MariellaMmmh
Mari's matter
vor 3 Jahren - 20.11.2020
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Der Zauber eines Augenblicks

Man sagt, Vorfreude sei die schönste Freude. Das ist ja auch alles schön und so, nur habe ich immer wieder so meine Schwierigkeiten damit. Oder um es positiv zu formulieren: Ich habe diesbezüglich stets die Chance, als Mensch zu wachsen.

Ich bin ein ungeduldiges Wesen und mag kein Warten. Wenn man mich so richtig quälen will, äääh mir die Möglichkeit einräumen will, an meinem Charakter zu feilen, so kündigt man mir eine Überraschung an. Hölle! Trampelpfad im Laminat, abgekaute Nägel an den Pfoten meines Hundes, zuckendes Auge und vermutlich ein paar leere Flaschen Wwww... Wasser.

Es gibt jedoch Dinge im Leben, da kann ich äußerst geduldig sein. Lammfromm. Der Hund muss sich nicht verstecken. Wenn ich weiß, worauf ich warte und es ist mir die Warterei wert. Selbst dann, wenn ich nicht weiß wie lange ich genau warten muss. Denn irgendwann kommt ein Mini-Augenblick, auf den ich mich jeden Moment des Wartens freue: Der Moment bevor es passiert.

Wenn man zum Beispiel mit klopfenden Herzen die Hand zum Mund führt, bewaffnet mit der Lieblingsschokolade, nach monatelanger Abstinenz beim Kampf um den Beachbody... Die Millisekunde BEVOR die Lippen die Schokolade berühren. Gänsehaut pur. Denn alles, was man je positives mit dem Genuss von Schokolade erlebt hat, läuft nun im Kopf ab und lässt einen richtig glücklich sein, noch bevor man sie überhaupt schmeckt.

Oder der Moment, wenn man als Shopping-Victim mit plattgedrückter Nase vor den Türen seines Lieblingsgeschäftes steht, direkt bevor sie für den Schlussverkauf geöffnet werden. Die Hoffnung, Schätze zu ergattern, sich mal wieder etwas zu prügeln, nicht zertrampelt zu werden beim Hineinstürmen... Ja da lebt man doch richtig! Selbst wenn man nur mit einem neuen Tacker nach Hause geht: Den Moment vorher kann einem keiner nehmen.

Oder wenn man vor der Person steht, auf die man so richtig abfährt, mit Leib und Seele, und man sich schon ewig gefragt hat, wie sich die Lippen dieser Person auf den eigenen anfühlen werden. Wie die Person riecht, wie sie schmeckt. Es knistert, man schaut sich tief in die Augen, mit weichen Knien, verheißenden Blicken, die so viel sagen und versprechen, elektrisierend, erwartend, und man schließlich mit leicht geöffneten Lippen sich dem Gesicht des Gegenübers nähert, seine Hände um den Nacken legt, vielleicht auch runter gleiten lässt an mehr favorisierte Körperstellen... In so einem Moment denke ich nie, dass ein Exfreund damals seinen Lappen tief in die Mandelgegend steckte sondern erwarte nur das Beste.

Oder der Moment, man ahnt es schon bei einer Duftbekloppten, wenn ein Duftpaket nach Hause kommt. Egal, ob bestellt, gekauft, ertauscht oder ein äußerst charmanter Mitparfumo einen plötzlich beschenkt: Kurz bevor ich das Paket aufreiße, welches an das Beutereißen von Piranhas erinnert (es ist völlig legitim seine Zähne zu benutzen!!!) halte ich inne und freue mich. Genieße diesen allerletzten Augenblick der Vorfreude. Denn in diesem Moment ist alles möglich. Na gut, danach stürze ich mich drauf, man wird ja nicht jünger, hm?

Dies gilt auch für Schokolade und Co. Den Tacker habe ich zum echten Schnäppchenpreis ergattert, kurz bevor ich zu Boden ging.

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