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vor 4 Jahren - 12.01.2021
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C - wie Cologne

Liebe Parfumos,

auf das B folgt bekanntlich das C und mit Hilfe dieses Buchstabens und der nachfolgenden Worte möchte ich euch heute ein wenig in die Geschichte der Duftwelt entführen.

Sicher wird es schon an dieser Stelle Leute geben die sich denken: "Was? Geschichte? Ok, bin weg!"

Aber haltet ein meine Lieben, Geschichte muss nicht immer geprägt sein von Attributen der Langweiligkeit und Geschichte muss nicht immer eine Schlacht der Jahreszahlen bedeuten, wenngleich: Ganz ohne geht es nicht! :)

Also, nachfolgend geht es um C - wie Cologne, besser gesagt Eau de Cologne und um andere Dinge der abgelaufenen Zeitepochen.

Viele duftinteressierte Menschen assoziieren hier mit diesem Begriff (Cologne) natürlich gleich einen Sprung in die Geschichte und sicher wird der Ein oder Andere (Achtung: Generisches Maskulinum) auch den Namen Farina damit in Verbindung bringen.

Johan Maria Farina ist geboren im Jahre 1685 in Italien und Erfinder eines Duftwasser, dass er "Eau de Cologne" benannt hat.

Benannt hat er das Wässerchen aus Achtung und aus Ehre zu seinem Wahlheimatort Köln.

Oft hört man, das Eau de Cologne sei das erste Parfüm der Welt gewesen, dem ist natürlich nicht so. Schon viele, viele Jahre davor wusste man um die Tatsache, dass man Blütenessenzen in Weingeist lösen kann, um so eine Art Duftwasser herzustellen. Im Laufe der Geschichte waren diese Wässerchen jedoch nicht ausschließlich zu kosmatischen Zwecken da. Insbesondere im medizischen und gesundheitlichen Sektor fanden sie Anklang und Nutzen.

Als wahre Erfinder des Parfüms werden im Übrigen nicht selten die alten Ägypter angesehen, denn schon etwa 3000 Jahre v. Chr. balsamierten die ägyptischen Leute die Verstorbenen mit Ölen, um ihnen den Übergang in das "Reich der Toten" zu erleichtern. Auch heute kennen wir ein ähnliches Verfahren, welches oft in der palliativmedizischen Betreuung eingesetzt wird, die Aromatherapie. Hier geht es zwar nicht um die Salbung nach dem Tod, aber gewisse Aromen können Menschen im Sterbeprozess "positiv beeinflussen." Da ich meine erste Ausbildung selbst in der Klinik absolviert habe und heute ein Team führe, welches genau diese Menschen mit betreut kann ich aus Erfahrung sagen, Düfte haben in gewissen Situationen eine gewaltige Macht! Aber zurück zur Geschichte...

In Europa ist die Herstellung von Parfüm mit Beginn des 14. Jahrhunderts erstmals dokumentiert.

Der Arzt und Alchemist Hieronymus Brunschwig schrieb um 1507: „das Destillieren ist nichts anderes, als das Subtile vom Groben und das Grobe vom Subtilen zu scheiden, das Gebrechliche oder Zerstörbare unzerstörbar, das Materielle immateriell, das Leibliche geistig und das Unschöne schöner zu machen“. Ein Satz den ich sehr spannend fand und den man durchaus mehrfach lesen muss, um ihn in Gänze zu verstehen.

Um dieses Jahrhundert entstanden die handwerklichen Kentnisse und vorallem die technischen Voraussetzungen dafür, Destillate von hoher Konzentration herstellen zu können.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, also wesentlich später, importierten dann die Türken unter Sultan Abdülhamid dem Zweiten das Eau de Cologne in ihre eigenes Reich. Sein Leibarzt stellte hierbei im Verlauf fest, dass die hohe Konzentration von Alkohol eine starke Wirkung gegen Bakterien aufgewiesen hat.

1882 wurde die erste Parfümfabrik des osmanischen Reiches gegründet.

Aber nochmal kurz zurück zu Herrn Farina, der durchaus mit einigen Dingen zu kämpfen hatte und gewiss ein kluges Köpfchen gewesen ist. Sein großes Anliegen war es, ein Duftwasser zu kreieiren, dass immer von gleicher Qualität ist und keinerlei, oder nur sehr geringen, Geruchsschwankungen unterliegt. Ganz so einfach wie man sich das heute vorstellt war es damals nicht, denn die verschiedenen Öle wurden oft aus verschiedenen Regionen und differenten Anbaugebieten besorgt. Das sorgte für massive Qualitätsunterschiede.

Farina perfektionierte also das, was wir heute unter dem neudeutschen Begriff "Blending" kennen. Blending bedeutet, dass Öle (oder auch andere Substanzen) von verschiedenen Orten und Anbaugebieten zusammengemischt werden, um so ernte- und lagebedingte Faktoren möglichst gut auszugleichen.

Aber nicht nur dieses Problem galt es im Laufe der Zeit zu lösen. Unter Anderem war die Beschaffung einiger Rohstoffe ein Problem. Beispielsweise war die Gewinnung von Jasmin phasenweise erschwert, ferner auch nach dem ersten Weltkrieg die Beschaffung von Veilchenblütenöl.

Ergo musste man sich darüber Gedanken machen, wie die Produkte ausgetauscht werden können, ohne dass die eigentliche "Farina Ur-DNA" verloren geht. Unter Anderem wurde zur Substituion für das Veilchenblattöl ein Stoff eingesetzt mit dem Namen "Jonone". Das sind Bestandteile vieler Pflanzen, die jedoch erst nach chemischer Bearbeitung einen veilchenähnlichen Duft abstrahlen.

Johan Maria Farina starb im November 1766 in Köln, wo noch heute so einiges an den Herren erinnert:

Sein Grab, eine Gedenktafel und eine Steinfigur am Ratsturm. Auch eine Johan-Maria-Farina Straße gibt es in Köln.

Ürigens, einen Namen möchte ich noch in den Ring werfen: Francois Coty

Er gilt als Vater des modernen Parfüms, denn er soll das erste Mal natürliche Substanzen mit synthetischen Substanzen erfolgreich vermischt haben. Zudem war ihm auch das äußere Erscheinungsbild wichtig und so versuchte er hier, gewisse Prioritäten zu setzen. Er lies seine Flakons vom Glaskünstler Lalique anfertigen.

Ich persönliche lese immer wieder gerne Berichte und Texte, die sich mit der Geschichte einer bestimmten Thematik beschäftigen. Einmal damit angefangen kann das in einer ziemlich ausführlichen Leserei enden, denn viele Themen hängen zusammen und man springt von Ereignis zu Ereignis.

Wie ist das bei Euch so?

"Geschichte? Bleib mir weg!" oder "Geschichte? Oh ja, durchaus spannend!"

Ich hoffe, dieser kleine aber informationsintesive Ausflug hat euch ein wenig gefallen. Auf viele, viele Punkte kann man in dieser Kürze gar nicht eingehen und dennoch hoffe ich, ein paar interessante Dinge aufgeschrieben zu haben, auch wenn ich vom Cologne teilweise abgewichen bin.

In diesem Sinne, C - wie Ciao und bis Bald.

Marc

5 Antworten
MonsieurTestMonsieurTest vor 4 Jahren
1
Schöner Blog, bitte weiterforschen & erzählen.
Ich finde, Geschichte und das Wissen um Früheres und Herkunftsgeschichten gibt den Dingen und Erfahrungen - also auch Parfums und unseren Erlebnissen mit ihnen - eine weitere Dimension, sozusagen eine Tiefenschicht. So wirds noch reicher, voller, interessanter.
Orkan94Orkan94 vor 4 Jahren
1
Interessanter Beitrag, danke für deine Zeit.
Netlab72Netlab72 vor 4 Jahren
Superspannend. Was hilft denn Menschen, damit sie in Frieden aus dem Leben scheiden??
ErgoproxyErgoproxy vor 4 Jahren
Geschichte und die damit verbundene Stilkunde finde ich nach wie vor spannend.
O58O58 vor 4 Jahren
Stark - danke für den unterhaltsamen und informativen Blog.
Noch heute wird den Gästen in der Türkei (welches aus dem osmanischen Reich entstanden ist), als eine Tradition beim Empfang "Kolonya" gereicht. So hat gleich jeder Gast die Hände desinfiziert und riecht frisch.. :)

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