Olli9

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6 - 9 von 9
Olli9 vor 9 Jahren 19 4
10
Duft
Mein liebster Creed - so muss Holz riechen!
Der Bois du Portugal war vor vielen Jahren mein erster "richtiger" Duft jenseits der klassischen Modelabels und Parfumhäuser. Seinerzeit Liebe auf den ersten Blick, aus der mittlerweile aber eine langjährige Romanze geworden ist ...

Der Creed weckst Assoziationen von einem distinguierten Herrenclub, in dem gereifter Cognac aus kiloschweren Schwenkern in sündhaft teure Kristallgläser gegossen und anschließend - wie beiläufig - von Gentlemen degoutiert wird, die in tiefen, vertraulichen Gesprächen versunken sind. Anders, als dem BdP häufig unterstellt wird, passen in die Runde auch die jüngeren Herren - wenn sie sich denn auf dem gehobenen Parkett der Elite auch entsprechend zu bewegen wissen und über den nötigen Stallgeruch verfügen.

Zugegeben: Solchen Runde wohne ich - wenn schon - dann überhaupt eher als Zaungast bei. Macht aber nichts: Den Stallgeruch habe ich jetzt auf Sprühknopfdruck. Früher noch aus der 75ml-Flasche, mittlerweile aus dem (schon zweiten!) 250ml Flask, da ich von Bois du Portugal wirklich nicht genug bekommen kann.

Die Kopfnote ist für mich nicht wirklich der Rede wert - Lavendel steht zwar auf dem Papier, kommt bei mir aber nicht an. Dafür Zedernholz, perfekt präsentiert auf einem reichhaltigen Bouquet von Ambra, Sandelholz und einem nahezu homöopathischen Schuss Vetiver. Für mich DER Duft, der das Prädikat "vollmundig" verdient hat wie kaum ein Zweiter.

Tragbar zum Business-Meeting, zum Date, zur Oper, zum Konzert - und auch durchaus für jüngere Männer tauglich. Mit Ende 20 hatte ich kein Problem, den BdP zu tragen, tollerweise passt er sogar sehr gut zu einem eher sportlicheren Outfit.

Von Creed habe ich noch Aventus, Millesime Imperiale, Zeste Mandarine Pampelmousse, Original Vetiver, Virgin Island Water, Green Irish Tweed und Silver Mountain Water im Schrank stehen - aber zu keinem greife ich so gerne wie zum Bois du Portugal. Für mich ein leider häufig übersehener, aber wirklich vorzüglicher Duft aus dem Hause Creed.
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Olli9 vor 9 Jahren 14 2
9
Duft
Wie ein knallender Peitschenschlag
Mittlerweile vermute ich ja, dass sich in meiner Ahnenlinie irgendwo ein Schwamm befindet. Wie sonst lässt sich die Tatsache erklären, dass - sonst für ihre Sillage wie Haltbarkeit hochgelobten Düfte - auf meiner Haut ungefähr eine Halbwertszeit im Millisekundenbereich haben?

Wenn die Profumo-Community einem Duft dann eine 95% im Sillage und eine 90% im Haltbarkeitsbereich ausweist, macht das neugierig. Fast wär's ein Blindkauf geworden. Die eine oder andere Bewertung hat mich davon dann allerdings doch abgehalten, so dass ich mich auf zur Zentraldrogerie in München gemacht habe ...

Auf die Frage, ob ich den Interlude mal proberiechen dürfte, hat mir die Kundenfachberaterin erstmal ihr Handgelenk ins Gesicht gedrückt: "Da!" Stolz teilte sie mir dann mit, dass sie den heute selber trägt, weil sie ihn so großartig findet. Auch mal witzig. Aber: Geht nichts über die Eigenprobe. Und so wurde es Liebe auf den ersten Blick (zum Duft, nicht der Verkäuferin ;).

Aufgesprüht, ein paar Minuten wirken lassen (ja,ja - ist zu kurz, macht man nicht), bezahlt, geweint, wieder nach Hause gefahren. Die nächsten Tage dann ausgiebig getestet. Und mehr und mehr beeindruckt gewesen.

Der Amouage kommt in der Kopfnote erstmal wie ein Peitschenschlag daher - laut, ja geradezu schmerzhaft. Aber irgendwie ein angenehmer Schmerz ... ohne irgendwelche SM-Neigungen zu haben gibt's ja gelegentlich dieses Gefühl, dass man etwas nur schwer aushalten kann, es aber dann doch auch irgendwie wieder genießt. Erklärt zumindest das Phänomen der Currywurst-Schärfengrade ...

Eine halbe Stunde dauert's bei mir, bis sich ein eher balsamisch-tragender Charakter durcharbeitet. Hier rieche ich vor allem die Mischung aus Amber und Oud extrem gut raus - immer noch extrem laut, zugleich aber auch irgendwie beruhigend.

So richtig greifen lässt er sich ja nicht, zumindest nicht von meiner Nase, der Interlude. Aber genau das kickt mich auch irgendwie extrem. So dass ich ihn wahnsinnig gerne trage, immer öfters, immer mehr. Der Duft mag alles andere als ein Publikumsliebling oder Pantydropper sein, aber mit maximal (!!) zwei Sprühstößen - strategisch günstig platziert - lässt er sich meines Erachtens auch problemlos im Business tragen, ohne jemandem vor die Nase zu stoßen.

Einzigartig, ohne artig zu sein - dass trifft den Interlude recht gut. Ich kann jedem nur raten, ihn mal selbst auszuprobieren. Er wird garantiert nicht jedem gefallen, aber wer was Besonderes sucht, ohne Nischenjunkie zu sein, könnte hier möglicherweise fündig (und glücklich) werden.
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Olli9 vor 9 Jahren 6 3
8
Duft
DER Gemischtwarenladen unter den Parfums
So richtig weiß er ja nicht, was er will - der Jubilation XXV Man von Amouage. Was da an unterschiedlichen Duftnoten enthalten ist, entfaltet ein gehöriges Feuerwerk an olfaktorischen Eindrücken, das allerdings ohne hervorstechende Töne auskommen muss.

Ich mag auffällige Düfte - nicht immer und schon gar nicht überall, aber zur passenden Gelegenheit bekomme ich die Nase davon nicht voll. Normalerweise kenne ich die auffällig-lauten Düfte ja eher linear, wie z.B. Fords Tobacco Vanille, Jaipur als EdP, oder von mir aus Amen. Der J25 ist definitiv auffällig, meines Erachtens nach auch eher linear angelegt ohne große Entwicklung, allerdings eben auch ohne die hervorstechenden Noten. So ein wenig wie Kramerladen, von allem ein bisschen was aber von nichts zu viel. Allenfalls die typische Grundnote, die man aus den Malls in Dubai etc. als "arabische" Parfums kennt, riecht man gut durch.

Nichts desto trotz entfaltet der Jubilation eine wirklich schöne Wohlfühlatmosphäre - er riecht nicht sexy, aber romantisch. Nicht heldenhaft, aber leicht verwegen und abenteuerhaft. Stark, kraftvoll - aber nicht aufdringlich.

Ich habe mir die große Flasche geholt (mit Magnetkappe) und lege den Duft immer wieder gerne auf - nicht im Hochsommer, da funktioniert er nicht, aber ansonsten sowohl Business- als auch Freizeittauglich zu fast jedem Anlass und (fast) jeder Jahreszeit.

Für 90% oder 100% fehlt mir ein wenig die Begeisterung, gerade für den doch recht stolzen Preis hätte ich mir noch was "besonderes" gewünscht. Aber, Schönheit liegt in der Nase des Betrachters - und ich kann nur empfehlen, dem J25 (nebst dem genial-rauchigen Interlude, und dem absolut megagenialen Memoir Woman) eine faire Chance zu geben.
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Olli9 vor 9 Jahren 19 13
10
Duft
Dampfwalze mit Sex-Appeal: Love it or leave it.
Völlig überschätzter Opa-Duft, der nach nassem Teebeutel in Aschenbecher schmeckt: So oder so ähnlich habe ich mir meine Erstbegegnung mit Tom Fords Tobacco Vanille nach aufmerksamer Lektüre der unterschiedlichsten Foren vorgestellt.

Warum ich dem Duft überhaupt eine Chance geben wollte? Die sagenumwobene Sillage + Haltbarkeit sind für mich immer ein überzeugendes Lockargument. Meine Haut saugt gute Düfte nämlich auf wie ein Schwamm das Wasser: Nach kurzer Zeit ist da wirklich rein gar nichts mehr wahrnehmbar, da kann ich cremen und ölen wie ich will. Und - nein, kein Geruchsfatigue: Andere riechen da auch nichts mehr.

Unser erstes Kennenlernen hatten wir also letztes Jahr am Münchner Flughafen (wo die Private Linie übrigens wieder aus dem Programm geflogen ist, zumindest an den 1er-Terminals). Ja - schon in Ordnung. Geht so. Ab nach London und ... beim Rückflug nach zwei Tagen hatte ich den Ford immer noch am Ärmel kleben. Vanille, Honig & Tabak - ganz deutlich, dennoch harmonisch, und irgendwie verdammt sexy. Brachial und verführerisch zugleich. Geile Kombi, irgendwie - und schon habe ich am Flughafen London die 50ml Flasche eingepackt.

Die nächsten ein, zwei Wochen dann die Phase der kognitiven Dissonanz: Der Duft war wiederum OK, aber nicht der Burner. Fast hätte ich ihn aufgegeben, bis plötzlich irgendein unsichtbarer Schalter umgelegt wurde - und ich absolut süchtig war. Und bin. Und mir beim nächsten Londonaufenthalt unter Garantie gleich den 250ml Flask mitnehmen würde, da TV für mich so ziemlich zum ersten Mal im Leben sowas wie einen persönlichen Signature Scent darstellt.

Kurzum: Ich könnt mich reinlegen in das Zeug. Pure Erotik, lautstark und dennoch irgendwie distinguiert ... Ein Duft der Gegensätze, Ying Yang, harmonisch, chaotisch. Wie, bitteschön, soll ich das beschreiben - eine Dampfwalze in Strapsen?

Dem Tobacco Vanille sollte man eine ernsthafte Chance geben - und nicht nur einmal hinriechen. Das Alt-Herren-Image wird ihm zu Unrecht angedichtet - der funktioniert völlig problemlos auch für Jungs und Mädels Mitte 20.

Wobei - für manch einen wird's auch Liebe auf den ersten Blick sein. Vor ein paar Wochen war ich London am Flughafen im Duty Free Bereich und wollte einen anderen Ford ausprobieren, als ich den Sales Pitch der dortigen Verkäuferin mitbekam, die ein deutsches Ehepaar gut eindecken wollte. Ich habe mir das Drama fünf Minuten lang angeschaut und mich dann etwas unhöflich mit dem Tipp eingemischt, sie sollen doch mal den Tobacco Vanille probieren, weil der wär "supergut". Meint der Herr: "Supergut?" - ich "Ja, supergut." Er roch, meinte strahlend "Der ist ja wirklich supergut!" und hat sich gleich zwei Flaschen (zusätzlich zu den anderen Düften) davon einpacken lassen - eine für ihn, eine für seinen Sohn. Wer hat, der hat, dachte ich da noch bei mir ...

Ich bin froh, dass ich den Tobacco Vanille entdeckt habe - er macht mich wirklich glücklich und ich freue mich teilweise schon beim Aufstehen, wenn ich ihn nach dem Duschen endlich auftragen kann. Einfach ganz, ganz großes Kino für meine Nase ...
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