Mausebeer

Ein Jasminduft der mich anfangs mehr an Flieder denken lässt. Ein cremig frischer Jasminflieder, ganz ohne jede Schwere, mit nur ein wenig natürlicher Süße. Im Verlauf wird der Duft etwas spritziger, ein paar Zitrusnoten kommen dazu, und der Flieder tritt in den Hintergrund, verschwindet aber nie ganz. Der Duft wirkt dann weniger cremig aber weiterhin sehr frisch, leicht, weiblich und gepflegt. Auf eine altmodische Weise. Aber ich mag sowas. Sachen in der Art hat Yves Rocher früher gemacht und ich muss auch an einen Fliederduft von Dzintars denken den ich mal hatte. Wieso ihm hier soviel Synthetik unterstellt wird kann ich nicht nachvollziehen. Das ist für meine Begriffe einer der besseren Billigdüfte.
Ein einfacher blumiger Frischling mit Miniverlauf und ordentlicher Intensität und Haltbarkeit. Zwei Spritzer reichen für viele Stunden. Er hat nicht viel Tiefgang aber ist ein belebender Begleiter im Frühling oder für nicht allzu heisse Sommertage. Würde ich mir glatt kaufen, wenn es ihn denn noch irgendwo gäbe.

Zenzero duftet schon seit Jahren leise und zufrieden unter dem Radar der meisten Parfumfreunde vor sich hin. Warum eigentlich? Ich schiebe ihn jetzt einfach mal ins Rampenlicht (mag er gar nicht).
Zugegeben, er hat mich am Anfang nicht sonderlich beeindruckt. Die anderen Tesoris die ich kenne sind alle irgendwie gehaltvoller und/oder lauter. Aber dies ist ein feiner Leisegänger für alle, die dezente aber nicht beliebige Düfte mögen. Und da ist mehr drin als die "Duftpyramide" befürchten lässt.
Es beginnt mit einer einfachen frischen, dabei angenehm milden und eher unsüßen Ingwernote. Noch ein wenig "saftig". Kurz darauf schleicht sich bereits ein Hauch von dunklem Kakao (changierend zu Zartbitterschokolade) in den Hintergrund und damit beginnt ein geschmeidiger Verlauf hin zu etwas mehr Süße. Der Ingwer wird langsam trockener und der Hintergrund milchschokoladiger und später leicht ambriert muskat-holzig. Vanille ist hier für meine Begriffe nicht im Spiel.
Der Duft bleibt dabei immer sehr leicht und zurückhaltend, auch die Süße. Man muss sich schon mit ihm beschäftigen und näher rangehen um die Feinheiten zu entdecken. Auch ist alles fein verflochten und gekonnt abgemischt. Hier springen einen keine lauten oder klebrigen Noten an. Alles fließt sanft und leise inander. Mit Zenzero schreit man nicht seine Duftvorlieben in die Welt. Er schafft eher eine behagliche und interessante Aura die für so ziemlich jede Gelgenheit passt und absolut nicht synthetisch oder billig riecht. Der Mitmensch wird sich nicht bedrängt fühlen aber eventuell interessiert hinterherschnuppern. Die Haltbarkeit liegt bei ca 3-4 Stunden bevor er kaum noch auszumachen ist. Aber dann sprüht man eben mal nach. Ist bei dem winzigen Preis auch kein Problem.
Der Duft ist ein transparenter, leichter Orientale und als solcher sehr modern und absolut unisex. Ich finde allerdings, gerade junge Männer sollten ihre ersten Dufteuros vielleicht lieber in diesen hier investieren als sich an irgendwelchem Axe-Kleister abzuarbeiten. (edit: Wenn es ihn noch gäbe. Scheint leider eingestellt zu sein) Selbst wer noch ungeübt im Umgang mit Dosierungen ist kann hier sorglos einmal mehr aufs Knöpfchen drücken ohne sich in die soziale Isolation zu dieseln.
Diese Mischung aus frisch und warm ist wegen ihrer Leichtigkeit auch noch ganzjahrestauglich.
Mein Gott, was will man denn mehr für so wenig Geld.

Schieben wir die Duftpyramide doch mal sanft beiseite und assoziieren ganz frei:
Den Duft aus dem kleinen Pröbchen sorgsam auf's Handgelenk getupft und los geht es sogleich mit süßem, würzigen Honiglikör. Sehr alkoholisch zu Anfang, aber auf eine gekonnt köstliche "Das soll so!" Weise. Das gefällt mir außerordentlich gut und es geht zum Glück eine ganze Weile so weiter. Die Honignote zieht sich im Laufe Zeit etwas zurück bleibt aber unterschwellig die ganze Verweildauer des Duftes über dabei. Eine wunderschöne, feine und trockene safransandelholzige Note bestimmt das Geschehen, aber da passiert noch mehr. (Ab jetzt wird es seltsam.)
Nach ca. 3 Stunden schnüffele ich fasziniert an meinem Arm und habe Kindheitsflashbacks. Aber was ist das bloß? Wonach riecht das? Warte, sind das !abgebrannte Wunderkerzen! die sich zur Basis gesellen? Tatsächlich. Man kann noch das letzte Britzeln hören und die Glut riechen. Klingt komisch, gefällt mir aber total. Etwas später schaut ein alter Bekannter vorbei - die Basis von Le Baiser du Dragon kommt auf ein Schwätzchen dazu, muss dann aber bald wieder weg (zum Supermarkt, da ihr der Amaretto ausgegangen ist). Macht nichts, wir haben ja noch Reste vom Honiglikör. Das war aber noch nicht die letzte Überraschung, denn weiter geht es mit meinen Flashbacks.
Erinnert ihr euch noch an diese grünen DDR Räucherkerzen? Wir hatten so ein hölzernes Räuchermännchen (jeder hatte das) in dem wir selbige abbrannten und das hatte im kalten Zustand so einen ganz speziellen Geruch. Nach Holz, den Räucherkerzen und der Lackierung des Männchens. So ein leicht brenzliger aber total heimeliger Geruch. Und genau so + Safransandel riecht dieser Duft ganz am Ende, begleitet von einer minimalen Süße.
Er hält etliche Stunden auf der Haut und tagelang auf Stoff und Teststreifen. Wir waren neulich an einem eisigen aber sehr sonnigen Wintertag spazieren. Es war wunderschön. Der Schnee glitzerte und dazu dieser schöne Duft. Wohlig warm wie ein edler Schal. Perfekt.

Mir doch egal was die in den Kopfnoten behaupten, das riecht nach Orangen! Prickelnd frisch und fruchtig geht es los und bleibt tatsächlich einige Stunden so spritzig und knackig. Das macht gute Laune :) Später geht der Duft dann in süßlich feinen MoschusPuddingPuder über (The One DNA), behält aber immer einen Hauch von den aromatischen Orangenschalen. Für mich ist da eine große Ähnlichkeit zu The One Essence zu erkennen, wobei mir L'Impératrice besser gefällt, weil er ausgewogener und feiner duftet und niemals ins unangenehme kippt. Hält mindestens 6 Stunden durch bevor man nachlegen möchte. Ich sehe ihn als sehr angenehmen Begleiter im Winter zu flauschigem Schal und Mütze. Wie er sich bei wärmeren Temperaturen macht werde ich dann noch berichten.

Folgen sie mir bitte ins Studierzimmer, wir nennen es schlicht "die Bibliothek". Hier sehen sie den schönsten Intarsien-Holztisch den sie sich überhaupt vorstellen können. Bitte nicht anfassen, den können sie sowieso nicht bezahlen. Gepflegt wird er mit allerfeinster Möbelpolitur und, um es mit der Ästhetik auf die Spitze zu treiben stellen wir jeden Tag eine sehr große Vase mit herrlich duftenden Freesien drauf. Ja, wunderbar, ich weiß.
Nehmen sie das alles mal in sich auf, denken sie sich viel sahnigen Amber dazu und dann wissen sie, was es bei L'Occitane nicht mehr zu kaufen gibt. Auch nicht für altes Geld.
Man hat ihn, oder man hat ihn nicht.