Freiherr

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1 - 5 von 20
Freiherr vor 13 Jahren 7
5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Olfaktorische Grenzerfahrung
Auf Eau du Fier kam ich nur zufällig, nämlich im Goutal Flagship Store in London. Die Auslage so ansehend fällt mir dieser Name auf und ich denke mir, komisch, die "männlichen" Goutaldüfte kenne ich doch und frage etwas verwundert den (schwulen) französischen Storeleiter. Der war übrigens ausgesprochen unterhaltsam, sehr sympathisch und absolut passioniert was Parfums angeht. Mit ihm habe ich mich etwa eine Stunde über Goutal im Allgemeinen und Fier im Besonderen unterhalten... er meinte "it is rähr and it is ünique" - Recht hat er.
Dieser Duft ist einzigartig, grenzwertig und es wird sicher viele Menschen geben, die diesen Duft sicher ziemlich abstoßend oder zumindest anstößig finden. Anecken wird man damit höchstwahrscheinlich auch irgendwann mehr oder weniger heftig.
Einzigartig ist Eau du Fier in jedem Falle und grenzwertig in dem Sinne, daß es eigentlich schon kein "Duft" mehr ist, sondern schon eher in die Kategorie "Geruch" übergeht.
Andy Tauer hielt ich ja schon für "extrême", aber das hier ist deutlich extremer. Es riecht rauchig (aber nicht nach Weihrauch!, eher wie von Feuer angekokeltes Holz - das Bild passt wirklich sehr gut), nach salziger Meerluft durchmischt mit teerigem Leder, Farbe und Aceton bzw. Lösungsmitteln. Es erinnert tatsächlich an frisch gestrichene Fischerboote, denn "Fier" hat Annick Goutal wohl in einem ihrer letzten Lebensjahre bei einem Urlaub auf der Ile de Ré ihrem Mann gewidmet. "Fier" bedeutet demnach auch soviel wie "Stolz"...
Offiziell soll der Duft wohl auch sehr stark nach einem chinesischen schwarzen Rauchtee (dem sog. Lapsang Souchong) duften/riechen. Das kann ich allerdings nicht beurteilen, weil ich diesen Tee nicht kenne.
Zusammengefasst gefällt mir dieser Duft sehr gut, denn dieser Duft ist definitv markant, sehr intensiv und ausdrucksstark. Unterm Strich also genau mein Ding. Die nicht gänzlich unangenehme Lösungsmittelnote gibt sich jedoch glücklicherweise nach etwas Zeit und der Duft wird weicher und etwas süßer, verliert zumindest deutlich an Herbe. Wie gesagt, grenzwertig und nichts für jeden Tag, aber ab und zu mal werde ich den ganz bestimmt tragen und dauerhaft in meiner Sammlung behalten. Ich kann "Fier" nur empfehlen, möchte aber auch den o.g. "Warnhinweis" unterstreichen...

Leider (oder zum Glück?) ist Eau du Fier ohne weiteres nicht mehr zu haben, sondern bedarf etwas Glück oder Beziehung zu Goutal in Paris, denn hergestellt wird dieser Duft in kleinen Mengen nach wie vor. Merkwürdig finde ich allerdings, daß nicht einmal die Webseite von Goutal irgendeinen Hinweis auf Fier erkennen läßt, gerade so, als ob man sich schämen würde, einen so einzigartigen und polarisierenden Duft auf den Markt gebracht zu haben. Aber offenbar haben selbst Nischenanbieter nicht immer den Schneid, dauerhaft zu ihrem eigenen Mut und ihrer eigenen Kreativität zu stehen. Schade, denn wenn nicht Ihr, wer sonst?
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Freiherr vor 13 Jahren 8 1
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Von Krummsäbeln und Sellerieschnitzeln
Allein schon der Name machte mich neugierig - "Yatagan". Könnte ein Phantasiewort sein, ist in Wahrheit aber der türkische Begriff für den osmanischen Krummsäbel - aber das gehört ja zur landläufigen Allgemeinbildung...
Nun denn, reformuliert und gezähmt scheint dieser Krummsäbel seit einigen Jahren wohl auch zu sein, denn Sex verkörpert er nun wahrlich nicht mehr. Jedenfalls nicht für mich. Wenn das überhaupt jemals der Fall war, dann muß das wirklich schon in den 70ern gewesen sein.
Ich nehme hingegen eine interessante und eigenständige Würze wahr, die nichts mit der Würzigkeit anderer Parfums gemein hat. Diese Würze ist irgendwie salzig und verfügt über eine schöne Selleriefärbung. Raffiniert und gut gemacht, keine Frage, da gibt es nichts zu mäkeln.
Yatagan ist männlich, interessant, präsent ohne aufdringlich oder unangenehm zu sein, recht langanhaltend und konstant ohne irgendwann umzukippen, nicht alltäglich und schlichtweg ein guter und schöner Duft, den auch nicht unbedingt jeder im Schrank stehen hat.
Mir gefällt er sehr gut. So gut, daß ich nach dem Wegschnüffeln meiner Probe jetzt unbedingt einen Flakon bestellen mußte... bereuen werde ich diesen Kauf ganz sicher nicht.
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Freiherr vor 13 Jahren 5 1
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Der alte Mann und die Rumflasche
Nennt mich Ismael... nein, eher Santiago... oder Ernest - vielleicht auch Ernesto - aber eigentlich tut mein Name nichts zur Sache, denn CUBA ist so oder so einfach nur ein richtig guter und außergewöhnlicher Duft.
Die minzig-zitrische Auftaktnote bekommt sofort Gesellschaft von der zuvor schon genannten etwas müffelig wirkenden (tabakartigen?) Rumnote und verflüchtigt sich sodann auch gleich wieder - denke ich und stehe noch etwas ratlos in der Rumschwade. Kubanische Sommerfrische hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt und beschließe, den Duft sich erstmal setzen und entwickeln zu lassen. Das stellte sich dann auch als gute Entscheidung heraus, denn das Zitrische ist in der Tat sehr flüchtig, der Mentholeindruck der Pfefferminze bleibt aber schön, wenn auch nicht vordergründig, erhalten und macht sich gut mit der gefühlten Flasche Rum in der Hand. So entsteht für mich ein außergewöhnlicher Eindruck von Frische und gleichzeitig mitschwingender würziger Wärme der sich ziemlich lange hält. Die in der Herznote erwähnten Düfte gehen mehr oder weniger spurlos an mir vorbei, so daß ich eigentlich erst gegen sehr viel später (so kurzlebig finde ich das Vergnügen nämlich gar nicht), wenn die Rumflasche nun vollends geleert ist und sich nur noch wenige Tropfen darin befinden, meine, einen Hauch von Tabak (Tabakblätter riechen beim Trocknen in diesen kleinen flachen Holzschuppen tatsächlich so ähnlich) und etwas (Zedern)holzigen Weihrauch, was übrigens sehr gut zu den noch leise nachklingenden Minzresten passt, wahrzunehmen. Und es stimmt, CUBA ist eher was für den Abend und eher was für Ernesto, Miguel oder Jose - aber manchmal kann auch Frank, Thomas und Stefan ein bißchen zum Kubaner werden, denn im Grunde sind wir doch alle ein bißchen Kuba... oder wären es gerne.
In mir kommen einige Erinnerungen an eine schöne Kubareise vor ein paar Jahren hoch und ich bestelle gedanklich im El Floridita den nächsten Mojito oder Daiquiri - völlig egal, der Barkeeper möge mich überraschen mit dem was er gerade da hat. Da bin ich ganz Kubaner...
Alles in allem hervorragend, CUBA werde ich mir zulegen - ganz sicher sogar.

Edit: Durch glückliche Fügung konnte ich inzwischen auch die prä-reformulierte Version testen und muß sagen, daß doch deutliche Unterschiede wahrnehmbar sind.
Die Vintageversion kommt mir sehr viel leichter, frischer, weniger herb und insgesamt abgerundeter vor. Was aber den neuen Duft jetzt nicht schlechter dastehen läßt. Ich wundere mich nur, warum eine Reformulierung schon nach wenigen Jahren hatte sein müssen.
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Freiherr vor 13 Jahren 7 2
10
Haltbarkeit
7
Duft
Frankophiler Klassiker
Was gibt es zu einem Klassiker wie Pour un Homme von Caron noch zu sagen?
Geradezu zu klassisch französisch legt der zitrische Lavendelduft los, kein reiner Lavendel zwar, sondern mit einem etwas ungewohnten "medizinischen" rosmarinkrautigen Beigeschmack. Sehr rasch läßt der zitrische Auftakteindruck nach und überläßt das blühende Lavendelfeld den sich verstärkenden krautigen Wahrhnehmungen mit einem schönen aufkeimenden Vanilleunterton. Rose, Rosenholz bemerke ich nicht, Zedernholz vermeintlich in Anflügen. Die Vanillenuance intensiviert sich und hält mit dem Lavendelgrundklang recht lange an, so daß man auch nach mehreren Stunden noch etwas von diesem Duft hat, ohne irgendjemanden damit belästigen zu müssen. Bemerkenswert finde ich, daß das Duftgefüge sehr stabil und konstant bleibt und sich im Zeitverlauf kaum verändert.
Am Ende stellt sich mir PuH als ein guter und klassischer Duft dar, der jedoch inzwischen etwas antiquiert und für den ein oder anderen ein wenig langweilig zu sein scheint. Mir jedoch gefällt er eigentlich aufgrund seiner Einfachheit, Konstanz und Klarheit ziemlich gut und ich überlege noch, ob aus dem Pröbchen ein Fläschchen werden kann...

Edit: Hinweisen möchte ich ausdrücklich auf den aktuellen (und beeindruckenden) Werbeträger von Caron für PuH: Sébastien Chabal - so muß ein Mann ausseehen... die Damen müßten völlig euphorisiert sein... :-)
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Freiherr vor 13 Jahren 13
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Noch einen Wunsch, Mylady?
Auf "Five O'Clock Au Gingembre" war ich jetzt schon eine ganze Weile gespannt und so kaufte ich heute ziemlich spontan nach einem Kurztest in der Parfümerie einen Flakon. Der Parfümerieangestellten war ich offenbar suspekt, denn wie mir scheint kaufen nur selten Männer sehr gezielt ohne Rückfragen irgendeinen Duft bei ihr - ganz sicher hält sie mich für schwul... aber ich habe wchtigere Dinge zu tun, als mir über derlei Trivialitäten einen Kopf zu machen. Schließlich muß ich endlich diesen Duft testen...
Five O´Clock ist mein erster Duft von SL. Gleich nach dem ersten Aufsprühen startet der Duft sehr gefällig würzig, den Ingwer erkenne sogar ich und ich meine auch, eine leichte, typische (vermutlich durch die Bergamotte hervorgerufene) "Ingwerschärfe" wahrzunehmen, die jedoch sehr verhalten bleibt und schon nach wenigen Minuten in eine angenehme pudrige Süße übergeht. Zusammen ergibt das eine schöne Kombination, die sehr gut zum Tea-Time Thema passt - kandierter Ingwer, etwas Honig und eine ruhige Würze, gerade so, als ob man vor einer schönen frisch aufgebrühten Tasse Earl Grey sitzen würde und eben das erste Gebäckstückchen vom Silbertablett stibitzt hat... gefällt mir richtig gut, zumal der Duft eine schöne Haltbarkeit hat und auch mit der Zeit nichts von seiner Feinheit einbüßt... one of the nicest little women, that ever breathed, ever breathed ... I now declare this bazar open!
By the way: Noch einen Wunsch, Mylady?
Oder besser gesagt: Darf´s auch ein Tässchen mehr sein, Mylady?
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1 - 5 von 20