an Versuchen von JPG genau dies zu erreichen: Ultra Male, Le Male Essence, Le Beau Male und wie sie alle heißen mögen. Probiert habe ich sie alle und meiner Meinung nach lassen sie sich alle mit einem irritierten Blick und den sehr plumpen Worten eines geschätzten Kollegen zusammenfassen: "Was das alter!?"

So verwundert es nicht, dass meine Begeisterung sich in Grenzen hielt, als die Beraterin der lokalen Lieblingsparfümerie beim Kauf eines anderen Duftes auf den "neuen" Le-Male hinwies. "Der ist anders, gib mir mal deinen Arm" - wieder dieses gleichgültige "Ach was soll´s" und wieder dieser absolute Volltreffer! 12 Jahre dauerte diese persönliche Duftoddysee an, nur damit ich nun endlich Land sehe. Die DNA des alten Le Male ist für mich taktangebend. Aber sie ist nicht allein, es ist als hätte man die DNA und die Eigenheiten der verkorksten Söhne der letzten Jahre zusammengefasst damit sie sich im eigenständigen Lieblingssohn des Vaters vereinen. Der, der Evolution macht ohne Revolution zu schreien. Der, der nicht mehr aufdränglich versucht die Frau zu kriegen, der sich im Nachtleben nicht mehr beweisen muss sondern intrinsisch überzeugt. Der sagt: Ich habe verstanden Vater, ich habe meine Fehler gemacht und die Lehren gezogen nun lass mich das Familienerbe ehrenvoll weitertragen.

Über diese Einschätzung lässt sich natürlich genauso streiten wie es über Geschmack generell immer geht, wenn ich also eine Kernaussage mitgeben dürfte, dann wäre es diese: Wenn ihr von den letzten JPG Le Male Versuchen ähnlich enttäuscht oder angewidert wart wie ich, dann gebt diesem wenigstens eine Chance, vielleicht entdeckt der ein oder andere seine Liebe wieder :)