29.05.2014 - 14:40 Uhr
Meggi
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Meggi
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30
Es gelbt so gelb
Sogar für Nicht-Synästheten können die unmöglichsten Dinge gelb sein. Zum Beispiel hat mein Bruder seinerzeit einer Mitschülerin weisgemacht, Elektronen seien gelb. Wer weiß, ob diese Teilchen in Abwandlung des Descartes’schen Satzes - hier „Credo, ergo (sic) est!“ - für die junge Dame nicht womöglich sehr lange gelb waren…
Bisher war ich immer ziemlich neidisch, wenn gelegentlich Kommentierende von Farb-Assoziationen berichteten. Bei LHS kann ich endlich einmal mithalten: Der Duft ist durch und durch gelb, in den unterschiedlichsten Abtönungen vom rötlichen bis ins bräunliche. Das betrifft nicht allein die naheliegenden, bildhaften Fälle einiger Zutaten, von reinen Äußerlichkeiten ganz zu schweigen. Das meine ich alles nicht. Vielmehr wecken auch Geruchsbestandteile, die in ihrer Herkunft nicht gelb sind, bei mir diesen Eindruck und umgekehrt sehe ich Bilder mit Gelb vor mir, die geruchlich nicht zum Duft passen. Tolles Erlebnis. Allein damit hebt sich LHS für mich in eine Sphäre, die er mit nicht vielen anderen teilen muss.
Dem Auftakt ist neben der weichen Frucht direkt etwas Karamellig-Toffeeartiges eigen, cremig-goldgelb, gleichwohl nicht pappig, sondern leicht, wie Mousse. Ich kann bloß mutmaßen, dass dort bereits ein Spezialfall von Patchouli im Spiel ist, denn dabei empfinde ich manchmal über das klassische Erscheinungsbild hinaus so eine Art malzigen Anstrich.
Nach ungefähr eineinhalb Stunden vermute ich die Strohblume. Ich schreibe das so, weil ich mich jahreszeitlich bedingt (das ist eine Sommerblume – jedenfalls bei uns) auf die Annahme eines typischen Korbblütler-Geruchs verlassen muss. Der ist normalerweise eher streng, hier aber so zart, fast kamillenhaft eingesetzt, dass er dem Toffee einen wunderbaren Dreh heraus aus dem Cremig-Süßen verleiht, wie ich ihn bei Lutens‘ wuchtigeren Nachspeisen ab und zu vermisse. Köstlich. Da zeigt sich plötzlich ein kleiner Gourmet-Gourmand!
Eine sanfte Note hellen Holzes mit einem Hauch Herbem darin ist als Nächstes an der Reihe. Tannenbalsam kaum. Überhaupt kommt mir keineswegs Wald in den Sinn, stattdessen – rein optisch – ein Spaziergang durch die Felder und Wiesen in meiner Heimat Schleswig-Holstein, wenn im Frühjahr der Raps blüht, während ein erstes Flirren warmer Luft vom nahenden Sommer kündet. In den wenigen Wochen der Rapsblüte bietet sich an klaren Tagen eine satte Farbenpracht aus grünen Wiesen und Wäldern, hellblauem Himmel, vielleicht noch dem dunklen Blau einer Wasserfläche dazwischen und gewaltigen Flächen von knallgelbem Raps; das ist unbeschreiblich schön.
Nach vier Stunden ist das Holz vollends luftig geworden. Wie Holzstaub, erzeugt und erhitzt von der Einwirkung einer Kreissäge und wieder ein wenig abgekühlt. Die Strohblume hat an diesem Eindruck vermutlich einigen Anteil. Der Karamell-Anschein – inzwischen in der zweiten Reihe – driftet jetzt nahezu ins Vanillige. Obwohl jede einzelne Zutat von der Papierform her kräftig daherkommen könnte, ist der Gesamteindruck schwebend, regelrecht beschwingt und dennoch nicht ätherisch oder abgehoben.
Im Laufe der fünften Stunde stellen sich die Emissäre der Basis vor. Goldgelbes Harz, wie heller Bernstein, macht den Anfang, ganz mild. In der sechsten Stunde ist es unüberriechbar, nun sogar mit einem herben, harzigen, geradezu rauchigen Dreh. Der spielt sich aber nicht in den Vordergrund, er liefert lediglich die Würze, das Salz in der Suppe. Dazu eine trocken-duftige Anmutung, für die ich – Eichenmoos hin oder her – mal gewöhnliches Moos zur Veranschaulichung bemühe: Es ist kein frisches, grün-saftiges Moos. Dieses hat mehrere warme Sommertage lang kein Wasser bekommen und sein Geruch ähnelt dem von trockenem Gras, bloß eine Idee kräftiger. Das Stichwort Heu fiel in anderen Kommentaren ja schon.
Ein Rest der vanillig-toffeeartigen Aura ist weiterhin vorhanden. Mich erinnert das von Ferne an die Schlussphase von Ambre Sultan, wenngleich LHS edler, dezenter und näher an der Haut ist. Gleichwohl ein Amber-Eindruck, den der Duft für den Ausklang (ab der siebenten Stunde bis in den Abend hinein) nunmehr einnimmt. Sehr ruhig und auf die Haut zurückgezogen ist er, dabei unverändert köstlich. Von Zeit zu Zeit wirft das Patchouli ein Bröckchen Erde hinzu, zunächst mit einem Kinderschäufelchen, gegen Ende wird’s gerne mal ein Spaten voll.
Abgesehen von den Schluss-Stunden lassen sich die Duftphasen mitnichten so klar voneinander trennen wie textlich dargestellt; sie gehen beinahe unmerklich und recht langsam ineinander über, zudem tauchen hier und da bereits vergangen geglaubte Geruchseindrücke unvermittelt erneut auf und umgekehrt. Einmal habe ich kurz nach dem Start eine rauchige Note vernommen, die mir an dieser Stelle völlig neu war. Langweilig wird es mit LHS gewiss nicht.
Fazit: Vorzüglich! Kein Pröbchen habe ich bislang schneller geleert. Schade, dass er bei mir durchweg so zurückhaltend bleibt. Was das „Homme“ im Namen soll, welches von Divine in der eigenen Beschreibung überdies mit dem Begriff „decidedly masculine“ unterstrichen wird, erschließt sich mir indes nicht. Der dürfte den Damen gleichermaßen passen. Die sollen schließlich nicht vor Neid ebenfalls gelb werden!
Bisher war ich immer ziemlich neidisch, wenn gelegentlich Kommentierende von Farb-Assoziationen berichteten. Bei LHS kann ich endlich einmal mithalten: Der Duft ist durch und durch gelb, in den unterschiedlichsten Abtönungen vom rötlichen bis ins bräunliche. Das betrifft nicht allein die naheliegenden, bildhaften Fälle einiger Zutaten, von reinen Äußerlichkeiten ganz zu schweigen. Das meine ich alles nicht. Vielmehr wecken auch Geruchsbestandteile, die in ihrer Herkunft nicht gelb sind, bei mir diesen Eindruck und umgekehrt sehe ich Bilder mit Gelb vor mir, die geruchlich nicht zum Duft passen. Tolles Erlebnis. Allein damit hebt sich LHS für mich in eine Sphäre, die er mit nicht vielen anderen teilen muss.
Dem Auftakt ist neben der weichen Frucht direkt etwas Karamellig-Toffeeartiges eigen, cremig-goldgelb, gleichwohl nicht pappig, sondern leicht, wie Mousse. Ich kann bloß mutmaßen, dass dort bereits ein Spezialfall von Patchouli im Spiel ist, denn dabei empfinde ich manchmal über das klassische Erscheinungsbild hinaus so eine Art malzigen Anstrich.
Nach ungefähr eineinhalb Stunden vermute ich die Strohblume. Ich schreibe das so, weil ich mich jahreszeitlich bedingt (das ist eine Sommerblume – jedenfalls bei uns) auf die Annahme eines typischen Korbblütler-Geruchs verlassen muss. Der ist normalerweise eher streng, hier aber so zart, fast kamillenhaft eingesetzt, dass er dem Toffee einen wunderbaren Dreh heraus aus dem Cremig-Süßen verleiht, wie ich ihn bei Lutens‘ wuchtigeren Nachspeisen ab und zu vermisse. Köstlich. Da zeigt sich plötzlich ein kleiner Gourmet-Gourmand!
Eine sanfte Note hellen Holzes mit einem Hauch Herbem darin ist als Nächstes an der Reihe. Tannenbalsam kaum. Überhaupt kommt mir keineswegs Wald in den Sinn, stattdessen – rein optisch – ein Spaziergang durch die Felder und Wiesen in meiner Heimat Schleswig-Holstein, wenn im Frühjahr der Raps blüht, während ein erstes Flirren warmer Luft vom nahenden Sommer kündet. In den wenigen Wochen der Rapsblüte bietet sich an klaren Tagen eine satte Farbenpracht aus grünen Wiesen und Wäldern, hellblauem Himmel, vielleicht noch dem dunklen Blau einer Wasserfläche dazwischen und gewaltigen Flächen von knallgelbem Raps; das ist unbeschreiblich schön.
Nach vier Stunden ist das Holz vollends luftig geworden. Wie Holzstaub, erzeugt und erhitzt von der Einwirkung einer Kreissäge und wieder ein wenig abgekühlt. Die Strohblume hat an diesem Eindruck vermutlich einigen Anteil. Der Karamell-Anschein – inzwischen in der zweiten Reihe – driftet jetzt nahezu ins Vanillige. Obwohl jede einzelne Zutat von der Papierform her kräftig daherkommen könnte, ist der Gesamteindruck schwebend, regelrecht beschwingt und dennoch nicht ätherisch oder abgehoben.
Im Laufe der fünften Stunde stellen sich die Emissäre der Basis vor. Goldgelbes Harz, wie heller Bernstein, macht den Anfang, ganz mild. In der sechsten Stunde ist es unüberriechbar, nun sogar mit einem herben, harzigen, geradezu rauchigen Dreh. Der spielt sich aber nicht in den Vordergrund, er liefert lediglich die Würze, das Salz in der Suppe. Dazu eine trocken-duftige Anmutung, für die ich – Eichenmoos hin oder her – mal gewöhnliches Moos zur Veranschaulichung bemühe: Es ist kein frisches, grün-saftiges Moos. Dieses hat mehrere warme Sommertage lang kein Wasser bekommen und sein Geruch ähnelt dem von trockenem Gras, bloß eine Idee kräftiger. Das Stichwort Heu fiel in anderen Kommentaren ja schon.
Ein Rest der vanillig-toffeeartigen Aura ist weiterhin vorhanden. Mich erinnert das von Ferne an die Schlussphase von Ambre Sultan, wenngleich LHS edler, dezenter und näher an der Haut ist. Gleichwohl ein Amber-Eindruck, den der Duft für den Ausklang (ab der siebenten Stunde bis in den Abend hinein) nunmehr einnimmt. Sehr ruhig und auf die Haut zurückgezogen ist er, dabei unverändert köstlich. Von Zeit zu Zeit wirft das Patchouli ein Bröckchen Erde hinzu, zunächst mit einem Kinderschäufelchen, gegen Ende wird’s gerne mal ein Spaten voll.
Abgesehen von den Schluss-Stunden lassen sich die Duftphasen mitnichten so klar voneinander trennen wie textlich dargestellt; sie gehen beinahe unmerklich und recht langsam ineinander über, zudem tauchen hier und da bereits vergangen geglaubte Geruchseindrücke unvermittelt erneut auf und umgekehrt. Einmal habe ich kurz nach dem Start eine rauchige Note vernommen, die mir an dieser Stelle völlig neu war. Langweilig wird es mit LHS gewiss nicht.
Fazit: Vorzüglich! Kein Pröbchen habe ich bislang schneller geleert. Schade, dass er bei mir durchweg so zurückhaltend bleibt. Was das „Homme“ im Namen soll, welches von Divine in der eigenen Beschreibung überdies mit dem Begriff „decidedly masculine“ unterstrichen wird, erschließt sich mir indes nicht. Der dürfte den Damen gleichermaßen passen. Die sollen schließlich nicht vor Neid ebenfalls gelb werden!
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