Parfumfusel

Parfumfusel

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6 - 9 von 9
Parfumfusel vor 7 Jahren 7
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Bergurlaub in den 70ern
Absinth. Dieses Getränk begegnete mir in den frühen 70ern als Bub, als es hierzulande an sich noch illegal war. Nun kannte fast jeder jemanden, der den Wermuth-Schnaps selber brannte. Und der mit meinen Eltern gut befreundete Polizeichef brachte schon mal selber eine konfiszierte Flasche zur Einladung mit. Mein Vater trank es ausschliesslich sonntags zum Apéro im Ferienhaus am Waldesrand in den Bergen. Durch Hinzugiessen mit Eiswasser bildete sich im Glas diese grün-weissliche , undurchsichtige "Gletschermilch" - eben wie das eiskalte Wasser, welches sich direkt aus den Gletscherquellen in die Gebirgsbäche ergiesst, wild und ungestüm, bevor es - viel, viel weiter unten im Tal - allmählich ruhiger und transparenter wird. Vom Duft dieser grünen Fee blieb mir vor allem der süsslich-würzige Anisgeruch in Erinnerung - trinken durfte ich sie ja nicht, nur die Zungenspitze benetzen!

Nasomattos "Absinth" erinnert mich nun weniger an das gleichnahmige Getränk, sehr wohl aber an Kraut, Holz, Wald, Berge und Wildbach an einem heissen Sommer- oder warmen Herbsttag. Es ist ein warmer und doch erfrischender, würziger, belebender Duft.

Meiner Meinung nach ein aromatisiertes Fougère. Ich glaube in der Kopf- und Herznote viel Ähnlichkeiten mit Azzaro pour Homme (EDT) zu erkennen: Dieser Duft aus den 70ern soll ja auch Anis beinhalten - was ja Absinth (das Getränk) charakterisiert - welches ich in Nasomattos "Absinth" indes nicht isoliert rauszuriechen vermag. "Absinth" empfinde ich jedoch als schwerer, süsser und wärmer, Azzaro als erfrischender.

Auch für mich einer der zugänglicheren und besseren Nasomattos, charakterlich alltagstauglicher und deutlich näher bei Pardon als bei Black Afgano oder Duro.
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Parfumfusel vor 8 Jahren 7 4
10
Flakon
9
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Bazooka Joe is back!
"Die Niedere Scheinbeere wird selten als bodendeckende, fruchtzierende Zierpflanze in Moorbeeten genutzt. In Nordamerika findet sie als Tee-Pflanze Verwendung.
Aus den Blättern kann das sogenannte Wintergrün Öl gewonnen werden.
Das Aroma dieses Öls wird in Nordamerika vielfach verwendet: Kaugummis, Süßigkeiten, Zahnpasta..." (Wikipedia)

Bazooka - der Kaugummi meiner Kindheit! Seit Jahrzehnten nie mehr gesehen und von mir völlig in Vergessenheit geraten, sah ich diesen rosa Super-Blasen-Bubblegum sogleich wieder vor mir, als ich Blamage auf meinem Handrücken roch!! Der Kaugummi war jeweils einzeln in ein rot/blau/weisses Papier mit dem "Bazooka" Schriftzug eingewickelt, auf dessen Innenseite eine Bildergeschichte mit Bazooka-Joe, dem Jungen mit der Augenklappe, zu lesen war. Und aromatisiert war er eben mit Wintergrün Öl (das wusste ich als Bub natürlich noch nicht).

Fruchtig und rosafarben geht es also bei Blamage zu und her, zumindest in der Kopf- und Herznote. Dann rieche ich auch etwas wie Lederschuh-Imprägnierspray.

Irgendwann platzt dann die rosa Bubble-Gum-Blase und Bazooka Joe verduftet.

Danach bleiben schon eher holzige Aromen übrig, vielleicht werde ich hier jedoch durch den sehr originellen Flakon beeinflusst, welcher ja sowohl durch den weissen Birkenholz-Deckel, wie auch den Glasflakon im Holzfaser-Look diese Duftkomponenten suggeriert.

(Meine Frau wiederum riecht nach ihrer Auffassung moderige und morbide Kellergerüche, und das Einholen ihrer Zweitmeinung gestaltete sich als frustran, da sie den Duft nicht länger als eine halbe Sekunde zu riechen imstande war - so sehr missfiel ihr der Geruch. Sie sei hier indes entschuldigt - ist sie doch etwas jünger als ich und kann somit keine Assoziationen mit Kaugummis aus den frühen 80ern haben.)

Ich selber empfinde Blamage als recht frisch, fruchtig und angenehm, wenn auch sehr feminin.
Durch meine Assoziation mit Bazooka sehe ich ihn nun aber auch als Zeitreisender aus den 80ern: farbig und schrill. Allenfalls werde ich ihn mal auf einer Sommer-Party tragen (dann aber natürlich mit Kaugummi im Mund, Sony Walkman und Cindy Laupers "Girls just wanna have fun" in den Ohren).
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Parfumfusel vor 8 Jahren 7 1
6
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Eine gar nicht mal so schlechte Notlösung
Da offenbar noch niemand das innige Bedürfnis verspürt hat, hierzu einen Kommentar zu schreiben, verfasse ich dann passend zum Namen des Duftes den bis anhin einzigen Kommentar: L'Unico.

Der Kauf dieses Duftes war eigentlich eine Notlösung:
Als wir diesen August für unseren Sommerurlaub zum lauschiges Häuschen am See gefahren sind, glaubte ich beim Kofferpacken, an alles Lebenswichtige gedacht zu haben. Nach der Ankunft musste ich jedoch feststellen, dass ich kein einziges Parfum mitgenommen hatte. Deswegen den ganzen Weg zurück nach Hause zu fahren, wurde vom Familienrat abgelehnt. Nun gut, ein guter Grund, einen neuen Duft kaufen zu "müssen"!

Nun gab es weit und breit keine Parfümere-Abteilung, jedoch nur 2 km entfernt einen Aldi, wo wir uns gleich am ersten Tag mit Lebensmitteln eindeckten. Und da wurden, irgendwo zwischen den Nudeln und Spirituosen, die Körperpflegeprodukte angepriesen. Die Auswahl war begrenzt, und ich sprühte mir, in einem unbeobachteten Moment, verholen L'Unico aufs Handgelenk. Zugegebenermassen musste ich feststellen, dass es sich schon mal keineswegs um einen schlechten Duft handelt. "Also benutz doch jetzt im Urlaub lieber gar nichts als dieses Zeugs!", war der Kommentar meiner Frau, "Du wirst jetzt doch nicht in allem Ernst von hier ein Parfum kaufen wollen!" Dies bekräftigte mich natürlich im Kaufentscheid und ich habe L' Unico zum Urlaubs-Duft erkoren.

Nun ist dieser eher süsse Duft evt. nicht der idealste Sommerduft für einen heissen Tag - eher sehe ich ihn für den Herbst. Am Anfang recht zitrisch (Mandarine?), bleibt nach 1-2 Stunden meines Erachtens eine warme, holzige Vanille übrig. Die Sillage ist ok, keine Duft-Bombe. Die Haltbarkeit ist gut - besser als gewisse Produkte renommierterer Häuser wie z.B. das "edlere" Allure Homme von Chanel (die beiden Mainstream-Düfte haben wenig gemeinsam, ausser dass ich qualitativ keine relevanten Unterschiede erkenne, und das noblere auf meiner Haut nach 5 h fast nicht mehr wahrnehmbar ist!).

Sicher haben wir es mit einem eher eindimensionalen allerwelts Duft zu tun, und als den verwegenen, gegen den Strom schwimmenden Rebellen präsentiert man sich damit sicherlich nicht, aber im Blindtest schneidet es in der Nase meiner Frau oft nicht schlechter ab als manch ein um ein Vielfaches teureres Wässerchen der Mainstream-Pallette.

Somit ein durchaus tragbarer Duft, und manchmal macht es halt auch einfach Spass, das 10 € Produkt dem 200 € Konkurrenten aus der eigenen Sammlung an gewissen Tagen vorzuziehen - im Sinne einer existentiellen Chancengleichheit. Und hey - immerhin hat er mich davon bewahrt, 2 Wochen lang unparfumiert zu leben!
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Parfumfusel vor 8 Jahren 35 12
10
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ein jeder Engel ist schrecklich
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.
(Rainer Maria Rilke, aus: Duineser Elegien)

Baraonda - der Engel, den ich nicht ertrage. Er ist wunderschön, doch droht er mich zu zerstören. Noch nie hat ein Duft bei mir eine solch beunruhigende körperliche Präsenz entwickelt:

Und so hat es sich ( wirklich!) zugetragen: Nach Einteffen des Paketes (Blindkauf) habe ich mir gestern, spätabends voller Erwartung einen Sprühstoss ans Handgelenk gesprüht. Ja, den von meinen Vorrednern erwähnte Whysky-Duft konnte ich ganz klar erkennen, und auch die intensive fruchtige Note. Mmhh - fein - und zufrieden schlief ich ein. Um 1 Uhr morgens wurde ich dann von einer süss-fruchtigen Duftwolke geweckt, und da stand Baraonda vor mir, in voller Pracht! Ich konnte, obwohl sehr müde, ganze 3 Stunden den Schlaf nicht mehr finden, denn irgendwie beschlich mich eine innere Unruhe, und immer wieder dieser intensive Duft. Fiebriges Herumwälzen zwischen Schlaf und Wachzustand. Am Morgen stand ich dann mehr gerädert als erholt auf. Trotz einer warmen Dusche und 2 Sprühstössen Hermes Voyage erschien aber während des gesamtem Arbeitstages immer wieder, ohne Vorwarnung, Baraonda vor mir, und jedes Mal stieg in mir synchron die Assoziation "fein" und eine nur Bruchteile von Sekunden andauernde Nausea (nicht Brechreiz) auf. Ich konnte seine beunruhigende Präsenz, trotz seiner Schönheit, kaum ertragen! Und jetzt, fast 24h später, halte ich den schönen Flakon in der Hand, wage aber nicht mehr, ihn zu öffnen - zu gross ist der Respekt, den zu mächtigen Geist aus der Flasche wieder zu entfesseln. Dieser Whysky-Dämon - ich kann ihn durch den Flakon riechen!! Und fast befürchte ich, dass er, trotz einer weiteren Dusche und Wegsperren des Flakons im Schaft, mir heute Nacht wieder erscheint...
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