Perfumista

Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen. Man muss schon Lakritz lieben, um diesen Duft willkommen zu heißen. Da ich das aber beides tue, ist er einer meiner Favorits für die kalte Jahreszeit. Ich kann mich noch gut dran erinnern, wann und bei welcher Gelegenheit ich ihn zum ersten Mal trug. Es muss kurz vor oder nach Weihnachten 2011 gewesen sein und ich drehte meine Runden auf der Eislaufbahn, in eine rosa Daunenjacke und in eine Wolke von Loverdose gehüllt. Mein Liebster, der keine Lust auf Schlittschuhlaufen hatte, stand an der Bande an der Schneebar, schaute mir beim Laufen zu und trank einen Glühwein. Dieses Bild ist für mich für alle Zeiten verbunden mit Loverdose.

Es gibt Düfte, von denen weiß man bei der ersten Begegnung: Das isser! So erging es mir mit Golden Light Wood. Obwohl eigentlich ein Blindkauf - da er mir zu einem solch sensationellen Preis angeboten wurde, bei dem wohl jede(r) schwach geworden wäre - haben mich seine Ingredienzien auf Anhieb angesprochen. Papier ist bekanntlich geduldig und manche Duftbeschreibungen grenzen bisweilen an Schönfärberei, aber Golden Light Wood hält, was er verspricht. Er ist so unglaublich weiblich, weich und "rund", aber nicht schwer und süß (dafür sorgt schon die Zeder), sondern auf eine wunderbare Art und Weise balsamisch. Für mich ist er D E R Sommerduft. Dabei assoziiere ich ihn jedoch nicht mit dem Meer (dafür fehlen ihm die aquatischen und salzigen Komponenten), sondern mit einem Nachmittag im Freibad. Für mich duftet er nach Sonnenmilch auf warmer Haut. Und zudem auch noch nach der Sonnenmilch aus Kindertagen. Einfach herrlich!

Ecotic Green gehört zu den wenigen Blindkäufen, bei dem ich aufgrund des verlockenden Preises einfach nicht widerstehen konnte. Ich habe den Duft vor wenigen Tagen im Duty Free Shop des Mailänder Flughafens erworben und da es keinen Tester gab, wusste ich nicht, worauf ich mich einlassen würde. Und dieses Wagnis bezog sich nicht allein auf den Duft - auch wie der Flakon aussehen würde, blieb bis zum Öffnen zu Hause eine Überraschung. Da ich "Diva" von Ungaro kannte und den Duft immer genial fand, ließ ich mich gerne auf dieses Wagnis ein.

Der Duft kommt sehr frisch daher und wird seinem Namen allemal gerecht. Was ich jedoch ein wenig vermisse, ist seine Haltbarkeit. Von Moschus, Patchouli (für mich überhaupt nicht wahrnehmbar), Sandelholz und Zeder in der Basisnote hätte ich mehr erwartet. Dennoch bereue ich den Kauf nicht, denn wenn ich den Duft trage, fühle ich mich automatisch zurückversetzt in die Wartelounge-Atmosphäre des Flughafens von Mailand: das geschäftige Treiben der Mitreisenden, das Vorbeieilen gut gekleideter Menschen, die geradewegs einem Film von Visconti oder einem Werbespot von Armani entsprungen sein könnten. Und die Fensterscheiben geben den Blick frei auf das Rollfeld, wo die Maschinen unter italienischer Sonne bei einem schon fast unverschämt azurblauen Himmel starten und landen.

No.2 der Artcollection by Jacomo wird wie folgt beschrieben: "Intimer Dialog eines Duftes und eines Künstlers". Und auf der Innenseite der Probe kann man lesen, dass der Duft u.a. Gummi, Leder und Modellierpaste - also Knete - enthält. Wenn man diese Ingredienzien erschnuppert, hat dies also nichts mit einer persönlichen Wahrnehmung zu tun, sondern ist durchaus beabsichtigt. Die schwedische Designerin und Modezeichnerin Cecilia Carlstedt, die den Duft zusammen mit Jacomo entwickelt hat, arbeitet mit so namhaften Häusern wie La Perla, Swarovski, Victoria Secret, Elle und Vogue zusammen. Sie hat offensichtlich versucht, mit dieser eigenwilligen und etwas skurril anmutenden Kombination der Inhaltsstoffe ihre Skizzen und Collagen in einem Duft auszudrücken.

Ein feiner, leichter Sommerduft, der keinem "weh" tut. Wer sich ihn aber zulegt, um einen Rosenduft zu besitzen, ist besser beraten, zu "Everose" von Jil Sander oder "Pure Rose" von Donna Karan zu greifen. Die geben beide in Punkto Rose erheblich mehr her.