Galimuna

Galimuna

Rezensionen
Galimuna vor 3 Monaten 3 4
Silberhaariges Scharmützel
Sie brauchen sich nicht zu bedanken. Bitte, setzen Sie sich. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Süß mögen Sie ihn, wenn ich mich recht entsinne. Keine Milch? Das böse, schimmernd helle Scheusal. Spritzgebäck dazu? Gerade frisch aus dem Ofen, deshalb duftet es ja auch so herrlich nach Vanille. Gefallen Ihnen die Rosen zu Ihrer Rechten? Doch nur weil ihnen eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird, habe ich sie so hübsch angeordnet. Sind sie nicht wundervoll? Jedenfalls handelt es sich hierbei um exotische Wildrosen aus dem chinesischen Hochgebirge. Ach, Sie sind Botaniker? Ich kenne mich da ja so gar nicht aus. Die Rosen stammen womöglich nicht einmal aus China und ob sie so selten sind, kann ich Ihnen gerade auch nicht sagen. Ich habe sie aus dem Blumenladen nebenan. Sie hätten doch sehr gut aus China sein können. Ich meine, heutzutage kommt doch fast alles aus dem Reich der Mitte, nicht wahr? Ach, ist das witzig. Nun denn. Ich weiß, was gerade in Ihnen vorgeht. Vermutlich beginnen Sie soeben, gedanklich ein Konstrukt auf die Beine zu stellen, in dem Sie mich als eine alte, Seemannsgarn spinnende Schachtel erdenken, aber ich kann Ihnen sagen - das ist ganz und gar nicht so. Hätten Sie mich nicht so aufdringlich mit Fragen über unbedeutendes Unkraut überfallen, wäre es mir nicht einmal in den Sinn gekommen, mich völlig unabsichtlich in die Welt der Märchen zu begeben. Nein, gewiss nicht. Ich hatte nämlich das Glück, eine gute Kinderstube genossen zu haben. Ja, sehr wohl. Sie zwingen mich ja förmlich dazu, ruppig zu werden. Sehen Sie - jetzt ist der Kaffee auch noch kalt geworden. Wollten Sie ohnehin nicht gerade gehen? Sie wissen ja, wo die Tür ist. Und wenn sie dabei sind - tun Sie einer Dame vorgerückten Alters einen Gefallen und nehmen sie den Müll mit. Jahrelang habe ich es nicht übers Herz gebracht, das modrig riechende Moschuszeug meines verstorbenen Mannes zu entsorgen. Ein Traum von einem Mann, das kann ich Ihnen sagen. Er war Soldat im Vietnamkrieg, wissen Sie? Löwenzahn wird er im Dickicht nicht erforscht haben. Also dann, räumen Sie den Mist weg. Auf bald!
4 Antworten
Galimuna vor 3 Monaten 3
Gedankenreise durch Jordanien
Ich reise in den frühen Abendstunden durch die rauchigen Gassen von Amman. Ich bin alleine. Mich begleiten lediglich die intensiven Düfte heimischer Gewürze, feurigem Pfeffer und frischem Oregano. Völlig verzaubert von der geschichtsträchtigen Kulisse, schlendere ich tief in das Herz der verträumten Stadt. Händler in langen Gewändern kommen mir entgegen. Erwartungsfroh zeigen sie mir ihr Handelsgut. Sie sprechen Arabisch. Melodisch strömen die Silben aus ihnen heraus und an mir vorbei. Plötzlich erscheint ein älterer Herr. Auch er trägt ein Gewand, jedoch von gehobener Eleganz. Rasch nähert er sich mir an, zückt ein hölzernes Instrument und ehe ich mich versehe, erreicht der feine, aus dem Apparat geschossene Rauch meine Nasenhöhlen und befördert mich auf einer spirituellen Ebene metaphysischer Träume, wo Nebeldampf die Realität vom Thron stößt und eine surreale Verschmelzung aus Fantasie und Wirklichkeit entfaltet. Dunkle Pfade eröffnen sich mir, während der wohlriechende Schleier der Unklarheit meine Sinne umschlingt. Wo bin ich? Spielt das eine Rolle? Zögernd entscheide ich mich für den mittleren Weg auf dem ein aus Weihrauch und Myrrhe verflochtenes Wesen schwebend in Erscheinung tritt und mir eine antike aus Leder gefertigte Schriftrolle in die Hand drückt. Das Pergament glüht und möchte sich nicht ausrollen lassen. Es leistet heftigen Widerstand und wirft mich zu Boden. Ich lande nicht, sondern falle hindurch, geradewegs in die Tiefe der heimtückischen Finsternis, in der selbst die Schatten den Rückzug antreten. Hier regiert das Unbehagen auslösende Nichts. Nicht jeder schafft es, die nicht erkennbaren Fäden der Leere zu entwirren und in das warme Licht der Sicherheit Zuflucht zu finden.
0 Antworten
Galimuna vor 3 Monaten 6
Schmetterlingszauber im Wald
Wenn ein Schwarm Schmetterlinge mit ihren zarten, aus magischem Puder erschaffenen Flügeln fleißig durch hektische Winde flattern, dann sei Dir sicher, dass sich ganz in der Nähe des Waldes eine Naturfabrik befindet, in der sie aus mystischen Zutaten Tag für Tag herrlich duftende Wattebällchen herstellen, die sich - samtig weich in ihrer Beschaffenheit - von der Luftströmung aufgewirbelt auf ihre lange Reise durch das weite Blumenmeer machen. Geschickt saugen sie aus prachtvoll blühenden Pflanzen duftende Essenzen, bis sie sich nur noch schwerfällig schwebend in Richtung Erdboden bewegen. Einmal den Grund berührt, zerspringen sie in unzählige kleine Teilchen, die sich anschließend – von der Atmosphäre aufgenommen – über die gesamte Erde verteilen, jedes Partikel mit seiner ganz eigenen, unverwechselbaren Botschaft an uns. Bedanken wir uns also bei den emsigen Schmetterlingsarbeitern, die uns mit diesem kostbaren Naturwunder gesegnet haben.
0 Antworten
Galimuna vor 3 Monaten 13 2
Tagebucheintrag eines Träumers
15. März, 1494

Es ist kalt und nass und ich sitze schon seit Monaten auf diesem Segelschiff fest. Wir befinden uns irgendwo auf dem Atlantik und während ich diese Zeilen verfasse, liefern sich Himmel und Ozean einen erbitterten Kampf um die Herrschaft. Rhythmisch peitschen hohe Wellen gegen das salzverkrustete Bullauge. Der Regen kann sich nicht durchsetzen und verschmilzt mit den Wassererhebungen des Meeres. Schwach brennt das Licht in meiner Kajüte. Das Holz knarrt, knackt und kracht sich eine melodische Komposition zusammen, während meine Gedanken auf den majestätischen Wellen galoppieren, in der Hoffnung, bald auf Land zu stoßen. Das Leben auf See ist unberechenbar und doch sind es die Träume über unbekanntes Terrain, die uns am Leben halten. Weiße Flecken auf der Landkarte, die entdeckt werden möchten. Ich lasse mich treiben von meinem Gedankeninhalt, der gefüllt ist mit ehrfurchtsvoller Erkenntnis darüber, dass viele vor mir die gleiche Sehnsucht verspürten, es ihnen jedoch verwehrt blieb, den Sand zwischen den Zehen zu spüren. Schwere Eisentore unberührter Welten werden sich mir jedoch freilich öffnen und Einblick gewähren in die Weisheit einer Kultur, die die verborgenen Winkel der Menschheit offenbart. Doch noch sitze ich hier fest, das Kratzen der Feder auf dem Papier lauschend beobachte ich die aquatischen Gitterstäbe meiner Arrestzelle. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als sehnsuchtsvoll nach dem Ort meiner Träume zu fiebern.
2 Antworten
Galimuna vor 3 Monaten 3
8
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Das Rätsel von Paris
Im Jahre 1780 lebte einmal ein älterer Herr namens Thibault Gaubert in einer kleinen Hütte in der Nähe von Paris. Ein unbedeutender Alchemist, der keinen Sinn mehr in seiner Berufung sah. Eines Tages, im späten August, entschied sich Thibault, einen kurzen Spaziergang um die malerischen kleinen Dörfer zu unternehmen. Schon bald erreichte er eine kleine Allee, geschmückt mit Mandelbäumen. Während er die Straße entlang ging, vom betörenden Duft der Mandeln eingehüllt, setzten sich seine Gedanken zu einer Idee zusammen, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Hastig, kaum mehr als vier Mandeln in der Hosentasche, machte er sich auf den Heimweg. Noch bevor er die Hüttentür öffnete, wanderte sein Blick zu den imposanten Rosensträuchern des Nachbarhauses. „Es sind doch nur zwei Röschen“, dachte er, während er die Blüten stibitzte und rasch ins Häuschen eilte. Die alte, aus Holz gefertigte Werkbank wartete nur auf ihn und so machte Thibault sich an die Arbeit. Er vereinte die nussigen Akkorde der Mandeln, die zarten Blüten der Zentifolie und die geheimnisvolle Wärme des goldschimmernden Honigs zu einem unübertrefflichen Meisterstück. Schon bald verbreitete sich der wohlriechende Duft, erreichte die Hütten in der umliegenden Nachbarschaft, strömte durch Hof, Haus und Garten, traf auf Grünland, Acker und Wälder, schoss hoch hinaus zu den Bergen und wurde schnell zum Gesprächsgegenstand der hiesigen Bevölkerung. Alle redeten über den geheimnisumwobenen Nebel, der sich wie Puder auf die Haut legte und dessen blumige Note für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgte, aber niemand konnte die Quelle dieser olfaktorischen Symphonie aufspüren. Thibault notierte sich die Ingredienzen, legte das Buch in eine kunstvoll verzierte Schatulle und nahm sein Geheimnis mit in den Tod.
0 Antworten