Helena1411
Helena1411s Blog
vor 4 Jahren - 11.03.2020
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Von Achterbahnfahrten, Ausnahmezuständen und Dufterfahrungen

Und wieder ein Blogbeitrag.

Zu Düften, Emotionen und einer Achterbahn dazwischen.

Vorab sei jedoch erst einmal allen von Herzen gedankt, die meinen letzten Blogbeitrag kommentiert oder auch mir persönlich geschrieben haben. Das Mitgefühl, die lieben Worte, die guten Wünsche, all das hat trotz dessen, dass es doch „nur“ viral (nicht im medizinischen Sinne - sollte in der momentanen Zeit dringlichst hinzugefügt werden) geschieht, seine Wirkung nicht verfehlt: Ich war sehr be- und angerührt. Danke Euch allen von Herzen dafür! Und auch wenn ich es nicht schaffe, Euch persönlich zu antworten, einfach aus dem Grunde, weil ich so unfassbar erschöpft bin und dennoch so viel zutun ist, so seid dennoch gewiss, dass ich jedes einzelne Wort gelesen und mich darüber sehr gefreut und es als wohltuend empfunden habe.

Die Situation dagegen ist immer noch dieselbige.
Unheilbar. Palliative Therapie. Schlechte Prognose.

Aber was wäre der Mensch ohne Hoffnung.

Und so fahre ich Achterbahn zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Bangen und Weinen, Mut und Fatalismus; in rasantem Tempo geht die Fahrt voran, auf und nieder, dreht Loopings, bis mir schlecht zu werden droht.

Und tatsächlich ertrage ich wieder so etwas Profanes, neben all den existentiellen Nöten sowie quälenden Sorgen doch Banales wie Parfum. Weil es Momente gibt, die eines Duftes bedürfen.

So ist mir der Geruch nach Krankenhaus, Desinfektionsmittel und abgestandener Luft mittlerweile derart zuwider - sicherlich auch aufgrund der gedanklichen Konnotationen-, dass ich mich nur noch mit einem Duft dorthin begeben mag. Jedoch dürfen es ausschließlich zarte, leichte, geradezu schwebende Düfte sein, da mein Lieblingsmensch aufgrund der chemischen Malträtierung derzeit außerordentlich geruchsempfindlich ist.

Da dürfen es dann nur hauchzarte Gerüche sein wie z.B. Pradas Infusion d‘Iris, mit und ohne Cedre. Beides ist akzeptabel. Zudem haben beide Varianten mit ihrem sehr feinen Duftschleier, der sich nahezu unsichtbar um einen legt, das Vermögen, trotz aller Zurückhaltung andere Missgerüche lautlos zu überdecken, ohne sich dabei ihrer Umgebung aufzudrängen.

Ebenso gut funktioniert, man mag es kaum für möglich halten, Oililys Flower, der ebenfalls sehr fein und leicht daherschwebt und zudem darüberhinaus alte sowie zeitgleich angenehme Jugenderinnerungen bei mir heraufbeschwören vermag, sodass nicht nur die Krankenhausgerüche vertrieben, sondern ein, wenn auch nur minimal vorhandenes, Wohlgefühl ausgelöst werden kann.

Muss ich keine Rücksicht auf die empfindsame Nase meines Lieblingsmensches nehmen, so funktionieren zum Teil Düfte, die diesen Charakter einer wohlgeliebten Decke innehaben, ohne dabei zu erdrücken.

Tom Fords Tobacco Vanille gehört zu diesen Düften ebenso wie Carthusias Ligea La Sirena (Profumo) oder Serge Lutens Baptême du feu. Diesen Düften wohnt ein Zauber der Wohligkeit inne, der bedingt sogar abzuschirmen vermag von dunklen Gedanken, grauen Gefühlen, schierer Verzweiflung. In der Tat sind sie kein Allheilmittel, auch bewirken sie keine Wunder, doch für einige wenige Minuten tragen sie mich aus dem zum Teil unerträglichen Ausnahmezustand, der nunmehr zu unserem Alltag zu werden scheint, heraus und hüllen mich in eine Schein-Geborgenheit ein, die trotz ihrer Flüchtigkeit so wohltuend anmutet.

Dass Düfte zu solchen kleinen Fluchten verhelfen können, ist nun nichts Neues, warum also darüber einen Blog schreiben, wenn es doch so viel Wichtigeres und vor allem auch Existentielleres gibt, als über Düfte zu schreiben, noch dazu, mag die oder der eine oder andere denken, wo ich doch schon beklagt habe, so erschöpft zu sein, was bedauerlicherweise auch den Tatsachen entspricht.

Zum einen schreibe ich, weil es mich von unserem Krebskarussell bzw. -achterbahn, wie ich es gerne nenne, für kurze Zeit ablenkt und mich, auch wenn ich natürlich darüber schreibe, dennoch auf etwas andere Gedanken bringt.

Zum Anderen aufgrund der Sehnsucht, hin und wieder aus all diesen Existenzängsten aufzutauchen in seichtere Gewässer, sozusagen ein gedanklicher Kurzurlaub aus der schwarzen, beängstigenden Tiefsee, um sich ein wenig oben auf den Wellen in der Sonne treiben zu lassen und in der seichten Brise durchzuatmen, wohl wissend, welches Ungeheuer in der Tiefe lauert, wenn man wieder abtauchen muss.

Des Weiteren, weil es mich an das Leben erinnert, das noch vor drei Monaten völlig selbstverständlich für mich war und welches ich mittlerweile schmerzlich vermisse, erkennend, dass es auch nie wieder in der Form zurückkehren wird.

Und auch, um Euch, die Ihr diesen Blogbeitrag lest, wieder einmal zuzurufen: Lebt Euer Leben mit all Euren Vorlieben, Freuden und Hobbies! Genießt jede Minute mit Euren Lieblingsmenschen! Und nehmt nichts als selbstverständlich hin, denn das ist es nicht. Natürlich kann nicht jede Sekunde so gelebt werden, aber jede Sekunde mehr am Tag, die so gelebt werden kann, ist ein Gewinn, der in Zeit nicht bemessen werden kann.








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