Magineer

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6 - 8 von 8
Magineer vor 4 Jahren 4 1
7
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Grün, grün, grün sind alle meine Kleider...
Eben. Grün. Viel mehr ist da nicht...

Also ich mag ja das CdG-Konzept, und "Comme des Garcons 2", "Concrete" und selbst "Blackpepper" machen vieles richtig, von der Incense-Unterreihe ganz zu schweigen, die ist ein Traum. "Amazingreen" dagegen geht auf Nummer Sicher und startet mit einem frischgrünen Auftakt, der auch an einem schönen Julimorgen aus dem Gartenhäcksler kommen könnte. Ein Touch zuviel des Guten, der Vetiver sorgt für den nötigen Frischekick, aber als Grünliebhaber kann man sich damit durchaus arrangieren. Mit der fehlenden Wandelbarkeit und der enttäuschenden Ausdauer allerdings nicht.

"Amazingreen" verläuft nach oben erwähnten Auftakt vergleichsweise linear, und wenn man die Kopfnote mag, kann man eine gute Viertelstunde in ebenjener schwelgen. Mir gefällts, und ehrlich, ich bräuchte gar keine Entwicklung: Das ist Sommerfrische, die endlich mal ohne Einsatz von übermäßiger Aquatik erreicht wird, und das macht mir den Duft schon sehr sympathisch. Klar hilft Hérault mit viel Synthetik nach, aber ich finde solche Duftexperimente legitim, und CdG ist letztlich genau dafür bekannt - und beliebt. Wenn wir dann wirklich ein klein wenig weiter Richtung Herz/Basis wandern, spätestens aber nach einer Dreiviertelstunde, zieht sich das frisch gemähte Gras des Vorgartens verschämt zurück und überlässt kurzfristig einer eher minzigen und dennoch sehr hautnah verweilenden Brise das Feld. Könnte ich hintenraus auch mit leben...

Aber ... um Gottes Willen ... wenn ihr schon einen kompletten Chemiebaukasten in der Schublade habt, dann tut doch bitte IRGENDWAS rein, das den Duft länger als eine Stunde an mir frischhält. Und im Idealfall auch noch verhindert, dass nach zwei Stunden selbst hautnah sämtliche Lichter ausgehen. Dann verspreche ich euch, hoch und heilig, ich trag die Kopfnote mit Stolz jeden Morgen zur Arbeit. Aber mit der mangelnden Puste werden "Amazingreen" und ich in diesem Leben wohl keine Freunde mehr. Schade drum, wirklich.
1 Antwort
Magineer vor 4 Jahren 4 1
9
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7
Duft
It#s a boring life out there but someone's gotta live it...
Ein frühzeitig gedunkelter Herbstabend, leichter Sprühregen tanzt vor den Straßenlaternen. Die Bürgersteige sind noch voller Menschen, als K. aus dem Büro kommt, sich einreiht in vorwärtsdrängende Masse. Er klammert sich ein wenig an seine Tasche, als ihn der Strom der Leiber durch die Fußgängerzone reißt und obwohl er eigentlich nichts lieber täte, als jetzt seine Füße filzpantoffelgestählt über die rechte Couchlehne hängen zu lassen, verführt ihn das auf alt getrimmte und gemütlich gelbe Licht einer Duftboutique zur Einkehr. Hauptsache raus aus dem Regen...

Drinnen ist es warm. Es riecht, als wären ein paar Parfümflaschen explodiert - vielleicht ist das aber auch der lauthals diskutierende Club der Chefsekretärinnen, der zielstrebig das Jo-Malone-Regal abräumt und den Inhalt großzügig über die irisbenebelte Büroaura verteilt, die sie auf dem Dekollete hereingetragen haben. K. dreht sich um und steht unverhofft vor dem Regal, dass, einem Lampengeist gleich, die Erfüllung all seiner Wünsche verheißt. Eine glitzernde Melange aus Gold, Weiß und verschiedenen Primärfarben, zentriert um ein Sonnenwappen, dass in seinem Prunk die Glorie des Überflusses zelebriert. Zielsicher greift K. in das Fach vor ihm, zieht den ihm am schönsten erscheinenden Flakon heraus und hält ihn ins Licht. Den Engelschor, der in diesem Moment aus voller Kehle ein Hallelujah schmettert, hört natürlich nur er, aber sein verzückter Blick fällt nun sogar der nähereilenden Verkäuferin auf, die in diesem Moment verschreckt abstoppt und ihrerseits so tut, als wäre sie nur einem Schmutzfleck in der Chanel-Ecke auf der Spur. K. ertastet den magnetischen Deckel, nur eine kleine Bewegung .... das Tor zum Himmel steht offen, Er drückt den Sprühkopf nach unten, breitet seine Arme aus und läuft in die Wolke.

Zwanzig Minuten später steigt K. aus der Straßenbahn, überquert die Fußgängerampel und verschwindet gegenüber im Hauseingang. Eine einsame Brombeere weht die Straße hinunter, als die Tür ins Schloss fällt. Zwei Minuten später geht im zweiten Stock das Licht an, K.'s Silhouette ist am Fenster zu erspähen, einen kurzen Moment nur. Dann herrscht Stille, die nur noch einmal vom Rauschen der Klospülung unterbrochen wird,

Draußen bleiben ein paar andere Brombeeren unschlüssig zurück, während ein Hauch von Weihrauch sie zögerlich umwabert und damit die Aufmerksamkeit einiger Zimstangen auf sich lenkt. Eine Rose, die noch rechtzeitig vor dem Oud den Absprung geschafft hat, gesellt sich in die illustre Runde. Sie alle wissen, es wird ein kurzer Abend werden für sie und die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer Existenz erübrigt sich damit. Geboren unter einem schlechten Stern und dann einfach nur alle zusammen im falschen Batch gelandet, bleibt ihnen jetzt nur noch, der Nacht ein letztes Lächeln abzuringen und dann als schwache Ahnung einstigen Ruhms noch vor der Dämmerung vom einsetzenden Wind davongetragen zu werden. Nur der Honig hat die Glückskarte gezogen: Verschämt kuschelt er sich noch ein wenig unter der wärmenden Federdecke an K., denn spätestens wenn die Biedermeier-Uhr im Wohnzimmer sechs schlägt, wird der Hausherr das Fenster aufreißen und selbst die letzte Erinnerung an Amouage's "Jubilation XXV" vertreiben.

It's a boring life out there, but someone's gotta live it...
1 Antwort
Magineer vor 4 Jahren 5 2
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Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft
Sicher gut, aber vor allem eine gute Orientierungshilfe
Mit "Writer" und drei Zara-Parfüms habe ich mich an Düfte als Hobby rangetastet. Rückblickend war das sicherlich in Ordnung, weil ich damit viel über Düfte an sich lernen konnte und vor allem über mich und meine Einstellung dazu. Mittlerweile weiß ich, dass mich bei Parfüms die "Geschichte im Kopf" fasziniert, dass ich auf Konzeptdüfte stehen, die mich unweigerlich mehr in Richtung Nische ziehen und mich die meisten Designer langweilen (Guerlain vielleicht mal ausgenommen). Aber um das rauszufinden, musste ich ja irgendwo anfangen. Also zurück zum Beginn der Geschichte: Ich lese hier auf Parfumo über einen der besten Dupes, war neugierig auf "Sauvage" und steh im Kaufhof vor dem entsprechenden Regal. Alle wieder bei mir? Fein...

Ein kurzer Sprüher reichte. Zur Sicherheit zwei Regale weiter nochmal das Original gesprüht: Joah, kommt hin. Hat was und ist sogar noch im Geschenkset erhältlich, in dem noch die alte Cyrus-Version schlummert (und ein vergleichsweise langweiliges Duschgel). Fast schon verschämt an die Kasse gegangen, bezahlt und zu Hause gleich unter die Lupe genommen. Der schön schwere Flakon gefällt, die wertige Magnetkappe ist auch toll. Ein paar Testsprüher mehr - ja, nett frisch, hat ein bisschen was. Ich komm zuerst nicht drauf, was es ist - die Frucht bleibt weiter unten, Zitrone dominiert und etwas leicht Stechendes. Hat irgendwie was Reines. Ich beschließe, dem "Writer" eine Chance zu geben.

Ein Tag später. Kurz bevor ich aus dem Haus in Richtung Straßenbahn renn (ich renn immer, weil sich die Straßenbahn nie nach mir richtet, sondern es immer andersrum erwartet - ein Kampf gegen Windmühlen), schnapp ich mir im Bad die neue Flasche, zwei links, zwei rechts, einen in den Nacken. Mein Kunstpelz-Jackenkragen kriegt dabei was ab, aber ich denk mir nichts dabei. Zwei Minuten später, vollbesetzte Straßenbahn. Ich dufte. Ich dufte weiter. Oh oh. Die Wolke wabert. Die Leute gucken noch recht teilnahmslos, aber ich hoffe einfach, ich bin nicht so eindeutig als Ausgangspunkt dieser Wolke zu identifizieren. Mittlerweile habe ich das Gefühl, ich steh im Schwimmbad am Beckenrand. Ist das Chlor? Was auch immer es ist, fünf Spritzer davon waren eindeutig zu viel. Ich taumle aus der Bahn, trag die Wolke in den Fahrstuhl und erfreue einen ganzen Tag lang mein Büro. Gottseidank sitz ich allen drin.

Danach war's das irgendwie mit "Writer". Ich nutz ab und an, fürs schnelle Rausgehen, immer noch (leidenschaftslos) zwei, drei Sprüher, aber die Duft-DNA ist mir gründlich verleidet. Oder vielleicht hab ich sie auch nur nie gemocht. Jedenfalls bin ich froh, dass ich das mit dem billigen Dupe rausgefunden habe, statt mehr Geld für "Sauvage" oder auch "Bleu de Chanel" auszugeben. Ich kann mittlerweile schon ziemlich genau riechen, wenn mein Gegenüber entweder eines der Dupes oder die Chanel/Dior-Originale trägt. Es stört mich nicht sehr an anderen, aber meine Richtung wird es nie werden.

Nein, ich würde mich nie für "Writer" schämen. Es war einer der Düfte, die den Beginn meines Hobbies geprägt haben. Dafür werde ich ihm dankbar sein, und wenn jetzt meine Sammlung wächst, behält der kleine Blaue immer einen Ehrenplatz. Der wird wohl eher weiter hinten im Regal sein, aber als Erinnerung an die Anfänge bleibt er bei mir. Danke, Cyrus. Danke für die Erfahrung.
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