MilaMint

MilaMint

Rezensionen
MilaMint vor 8 Jahren 12 4
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Sauber macht lustig
Willst Du wie frisch geduscht riechen, dann geh' einfach duschen! Quatsch, das tolle an Parfüms ist ja gerade die Möglichkeit, Flüchtiges zu verlängern und dieses gute Gefühl von Frische noch eine Weile mit in den Tag zu nehmen. Clean-Düfte kamen mir bisher etwas verwechselbar vor. Nachdem ich aber kürzlich im Forum den tollen Thread von Peanut "Parfumos geballtes Sauberduft-Wissen" entdeckte, wurde mir klar, dass es für mich auf diesem Gebiet noch einiges zu entdecken gibt und dass auch Sauberdüfte durchaus facettenreich und differenziert sein können. Mein vorläufiger Favorit ist Kid Mohair.
Kid Mohair heißt die Wolle der Angora- bzw. Mohairziege und Kid Mohair, der Duft, ist Teil einer Parfümlinie, die sich an das Thema Wolle anlehnt ("Le Vie della Lana" – "Die Straße der Wolle").
Die Beschreibung, ein Duft umhülle die Trägerin wie ein warmer Kaschmirpulli, ist durch den häufigen Gebrauch fast schon zum Klischee geworden. Vielleicht taugt der Mohairpulli nicht als Analogie, da er zu stark haart? Kid Mohair erinnert mich jedenfalls nicht an Wolle, er hat auch nichts Einhüllendes oder Kuscheliges, es ist ganz einfach ein schöner, netter Sauberduft! Nett klingt ja etwas langweilig, das Nett geht hier aber eher in Richtung wohltuend, unaufdringlich, dezent und lustig.
Ja, er startet mit Mangoaromen, die nicht an echte Früchte, sondern den Geruch von Mangojoghurt oder fruchtig duftende Weichspüler und Shampoos erinnern und das wirkt irgendwie lustig. Im weiteren Verlauf verwandelt sich die Mango in einen weichen, weißen Pfirsich, vielleicht ist das der Osmanthus, der ja manchmal so ein liebliches Fruchtaroma verströmt. Der Moschus ist zu keiner Zeit stechend, sondern geschmeidig, als hätte er geholfen, die Fruchtnoten langsam und gleichmäßig in die Basis einzurühren. Und zwar so lange, bis von Patchouli und Ambra kaum noch etwas übrig bleibt.
Nach ca. einer Stunde kommt ein Hauch Rose zum Vorschein, die lustig-verspielte Atmosphäre des Beginns verfliegt langsam, es riecht jetzt seriöser, sehr feminin und noch deutlicher nach Frischeduft. Es ist eine klare Sommerfrische, ohne kühle Nuancen. Skeptiker dieses Duft-Genres werden bestimmt auch bei diesem Frischekick kritisch bleiben, für alle anderen (in erster Linie Frauen) ist er auf jeden Fall einen Test wert! Kid Mohair hat eine unbeschwerte Ausstrahlung und macht mir gute Laune. Sauberdüfte sind für mich so etwas wie fettreduzierte Wurst, es bleibt ein Verlangen nach Mehr. Aber an manchen Tagen – vielleicht an solchen der olfaktorischen Übersättigung – ist weniger tatsächlich mehr. Oder, da er nach vier Stunden ohnehin nur noch aus nächster Nähe wahrnehmbar ist, man wechselt am Mittag einfach zu einem neuen, saftigeren Duft.
4 Antworten
MilaMint vor 8 Jahren 29 12
8
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Der wildeste Duft aller Zeiten
Wann immer ich Anubis begegne, habe ich das Gefühl, diesen Duft nicht bloß zu riechen, sondern ihn zu schnüffeln, ja mir regelrecht reinzuziehen! Und dann warte ich kurz, ob sich meine Augen verdrehen (vor Entzücken, ja!), mein Puls schneller schlägt (etwas!) oder ich plötzlich schöne, bunte Bilder sehe (ja, auch das, aber die Bilder sind eher dunkel!). Anubis ist neben Maai von Bogue Profumo der wildeste Duft, den ich kenne.
Um wieder ein bisschen runter zu kommen, kurz etwas über die Frau hinter Papillon Perfumery: Die Britin Liz Moores hat sich das komponieren von Parfums durch mehrjähriges Experimentieren selbst beigebracht, seit 2014 fünf Düfte lanciert, und Anubis war ihr Debüt. Wie auf "Fragrantica" nachzulesen, wählte sie den Namen des altägyptischen Gottes der Mumifizierung, weil er zahlreiche Inhaltsstoffe enthält, die auch beim Einbalsamieren verwandt wurden und sie das Parfüm, bis es sich richtig anfühlte, so oft überarbeitete, dass sie das schon fast an Reinkarnation erinnert.
Sie lehnt sich in ihren Kreationen an die Klassiker an und schafft dabei gleichzeitig etwas Neues und Modernes.
Mich befördert Anubis nach dem ersten Aufsprühen an ein Lagerfeuer. Es ist schon fast verloschen, aber an manchen Stellen glimmt es noch, riecht nach heißer Kohle, Asche und Holz. Das alles wirkt sehr kraftvoll, aber auch rund und weich. In meiner Vorstellung sitzt man nicht ruhig und gemütlich um das ausgegangene Feuer, sondern sattelt bereits die Pferde und klopft sich die Erde von der Hose, um zu neuen Abenteuern aufzubrechen. Neben den rauchigen Noten riecht es am deutlichsten nach Leder und Erde.
Was ihn für mich auch wild macht, ist der Eindruck, dass die einzelnen Noten in einem rasanten Tempo wechseln. Als wäre alles Aufbruch und Bewegung. Habe ich einmal etwas Hübsches entdeckt, so scheint mir der Duft den Mittelfinger zu zeigen und schon raucht und qualmt er wieder vor sich hin. Ja, wirklich, sogar nach verbranntem Gummi riecht es bisweilen. Und kurz bevor mich das nervt, vernehme ich dann wieder sanfte Noten, cremiges Sandelholz und süßlich-balsamisches Opoponax. Etwas Beruhigendes hat auch der Jasmin, der kaum nach Blume, sondern ebenfalls leicht angesengt wirkt. Farblich wahrgenommen ein braun-schwarzer Duft mit gelben und orangefarbenen Einsprengseln.
Pinken Lotus habe ich noch nie gerochen, er soll, wenn man ihn raucht, sogar einen tranceartigen Zustand auslösen! Für mich klingt ja Lotus eher nach Sauberduft, davon fehlt hier jede Spur. Anubis ist aber auch kein Dirty-Duft. Nach ca. zwei Stunden kommt etwas Kardamom durch und macht ihn zusammen mit der Immortelle gefälliger und nahbarer. Die Rosen vermag ich leider nicht herauszuriechen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie da sind und verhindern, dass dieser Kracher zu krass rüberkommt.
Macht er süchtig? Nein, wenn ich Anubis trage bin ich zwar etwas high, aber oft verlangt mir nicht nach ihm. Er ist für mich vor allem ein sehr faszinierender, kraftvoller und raubeiniger Duft. Meine Abfüllung hält schon recht lange und ein ganz kleiner Spritzer reicht den ganzen Tag, da er von der Qualität und Intensität her wie ein Extrait de Parfum wirkt.
12 Antworten
MilaMint vor 8 Jahren 30 13
5
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Wüste(n)fantasien
Seit ich vor einigen Jahren der Duftleidenschaft mit Haut, Haar & Nase verfiel, ging mir oft durch den Sinn, warum ich eigentlich keinen Signatur-Duft habe. Es gibt Düfte, die ich häufiger trage oder einige Tage hintereinander, aber eben nicht den Einen, den ich komplett mit mir verbinde, dessen Aura mich umgibt und mich damit auch für andere sofort olfaktorisch erkennbar macht. Das liegt wohl auch daran, dass ich vom Typ her die Abwechslung liebe und zumindest bezüglich Parfüms polygam lebe.
Taklamakan kommt der Idee meines Signatur-Dufts aber sehr nahe. Einem Duft, der einfach zu mir passt und nicht wie der Heilige Gral in absoluter Schönheit und Vollkommenheit erstrahlt. Vielleicht auch, weil er etwas schwer Festzulegendes an sich hat. Fast wie eine Matrjoschka-Puppe enthält er immer wieder etwas anderes – aber ähnliches – in sich, man kommt nicht an einen Kern. Das macht ihn aus und ist echt faszinierend! Deshalb bin ich mir auch sicher, dass ich mich an Taklamakan nicht satt riechen werde.
Er ist nach meinem Empfinden der perfekte Vanille-Duft nach dem ich schon so lange suche, aber es ist kein richtiger Vanille-Duft. Dafür sind die holzigen Noten und das sanfte Patchouli zu präsent. Konzentriere ich mich auf die Vanille-Patchouli-Verbindung, sehe ich alte Bücher mit leicht vergilbten Seiten vor mir und rieche im Geist den Geruch, den sie beim Durchblättern aufsteigen lassen. Das Patchouli hat überhaupt nichts Hippiemäßiges oder Muffiges an sich, sondern duftet recht holzig und ganz leicht nach dunklem Kakaopulver. Obwohl ich sonst Patchouli nicht besonders mag, könnte ich mich hier darin wälzen! Trocken, aber nicht zu trocken. Ich glaube, es ist das Labdanum, das in Verbindung mit Vanille und Tonkabohne den ganzen Verlauf hindurch eine gewisse süßliche Öligkeit mit minimal rauchig-ledrigen Noten verströmt. Gewürznelke ist nicht aufgelistet, für mich riecht es aber ein wenig auch danach. Die angegebenen blumigen Noten kann ich hingegen nicht wahrnehmen.
Beeindruckend an Taklamakan ist, dass er zwar recht linear verläuft, sich also mit der Zeit kaum verändert, ich aber dennoch immer wieder etwas anderes herausrieche. Hätte ich den Duft blind getestet, wären vor meinem geistigen Auge ehrlich gesagt keine Bilder von Sand und Wüste erstanden. Dafür ist er insgesamt zu süß und wohlig! Er wirkt nur ein wenig exotisch – es sind holzige Noten drin, die mich an Läden mit asiatischen Antiquitäten erinnern. Es riecht verhalten würzig, da könnte man schon an die Seidenstraße denken, an Kamele einer Wüsten-Karawane, auf dem Rücken in staubiges Leinen gehüllte, kostbare Gewürze. Aber diese Assoziationen werden bei mir eben nur durch den Namen Taklamakan ausgelöst. Die große Kraft der Suggestion! Das ist ja auch das tolle an Parfüms, der Name ist schon ein Teil der Komposition.
Ich bin vor vielen Jahren mal eine Woche lang durch den Sinai gezogen und wenn Wüste, dann erinnert mich der Duft eher an diese Steinwüste. Glühend heißer Stein, ein bisschen getrockneter Kameldung, angezündet, um bei Sonnenuntergang die Speisen zuzubereiten, jede Menge unterschiedlichster Holzkisten voller exotischer Schätze, plus eine so überhaupt nicht ins Bild passende, aber zum niederknien köstliche Vanillenote.
Beim Parfumo-Treffen in München brachte Centifolia echte Vanille-Essenz – aus Madagaskar oder Tahiti? – mit, und diese dunkle, leicht rauchige Vanille ist hier vielleicht auch drin.
Schön! Schön! Schön!
Insgesamt ist Taklamakan keine Herausforderung für meine europäisch sozialisierten Geruchsgewohnheiten. Trotz einiger ungewöhnlicher Akzente riecht dieser Duft sehr vertraut, leicht zugänglich und unkompliziert. Das kommt vielleicht neben der wohltuenden Vanille auch durch den Geruch von sonnengewärmter Haut, oder, um es eindringlicher zu formulieren, der Haut nach einem langen, aber schweißlosen Ritt unter heißer Wüstensonne!
13 Antworten