Jella

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16 - 20 von 34
Jella vor 12 Jahren 14 11
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Duft
Brief eines Parfüms an seinen Papa
Lieber Papa,

seit langem schon liegt mir eine Frage auf dem Herzen, die ich Dir, der mich erschaffen hat, nun endlich stellen muss:
Warum hast Du mir den Namen "Mein Patchouli" gegeben? Nicht, dass ich ihn nicht mag, aber Du kennst ja das alte Sprichwort "Nomen est Omen". Was, wenn die Leute deshalb vielleicht einen falschen Eindruck von mir haben? Was, wenn mich manche Menschen nur deshalb überhaupt nicht kennenlernen wollen? Dabei bin ich doch so viel mehr als "nur" ein Patchouli!

Du hast mir so viele gute Eigenschaften in die Wiege gelegt, hast auch darauf geachtet, dass ich kein aufdringlicher Typ werde, und nicht gleich mit der Tür ins Haus falle. Zudem hast Du hast mich zu einem weltoffenen Begleiter für Männlein und Weiblein gleichermaßen werden lassen. Hast mir so viel Helles und Grünes mitgegeben. So konnte ich auch meine verspielte und und dezent blumige Seite entwickeln.
Ja, ich weiß ich, dass ich sehr wohl ein Patch-Erbe in mir trage. Dass ich dennoch nie gruftig oder dumpf und erdig werde, habe ich Dir zu verdanken.
Und doch hättest Du mich auch "Mein Amber" nennen können, denn diesen meinen Anteil kann und will ich nicht verleugnen. Diese süße und warme Seite ist die andere Seite meiner Persönlichkeit und sie gehört genau so zu mir wie meine Ausdauer.

Ich freue mich so sehr auf Deine Antwort!

Dein M.P.
11 Antworten
Jella vor 12 Jahren 19 9
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Duft
Wo meine Seele ankert
Es ist Juli. Das Thermometer klettert kaum über 18 Grad. Der Wind trägt den Duft des Meeres herüber. Aus den Kehlen tausender durch die Luft wirbelnder Seevögel klingt der nicht enden wollende Kanon ihrer Rufe. Das sind die Bilder, die Sel Marin in mir aufsteigen lässt.

Ich spüre die Nähe der offenen See, rieche den Salzgehalt und die Algen des Ozeans. Doch obwohl es sich hier um einen Aquaten handelt, finde ich mich nicht an einem Strand wieder. Vielmehr vermittelt mir dieser Duft von Heeley die perfekte Illusion einer wilden und unberührten Küstenlandschaft. Weit und breit gibt es keine Yachten, keine Schickeria, keine Souvenirs, keine Imbissbuden und auch keine gegrillten Touristen. Sel Marin trägt mich weder an die raue Nordsee, noch an die beschaulichen Ostseestrände, und schon gar nicht an das Mittelmeer.

Mein von zitrischen Noten begleiteter Weg führt mich durch lichte Wälder auf einen ausgetretenen Küstenpfad. Von dort höre ich das Branden der Wellen, sehe vom Wasser umspülte Felsen, und genieße die atemberaubende Natur mit ihrer unendlichen Weite. Am Ende dieses von eindrucksvollen Bildern geprägten Tages bleibt das Salz auf meiner Haut als Andenken zurück. Und ich bin mir sicher, einen Platz gefunden zu haben, an dem meine Seele ankert.



Vergleiche ich "Sel Marin" mit "Acqua di Sale", gebe ich eindeutig dem dezenten Heeley den Vorzug vor dem "lauteren" Profumum Roma. Denn Acqua die Sale erinnert mich an ein Sole-Dampfbad, dem außer gelöster Sole statt ätherischer Öle eine kräftige Dosis Myrte zugefügt wurde. Während mich im Dampfbad die extrem feuchte Hitze nach kurzer Zeit in die Flucht schlägt, ist es bei dem Profumo Roma die unterschwellige Süße, die ich nicht lange ertrage.
9 Antworten
Jella vor 12 Jahren 11 5
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Duft
Halleluja !
Meine Hochachtung Eure Eminenz: authentischer geht es nicht. Das ist nicht nur ein Kardinal, hier hat sich gleich die gesamte Kurie versammelt.

Wer wissen möchte, wie sich dieser Duft von Heeley entfaltet, dem sei ein Besuch in der nächstgelegenen katholischen Kirche nach dem Hochamt empfohlen.

Seine Authentizität stellt "Cardinal" schon dadurch unter Beweis, dass er mich ad hoc in eine Zeit zurück katapultiert, in der ich nicht so unbedingt wieder ankommen möchte. Denn vor meinem geistigen Auge erscheint unversehends klein Jella im zarten Alten von neun Jahren. In ein kratziges Kommunionkleid gesteckt, mit einer dicken Kerze in der für so ein Ungetüm viel zu kleinen Hand, Gebetbuch unter den Arm geklemmt, Myrtenkranz über dem Pferdeschwanz gestülpt, und blitzeblanken Lackschuhen über den weißen Söckchen tragend. Das Problem: Bis auf ihre neue Uhr findet klein Jella all das nur fürchterlich. Fürchterlich und fürchterlich verlogen. So verlogen wie - und das kapierte sogar die Drittklässlerin Jella, der Herr Pastor mit ner dicken Havanna im Mundwinkel in der Karwoche von der Fastenzeit faselte. Folglich schwänzte klein Jella die wenig später anstehende Firmung, und zog sich damit den Zorn ihrer Mutter zu, gegenüber dem sich das Jüngste Gericht hoffentlich nur als eine Zivilkammer erweisen wird.

Aber zurück in die Gegenwart: "Cardinal" verändert sich auf meiner Haut genauso wenig, wie das dicke Messingkreuz in irgendeiner Schublade, in das "Denke gerne an deine Erste Heilige Kommunion" eingraviert ist. Die darauf ebenso abgebildete Dreifaltigkeit verweigert sich mir allerdings bei diesem Heeley-Duft. Kopf-, Herz- und Basisbasisnote sind wie zu einer klösterlichen Einheit von beachtlicher Lebensdauer und weitreichender Wirkung miteinander verschmolzen.

Meine ausdrückliche Warnung richtet sich an Menschen, denen durch die katholische Kirche ein (wie auch immer geartetes) Trauma zugefügt wurde. Ein Tröpfchen genügt, und alte Wunden drohen aufzureißen!

Für alle anderen Nasen könnte sich "Cardinal" jedoch als Offenbarung erweisen. Denn es handelt sich hier um einen wirklich großartig gemachten Weihrauch-Duft. Und weil der frei von jeder Schuld ist, bewerte ich ihn trotz allem gerne mit 90%.
5 Antworten
Jella vor 12 Jahren 25 5
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7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Alles hat - und braucht - seine Zeit
Ohne auch nur entfernt zu ahnen, wie präzise diese Einschätzung sein würde, lautete mein anfängliches Urteil über diesen sehr besonderen Duft "gewöhnungsbedürftig". Denn es war die Kopfnote, die mich aus heute unerfindlichen Gründen immer und immer wieder abschreckte. Obwohl bei Parfumo hoch eingeschätzt, fand ich anfangs so gar keinen Zugang zu meinem persönlichen Suchtmittel. Bis, ja bis ich mir Sous le Vent auf ein Seidenpapier sprühen lies, das meinen neu erworbenen Schatz "Liu" vor neugierigen Blicken schützen sollte. Dieses Seidenpapier allerdings entwickelte sich nach und nach jedoch zu einem absoluten Magneten. Dessen Anziehungskraft erwies sich als so stark, dass ich es, auch um es zu konservieren zu wollen, als Lesezeichen nutzte. Genau darin sollte offenbar der Grundstein zu einer sehr intensiven Beziehung gelegt werden. Gäbe es nur eine Handvoll Düfte, die mich auf die berühmte einsame Insel begleiten dürften, zählte Sous le Vent ganz sicher dazu.

Um diesem komplexen Duft auch nur annähernd gerecht zu werden, wartete ich mit meinem Kommentar ab, bis (fast) alle in seiner Duftpyramide benannten Ingredienzien auch in meinem Garten verfügbar waren. Also JETZT. Wie angegeben, entfaltet sich zunächst die Bergamotte. Von ihr, die leider nicht in meinen Breitengraden gedeiht, wird auch später noch die Rede sein. Was folgt ist Lavendel. Jedoch nicht sanft und betörend, wie "Jicky" gewohnt, sondern für mich deutlich herber. Ja, auch den Estragon nehme ich wahr. Der allerdings hat nichts, aber so gar nichts mit dem Estragon gemein, der in meinem Gewürzregal seinen festen Platz hat. Vielmehr mit dem Estragon, der auf meiner wenig sonnenverwöhnten Terrasse sein eher trauriges Dasein fristet. Möglicherweise erkenne ich genau darin auch die angegebenen "grünen Noten", die dem Küchenkraut eher abgehen. Zufällig (?) blühen direkt neben meinem Estragon Duftnelken. Sie sind es, die sich, in diesem Fall wie ein pinker Faden, auch durch Sous le Vent ziehen. Genau genommen tauchen sie schon von Beginn an als - nicht nur farblich passende Komponente - neben dem herben Lavendel auf, sind jedoch für meine Nase an dieser Stelle zunächst kaum wahrnehmbar. Ebenso wenig wie pudriger Jasmin oder die anmutige Iris. Was unerwartet erneut die Duftbühne betritt, sind die zitrischen Noten. Diesmal jedoch nicht in Gestalt der Bergamotte, sondern in der der Amalfizitrone, die ich aus dem italienischen Zitronenlikör Limoncello kenne und liebe. Im weiteren Verlauf wird Sous le Vent wärmer, obwohl sich die zitrische Note glücklicherweise nie gänzlich verzieht. Die Edelhölzer allerdings kommen erst im Abgang zum Zuge.

Ein wahrhaft echter Guerlain? Ja, ganz sicher! Denn auch die berühmte Guerlinade spielt hier eine, wenngleich eher untergeordnete, Rolle.

Alleine der Preis, der, wie der Duft selbst, klar im höheren Niveau angesiedelt ist, spricht dagegen, Sous le Vent täglich zu benutzen. Obwohl es sonst keinen Grund gäbe, ihn nicht zu wirklich allen Gelegenheiten und rund um die Uhr tragen zu können und auch unbedingt zu wollen. Für mich ist Sous le Vent kein "lauter" Begleiter. Sondern einer, der weder zu schrill-fröhlich noch zu lieblich, oder gar zu süß ist. Tiefgang besitzt er ohne jeden Zweifel. Für beide Geschlechter halte ich ihn ebenso durchaus geeignet.

All diese, in eine nur zu nüchterne Form gegossenen Worte, sollen keineswegs verschleiern, was ich für Sous le Vent tatsächlich empfinde: Eine ganz tiefe Zuneigung, die kein Strohfeuer ist, und sicher nie enden wird.
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Jella vor 12 Jahren 21 8
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7.5
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3
Duft
Fit für die Ü-30-Party
In Sekundenbruchteilen ist der spritzige Auftakt von "Madly" dahin. Was dann folgt, ist schwülstige Cremigkeit, gepaart mit einem Hauch Verzweiflung. Alles irgendwie gekünstelt.

Dieser Duft scheint wie gemacht für die (über)reife Frau in trutschigen Klamotten, die sich anschickt eine Ü-30-Party zu besuchen. Heute MUSS ihr doch endlich das große Glück begegnen! Angespannt und die Fangnetze wie ein Krabbenkutter weit ausgelegt betritt sie die Disco. Und schwupps schwindet schlagartig auch der Rest ihres ohnehin mehr als angeknacksten Selbstbewusstseins. Alle, aber wirklich alle Konkurrentinnen sind um Längen attraktiver als sie. Der Abend verstreicht, und - wie sollte es anders sein, kam noch immer kein Prinz vorbei, der Trudchen zum Tanzen aufgefordert hätte. Trudi nestelt am Kragen ihrer Rüschenbluse, streicht über ihren Faltenrock und verzieht sich deprimiert in Richtung der Tür mit der Aufschrift "Damen". Ihr schwappt eine schwere süße Parfümwolke entgegen. Jetzt dämmert es Trudchen, dass sie nicht die einzige ist, die vor lauter Einsamkeit kurz vor dem Verrücktwerden steht.
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