LadyViolet

Das ist einer jener Düfte, die mich seit 25 Jahren begleiten. Damals sehr intensiv, weil große Liebe, jetzt mehr im Hintergrund, da Parfumo-Promiskuität. Also kommt er an Tagen, wo ich in Erinnerungen schwelgen möchte zum Einsatz.
Ursprünglich handelte es sich um einen Fehltest: Ich war in Sizilien im Urlaub und wollte das neu aufgelegte Aqua die Parma testen. In der Parfümerie gab es aber nur diesen. Unwillig und enttäuscht habe ich den Classica, gewissermaßen als Trostpreis aufgesprüht und bin von dannen gezogen. Dieses magische Wasser hat mich jedoch nicht los gelassen und so bin ich nach einer halben Stunde ganz reumütig in die Parfümerie zurück und habe ihn mir gekauft.
Die folgenden 3 Jahre (mindestens!) war Aqua Classica mein Ganzjahresbegleiter. Seine wunderbare Balance zwischen Zitrus, Grün und Holz hat mich in kalten Wintern aufgewärmt und in heißen Sommern gekühlt. Nachdem er nur in Italien erhältlich war, bedeutete das natürlich eine verstärkte Reise-Tätigkeit dorthin, um die Lieferkette aufrecht zu erhalten...
Damals war das Etikett auch noch retro-verspielter als jenes auf dem aktuellen Duftfoto. Mittlerweile ist der Duft offenbar nicht mehr in Produktion. Schade! LieberhaberInnen des Genres könnten sich mit Eau du Sud von Goutal aber ein wenig trösten. Ich werde meinen Flakon wohldosiert einsetzen und an gewissen Tagen auf Nostalgie setzen.

Gut, dass ich mir nicht die Duftnoten bzw. die Pyramide vor dem Testen angesehen habe, denn sonst hätte ich ob des Obsts vor lauter Zuckerangst hier nie zugeschlagen: Diese wunderbare Komposition eröffnet tatsächlich fruchtig, aber die Süße wird durch die Zitrusfrüchte angenehm ausgeglichen und wirkt nie billig-synthetisch-rosa-Bonbon-haft. Ebenso ausgleichend wirken der Jasmin und die Hölzer, die hier alles harmonisch zusammenfügen.

Ein Hauch sommerlicher Exotik unter Palmen schwebt über diesem Korallenwasser, aber ohne Kokos, Gardenie und Tiaré/Monoi. Für jene, die ganz dringend (wie ja ganz viele arme Parfumos hier...) einen Sommerduft brauchen, sich aber vor Zitronen-Klostein, Blümerantentum und ebenso vor Pina Colada fürchten, könnte L'Eau Corail auf jeden Fall einen Test wert sein.

Ich empfinde ihn eher feminin. Für die Herren der Schöpfung gibt es aus dem gleichen Haus und etwas holziger dennoch fruchtig die Vie de Château Intense. Intensives Schlossleben im Sommer somit. Für die Schlossherrin aber diesen Korallencocktail gekühlt auf der Terrassen serviert. Herz was willst Du mehr?

Die wenig begeisterten Statements zu dem Duft kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ja, hier ist wenig Rose drin und das Rad wird definitiv nicht neu erfunden, aber die Kombination von Grapefruit und Karamell (Ethylmaltol?) ist charmant herb-süß und nicht ganz so allgegenwertig.
Normalerweise mache ich um alles, was gourmand und karamellig ist, einen ganz großen Bogen, aber hier bin ich gut unterhalten. Brauche ich einen ganzen Flakon? Definitiv nicht, aber Freude beim Testen kommt allemal auf. Diese (nicht wirklich) Rose könnte auch eine Layering Kandidatin sein mit dem wenig ausgereiften Patchouli oder recht linearer Orangenblüte der gleichen Marke. Somit weitere Test-Freuden garantiert!
Jedenfalls gut geeignet für locker-flockige Nachmittage auf der Terrasse mit den Freundinnen und unserem Lieblingsbegleiter Prosecco-Rosé. Prost!

Nach einem sehr charmanten zitrischen ersten Gruß aus der Gewürzküche, gesellen sich weitere grün-holzige Zutaten hinzu. Abgeschmeckt wird der Duft wie in der Pyramide angegeben durch cremiges Moschus, das die spritzigen Einzelgänger gekonnt zusammen hält.
Im Gegensatz z.B. zum Verveine-Duft von L'Occitane ist dieser hier nicht stechend und ausbalancierter.
Sillage und Haltbarkeit sind eher im dezenten Bereich, zumindest auf der Haut. Parfum für weniger militante Parfum-Junkies als sich hier herum treiben, könnte man auch sagen.
Schade, dass es den Flakon nur in 100ml gibt. Für mich wäre das ein optimaler 30ml-für-den-Sommer-Duft, im Mai gekauft, spätestens im Oktober geleert, um überschaubares Geld. Siehe Patricia de Nicolai.

Insgesamt aber eine gelungene unisex Komposition für kühlere Sommertage (gibt es die überhaupt noch?) und wärmere Herbsttage. Oder auch für Reisen, von dienstlich bis privat, auf denen kaum mehr was in den Koffer passt, aber zumindest ein Flakon muss mit, His & Hers...

Das war ein Spontankauf an einem sehr lauen Sommerabend in Otranto, Apulien. Eben im Salento.
Am besten kommt der Duft dementsprechend an schwülen Sommerabenden im Süden zur Geltung, so als würde er tropische feuchte Wärme benötigen, um sich entfalten zu können.
Die Eröffnung ist fruchtig-säuerlich, schnell gesellt sich die Süße hinzu, eben wie in einem Sorbet. Und das ist ja auch am erfrischendsten, wenn es so richtig schönt dampft. Die Süße ist "nur" süß und fruchtig, also kein Karamell, das alles noch mehr zum Kleben bringen würde, wenn man eh schon genug schwitzt!
Unterlegt sind die Früchte mit ein wenig Blumen und wohl auch Moschus, denn das Sorbet muss ja auch cremig bleiben.
Für mich ein Sommer- und Urlaubsduft für jene Tage, an denen ich mein Zitronen-Arsenal und meine Monoi-Jasmin Plantagen schon durch habe und ich (ausnahmsweise, ist ja ungesund!) etwas Süßeres brauche. Und mit so einem leichten Feigenkaktus-Sorbet hat frau ja gleich ein gutes Gewissen..... Und viel Freude!