JacSi9

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11 - 13 von 13
JacSi9 vor 6 Jahren 13 3
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die saftige Dunkelheit
Tom suchte seinen Verstand, der ihn eben noch dirigierte. Das mühsam erarbeitete Bewerbungsschreiben, die gestressten Anrufe seiner Eltern. Das alles war verblasst. Über das Orkan-getriebene Regenwetter, das gegen die Fenster drückte, hatte sich ein Weichzeichner gelegt. War das dieser Burnout, von dem er in sozialen Netzwerken gelesen hatte? Wohin war seine vertraute Umgebung plötzlich verschwunden? Was war geschehen?

Unfähig, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden, betrachtete Tom die schwere Tür vor sich. Seine linke Gehirnhälfte zog sich im Eiltempo zurück. Wenn dies ein Paralleluniversum war, dann hatte es im Vorfeld einen Vertrag mit seiner Intuition abgeschlossen. So viel war sicher.

Tom hatte sich nicht bewegt. Die dunkle Holztür lag nun hinter ihm, die Atmosphäre des gedimmten Raumes in jeder seiner Poren. Wem gehörte das Apartment? Er wusste, er war allein. Er vernahm sanftes Licht, das eine Intensität hatte, die ihm fast unheimlich war. Tom fühlte sich zu Hause, obwohl er diesen Ort noch nie gesehen hatte. Satter Bass leiser Lounge-Beats trug ihn weiter in den Raum hinein. Es duftete edel, nach schwerem Holz und Gewürzen fremder Dimensionen. Die gesamte Szenerie zeichnete sich dunkel und mysteriös. Doch Tom fühlte sich frisch im Kopf wie nie zuvor. Es interessierte ihn nicht mehr, was hinter ihm lag, warum die Dinge waren, wie sie waren. Ein ungeahntes Selbstbewusstsein übernahm das Zepter. Es fühlte sich natürlich an. Hohe Decken, Saal-artige Weite, dunkler Holzboden, schmeichelnde Wärme und ein Ledersofa vor einer einschüchternd großen Fensterwand. Draußen tobte leise das Unwetter.

Tom nahm Platz. Wie weit weg er doch war vom Treiben unterhalb der Tiefe, die sich hinter dem Glas auftat. Er war derselbe Mensch wie zuvor. Daran bestand kein Zweifel. Doch seine Wahrnehmung hatte sich in ihren Grundfesten verändert. Unabhängig davon, ob der ursprüngliche Reiz von außen kam oder nicht. Es wurde etwas in ihm freigelegt, das immer da war. Das im grauen Treiben des Alltags keine Beachtung fand. So saftig dunkel und doch so bunt.

Tom wusste nicht, wie lange er schon da saß. Zeitgefühl gehörte nicht zu dem, was er mitgenommen hatte. Er wird eine Ewigkeit gewesen sein. Korreliert die Intensität des Moments mit der wahrgenommenen Zeit? Tom dachte nicht länger darüber nach und kannte die Antwort. Es war, als hätte er das Potenzial der Zukunft gesehen. Er war nicht eingedrungen in fremdes Territorium. Das war alles seins. Doch in diesen Momenten dachte er nicht an Besitz. Er dachte überhaupt nicht. Er war einfach.

Nach Stunden der gediegenen Euphorie schlief Tom auf dem Leder ein. Umrahmt von der dunklen Holzbühne.

Als Tom morgens aufwachte, öffnete er vorsichtig die Augen. Auf seinem Ikea-Schreibtisch schienen vereinzelte Sonnenstrahlen auf sein halbfertiges Bewerbungsschreiben. Sein Handy zeigte zehn unbeantwortete Anrufe an und war kurz davor, sich mangels Elektrizität auszuschalten. Tom musste los, um seine Pflichten zu erfüllen. Er richtete sich auf und setzte sich auf den Bettrand. Gerade als er aufstehen wollte, stieg etwas empor, das seine Sinne für einen Bruchteil einer Sekunde einnahm. Es war der Glanz einer vergangenen und gleichzeitig kommenden Reise. Während der Schimmer sich langsam auflöste, schaute Tom aus dem Fenster. Er beobachtete den blauen Himmel und dachte daran, dass es genau dieser blaue Himmel war, der gestern über dem dunklen Treiben wachte.

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Für alle, die Geschichten doof finden: Ich find den Duft toll!



3 Antworten
JacSi9 vor 6 Jahren 21 5
9
Duft
Die Basis eines Duft-Traums
Ich bin jemand, der in seinem Leben gerne Entscheidungen trifft, ohne dass mir irgendwer dazwischenquatscht. Beim Green Irish Tweed entscheidet für mich allerdings ganz klar die Basis.

Was für ein samtiges Sandelholzbett, in das ich mich da in Zeitlupe lege. Es schwebt über einem freundlichen Ambra-Fundament und trägt mich mit Ausdauer. Frisch, elegant, charmant und durchaus sexy. Das trifft sich gut. Ich bin nämlich weder frisch, elegant, charmant oder sexy. Zufälle gibt’s.

Aber der Reihe nach.

In meinem Debütkommentar (wow, man kann auch echt alles hochstilisieren) zum „Replica - Jazz Club“ hatte ich die Anfänge meiner Suche nach einem Signaturduft beschrieben und glaubte angekommen zu sein. Auch wenn ich nach wie vor Fan vom Jazz Club bin, stellte sich heraus, dass es sich mehr um einen Etappensieg handelte. Wer könnte mein persönlicher Allrounder werden, der auch außerhalb der Cocktailbar getragen werden kann? Unaufdringlich, gleichzeitig selbstbewusst. Spontane Ohmachtsanfälle bei weniger duft-affinen Mitmenschen auslösend und im selben Moment eigenständig und besonders. Typisches Anspruchsdenken für einen 23-jährigen Hüpfer wie mich.

Ohnmachtserzeugend, zunächst unaufdringlich und dann doch selbstbewusst? Wie wär’s mit ‘nem Flakon Chloroform?

Toller Vorschlag, aber ich will schon selbst mal an mir schnuppern.

Green Irish Tweed habe ich schon sehr früh auf meiner Duftreise gerochen. Als jemand, der im Norden Deutschlands zu Hause ist und hin und wieder als „typisch norddeutsch“ (also unterkühlt, unfreundlich und humorlos schätze ich) charakterisiert wird, traf der maritime Vibe des GIT genau meinen Geschmack. Jedoch musste ich im Rausche des jugendlichen Leichtsinns natürlich weitersuchen und hatte Gefallen an der Suche gefunden. Wieso ankommen, wenn man immer wieder erneut den Thrill des Neuen erleben kann? Das mag menschlich sein, zielführend ist es nur bedingt. Ich kling schon wie ein Ex-Ehemann, der seine Existenz und die Liebe seines Lebens wegen einer Horde Edelprostituierter verloren hat. Das ist bei mir zum Glück (noch) nicht der Fall.

Ein Schwimmbad aus Duftproben später, gelang die grüne Frische und die edle Sandelholzbasis aus der Retrospektive heraus zurück in mein Bewusstsein. Das meinte Einstein also mit der spukhaften Fernwirkung. In meinem Briefkasten lag wenig später eine 10ml-Abfüllung des Duftes in einem pinken Zerstäuber. Die Farbe ist an sich völlig irrelevant. Aber ich will nicht lügen. Der Zerstäuber war pink. Barbie-pink.

Doch der Duft - er war nach wie vor der Alte.

Kurz nach dem Aufsprühen liegt plötzlich saftiges, frisch mit Tautropfen benetztes Gras vor mir. Ein paar Wolken sind am Himmel, doch das Wetter ist freundlich. Die Sonne strahlt merklich hinter der weißen Decke und bahnt sich ihren Weg. Eine nasse Zitrone liegt irgendwo unter dem Gras, obwohl in dieser Gegend keine Zitronenbäume wachsen. Die Szenerie ist frisch und vitalisierend, doch zu keinem Zeitpunkt unreif oder unbedacht. Eine leicht säuerliche Note sorgt in meinem Empfinden für einen klaren maskulinen Einschlag. Green Irish Tweed macht schnell klar, dass er nicht für Jugendliche, sondern für gestandene Männer mit Charakter gemacht ist. Das mag auf mich noch nicht zutreffen, aber ich sehe den Duft da in meinem Fall als Mentor, der mich auf meinem Weg unterstützend begleitet.

Wie schon deutlich wurde, schockt mich persönlich im besten Sinne des Wortes alles, was nach dem Auftakt folgt. Wenn der weitere Verlauf nicht wäre, könnte man vielleicht auch zum Tres Nuit von Armaf greifen. Doch von dem Gedanken habe ich mich längst verabschiedet. Die Grasvibes des Eisenkrauts und des Veilchenblatts treten langsam zurück, ohne sich komplett zu verabschieden und versorgen den Träger weiterhin mit ausdauernder Frische. Für mich wird der Duft jetzt noch edler und anmutiger durch das oben schon beschriebene Sandelholz.

Als würde man aus der Anfangsszene langsam herauszoomen und die Kamera leicht nach oben schwenken, um das größere Bild zu sehen. Ein irisches Landhaus thront vor einem herrschaftlichen Garten, der für eine edle Gartenparty hergerichtet wurde. Weiße Decken auf nicht enden wollenden Tafeln. Serviert wird weltmännische Eleganz. Die Gäste tragen ihren Intellekt und das im Leben erreichte nicht zur Schau. Es liegt einfach in der Luft. Die Sonne ist herausgekommen.
Wirklicher Charakter rechtfertigt sich nicht, er ist einfach da. Das vermittelt für mich Creeds Green Irish Tweed.
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Ich habe mir gestern einen 120ml-Flakon bestellt und freue mich auf alles, was GIT und ich zusammen erleben werden. Ich habe gefunden, was ich gesucht habe. Mit Sicherheit werde ich nebenher weiter testen und mich neu überraschen lassen. Doch Green Irish Tweed wird bleiben.

Denn wenn wir ehrlich sind, ist das Ankommen eben doch die Basis jedes (Duft-)Traums.
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Nachtrag vom 16.10.2018

Natürlich kamen sie noch, die ganzen neuen Duftentdeckungen. Und sie werden weiterhin reinrollen. Als überraschende Duftgebilde, die die ganze Aufmerksamkeit für sich einnehmen. Doch wie ich schon schrieb: Green Irish Tweed wird bleiben. Und davon bin ich nach wie vor überzeugt. Häufig, wenn ich in der Kategorie "Allrounder" schnupper, denke ich mir: "Ja, riecht schon gut. Aber wozu brauche ich den Duft? Ich habe doch schon meinen Green Irish Tweed. " Ganz natürlich ploppt der Gedanke dann auf. Das sagt, denke ich, alles. Zwar liebe ich auch andere Düfte - das hier ist mit Sicherheit kein monogames Hobby - doch wenn es nur einer sein sollte. GIT wäre es. Denn diese frisch-cremige Eleganz gepaart mit dem maritimen Flair und der ganz natürlichen Eleganz passt einfach zu jeder Situation. Egal, ob zum Ankommen oder zum Weiterziehen.
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Nachtrag vom 26.03.2020

Green Irish Tweed kann sich nach wie vor auf einen Platz in meinem Parfumo-Herzen verlassen. Stark aufgefallen ist mir mittlerweile aber das berühmte Thema Batch-Varianz. Nach dem Verfassen des Kommentars gabs einen 120ml-Flakon aus dem Jahre 2017. Ich war zunächst etwas ernüchtert, da die Haltbarkeit gefühlt schlechter war und der Sandelholz-Schmelz der Basis heruntergefahren. Daran hatte ich mich dann gewöhnt. Nach dem Leeren der 120ml gabs vor ein paar Monaten dann einen 100ml-Flakon aus 2018. Hier sind drei Sprüher schon fast zu viel. Starke Projektion, die Basis wieder so wie ich sie damals kennenlernte. Das freut mich natürlich. Aber letztlich muss man als Kunde bei den Preisen gleichbleibende Qualität erwarten dürfen. Nichtsdestotrotz bleibt GIT ein toller Allrounder, der den Test der Zeit besteht.
5 Antworten
JacSi9 vor 6 Jahren 67 10
9
Flakon
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die Suche nach dem Signatur-Duft. Oder: Vom kühlen Kopf im Hype-Orkan
Hätte man mir vor zwei Monaten gesagt, dass ich zeitnah eine Parfumbewertung schreiben würde, hätte ich wahrscheinlich gesagt: „Wirklich Witzig. Magst Du mir eben die Mango-Chutney-Soße reichen?“
(In der Situation sitze ich in einem anspruchsvollen Burgerrestaurant. Fragt mich nicht warum. Ist einfach so.)

Doch dann neigte sich mein süßlich-jugendlicher Duft der letzten Jahre (Carolina Herrera 212 Sexy Men) dem Ende zu und langweilte mich plötzlich mit einer Wucht, die es in sich hatte - oder besser gesagt: Eine Wucht ohne Substanz. Gott, war ich gelangweilt. Meine zarten 23 Jahre prallten in diesem Moment an meinem Vollbart und meiner 1,96-Meter-Körperfläche ab. Und ganz ehrlich: Als ich mir das letzte Mal wie 23 vorkam, war ich 17. Kann man nichts machen. Aber am Duft könnte man schrauben. Die erstmals wirklich bewusste Jagd nach dem Duft, der die Persönlichkeit markant unterstreicht und versinnlicht, wo man sich in fünf Jahren sieht: Sie war eröffnet.

Angefixt durch diese Ambition machte ich mich mit dem Elan eines Wissenschaftlers ohne Privatleben auf die Suche. Einmal Parfumo ausdrucken. Schwarz-weiß. Wegen Umwelt. Farbige, beinahe haptische Beschreibungen trieben mich zu einer Vielzahl hochgelobter Düfte. Wenn beinahe die gesamte Belegschaft jubelt, dann muss was dran sein, oder? Was war ich aufgeregt, als ich König-Aventus auf mein Handgelenk sprühte. Als mich dann plötzlich ein langweiliger Emporkömmling mit seiner gefälligen Arroganz anlächelte, war ich kurz davor, die Polizei zu rufen. Pulsader-Friedensbruch, Paragraph whatever.

Halt, stopp! Bis hier und nicht weiter. Und doch hörte es nicht auf. Bis auf GIT ließen mich die gefeierten Creed-Düfte kalt, die Duftwand bei Douglas konnte mich nicht in andere Welten katapultieren (und das wollte ich). Frauen lieben Sauvage, sterben für The One, steigen mit wildfremden Männern ins Bett, solange La Nuit dabei ist (Sogar tagsüber. Kleiner Schenkelklopfer, Ladies and Gentlemen). Hype aufsprühen, damit 18-jährige Mädels in Ohnmacht fallen, auch wenn es sich nicht nach mir anfühlt? Wollte ich nicht, sorry. Geschmäcker sind verschieden, das ist völlig in Ordnung. Aber ich konnte mich fortan weder auf Bewertungen noch auf Youtube verlassen - Sinnkrise im 21. Jahrhundert. Musste ich anfangen, selbst zu denken? Anstrengend.

Tom Fords Noir Extreme bildete mit seiner dunklen Süße und seiner wuchtig-blumigen Eleganz eine Ausnahme. So schnell schmiss sich noch nie ein dunkelblauer Anzug an meinen Körper. Umgeben von einem Luxusapartment im gedimmten Licht. Now we talk. Doch konnte ich mir nicht vorstellen, die extreme Nacht übers ganze Jahr hinweg auch am Tag zu tragen. (Ich hab’s heute mit den Tageszeiten. Entschuldigt, es wird einfach gerade so dermaßen früh dunkel draußen. Wo bist Du, mein Sonnenlicht?)
Eine Flut aus Parfumproben und eine nach wie vor nicht wirklich zufriedene Nase. Ich spielte mit dem Gedanken, einen Flakon Green Irish Tweed zu adoptieren. Der Duft gefällt mir nach wie vor sehr gut. Restlos begeistert war ich nicht.

Ex-Langzeitsingles wissen: Manchmal muss man aufhören zu suchen und sich finden lassen. Loslassen. Durchatmen. Also, hab ich mal irgendwo gelesen. Bin Single.
Spontan ging es für mich also diese Woche für drei Tage nach Wien. Wie ein Alkoholiker, der ein „letztes“ Mal durch die Spirituosen-Abteilung schlendert, besuchte ich einen Ösi-Douglas. Kurz bevor ich der Konzern-gewordenen Duftwolke entfliehen wollte, fiel mein Blick auf einen Flakon von Maison Margiela - Jazz Club. Die Replica-Linie war mir durch eine Duftprobe von Soul of the Forest bekannt, ganz bewusst hatte ich zwischendurch nach Walddüften gesucht. Toller, ungewöhnlicher Duft, aber für mich nicht alltagstauglich. Nirgendwo sonst hatte ich Tester der Marke gesehen. Stand hinter diesem City-Trip ein kosmischer Plan?

Nein.

Dennoch: Wenige Augenblicke später ergab alles Sinn. Bereits mit 20 Jahren hatte ich über zehn Jahre Big-Band-Erfahrung. Während sich andere Kids für Tokio Hotel das Leben nahmen, hörte und spielte ich Jazz. Dem Griff zu Jazz Club wohnte also eine biographische Ebene inne. Doch kann Nostalgie den Geruchssinn nachhaltig vernebeln?

Ich werde nicht auf einzelne Duftnoten eingehen. Das mag anspruchsvoll sein und beeindruckend klingen, mich interessiert der fertige Mix. Da bin ich pragmatisch. Wird mein Account jetzt gesperrt?
Als der Duft erstmals in meinem Nervensystem eintraf, war ich hin und weg, verwirrt, begeistert und gleichzeitig skeptisch. Jazz Club polarisierte und stellte für einen Sekundenbruchteil meine Welt auf den Kopf. Endlich! Klaus Kinski hätte im ersten Moment geschrien: „Ich liebe Dich, du dumme Sau!“

Atmosphärisch, süß, beinahe exotisch, würzig, dezent maskulin, Vorstellungen einer anderen Welt. Eine leichte Schwere, die sowas von elegant ist. Ich hatte so einen Duft nie zuvor gerochen. Richtiger Wow-Moment. Anstelle des Jazz Clubs machte sich schnell das Bild einer teuren Cocktail-Bar um meine Synapsen herum gemütlich. Wer gibt schon was auf Titel? Antwort: Jeder. Aber ihr wisst, was ich meine.

Ich konnte mir anfangs jedoch trotz allem nicht vorstellen, Jazz Club zu tragen, geschweige denn zu kaufen. Wahrscheinlich stand ich unter Schock und musste erstmal klarkommen. Die nötige Ehrfurcht zusammenkratzen. So hatte ich mir das vorgestellt. Endlich war was los. Langeweile mit Tränen in den Augen am Horizont.

Der Teststreifen verschwand in meiner Jackentasche, beseelt ging es wieder an die Wiener Luft. Nun führte meine Hand im 2-Minuten-Takt den Jazz-Cocktail an meine Nase. Ich konnte nichts dagegen tun, war dem Automatismus des Schicksals ausgeliefert. Mit jedem Einatmen gefiel mir der Duft besser, gedanklich war ich in anderen Realitäten. Wem machte ich etwas vor? Ich ging zurück, sprühte den Jazz-Moment auf meine Haut und bestellte online einen Flakon als ich im Hotel ankam. Richtig, ich habe die besagte Parfümerie ausgenutzt. So sind wir jungen Menschen.

Jazz Club ist ein besonderer, extrem schöner, eleganter Duft. Inmitten des Alltagswirbels entführt er mich und sagt mir: Da ist noch mehr. Außerhalb Deines engen Fokus. Du musst nur gucken.

Die Suche nach dem Signatur-Duft ist für mich beendet, der Hype-Orkan hat sich in ruhige Luft aufgelöst. Es gibt bei dieser Suche kein pauschales Richtig oder Falsch. Aber eines habe ich erneut gelernt: Das Intuitive, das nicht Aussprechbare unterhalb unseres Verstandes interessiert sich nicht für Hypes und Internetbewertungen. Es interessiert sich nur für den Moment, in dem sich die Duftmoleküle ihren Weg in unser Bewusstsein bahnen und neue Perspektiven eröffnen. In meinem Fall ist das mit Jazz Club geschehen.

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Nachtrag 13.01.2018

Bin nach wie vor schwer angetan. Allerdings hat sich mein Empfinden dahingehend entwickelt, dass Jazz Club ruhig eine Liaison mit rauchigen Holznoten eingehen könnte. Je nachdem wie krass ich drauf bin, ist er mir zeitweise zu weich. Geschmackssache. Aber keine Angst, Jazz Club: Ich verlass Dich nicht!
10 Antworten
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