Geruchserinnerungen
Es ist ja hinlänglich bekannt, daß Gerüche stark mit Erinnerungen und Gefühlen verknüpft sind. „Der Geruchssinn ist der einzige Sinn, der direkt mit dem Emotionszentrum unseres Gehirns verbunden ist“ (Rachel Herz, The Scent of Desire). Duftreize gelangen demnach direkt zur Amygdala, dem Gefühlskern des Gehirns und zum benachbarten Hyppocampus, der Erlebnisse verarbeitet und Erinnerung formt.
Der
Geruch von Weihnachtsplätzchen – Zucker, Zimt, Vanille –
versetzt mich immer in die Küche meiner Mutter zurück. Teig kneten
und probieren. Plätzchen ausstechen und probieren. Die Plätzchen
aus dem Ofen nehmen und besser etwas warten vor dem probieren. Solche
Geruchserinnerung hat sicher jeder. Die meisten meiner
Geruchserinnerung sind mit der Kindheit verknüpf. Vielleicht ist da
das Gehirn noch am formbarsten. Mit zunehmendem Alter kommt das nicht
mehr so häufig vor.
Aber
manchmal eben doch und von zwei gänzlich unterschiedlichen
Geruchserinnerung möchte ich berichten.
Das
erste betrifft die Erfüllung eines lange gehegten Traums:
Neuseeland. 2019 war es endlich so weit, mit Kind und Kegel ab ins
Flugzeug und kaum 24 Flugstunden später ist man auch schon da. Im
Vorfeld habe ich mir nur wenige Gedanken darüber gemacht, welches
Parfum ich mitnehmen soll. Letztendlich ist es Roma
Uomo geworden. Ich dachte mir: in Neuseeland ist Spätsommer und
der Flacon ist klein und paßt noch in die Tasche. Wenn ich also auf
unserer Inseltour ein Parfum getragen habe, war es Roma, unabhängig
davon, ob es zur Situation paßte (und manchmal war es gar nicht so
spätsommerlich warm), es war halt das einzige.
Ich mochte Roma schon vor dem Urlaub, aber wenn ich es jetzt benutzte
versetzt es mich immer auch ein wenig nach Neuseeland zurück. Es ist
also egal, ob der Duft in Zukunft noch weiter reformuliert wird,
solange er noch erkennbar bleibt, werde ich ihn mögen.
Die zweite Erinnerung hat nichts mit einem Parfum zu tun und der
Geruch ist auch nicht unbedingt „wohlriechend“. Es handelt sich
auch wieder um die Erfüllung eines lange gehegten Traums und wieder
um eine Fernreise: Australien. Diesmal 2011 noch ohne Kind und Kegel.
Und auch noch ohne besondere Parfumkenntnisse. Ich hatte sicher
irgendwas dabei, kann mich aber daran nicht mehr erinnern. Es ging im
australischen Frühling in den tropischen Norden, Queensland. Wer
schon mal in Australien war, weiß daß es dort allerlei unangenehmes
Getier gibt. Gegen die größeren (Spinnen, Skorpione, Schlangen,
Krokodile) hilft: Augen auf! Gegen die kleineren (Moskitos und
Sandflies) hilft: N,N-Diethyl-3-methylbenzamid oder
N,N-Diethyl-m-toluamid, kurz DEET.
Den Geruch von DEET kann man nicht beschreiben, den muß man erlebt
haben. Er spielt jedenfalls in einer ganz anderen Liga wie Autan. Und
wir reden in Australiens Norden vom real stuff, 80% DEET, heavy duty,
tropical strength. Das Zeug hat sich bei mir regelrecht in den
Hyppocampus gebrannt und sobald ich es rieche bin ich sofort wieder
da. Ich hatte damals noch einen Rest mit nach Hause gebracht und
gelegentlich daran geschnuppert. Ich hoffe, das ist noch normal ;-)
Ist
hier leider nur schwer zu bekommen. Wäre für die heimischen Mücken
aber wohl auch etwas überdimensioniert.
Da Fernreisen momentan ja nicht so einfach sind, werde ich also meine Geruchserinnerung anwerfen und so noch einmal in die Welt reisen.
Vielleicht funktioniert es bei Euch ja auch?