Migo

Liebe Community,

nicht allzuoft werde ich auf mein Parfum angesprochen, zumindest erhoffe ich es mir insgeheim schon etwas öfter. Als ich gegen Sommer letzten Jahres den Irisss einfach blind bestellt hatte und ich komplett im Xerjoff Fieber war (ja hatte mir damals 5-6 Xerjoff in einer Woche gekauft), ist es geschehen. Ich sprühte den Duft das erste Mal auf mein Handgelenk und dachte mir, ja der duftet sehr schon pudrig mit einer leichten frisch-minzigen Note aber leider doch etwas eindimensional. An selbigen Tag hatte ich morgens bereits Erba Pura aufgetragen, was mein absoluter Favorit war und situativ immer noch ist. Jedenfalls ging ich abends mit einem guten Freund noch etwas essen und sprühte mir meine neueste Errungenschaft auf. Bereits bei der Autofahrt zum Restaurant bemerkte ich schon, dass der Irisss sich anders als auf dem Handgelenk-Test verhielt. Irgendetwas machte ihn plötzlich lebendiger und tiefer. Angekommen im Restaurant gab ich der Dame zu verstehen, dass ich zu meinem Freund, der bereits am reservierten Tisch Platz genommen hatte, durchgehen würde. Völlig überrascht schaute mich die nette Bedienung an und fragte sehr direkt "sorry, was tragen Sie für ein bezauberndes Parfum? Stolz wie bei meiner Einschulung nannte ich ihr den besagte Duft aus dem Hause Xerjoff. Auf der Rückfahrt dachte ich nochmal über das Erlebnis nach und da fiel es mir plötzlich ein, wieso der Duft so "anders" war als mittags. Ich hatte ihn völlig unbewusst mit dem Erba Pura vom Morgen gelayert. Seitdem sind die beiden für mich wie ein unzertrennliches Paar und ich genieße es jedes Mal leicht mit der Dosierung des einen bzw. anderen zu spielen und so eine ganz eigenwillige Duft-DNA zu erschaffen. Der Dame im Restaurant habe ich zwischenzeitlich den "Zaubertrick" mit dem Laynern verraten, nicht, dass sich noch ganz enttäuscht vor dem wunderschönen Irisss Flakon sitzt und mich gedanklich verflucht weil er doch anders duftet :-)

Liebe Community,

oft schon habe ich mich hier bei Sichtung der Bewertungen von Düften gefragt, ob ich mir da einen Zusammenhang einbilde oder ob da ggf. doch ein bisschen Wahrheit hinter steckt. Ich habe die Vermutung, dass Parfums mit einer überdurchschnittlichen Sillage bzw. Haltbarkeit tendenziell deutlich besser im Sinne des Kriteriums "Duft" bewertet werden. Ich möchte hier freilich keine Diskussion über die Bewertungslogik entfachen aber bei vielen Düften scheint meine These positiv beantwortet zu werden. Worauf möchte ich hinaus?

Ich habe die Vermutung, dass diese (Schein-)Korrelation diesem tollen Parfum hier etwas zum Verhängnis geworden ist. Obwohl die aktuelle Bewertung von 7,9 schon relativ gut ist :-)

24 Old Bond Street startet mit einer super schönen, klassisch-minzigen Frische, die mit feinem Holz unterlegt ist. Nach einer Weile gesellt sich dann eine ganz leichte und aber niemals prudrig erscheinende Rose dazu, die dem Duft seine Seele verleiht. Er passt perfekt in das klassische Klischee eines verregneten Tages, getragen von einem Anzug tragenden Bänker in Mitten von London. Eine sichere Bank wie sie im Buche steht. Der Duft eckt nicht an und stört keinesfalls.

Ist er zu brav und geht deshalb im olfaktorischen Kosmos unter? Ich finde nicht, denn der Duft ist für mich schon auch floral und gerade das scheint bei Männern nach wie vor nicht der Mainstream zu sein. Marken wie Cartier und eine Auflage des recht neuen MFK (A' la Rose) versuchen das ebenfalls und mir scheint als würden sie damit nicht den großen Erfolg abstauben. Natürlich kann Old Bond ebenso toll von Frauen getragen werden. Die Haltbarkeit finde ich übrigens sehr beachtlich, wenn man die eher "leichten" Inhaltsstoffe berücksichtigt. Mit ca. 8 Sunden im Büro, kann man wahrlich zufrieden sein. Die Sillage ist dabei dauerhaft sehr einheitlich, man wird wahrgenommen aber überfordert zu keiner Zeit.

Manchmal gibt es bei mir Tage, da benötige ich kein Performance-Monster und will dem "Höher, weiter, schnell Spiel" lächelnd entgegnen, "Fehlanzeige, aber gut so!".

Vieles ist passiert, die Welt wandelt sich täglich und eine erschütternde Nachricht übertrifft die Nächste.

In der Parfumwelt ist nichts stetiger als der Wandel. Jeden Tag neue Launches, und oft lese ich hier „…schon hundert mal gerochen…“, „…nichts neues…“ oder „…immer dieser gleiche Synthetik Fruchtzucker-Mix…“.

Eines kann ich sagen, Ihr täuscht euch mit diesem Duft gewaltig! Valentino hat hier etwas erschaffen, dass gar nicht so leicht zu bewerkstelligen ist. Auf der einen Seite catched er die Masse, die wir hier viel zu oft abfällig als Mainstream betiteln und leicht spöttisch mit unserem Nischenwissen missbilligen. Die meisten da draußen lieben fruchtig-süße Parfums mit einer recht starken Projektion. Anderseits ist dieser Duft auf der Haut getragen (und ich bezweifle, dass die meisten das hier bisher versucht haben) ein Geniestreich, der es locker mit einem modernen Chanel Allure Homme aufnehmen kann. Die spritze Apfelnote ist sicher nicht die natürlichste, aber das muss sie nicht. Worum es bei diesem Parfum geht, ist die Basisnote und die kommt nach circa 45 Minuten zum Vorschein und hält ab da ewig lang. Eine wunderbare Melange aus Amber und Holz gepaart mit leicht fruchtigen Untertönen. Das hat unfassbar viel Klasse und stört zu keiner Zeit. Ich schließe die Augen und sehe einen schönen Sommerabend im Urlaub bei Kerzenschein und gutem Essen, leichte Musik im Hintergrund und ein weißes Leinenhemd. Dazu dieser Duft.

Die letzten Jahre habe ich über Roja, Amouage, Creed, PdM, MFK und wie sie alle heißen immer wieder neues und teils tolles entdeckt. Leider habe ich dabei aber die einfachen Dinge aus dem Auge verloren. Valentino zeigte mir sehr eindrücklich, dass es Zeit ist mal den Reset-Knopf zu drücken. Danke dafür und gebt ihm vielleicht mal eine Chance auf der Haut getragen zu werden…