Dufte Tipps im Alltag

Ein jeder Parfumo kennt sicherlich die Situation, dass man wiederkehrend nach dem Duft gefragt wird, den man gerade trägt. (Bitte nickt nicht zu oft beim Lesen, das ist nicht gut für euren Nacken.) Nun, mir passiert das ständig. Allein in meinem Kollegium hat sich ein Viertel der weiblichen Belegschaft etwas angeschafft, das ich trage. Einige männliche Kollegen holten sich auch schon Tipps für ihre Ehefrauen, Freundinnen oder Muttis. Ich finde das toll, ich mag das, wenn es gut riecht. :)

Es gibt da jedoch auch die Situationen, wo man verblüfft wird. Ich bin nicht so oft sprachlos, aber eine Kollegin hat es geschafft, dass ich sie anschaute wie ein Karpfen an Land.

Die besagte Dame ist nur ein paar Jahre älter als ich, hat jedoch die Weisheit laut eigenem Empfinden nicht nur schon genetisch bedingt in sich, sondern auch sonst mit großen Löffeln gefressen. Sie kommt laut eigener Aussage aus "besserem Hause" (nicht nur gutem, besserem!) und somit steht ihr nur das Feinste vom Feinsten zu. Ob Kosmetik, Handtaschen, Klamotten, Haus, Auto, Ausstattung des Hauses oder Urlaub: Was gut genug für einen Ölscheich ist, das muss von ihr zunächst begutachtet werden. Ihre Mutter war Chefärztin in der Chirurgie, der Vater ein extrem wichtiger Richter, als der Richter schlechthin. Ich finde die besagte Kollegin an sich eher hohl. Also ziemlich hohl. Wenn sie die Wahrheit erzählt über ihre Eltern dann hat sie in der Genlotterie klar verloren oder wurde adoptiert. Ich weiß nicht, wie sie ihren Abschluss geschafft hat, aber bestimmt nicht mit ihren kognitiven Fähigkeiten. Nun ist sie aber zu Größerem und Höherem berufen und das Kollegium musste das natürlich sofort einsehen. Sie fährt mit ihrem Porsche vor, stöckelt durch die Flure in ihren Louboutins, ist stets die bestgekleidete Frau und auch sonst ist sie die beste. Ihr Mann ist angeblich ein hohes Tier als Manager, wo, möchte sie nicht sagen, denn sie möchte ja nicht angeben. So verbringt sie ihre Tage damit fantastisch zu sein, mit Shopping und abends mit Essengehen, denn Kochen macht ihre perfekt manikürten Hände kaputt.

Leben und leben lassen.

Jetzt hat aber das besagte Wesen irgendwann auch Gefallen an einem meiner Düfte gehabt. Das hat mich doch sehr verwundert, denn es handelt sich um einen 0815-Mainstreamer. Sie hat richtig gelitten, denn man sah dass sie wissen wollte was ich trage aber nicht wirklich fragen wollte. Denn man stelle sich vor: Eine Porschefahrerin in Prada/Chanel/Dior-Outfit trägt den gleichen Duft wie ich! Irgendwann wurde der Leidensdruck wohl zu groß und sie kam auf mich zu. Sie fragte nicht direkt sondern versuchte, es nebenbei herauszubekommen, Sie erzählte davon dass sie den Duft auch mal hatte aber einfach nicht mehr auf den Namen käme. "Schade", sagte ich. Ich bot ihr an, ihr etwas abzufüllen damit sie den auf ihrer Haut testen kann, aber das war ihr offenbar sehr zuwider da unhygienisch. Sie tänzelte lange um mich rum bis ich ihr schließlich, damit Ruhe ist, sagte: "Ich trage The One von Dolce & Gabbana." Oha. Sie verzog das Gesicht als hätte ich ihr angeboten rohe Leber zu essen. Und dann sagte sie einen wichtigen Satz: "Na ja, für dich ist der ja vielleicht was, so ein Billgzeug. Du kommst aus Polen, nicht?"

Da war ich sprachlos. Nun, ich musste auch nichts sagen denn alle anwesenden Kollegen stürzten dermaßen auf sie ein, sie tat mir fast leid. In einem Cartoon hätte man Staubwolken gemalt und ich bin mir sicher, zwischendurch ein Katzenfauchen gehört zu haben. Als dieses Szenario vorbei war, verließ sie fast heulend den Raum.

Was mich sprachlos gemacht hat, war gar nicht die Beleidigung an mich (diesbezüglich angegangen wurde ich nicht zum ersten Mal...), sondern dass sie einen Duft, der ihr offenbar so sehr gefallen hat, aus Prinzip nicht kaufen wollte, da sie sonst nur "echt teures Zeug" kauft. Ob teuer auch automatisch gute Qualität bedeutet, wird grad in einem anderen Blog bereits besprochen (an dieser Stelle bitte bei MoSeeks Blog reinschweben). Wer was von seinem wie auch immer hohem Verdienst kauft, soll ja auch selbst entschieden werden. Wenn mir ein Duft gefällt der mir zu teuer ist, kann ich mir den halt nicht leisten oder ich spare oder ich wünsche mir Geld zum Geburtstag oder ich kaufe ihn halt nicht. Wenn eine Kollegin oder Freundin so gut riecht, dass es mir wochenlang keine Ruhe gibt und ich den Duft liebe, sie mir dann sagt "Gibt es in der Drogerie für 5,95€" würde ich hingehen, obwohl ich sonst nicht dort nach Düften schauen würde. Das lässt mich wirklich achselzuckend zurück.

Die arme Kollegin tat mir immer mehr leid. Sie versuchte auch, sich zu entschuldigen, jedoch so ungeschickt, dass sie die Situation verschlimmerte. Da es ihr dennoch wichtig war, der Welt zu zeigen dass sie nicht auf "Billigscheiß" steht, da "unter ihrer Würde", hat sie immer ziemlich Rämmi Dämmi gemacht, wenn sie den Duft an mir roch. Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht und verzog dieses und fragte theatralisch in den Raum, was denn da so stinke. Ach, das war lustig. Ein Kollege der sie bis auf's Blut hasste kaufte sich einen Flakon, nur um einen Sprüher in die Luft zu machen, wenn sie den Raum betrat. Sie wechselte schließlich ihre Stelle, da sie ja zu Größerem berufen war. Und nun herrscht Ruhe.

Und ich bleibe bei Schillers Aussage. :)