Freiherr

Die Probe Tirrenico liegt schon seit ein paar Wochen rum, so richtig testen wollte ich diesen Duft irgendwie nicht. Warum könnte ich nicht mal sagen - seit heute weiß ich es hingegen etwas genauer.
Der Duft besteht für mich eigentlich nur aus leicht salzigen, an herbere Meeresluft erinnernden, aquatisch-metallischen Auftakteindrücken und nachfolgenden anisartigen Fenchel.
So oder ähnlich riecht ein alter rostiger Eimer an einem immer wieder überspülten und mit Seetang übersäten Sandstrand... für manche scheint das eine reizvolle Vorstellung sein, ich kann ihr jedoch nicht viel abgewinnen. Dazu einen kräftigen Schluck Küstennebel und das olfaktorische Stilleben ist perfekt... nee, das ist nicht meines.

Enzian ist volkstümlich bekanntermaßen blau, weniger bekannt ist wohl, daß Enzian frisch blumig (und ganz leicht krautig) und aquatisch duftet - und das ganz schön lange und ganz schön schön. So schön, daß ich mir einen weiteren Flakon aus dem Hause Bergduft kaufte und sehr zufrieden damit bin. Auch ein klein wenig zu viel macht diesen sehr natürlich wirkenden Duft nicht aufdringlich, was immer mal wieder ein Vorteil ist. Der Duft ist von Anfang an präsent und ändert sich mit der Zeit nur geringfügig.
Empfehlung! Vor allem für die wärmere Zeit des Jahres.

Mit TDC habe ich schon unterschiedliche Erfahrung im Bezug auf Gefallen und Geschmack gemacht. Mit Sel de Vetiver ausgesprochen gute, mit Bois D´Iris etwas weniger gute. Nun konnte ich endlich einen weiteren vielversprechenden Duft von Herrn Ellena testen: Osmanthus.
Mit dem Begriff "Osmanthus" konnte ich bislang nichts fangen. Das hätte für mich alles mögliche sein können - von Frucht, Knolle über Blüte bis hin zum Tierexkrement.
So kommt dieser Osmanthus dann auch überraschend sanft daher, keine Auftaktkeule wie bei Bois D´Iris, sondern fruchtig-frisch, etwas pudrig und äußerst angenehm. Auch alles andere als intensiv oder aufdringlich, mir scheint auch, daß dieser Duft Zeit zur Entwicklung braucht und man dem Impuls, sofort nachzusprühen, erst widerstehen muß (so ging´s jedenfalls mir).
Man könnte auch meinen, heute gar keinen Duft aufgelegt zu haben, so "natürlich" hält er sich im Hintergrund. Nach einiger Zeit stelle ich auch die von Eternity erwähnte Cremigkeit fest, die ebenfalls sehr angenehm ist und einem das Gefühl von frischer, gediegener Reinlichkeit verleit. Diese zurückhaltend blumig-fruchtig unterstrichene Wahrnehmung hält für mein Empfinden ziemlich lange, was für mich bei einem Duft kein unwichtiges Kriterium ist. Von der in der Duftpyramide aufgeführten Rose nehme ich hingegen nicht nennenswert etwas wahr oder aber sie geht in der "allgemeinen" floralen Note auf. So genau kann ich das nicht sagen, da ich auch noch keine entwickelte Duftwahrnehmung habe und sicherlich auch nie haben werde. Ähnlich geht es mir mit dem Moschus, wobei ich meine, daß sich (weißer?) Moschus generell hart an der Wahrnehmungsgrenze bewegt... ist aber letztlich auch zweitrangig.

Osmanthus kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen und bin geneigt, diesen Duft von TDC dauerhaft in meine Sammlung aufzunehmen - wenn da nicht Osmanthus Interdite von Parfum d´Empire wäre, der mich ebenfalls sehr anmacht...

So, Alpenrose ist getestet - und sie ist eindeutig weiblich.
Ein schöner, schnörkelloser und dabei Unschuld ausstrahlender Duft, der mich irgendwie an naive Bauernmalerei erinnerte. Woran das genau liegt kann ich nicht sagen. Da wirkt nichts Synthetisch, sondern einfach nur im wahrsten Sinne des Wortes natürlich und in der Tat - zwar süß, aber nicht zu süß, nicht zu blumig, nicht zu pudrig...
Rosendüfte wecken ja oft die Vorstellung älterer Damen oder an die eigene Oma... das ist hier nicht so, das Alpenröschen macht auf mich einen eher modernen, jugendlichen Eindruck und kann meines Erachtens auch hervorragend von der jüngeren Damenwelt getragen werden.
Wirklich schön, keine Frage, dennoch "nur" 90% - hätte ich diesen Duft auch als Mann tragen können, wären die 100% fällig gewesen.

Nach den schon mehr als ausgesprochen guten Erfahrungen und dem Gefallen an mb03 fiel mir auch schon der nächste kryptisch-merkwürdige Werktitel von Biehl positiv auf - eo02.
Wer sich diese minimalistische und reduziert nüchterne Namensgebung ausgedacht hat, ist entweder einfach nur genial oder einfach nur einfallslos. Eine feste Meinung zu dieser Frage habe ich mir immer noch nicht gebildet... nun denn.
Vom Namen abgesehen, ist eo02 ein hervorragender Duft. Hervorragend komponiert und einfach nur hervorragend gut riechend - was ja schlicht und ergreifend auch Sinn und Zweck eines Parfums ist.
eo02 ist komplex und spannt einen weiten Duftbogen scheinbar unvereinbarer olfaktorischer Eindrücke, bleibt dabei jedoch jederzeit elegant unaufdringlich dezent und ist zu keiner Zeit auch nur annähernd laut.
Sehr elaboriert und sehr gentleman-like... der Auftakt ist furios und dennoch zurückhaltend: frisch zitrisch-fruchtig, grün-herbal würzig, floral-holzig - irgendwie alles zeitgleich melangierend - tiefgehende und intensive Anklänge ohne jeglichen Anflug von Schwere. Wie geht sowas zusammen?
Anders augedrückt: West trifft auf Ost, Okzident auf Orient, Ying auf Yang, Mann auf Frau - und das alles in einem Duft... Egon Oelkers machts möglich.