Montgomery

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6 - 9 von 9
Montgomery vor 13 Jahren 8 1
Keine Besserung in Sicht
Es kommt äußerst selten vor, wenn ich eine regelrechte Abneigung gegen ein Parfum verspüre. Play ist bisher der einzige Duft, welchem diese Stellung zuteil ist und so sind dies meine ersten null Prozent, die ich einem Parfum anlaste. Selbst die viel gescholtenen Joop Homme und Le Mâle kamen besser davon. Dass eine solche Extrembewertung eine Rechtfertigung verlangt, stellt für mich eine Selbstverständlichkeit dar. Hass auf die Träger oder auf das Image des Duftes sind aber nicht meine Gründe.

Genauso wie es Düfte gibt, die beim ersten Schnuppern grenzenlosen Enthusiasmus hervorrufen können, gibt es Düfte, die einen unverzüglich mit abscheulichem Ekel peitschen. Wo schlecht riechende Düfte sonst allenfalls für ein müdes Lächeln oder ein regungsloses Zurückstellen des Fläschchens sorgen, hat mich Play ziemlich angewidert. Ich war schockiert, dass ich eine solch ausgeprägte Abneigung empfand, wo dieser Duft doch im Grunde nichts Schlechtes darstellt. Er mutet lediglich etwas gewöhnlich an.

Zum Flakon, pardon, zum multifunktionalen Musikspieler mit Vaporisateur-App, braucht man keine großen Worte verlieren. Die Aufmachung ist, wie mein Vorredner DerThomyDer bereits erwähnte, dem allseits beliebten 1 Million recht ähnlich und soll wohl selbige Klientel ansprechen.

Kopfnote: Der Auftakt des Duftes zeigt Zitrisch-Saures, eingebettet in einer dazu unpassenden Cremigkeit. Hier habe ich die Assoziation einer Zitronenscheibe in einer Dose Penaten-Creme. Dieser Eindruck entsteht wohl durch die Kombination aus Bitterorange, Grapefruit und Tabakblüte. Kurz darauf kommt eine scharfe und würzige Note hinzu: Mit etwas Phantasie ist der angegebene schwarze Pfeffer wohl glaubwürdig. Das Leitmotiv dieses Duftes ist jedoch, von Beginn an, ein Konstrukt aus wechselhaft ausgeprägter, aber permanent wahrnehmbarer Süße und Pudrigkeit, das durch die Reihe alle Duftnuancen verunziert.

Herznote: Etwa eine halbe Stunde nach dem Aufsprühen mischt sich eine bittere Note hinzu. Die Empfindung ist der Kombination aus Patchouli und Pfeffer geschuldet. Die Duftnoten für sich genommen, können schon in manchen Parfums etwas bitter wirken, da sie aber im Kontrast zur Süße stehen, wird dieser Eindruck intensiver wahrgenommen. Im weiteren Verlauf differenziert sich die Tabakblüte und erinnert nun ein wenig an Dolce & Gabbana’s The One for Men. Dies wird von einer kurzzeitig sehr dominanten, herb-süßen Kaffee-Note begleitet.

Die Kopf- und Herznoten von Play wirken sehr inhomogen. Man versucht hier verschiedene Duftrichtungen zu einem Duft zusammenzuführen. Hier ist Zitrisch-Saures, Süßes, Würziges und Pudriges zu riechen. Das kann – sofern gut komponiert – ein Parfum vorerst einheitlich, bei genauerer Betrachtung aber ungemein facettenreich erscheinen lassen. Bei Play ähnelt dies aber vorwiegend der mittelalterlichen Hinrichtungsart der Vierteilung.

Basisnote: Der Duft wird im Verlauf ein wenig besser, wenngleich das nicht reicht, um über den Gesamteindruck hinwegzutäuschen. Vetivergras und Patchouli können die beklemmende Süße nur ein wenig auflockern. Sie umgibt die anderen Duftnoten weiterhin wie ein zähflüssiger Sirup, in den sie langsam ihre Duftstoffe abgeben. Die großen Gegensätze lösen sich langsam in der einheitlichen Süße auf, die Basis wirkt runder, bleibt aber zuckersüß und pudrig.

Selbst wenn ich Play niemals tragen würde, so toleriere ich jeden Menschen, der dieses Parfum sein eigen nennt und das auch zur Schau stellt. Jedoch soll es Leute geben, die meinen, Play im Sommer tragen zu müssen. Diese Ansicht kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Der süße Brei klebt förmlich auf der Haut und hat obendrein eine unverschämt solide Halbwertszeit. Einem mit Play parfümierten Mitmenschen möchte ich nicht im Sommer bei 30°C in der U-Bahn oder im Aufzug begegnen müssen.

Wie rechts zu sehen ist, gibt es momentan lediglich einen User, der diesen Duft besitzt. Ich möchte mich dennoch bei allen Liebhabern dieses Duftes entschuldigen und darum bitten, meine Meinung zu akzeptieren. Die Duftbeschreibung sollte mit etwas Vorsicht genossen werden. Ich habe in meinem Eifer wohl ein wenig übertrieben.

Fazit: Jetzt geh' ich erstmal duschen!
1 Antwort
Montgomery vor 13 Jahren 14 6
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
„Ein vibrierender und lebendiger Duft. Eine spontane Note voller Rhythmus.
Die Welt voller Jazzmusik mit ihren Jazz-Kellern, wo bis zum Morgengrauen getanzt und gefeiert wird. Diese Facette von Paris steht besonders für Freiheit und Joie de vivre.“
Soweit die Beschreibung auf der Produktseite von Yves Saint Laurent. Utopisch?

Jazz ist wahrhaftig ein Parfum der guten alten Schule. Ein holzig-aromatisches Fougère, kreiert zu einer Zeit, als Zucker noch in die Küche gehörte und ausschweifende Vanille-Auren den Damen vorbehalten waren. Von einigen Ausnahmen mal abgesehen. Heutzutage sind Duftschwaden aus der Schokoladenfabrik oder von der jährlichen Kirmes keine Außergewöhnlichkeit unter den Herrenparfums. Die heutigen Träger solcher Zuckerbomben sind tendenziell jüngere Leute. Dagegen kann man sich Jazz nur schwer an einem jungen Herren unserer Zeit vorstellen. Es wäre aber gewiss eine willkommene Abwechslung zu Alltags-Stänkern wie Le Mâle und seinen Komplizen, die wie Straßenmusiker allgegenwärtig in der Stadt existent sind. Jazz kann man ruhigen Gewissens in die Ecke der 80er-Jahre-Macho-Düfte stellen, ist aber gleichzeitig einer der letzten seiner Art. Es ist ultra-maskulin und steht dem weitaus bekannteren Azzaro in nichts nach. Zu meinem Bedauern wird Jazz heute von den meisten Mitmenschen nicht mehr als zeitgenössisch empfunden, den Sprung zum gefeierten Klassiker schaffte Jazz nicht. Es wäre demnach nicht verwunderlich, würde YSL die Produktion einstellen. Doch dies wäre ein großer Verlust für die Riege der Herrendüfte. Die Verramschung beim dunkelblauen Drogerie-Laden lässt zumindest nichts Gutes erahnen. Ich hoffe dennoch, dass dieser Duft weiterhin produziert wird.

Der Auftakt von Jazz beginnt sehr frisch und krautig, wie ein schriller Trompetenlaut. Leichte Zitrusnoten untermalen diese Melodie, halten sich aber dezent im Hintergrund. Schon nach wenigen Minuten sind diese verklungen und machen Platz für den Pianisten am schwarzen Flügel: namentlich ein würzig-krautiges Fougère. Koriander und Lavendel, sowie florale Noten, durch Geranie und Jasmin, sind zu erkennen. Auf den ersten Blick wirkt Jazz sehr sauber und klar. Doch in der Herznote spielen einige grelle Töne, zeigt sich der Duft doch phasenweise scharf und etwas dreckig. Man hat mehrmals den Eindruck, für einen Augenblick eine dissonante, urinartige Note zu erhaschen, die sich bei genauerem Riechen rasch wieder verflüchtigt. Ob dies nun Kunst ist, oder nicht, sei dahingestellt, jedenfalls gehört es zum Konzept und es passt wunderbar hinein. Wer bei Jazz nun aber große Überraschungen erwartet, wird vermutlich etwas enttäuscht sein. Überraschungen wären bei diesem Duft etwa so angebracht, als erwarte man ein Deep-Purple-Gitarrensolo bei Oscar Peterson’s Night Train. Jazz ist geradlinig und hält keine Experimente bereit – Old School eben. Im weiteren Duftverlauf werden die würzigen und krautigen Noten etwas schwächer und machen Platz für eine sanfte Sandelholz-Basis. Eichenmoos und Tonkabohne, bzw. das in ihr enthaltene Coumarin, komplettieren den Fougère-Akkord. Der Duft klingt mit dieser Basisnote aus, die nach und nach schwächer, aber auch weicher und runder wird. Das große Finale endet leise und man möchte den Duft noch mal von vorn riechen. Trotz den dissonanten Tönen, trotz des schrillen Trompetenlautes, trotz der vorhersehbaren Melodie. Dies alles gehört eben unverändert zu Jazz und nicht anders mag ich diesen Duft riechen. Möge er uns noch lange erhalten bleiben. Mögen wir uns noch lange an Jazz erfreuen. Denn auch morgen noch soll aus den Kellern von Paris Jazz ertönen und ein Hauch des Duftes jeden frühen morgen über die Straßen der großen Stadt wehen.
6 Antworten
Montgomery vor 13 Jahren 11 2
2.5
Haltbarkeit
9
Duft
Raubzug durch Amazonien
Nach dem Testen in der Parfümerie mache ich mir meist kurze Notizen zum Duft, doch ist das Vokabular eher bescheiden gewählt. Da sich dieser Duft aber in meinem Besitz befindet, kann ich hier in Ruhe zur Feder greifen.

Adventure Amazonia ist für mich eine vielseitig tragbare und durchaus gelungene Abwandlung des großen Abenteurers. Das ursprüngliche Adventure dagegen, steht sich mit seiner übertriebenen Schwere oft selbst im Weg. Verbunden mit einer eher mäßigen Haltbarkeit, muss doch öfters nachgesprüht werden und Adventure vermag dabei schnell überdosiert zu wirken. Adventure Amazonia umgeht dieses Problem, da es wesentlich spritziger gestaltet ist und auf allzu schwere Fixiernoten verzichtet. Die Haltbarkeit ist zwar immer noch beklagenswert, bei einem Preis von 30€ pro 100ml-Feldflasche jedoch verzeihlich.

Adventure Amazonia beginnt mit einer feinen Zitrusnote und gibt sich so richtig saftig-grün. Die Stechpalme riecht hier wunderbar herb. Der Duft des Auftaktes könnte mitten aus dem Urwald stammen, riecht es doch wunderbar natürlich – für Davidoff keine Selbstverständlichkeit. Die Gewürze kommen wenige Momente später zwischen den Blättern hervor und sorgen für einen leicht pfeffrig-scharfen Eindruck. Es wirkt nichts überladen, der Duft bleibt sehr transparent. Obwohl nicht angegeben, meine ich einen Hauch von Sesam wahrzunehmen. Es ist dieselbe Note, wie in Adventure, wenn sie auch etwas besänftigt erscheint. Für zwei Stunden bleibt dieser wunderbare Eindruck erhalten und umgibt einen stets mit einem Duft von Fernweh. Was sich danach allerdings abspielt, halte ich für eine grobe Frechheit. Erst gibt sich Adventure Amazonia blühend und wohlgestaltet, um dann jäh vor die Hunde zu gehen. Was übrig bleibt, ist kaum mehr als ein Hauch der Gewürzmischung und eine warme Zedernholz-Note. Dies jedoch mit einer derart laschen Abstrahlungsintensität, dass man den Begriff „Skinscent“ wörtlich nehmen müsste. Auf dem Papierstreifen, respektive auf der Kleidung, wirkt Amazonia beim genaueren Riechen etwas synthetisch während der letzten Phase. Angesichts der geringen Projektion ist dieser Umstand aber zu vernachlässigen.

Ich versuche prinzipiell den Duft an sich und seine Haltbarkeit getrennt zu bewerten. Dass die Haltbarkeitsbewertung deutlich schlechter ausfällt, ist klar. Dass ich beim Duft aber auch Abstriche machen muss, ist bezüglich der gestohlenen Basisnote durchaus angebracht.
So würde ich dem Duft gerne den ganzen Pott überreichen, mit ohne Sockel muss er sich aber auch zufrieden geben.
2 Antworten
Montgomery vor 13 Jahren 26 8
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Und es ist doch tragbar!
So, jetzt muss ich aber einschreiten. Das ist ja unbegreiflich, was hier mit diesem Duft geschieht. So schlimm isser nun wirklich nicht, als müsse man ihn „Scheißhausreiniger“, „abartig“ und „eklig“ schimpfen.

Hot Water wäre mit Sicherheit bejahender empfangen worden, hätte Davidoff diesen Duft nicht in den Schatten des ewigen Kassenschlagers gestellt. Den Forderungen eines ebenbürtigen Pendants kann Hot Water nicht gerecht werden, das steht außer Frage. Dennoch empfinde ich dieses Parfum bei Weitem nicht als so abstoßend, wie hier vielmals zu lesen ist. Auf weitere Zitate möchte ich gerne verzichten. Auch auf die Gefahr hin, dass ich nun gesteinigt werde, halte ich es für durchaus legitim, Hot Water zu tragen. Zudem scheint es mir, als gibt es hier einen gewissen Kollektiv-Hass auf einige Düfte, vor allen Dingen auf Neuerscheinungen. Man lese nur die vielen Kommentare zu Bleu de Chanel - einem exzellenten Parfum von Grund auf.

Zurück zu Hot Water:
Dass sich Davidoff nicht gerade experimentierfreudig zeigt, ist weitestgehend bekannt. Von daher darf man den Absinth in der Kopfnote auch nicht allzu ernst nehmen. Selbst das ebenso (in diesem Falle aber völlig zu Recht) verschmähte ckFree behauptet von sich, die Duftnote Absinth zu enthalten. Wenn Absinth so riechen würde, ist es nicht verwunderlich, dass es zeitweilig verboten war. Beim weiteren Blick auf die Duftpyramide fällt mir roter Basilikum auf. Ich habe zwar keine Ahnung, wie roter Basilikum riecht; scharf und synthetisch jedoch nicht. Ungeachtet meiner botanischen Unkenntnis.

Frisch aufgesprüht riecht Hot Water süßlich mit einer schwachen fruchtigen Note. Es erinnert mich entfernt an Beerensirup. Dazu kommt eine scharfe, leicht stechende Note. Dies mag entweder der alkoholische Geruch von Absinth sein, oder es sind die versprochenen Pfefferkörner. In Kombination mit Patchouli ergeben sie jedenfalls einen würzig-balsamischen Gegenspieler. Bevor man sich jedoch versieht, hat sich die fruchtige Note auch wieder still und heimlich verzogen. Von nun an ändert sich nicht mehr viel. Die Würze lässt im Laufe der Zeit allmählich nach und zurück bleibt ein balsamischer, süßlicher und pudriger Duft. Daneben hält Hot Water keine großen Überraschungen bereit, dachte ich zumindest, bis ich mein Handgelenk am nächsten Tag zur Nase führte. Der Duft war, trotz ausgiebigen Duschens, immer noch wahrnehmbar.

Den Duft selbst besitze ich. Ich mag ihn, auch wenn ich ihn jetzt nicht täglich tragen würde. Und bevor hier Gerüchte aufkommen, à la ich sei als Kind mal mit dem Erker gegen ’ne Tür gerannt, muss ich doch sagen, dass mit meiner Nase alles bestens ist.
8 Antworten
6 - 9 von 9