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Gold vor 3 Jahren 47 32
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Duft
Exit - Duft
Percy steht gar nicht gut da - und er steht vor einem Problem. Im März hat er sich aus den USA einen "Billigduft" kommen lassen, der einen peinlichen Namen trägt.
In seinen im Industrial Style hipstermäßig eingerichteten Loft im 8. Stockwerk eines Neubauprojekts in Frankfurt am Main mit Blick auf die Skyline schaffen es im Normalfalle nur ausgesuchte Düfte in ultracoolen Flakons. Empfehlungen für gute Duftwässerchen holt er sich in einer der Frankfurter Nobelparfümerien, wo er seit zehn Jahren Stammkunde ist.
Nun hatte Percy coronabedingt in den letzten Monaten oft Langeweile. Es gab viel Leerlauf im Home Office und dazu unfassbar viel Freizeit. Aus diesem Grund meldete er sich in einem Parfum-Forum an. Dort las er von einem geradezu magischen Duft, der die Herzen aller möglichen und bisher unmöglichen Sexualpartner höher schlagen lässt und bestellte ihn sich. Und was passierte? Das gottverdammte Zeug schlug an.
Dabei ist es ein eher grober, simpler Duft. Sandelholz und Patchouli, Gewürze. Viel Zimt! Moos im Drydown. Auch etwas Moschus ist dabei. Einige Kräuter. Old school in a good way. Irgendwie demokratisch.
Ein "Héritage" für harte Jungs? Ein "M7" ohne Oudh? Ein Pheromene-Duft ohne Hormone?
Percy benutzt "Sex Appeal" seit vier Wochen. In dieser Zeit hat er auf seiner Best Ager-Dating-App, wo man unter "besondere Vorlieben" auch seine bevorzugten Düfte eingeben kann, mehrmals gecheatet. Denn als Isolde vor einer Woche bei ihm war (natürlich mit negativem Corona-Test!), trug er gar nicht Clive Christian No. 1. Und als Florian, 53 (und als Kardiologe schon seit Januar geimpft), vorgestern bei ihm übernachtete, war es auch nicht der neuste Duft von Kurkdijan, den er sich aufgesprüht hatte. Auch Berthold, 58, der smarte Literaturkritiker, der mit Luca Turin befreundet ist, wurde von ihm angelogen. Für ihn hat er sich nicht mit "Timbuktu" eingenebelt, was er ursprünglich behauptet hatte.
Nein, es war jedes Mal der El-Cheapo-Held "Sex Appeal", der seinen Kontakten so nachhaltigen Eindruck gemacht hat, dass sie den Flakon seines Duftes beim nächsten Mal persönlich in die Hand nehmen wollen.
"Du, wenn ich mal wieder bei dir bin, möchte ich, dass du mich von Kopf bis Fuß mit deinem Duft einsprühst", bittet Florian.
"Wie hieß nochmal dieser umwerfende Duft, den du letzte Nacht drauf hattest?", fragt Berthold per Signal-Messenger. Und Isolde möchte das Spray unbedingt für ihren Sohn (31, seit vier Jahren glücklich verheiratet, Referendar am Amtsgericht von Sonnenberg). "Der Junge ist so ein Weichei. Der braucht mal ein richtiges Knallerparfum, von dem ihm paar Brusthaare wachsen. Vielleicht bekomme ich dann endlich Enkelkinder!"

Percy ist verzweifelt. Das hat er nun davon.
Da hilft nur die Flucht nach vorn: Isolde, Florian und Berthold wird er blockieren.
Die Dating-App löschen. Sein Profil auf dem Parfum-Forum stilllegen.

Von "Sex Appeal for Men" hat er alle online verfügbaren Flaschen aufgekauft. Eau de Toilette und After Shave! Egal. Er will alles. Er braucht alles. Sowohl in Europa als auch in den USA. Außerdem hat er edle Glas-Zerstäuber geordert. In die wird er "Sex Appeal" umfüllen.
Und wenn ihn jemals wieder jemand nach seinem Duftgeheimnis fragen sollte, (was zu erwarten ist), wird er antworten, dass es sich bei seinem Duft um eine Spezialanfertigung handelt. "Kommt aus Athen und heißt Kirjakos", wird er sagen.
So ein gerissener Hund, der Percy.
32 Antworten
Gold vor 3 Jahren 32 27
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Duft
Aura-Klärung mit Jacomo
Mein spezieller Tipp gegen zuviel "bad vibrations" !
Clean your aura, Dora!
(Kurz - Kommi):
Deine Aura, das Energiefeld um dich herum, kann Stress und negative Schwingungen zur Zeit nicht so richtig abfangen und muss geklärt werden?
Jacomo, die Parfumfirma aus Deauville in Frankreich, hat einen wunderbaren Duft produziert, der dich wieder lächeln lässt.
Grapefruit in der Kopfnote macht frisch und bläst negative Energien nur so davon!
Außerdem beweisen zahlreiche wissenschaftliche Tests, dass der Duft von Pampelmuse quasi verjüngt:
Männer schätzen Frauen, die nach Grapefruit riechen mindestens fünf Jahre jünger...- (aber das ist meiner Meinung nach gar kein Vorteil, lediglich ein 'fun fact' , den ich nicht unerwähnt lassen wollte).
"Aura de J. " wurde von Eduard Fléchier komponiert, dem Schöpfer von "Poison", also von einem Top-Parfumeur. Und das merkt man "Aura J. " wirklich an. Hier war jemand am Werk, der nicht mal eben lieblos ein paar Moleküle zusammengeschmissen, sondern ein Meister seines Faches, der sich echte Gedanken gemacht hat.
"Aura J. " ist ein fruchtiger, blumiger Duft, aber eben kein langweiliger, konventioneller Obstsalat - Fruityfloral! Nach der frischen Eröffnung mit Grapefruit folgt ein bezauberndes, komplexes Geflecht aus Mimose und Geißblatt, zwei zarte Blüten, die durch Sandelholz und Heliotrop sowie durch Moschus einen besonderen, aparten Schliff bekommen.
Zudem ist "Aura" wie die Flakonfarbe deutlich zeigt, ein heller, gelber, freundlicher Duft mit cremigem Fond. Ein seidiger, leichter Schleier umgibt dich, wenn Du ihn trägst.
Völlig anders übrigens als "Silences", der herbe, grüne Klassiker der Marke, auch ganz anders als das wesentlich neuere Produkt von Thierry Mugler, das ebenfalls "Aura" genannt wurde und mir persönlich nicht so gut gefällt wie der Duft von Jacomo, der harmonischer und weicher sowie weniger "chemisch" wirkt als der grünschillernde Mugler.
Wer einen günstigen, blumigen, richtig schönen Duft mit einem gewissen Etwas sucht, sollte dem noch in Restbeständen online verfügbaren Aura-Duft aus Deauville eine Chance geben.
(Zum Spaß habe ich gerade einen Online - Test gemacht, um die Farbe meiner eigenen Aura zu bestimmen. Das Ergebnis wird vor allem Pollita amüsieren: LILA.)


27 Antworten
Gold vor 3 Jahren 45 36
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6.5
Duft
Not your muse!
Welche Aussage trifft auf Dich am meisten zu?
a. Ich möchte mehr Bestätigung und Anerkennung, privat und beruflich.
b. Ich brauche mehr Abwechslung und mehr Freiräume. Grenzen sind mir suspekt.
c. Herausforderungen nehme ich gerne an.
d. You've mistaken me for your masterpiece (Song von Celeste: Not your muse)

Was suchst Du? Einen "Sozialduft" oder einen "Privatduft"?

Der Sozialduft ist das Parfum, das in Abhängigkeit von Freundeskreis, Arbeitsplatz und gängigen Moden plus Werbung angeblich am besten zu Dir passt. Vielleicht ist es auch der Duft, der momentan am meisten gehypt wird und den Du nicht "dissen" willst, weil Du fürchtest, es Dir dann mit den "opinion leaders" zu verscherzen.

Der "Privatduft" hingegen ist jener, der unserem eigenen Idealbild entspricht, also das Parfum, das nach unseren Vorstellungen unser Ich am besten widerspiegelt.

Am Internationalen Frauentag, dem 8. 3., fragst Du Dich vielleicht, ob Parfums überhaupt etwas bewegen können, wenn es um unsere Psyche geht oder gar um unseren Platz in der Gesellschaft.
Ich meine, dass Parfums eine große Symbolkraft besitzen.
Zu Beginn der Emanzipationsbewegungen im 20. Jahrhundert, in den "Roaring Twenties" zum Beispiel, trauten Frauen sich plötzlich, herbe Düfte zu tragen. Die berühmten Chypre-Parfums entstanden, aber auch die legendären "abstrakten Floralen" wie Chanel No. 5.
Mit den herben, neuen Parfums signalisierten Frauen, dass sie unabhängig und eigenständig sein wollten, denn gerade Zitrusöl-und-Bergamotte in Kombination mit Patchouli und Moosen waren vorher Männern vorbehalten gewesen.
Und auch heute sind "Chypres" in ihrer Urform nicht grundsätzlich massentauglich.
Die meisten Neulancierungen finden weiterhin auf dem Gebiet der frischen, fruchtig-blumigen Parfums, der Gourmands und der "Florientals" statt, wenn auch in der Nische ein Trend zu sogenannten "Neo-Chypres" auszumachen ist.

2011 lancierte Rochas, das damals noch Proctor and Gamble gehörte, den Duft "Muse", der sich auf das legendäre "Femme" beziehen sollte.
(Heute werden Rochas-Düfte von der Firma Interparfums.inc. produziert. Zu deren Portfolio gehören u.a. Boucheron, Lanvin, Mont Blanc, Lagerfeld, Jimmy Choo, Van Cleef&Arpels).

"Femme" (1944) ist ein Prototyp des fruchtigen Chypredufts und gilt als Meisterwerk. Für mich ein wunderbarer "Privatduft".

"Muse" (2011) leider nicht.
Die Produktion wurde eingestellt, doch finden sich immer noch sehr günstige Restbestände im Netz. Von vielen Verwender*innen wird der Duft als "lecker" beschrieben.
Allerdings habe ich ein zwiespältiges Verhältnis zu Duftbeschreibungen, die da lauten "Yummy"" oder gar "Leckerli".
(Übrigens: auch "kuschelig" empfinde ich nicht als erstrebenswerte Kategorie. Wer einen "Sozialduft" fürs Berufsleben sucht, dem kann ich süß-kuschelige Duftbotschaften ohnehin nicht empfehlen.)

"Muse" wurde von Jean-Michel Duriez komponiert und ist "fruchtig-lecker", süßlich.
Wenn "Muse" einer Musiksparte zugeordnet werden müsste, dann käme nicht Shooting Star Celeste aus England ins Spiel, auch wenn ihr Song "Not your muse" mich zu diesem Kommentar inspiriert hat, sondern Popmusik aus Brasilien.
Wenn "Muse" einen Anlass bräuchte, wäre dies kein Opernbesuch, sondern ein Nachmittag in der Obstabteilung eines Supermarkts.

"Muse" ist ein "Floriental", ein Cocktail mit Banane und Vanille. Der Duft ist gefällig, nicht extravagant, aber irgendwie doch ganz charmant.
Übrigens schuf Duriez 2006 ein sehr ähnliches Parfum, "Sira des Indes", auch hier bemerkt man eine Bananenkomponente. Die Kopfnoten sind in beiden Düften laut, unbeschwert und jugendlich. Während "Sira" im Verlauf indische Gewürze präsentiert, wird "Muse"im Drydown etwas süßlicher.
"Muse" kann daher nicht an "Femme" von Roudniska anknüpfen, auch wenn die Macher das gern so gewollt hätten.
Warum überhaupt heißt der "Nachfolgeduft" von "Femme" MUSE?
Unter einer Muse versteht man eine Inspirationsquelle für einen männlichen Künstler, eine Frau, die unterstützend wirkt.
Wenn Du die Verpackung von "Muse" öffnest, liest Du: "Une muse sommeille en chaque femme".
Heißt: Eine Muse schlummert in jeder Frau.
FOR REAL?
Klingt nicht gerade avantgardistisch.
Doch es gibt auch neuere Meinungen zum Thema der Muse.
Francine Prose schreibt in ihrem Buch "Das Leben der Musen: Von Lou Andreas-Salomé bis Yoko Ono", dass es stets ein bestimmtes Muster gab, wenn einer Frau der Titel "Muse" zugeschrieben wurde.
Ihrer Meinung nach ist es ein Klischee, dass Musen Opfer berühmter Männer seien.
Francine Prose argumentiert, dass das "Musendasein" im 19. und 20. Jahrhundert für Frauen eine Möglichkeit darstellte, sich Wege zu erschließen, die sie ohne ihre Beziehungen zu den "großen" Männern nie hätten beschreiten können.
Welches Rollenbild die Verantwortlichen bei Rochas im Jahr 2011 im Kopf hatte, als "Muse" komponiert wurde, würde ich zu gerne herausfinden.
Banane, Frangipani, Vanille. Freundlich, fruchtig, angepasst.
Diese Muse würde sich gut in einem Hawai-Hemd machen. In besagter Obstabteilung im Sommer.
Alles in allem fehlt dem Duft die Eigenständigkeit.
Man kann das Konzept der "Muse" auf jeder Ebene drehen und wenden wie man will: eine Muse, die Bestätigung und Anerkennung sucht (siehe Punkt a.] zu Beginn meines Kommentars), sollte sich nicht auf bekanntem Terrain bewegen, sondern selbst mutig neue, individuelle Kunst schaffen.

Und welches Parfum trägst Du heute, am Internationalen Frauentag?








36 Antworten
Gold vor 3 Jahren 52 34
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7.5
Duft
Auch im Winter

1. "It's a kind of magic..." - denn obwohl es kein natürliches "bio" oder "organic" - Maiglöckchen-Parfum gibt, denken viele, daß der Duft, der ihnen aus einer Flasche "Lily of the Valley" oder "Muguet" entgegenströmt, nicht synthetisch sei.
Leider stimmt das nicht. Es existiert schlichtweg kein natürliches Maiglöckchen-Öl, das zur Herstellung eines Parfums taugen würde.

Hier ein Beispiel für eine einfache synthetische Basis... ach nee, zu lang, 19 chemische Verbindungen allein in der simplen Grundformel nach Louis Appell. Sie enthält unter anderem
Hydroycitronellal, Hedione, Linanol, Alpha-Terpinol, Geraniol, Heliotropin, Benzylsalicytat...etc. etc.

Was Isabelle Doyens "Le Muguet" ausmacht, steht nicht auf der Verpackung oder im Internet, aber meine Nase sagt mir, daß sie viel Hedion und Heliotropin benutzt hat, denn so typisch "maiglöckchenhaft" ist der Duft gar nicht.

2. Lily of the Valley - ein Song von Queen aus dem Jahre 1975:

"Wars will never cease,
is there time enough for peace,
but the lily of the valley doesn't know...

Freddy M. - was für ein Performer, was für eine Stimme. Und was für ein Talent!
Hätte ein Maiglöckchenduft zu ihm gepaßt? Vielleicht schon, da er einen tollen Song so genannt hat.


3. Am 1.5.1561 überreichte man dem französischen König Charles IX. ein Zweiglein Maiglöckchen.
Hier begann der Legende nach der Siegeszug des Blümeleins als Symbol des Frühlings.
Ja, der König, ein ganzer Kerl, (aber wer weiß das schon so genau - und wann ist ein Mann ein Mann, Leute?) liebte den Duft.

4. Der "Tag der Arbeit" fällt in Frankreich mit dem "Tag des Maiglöckchens" zusammen. Potz Blitz, die Franzosen mal wieder. Arbeit und Amour toujours vereint.

5. Maiglöckchen sind übrigens giftig. Nicht essen! Hände waschen, nachdem Ihr ein Sträußlein gebunden oder kredenzt habt.

6. Wir nennen sie Maiglöckchen, die Engländer "Lily of the Valley", die Franzosen "Muguet".
Übersetzten kann man "Le Lys dans la Vallée" daher keinesfalls mit "Das Maiglöckchen", sondern nur mit "Die Lilie im Tal." So heißt dann auch ein Roman von Honoré de Balzac aus dem Jahr 1835, dem man autobiographische Züge nachsagt. "Die Lilie im Tal" erzählt die Geschichte des Gymnasiasten Felix de Vandernese, dessen leidenschaftliche Liebe zu der 20 Jahre älteren und verheirateten Henriette de Mortsauf gegen die Konventionen der damaligen (- und der heutigen?- ) Zeit verstieß.
Ein Maiglöckchen kommt nicht explizit im Roman vor, aber ich wollte es einfach mal erwähnt haben... - also die Sache mit den verschiedenen Namen in den verschiedenen Sprachen.
(Das Thema "ageism" = the discrimination or unfair treatment based on a person's age - natürlich nicht...). -

7. Kate Middeltons Brautstrauß bestand aus Maiglöckchen, damals, im April 2011. Trug sie Handschuhe? Ich habe nicht live zugeschaut.

8. Kann ein anderer Maiglöckchen-Duft "Diorissimo" vom Sockel stoßen?
Nein. Punkt.

("Muguet de Bonheur" von Caron ist zu seifig, "Lily of the Valley" von Yardley zu flüchtig, Molton Browns "Dewy Lily of the Valley& Star Anise" ... tja, da ist leider Anis drin, Penhaligons "Lily of the Valley" aus dem Jahr 1976 wurde - pfui! - reformuliert (und der Laden gehört Puig, die produzieren auch die Düfte für Zara, was im Prinzip super ist, nur sollte der clevere Shopper das wissen), "Spring!" von der Firma Esscentials, vermarktet von Amazon, behauptet, ihr Duft sei "Frühling in der Flasche", was ich nicht überprüfen kann, doch die Pulle kann als Vase verwendet werden, in der dann Maiglöckchen Platz finden, "Lily of the Valley" von Woods of Windsor ist nett, Low Budget (gibt es auch bei Douglas), Yves Rocher hat auch einen Muguet, außerdem gibt es einen guten Maiglöckle-Duft aus Rußland von Novaya Sarya.)
Und der "Le Muguet" von Goutal, um den es hier gehen soll?
Der kann gar nicht mit Diorissimo mithalten, denn er ist viel dumpfer, wird im Drydown eher pudrig und wirkt lange nicht so frühlingshaft-frisch wie der geniale Roudnitska.

9. Warum über Maiglöckchen mitten im Winter nachdenken?
Luca Turin sagt: "I have a thing for Diorissimo when it snows."
Manchmal hat der einfach coole Sprüche drauf. Fand ich anregend.

Das Goutal-Maiglöckchen kann meiner Meinung nach ganzjährig getragen werden. Von jeder, jedem, allen, die diese blumige, besondere Note lieben. Charles, the King hat es vorgemacht.

Eine Auswahl zu treffen, ist übrigens für mich nicht nur wichtig, wenn es um Maiglöckchen-Parfums geht.
Daher reduziere ich momentan meine Anzahl an Flakons. Call it downsizing, does it still spark joy... Ihr kennt das.

10. "Der Zustand der Unentschlossenheit darüber, was wir lieben - wie er durch ein Übermaß an Wahlmöglichkeiten, die Schwierigkeit, seine eigenen Gefühle durch Selbstprüfung zu ermitteln und das Ideal der Autonomie verursacht wird - verhindert leidenschaftliche Bindungen und verdunkelt letzten Endes für uns selbst, wer wir in uns selbst und der Welt gegenüber sind. "
(Aus dem klugen Buch von Eva Illouz: "Warum Liebe weh tut".)

Warum mir dieses Zitat so gefällt? Make a guess.

Was ich aber noch zum Schluß zu sagen hätte... dauert weniger lang als eine Zigarette:
Jede*r sollte Maiglöckchen tragen dürfen. Ob Freddy, Charles, Luca oder Kate.
34 Antworten
Gold vor 3 Jahren 51 37
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8.5
Duft
Serge Lutens' ewige Suche
Für diesen Kommentar benutze ich zur Unterfütterung und Erklärung einen von Serge Lutens selbst verfassten Text. Er trägt den Titel "Monde arabe" und findet sich in dem Buch "Les Parfumeurs: Dans l'intimité de grands créateurs de parfum", (Harper-Collins, 2018).
Da bisher leider keine deutsche Übersetzung vorliegt, erledige ich den Job selbst. Ich verzichte hierbei (bis auf den Schluß) auf die Originalzitate in französischer Sprache, weil dies den Kommentar unnnötig schwerfällig machen würde. Wer Französisch versteht und sich für Parfum interessiert, sollte sich das oben genannte Buch zulegen. Es ist eine fantastische Quelle an Informationen aus erster Hand. Denn in diesem Werk fabuliert kein Blogger oder mutmaßt ein Parfumkritiker, sondern es spricht stets der Parfumeur/die Parfumeurin selbst.

Ich weiß nicht, welche Fakten aus Lutens' Leben Euch schon bekannt sind, daher verzeiht mir, wenn ich Euch mit einigen biographischen Infos langweile, die mir persönlich neu waren. Denn tatsächlich wußte ich nicht, daß Lutens in Lille im Norden Frankreichs aufgewachsen ist und seine ersten Erfahrungen mit der Welt der Kosmetik in einem Friseursalon machte, wo er Haarnadeln vom Boden aufhob und fegte. Wie er von Lille dann 1968 als Entwickler von Schminke zu Dior kam, verrät er in seinem Text nicht. 1980 wechselte er als Stylist und Make-up-Direktor zu Shiseido. Dort entwarf er Flakons, später schickte man ihn zur Weiterbildung zu Firmenich, wo er eine parfümistische Ausbildung erhielt, die ihn bis heute befähigt, Parfums zu kreiieren. In den 90er Jahren kriselte es zwischen Shiseido und Lutens. Er verließ den Konzern.
Im Jahre 2000 eröffnete er sein eigenes Parfumhaus, den Palais-Royal in Paris.

"Heute zählen wir 80 verschiedene Düfte zu unserer Kollektion, die meisten, aber nicht alle, wurden von mir zusammen mit Christopher Sheldrake entwickelt, mit dem ich während jeder einzelnen Etappe der Herstellung zusammenarbeite...manchmal jahrelang. Wir brauchten z.B. 12 Jahre für 'Chene'." (S.135)

Wie lange Sheldrake und Lutens an "Bourreau des Fleurs" gesessen haben, weiß ich nicht.
Die Pyramide lässt zunächst auf einen simplen Duft schließen. Nur drei Inhaltsstoffe werden genannt.
Gut so! Es gefällt mir, wenn Parfumhäuser darauf verzichten, mit umfangreichen Angaben zu den Inhaltsstoffen aufzuwarten, denn genau dann können wir, die Kritiker*innen (ob Profis oder Hobbykritiker wie ich) uns nicht mehr im Abarbeiten und Nachbeten der Pyramide üben, sondern müssen unsere Texte anders ausrichten.

"Bourreau des Fleurs" ist ein vielschichtiger, würziger Duft, der zurückführt zu den Wurzeln, die Lutens selbst als "imaginäre Landschaft, in der er sich im Kreis dreht" bezeichnet. In den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt er die Auseinandersetzung mit "der Frau" schlechthin:
"Alle diese Frauen sind die Frau, meine erfundene Frau, magisch, mit Zauberkräften. Man könnte glauben, daß sich meine imaginäre Landschaft im Kreis dreht. Für die Verachtung räche ich mich. An den Frauen räche ich mich. An der Frau an sich räche ich mich. Mein Leben ist eine Geschichte der Rache. Ich bin der Fehler. Ich mache ihn wett und ich verschlimmere ihn. Denn man kann nichts wettmachen, ohne es zu verschlimmern. Ich liebe, ich verführe, und gleichzeitig hasse und zerstöre ich. Ohne diese Gewalt gibt es keine Schöpfung." (S.130)

In "BdF" spürt man zu Beginn eine beinahe magische Kräuterhexenaura, einen Sud aus verschiedenen Gewürzen, die man bereits aus anderen Kreationen des Duos Lutens/Sheldrake kennt.
Etwas "Ambre Sultan" blitzt auf, ein kleines Stück Marrakesch, ein Ort, der für Lutens große Bedeutung hat, da seine ethnischen Wurzeln dort liegen, wenngleich er in Lille aufgewachsen ist.

"Als ich Marokko entdeckte, wußte ich, daß die arabische Welt noch nicht von der französischen Gesellschaft angenommen worden war. Daher meine Wahl. Zurückkehren. Bleiben.
Ich befand mich im permanenten Widerspruch zur französischen Gesellschaft und die Gewalt dieser neuen Welt, die ich entdeckte, passte zu mir. Und ich habe mich nicht verändert. Ich befinde mich immer noch im Widerspruch. Also bin ich immer noch da. Das rechtfertigt meine Einsamkeit, zuerst in Paris, dann hier, in Marrakesch." (S.132)

Der Lakritzkräutergewürztrank weicht im Herzen einer Note, die ich persönlich normalerweise in Parfums problematisch finde, die in "BdF" jedoch meisterlich verarbeitet erscheint. Es handelt sich um die Stroblume.
"Wenn man es schafft, seinen anfänglichen Ekel zu überwinden, dann wird es sehr interessant. Der Ekel spielt eine große Rolle in meiner Art, die Geschichte eines Duftes zu konzipieren. Der Ekel und die Worte." (S. 131)
"Ein Parfum ist doch kein einzelner Geruch, das ist kein Vanilletörtchen, es ist eine ganzer Kosmos. Das ist dann schon Literatur!"

So wie einen literarischen Text so sieht Lutens auch das Parfum als ein grundsätzliches Mittel des künstlerischen Ausdrucks.
"Meine Absicht ist es, die Leute zu berühren. Wenn die Parfümerie niemanden berühren würde, wäre sie komplett uninteressant." (S. 136)

"Ich interessiere mich nicht für das Glück. Wenn ich ein Buch über das Glück öffne, dann schließe ich es ganz schnell wieder. Es langweilt mich. Das Glück interessiert mich nicht. Was mich interessiert, das ist der Schaffensprozess. Etwas kreieren." (S.137).

Die Strohblume heißt im Französischen "Immortelle", also die Unsterbliche. Sie weist in "BdF" eventuell auf Lutens' Mutter hin, deren Vorname Fleurisse war. Für ihn bleibt die Mutter eine Person, die er nie fassen konnte.
"Die Psychoanalytiker....sie sind alle verrückt geworden, weil ich nicht gesund werden kann. Es ist unmöglich. Ich brauche dieses Bild einer Frau, die am Anfang meine Mutter ersetzt hat...ohne Frau krepiere ich."
Vielleicht erscheint mir die Strohblume deswegen so weich und anheimelnd, so passend in "BdF".
Aber sie wird zum Schluß schwächer, weicht einem leichten Küchengeruch, der mich nicht an verkohltes Holz erinnert, sondern an einen orientalischen Eintopf mit Kräutern.
Die Blumen wurden in meiner Wahrnehmung nicht zertrampelt oder gebrochen (wie der Name suggeriert), sondern langsam zerkocht.

"Ich brauche dieses permanente Bild einer Frau und ich erfinde es immer wieder neu mit jedem Parfum und mit jedem Namen, den ich aussuche. Die Namen der Parfums meines Hauses schreiben einen Dialog mit dieser Frau fort...Der Tod ist sehr präsent in unserem Gespräch, aber nie hat er einen traurigen Aspekt."

Lutens beendet seinen Text mit einem Gedicht, das ich im frz. Originaltext zitiere:

La mort, c'est gai, la mort,
c'est aussi une femme.
Une femme qui vient me dire bonjour.
Elle est tres élégante.
Elle est immortelle.
Elle a de beaux jours devant elle.

Und jetzt wäre eine Diskussion aus feministischer Sicht sicher nicht unspannend... - selten hat ein Parfumeur sich so deutlich und offen zu seinem Grundthema bekannt: "Cherchez la femme!"
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