Pipilotta

Mittlerweile beschleicht mich der leise Verdacht, dass meine olfaktorischen Vorlieben doch etwas absonderlich geraten sind, zumindest wenn man den Mainstream-Abgleich bemüht. Dieser hier fällt als würzig-süßer Gourmand mit Charakter wieder typischerweise in mein Beuteschema. Glücklicherweise fühle ich mich hier in der Parfumo Selbsthilfecommunity unter Gleichgesinnten verstanden.

Aber nun zum eigentlichen Thema: By the Fireplace fängt für mich sehr authentisch und fast schon gespenstisch greifbar die Atmosphäre einer lagerfeuerromantischen Szenerie ein: Stockbrot, Marshmellows, Wärme des Feuers, glimmende Holzscheite, Funkenflug, umgebende Dunkelheit und Waldkulisse, Gitarrenklang, Stimmengewirr. Eine Nähe zu Weihnachtsmarktgerüchen und dem Weihnachtsabend Zuhause ist ebenfalls vorhanden. Die rauchige Note erinnert mich zudem an den Geruch meines Katers wenn er von seinen herbst-winterlichen Dachspaziergängen nach Hause kommt und den Geruch von Kaminofenrauch in seinem Fell trägt.

Nelke, Orangenblüte und Pfeffer nehme ich nicht als einzelne Duftkomponenten, sondern vielmehr als würzig-warmen Dufteindruck wahr. Die rauchig-holzigen Noten sowie die balsamisch-vanillige Basis ergänzen diesen perfekt und erzeugen eine traumhaft schöne Kuschelduftaura. Er bringt eine ordentliche Süße mit, mir ist das manchmal fast schon etwas zu viel. Dafür bleibt er hautnah und hält sich bei mir mindestens 6 Stunden auf der Haut, auf Kleidung auch länger. Für das Büro oder bei wärmeren Temperaturen empfinde ich ihn als ungeeignet. Als Herbst- und Winterduft macht er jedoch eine äußerst gute Figur, so dass ich ihn in den passenden Momenten sehr gerne trage - als Einschlafduft kann ich ihn im Übrigen auch empfehlen.

Die zu riechende Hirtenidylle fand ihren Weg über eine AzD-Probe zu mir. Nach dem ersten Aufsprühen - es war Liebe auf den ersten Sniff - fühlte ich mich in eine Landschaft mit saftig-grünen hügelig-sanften Kräuterwiesen gebeamt. Lavendel, Wacholder und pudrige Iris muten sehr natürlich an, harmonieren äußerst gut miteinander und verleihen dem Duft für mich einen absoluten Wohlfühlcharakter, in den ich mich gerne einhülle. Leder konnte ich bisher nicht wahrnehmen, aber vielleicht ist mein Riechkolben dafür noch nicht ausreichend trainiert. Ist mir im Grunde genommen aber auch einerlei, denn Bucoliques de Provence ist mein allerliebster universeller Allerbesterfreund-Immergeherduft. Er hat Persönlichkeit, ohne allzu wuchtig zu sein, drängt sich nicht auf, nervt nicht, ist aber dennoch präsent. Ich trage ihn auf der Arbeit, Zuhause und bisher auch zu allen Jahreszeiten. Die Haltbarkeit ist mit 6-8 Stunden sehr ordentlich, an meiner Kleidung nehme ich ihn durchaus auch länger wahr. Flakon und Umverpackung sind sehr wertig und ansprechend gearbeitet. Kurzum: die inneren und äußeren Werte überzeugen mich - wenn ich könnte würde ich ihn heiraten.

Das Motiv Feigenbaum ist in Philosykos sehr überzeugend umgesetzt, ich nehme eine schlichte, authentische fruchtig-holzige Cremigkeit wahr, in die ich mich an Sommertagen gerne kleide und die bei mir auch sehr haltbar, dabei aber trotzdem nicht übermäßig raumfüllend, ist. Insbesondere bei heißen Temperaturen, an denen mir viele andere Düfte mitunter zu laut und anstrengend sind, schätze ich den olfaktorischen Minimalismus des Feigenfreunds und trage ihn sehr gerne.
Das Design des Flakons ist dabei sehr schlicht gehalten und gefällt mir ausgesprochen gut.

Philosykos ist, neben meinem Herzensmensch, der ideale Begleiter in meinen zahlreichen Griechenland-Urlauben, wenn sonnenmüde nach einem ausgiebigen Tag am Meer abends die Dorftaverne lockt und bei beginnendem Sonnenuntergang auf dem Weg dorthin im Olivenhain die Grillen ihr allabendliches Konzert anstimmen.

Trotz seiner Qualitäten empfinde ich Philosykos jedoch als sehr linear. Ihm fehlt es an Tiefe und Charakter (z.B. durch einen interessanten Twist im Duftverlauf), um mich wirklich nachhaltig zu flashen. Dauerhaft einziehen wird er daher wohl eher nicht.