Jifat

Aufgrund Eurer Schilderungen (vor allem von Dir, Mausebeer) habe ich mir beide Versionen besorgt, das EdP und das EdT. Ich weiß nun nicht, ob die Zutaten identisch sind, teilweise wohl schon. Birne, Mandel, Limone, Pfingstrose, Tonkabohne, Vanille glaube ich bei beiden wahrzunehmen, das EdT muss ich dafür allerdings immer wieder mal aufsprühen, seine Haltbarkeit könnte besser sein.

Was den Duftcharakter angeht: Ich stelle ihn mir personifiziert als junge, flotte Schülerin oder Studentin vor, die gerne ausgeht, zusammen mit fünfzehn Freunden/innen in Schweden ihre Ferien verbringt und mit Begeisterung Festivals besucht, kurz: meine Tochter. Diese Duftmischung hat etwas von jugendlicher Lebenslust und Unbeschwertheit, ein Happy-go-lucky-Duft, spritzig (zu Beginn) und beschwingt, kuschlig und warm zugleich. Keiner, der einen umhaut, keiner, für den ein Werbevideo im Spiegelsaal von Versailles gedreht werden würde. Nein, wenn "Brit" die Nase umweht, dann denkt man unwillkürlich an unbekümmerte Fröhlichkeit, an helle, freundliche Farben, vielleicht ans nächste Rendezvous. Mehr will dieser Duft offensichtlich (offen-gerüchlich) auch gar nicht sein.

Eigentlich wusste ich schon, dass die Vetiver-Richtung nicht unbedingt zu meinen Favoriten zählt, aber die Kombination Grapefruit-Ingwer in der Kopfnote machte mich neugierig, vor allem, weil ich immer mit Begeisterung am frisch aufgeschnittenen Ingwer schnüffle und diesen herrlich frischen, zitrigen Geruch als prima geeignet für einen Muntermacher-Duft halte. (Nebenbei bemerkt: Inzwischen habe ich festgestellt, dass die ALzD-Seite die Kopfnote ganz anders beschreibt, nämlich: Neroli, Angelica, Rose, Heliotrop, Tonkabohne, Muskat.)
Der Auftakt ist auch tatsächlich frisch-hesperidisch mit leichter Schärfe, allerdings unmittelbar gefolgt von reichhaltiger, lang anhaltender Kräuterwürze, nach meinem Geschmack ein bisschen zu viel. Ich vermute, Vetiver-Liebhaber wären sehr angetan, weshalb ich keine negative Bewertung abgeben will. Es ist - wie gesagt - lediglich für mich alles ein bisschen zu würzig-herb, holzig und schwer.

Nun kommt ein weiteres meiner feinen Pröbchen dran, die "Schöne Helena" von Parfums MDCI. Die Bezeichnung, die sich wohl an dem klassischen Dessert Birne Helene orientiert, erscheint mir treffend gewählt. Gleich nach dem Aufsprühen entwickelt sich ein feiner, pudriger, lieblicher Birnenduft, dem sich - sehr dezent - die aprikosenartige Tangerine und die Pflaume hinzugesellen. Aber die Birne bleibt das bestimmende Thema.
Alles Folgende aus der großen Fülle an Zutaten kann ich nur ahnen: den Chypre-Charakter in seiner zartesten Ausprägung, leichte orientalische Anklänge, Patchouli und - nur als Hauch - Lakritze. Auch nach Stunden bleibt ein sehr weicher, vornehm-fruchtiger, dezent-süßer Duft ohne "Ecken und Kanten". Ich finde ihn sowohl sehr weiblich, als auch absolut modern. Ein Wohlgeruch, bei dem niemand, der ihn wahrnimmt, die Nase rümpfen wird, denn da ist nichts, was auf den Geruchssinn anderer Leute aggressiv oder herausfordernd wirken könnte. Frau kann ihn im Job ebenso tragen wie zum Shoppen oder zum Treffen mit Freunden im Lieblingscafé - und natürlich auch abends.

Wie wohl bei allen MDCI-Parfüms ist die Haltbarkeit überdurchschnittlich.

Magnìfico! Was für ein Dufterlebnis!

"Sizilianische Vesper" (eigentlich: Vespern) heißt diese Kostbarkeit. Bezieht sich die Bezeichnung dieses edlen Parfüms auf ein historisches Ereignis des mittelalterlichen Sizilien (die Erhebung der Sizilianer gegen die Franzosen im Jahr 1282 kurz vor Beginn des Vespergottesdienstes am Ostermontag), das für das Nationalgefühl der Italiener heute noch eine Rolle spielt, oder ist es eine Anspielung auf ein üppiges Festmahl, bei dem sich die Tische biegen? Vielleicht auf beides.

Jedenfalls bieten die "Vêpres Siciliennes" eine überwältigende Fülle an Wohlgerüchen, die zu einem einzigen "Luxusmahl" fruchtig-floraler Chypre-Leckereien verschmelzen. Die derart angeregte Fantasie versetzt einen in eine mit allen edlen Blüten, Pflanzen und Hölzern ausgestattete Orangerie, wie sie sich im Schlosspark von Versailles befinden könnte, oder in italienischen Renaissance-Gärten mit ihren betörenden Düften des Südens.

Süden ist ein zentrales Stichwort, Sommer, Sonne, Sinnlichkeit ebenso. Die Parfumeuse Jeanne-Marie Faugier muss eine Künstlerin sein. Sie hat nicht nur eine beeindruckende Fülle an edlen Zutaten (siehe oben) zusammengefügt, es ist ihr auch gelungen, ein harmonisches und sehr edel-betörendes Ganzes daraus zu entwickeln, das trotz der Menge an Wohlgerüchen der eher süßen fruchtig-blumig-gourmand-chypre-Linie in keinem Moment übertrieben oder aufdringlich wirkt. Diese "Sizilianischen Vespern" sind ein Wohlfühl-Luxus-Erlebnis, das ich bei einem Parfüm bisher noch nicht kennengelernt habe. Da es den italienischen Sommer mit all seinen verführerischen Genüssen repräsentiert, ist es eher ein Duft für unsere kälteren Jahreszeiten. Aber das mag jede Trägerin für sich entscheiden. Wie es sich für ein Klasse-Parfüm gehört, verfügt es über eine lange Haltbarkeit.

Der einzige Wermutstropfen: Wie bei allen MDCI-Düften ist der Preis eine Hürde, die "Normalsterbliche" nur schwer überwinden können. Allerdings bietet die MDCI-Website (http://parfumsmdci.free.fr/) ein Proben-Köfferchen mit fünf 12ml-Fläschen an.

Was kann man zu diesem Duft viel schreiben? Sehr vielschichtig ist er nicht.
Ein kurzer, frischer, leicht zitroniger Auftakt. Dann aber breiten sich gleich blüten-weiche, fruchtig-süße Noten aus. Nach etwa zwei Stunden bleibt ein zarter grün-milder Hauch zurück (den ich keiner bestimmten Pflanze zuordnen kann, da mir die Kenntnisse fehlen). Die Haltbarkeit erscheint überdurchschnittlich, d.h. mindestens vier bis fünf Stunden.
Alles in allem ein hübscher, weicher, schmeichelnder, lieblicher, edler Duft, aber nichts Außergewöhnliches, wenn man die Erwartungen zugrunde legt, die sich mit einem Parfum dieser Preisklasse verbinden. Aber vielleicht ist es unrealistisch, besondere Erwartungen zu hegen. Die "Promesse de l'Aube" ist einfach nett.