KoLeAl

Jeder Duft löst etwas aus.
Ob positiv oder negativ.
Oder ein bisschen von beidem,
oder ein bisschen von keinem, Assoziationen, Emotionen und Gedanken.
Jeder Duft löst etwas aus.
Dachte ich.
Dieser löst nichts aus. Ruft nichts hervor.
Eine beunruhigende Leere in Kopf und Geist.
Ich habe keine Gedanken, keine Assoziationen, keine Emotionen.
Es ist, als würde ich schnurstracks durch ihn hindurchblicken. Als wäre der Duft gar nicht da, aber er ist es, wie ein schwarzes Loch irgendwo am Nachthimmel. Duftblindheit ist es nicht. Eine innere Taubheit vielleicht.
Ich rieche ihn, ich rieche die Noten, so verwoben, dass ich eigentlich doch keine Noten rieche, nur Leder, Labdanum, Tabak und Kirsche glaube ich zu erkennen. Er wandelt viel, ich rieche, dass er warm ist und immer bleibt, die Wärme dringt aber nicht zu mir durch. Zu jeder Zeit wahrt er diese Distanz zu mir.
Mit leeren Augen schaut er mich an.
Alles, was ich spüre, wenn es denn spürbar ist, ist diese ernüchternde Distanz.
Keine Farben, keine Lebendigkeit.
Als wäre er tot.
Oder bin ich der Tote?

Unknown Pleasures ist ein gourmandig-süß-zitrischer Duft zum Dahinschmelzen.
Beim Aufsprühen fliegen mir sofort Süßspeisen um die Ohren: Zitronenkuchen, Zitronenpudding, frische Waffeln, Zitronensouffle etc.
Ein würdiger Konkurrent zu Casamorati Lira, in meinen Augen sogar der Sieger. Dieser hier ist nämlich auch Süß, kommt aber ohne die leichte Pappigkeit des Lira aus.
Die Zitrone ist disktinktiver und heller; tatsächlich eine meiner bisher liebsten Umsetzungen von Zitrone. Zudem kriege ich eine gewisse Luftigkeit, die ihn für mich auch außerhalb der kalten Jahreszeiten tragbar macht.
Der Verlauf ist recht simpel, denn allzu viel geschieht nicht. Mit der Zeit legt sich ein Vanilleschleier um den Duft und macht ihn noch etwas weicher. Überraschenderweise taucht die Zitrone zu keiner Zeit unter und bleibt dem Zitronenkuchen somit brav erhalten.
Zur Haltbarkeit lässt sich sagen, dass er den Tag überstehen sollte. Am Handgelenk konnte ich ihn nach etwa 18 Stunden weiterhin wahrnehmen.

Zwar stößt Unknown Pleasures nicht in jeder
Rezension auf Begeisterung, aber unsere Wahrnehmungen sind zum Glück nicht alle gleich :)

Daher eine Testempfehlung von mir!

Nachdem ich großes Gefallen an Ambre Tabac gefunden hatte, musste ich unbedingt wissen, was Daniel Josier noch so in Petto hat. Daher habe ich mir eine Probe des Kaleidoscope bestellt. Mein erster Versuch einer Rezension folgt nun:

Ich sprühe ihn auf und bin plötzlich umgeben von frischer Minze, Eukalyptus-Öl und einer leisen Spur von Kirchenkerzen. Er verzaubert mich. Er erfrischt und wärmt die Seele zugleich. Ich vergesse alles um mich herum und fühle mich geborgen. Positive Assoziationen mit Wurzeln in meiner Kindheit werden geweckt. Eukalyptus und Minzfrische, wie sie hier zu finden sind, kenne ich nur von einem Balsam, welches mich als Kind schon so oft bei Erkältungen wärmte. Wann immer ich den Duft roch, wusste ich: Ich werde besonders liebevoll umsorgt und gleich gibt's frische Hühnersuppe ;)

Der dezente, süßlich-wachsige Duft von Kirchkerzen rundet das Ganze ab und veredelt die Komposition.
Ach, wenn ich hier doch pausieren könnte...
Jetzt geht's leider bergab.

Ich werde konfrontiert mit der unangenehmen Wahrheit: Minze und Eukalyptus waren nur die Kopfnoten. Plötzlich rüttelt es mich wach aus meinem Tagtraum, zurück in die Realität. Unter diesen Kopfnoten versteckte sich gekonnt eine ganze Kirche.
Ich hätte bereits rennen müssen, als mir die Vorboten dieses Alptraums als Hauch begegneten.
Nun gibt es kein Entkommen. Ich schau nach links: Kirchkerzen. Rechts: Kirchkerzen. Vor mir stapeln sich Kirchkerzen hoch bis an die Decken des Saals. Langsam breitet sich ein Nebel aus Weihrauch aus und erschwert mir die Sicht, doch sein Duft hat keine Chance gegen das schmelzende Kerzenwachs. Der Pfarrer erblickt mich in meiner völligen Desorientierung, rennt kichernd auf mich zu und steckt mir zwei Kirchkerzen in die Nase.

Kurz gesagt: Kirchkerzen und ein Hauch Weihrauch. Da nichts davon in der Duftpyramide steht, vermute ich, dass es das Oud ist, welches ich persönlich so wahrnehme. Der Duft ist keinesfalls zu stark oder aufdringlich, auch wenn man es meiner Beschreibung entnehmen könnte. Ich wurde einfach nur überwältigt, da die Kerzen ganz plötzlich und unerwartet aufgetaucht sind. Jetzt, wo ich darauf eingestellt bin, ist das ganze schon ziemlich gut, aber weiterhin nicht zwingend etwas für mich.

Da die Duftbeschreibungungen hier etwas auseinandergehen, würde ich empfehlen, den Kaleidoscope einfach Mal für sich selbst zu testen.