RaoulDuke

Chanel Düfte sind ja immer so eine Sache... Sie schreien meist nicht laut, fallen selten auf oder tanzen gar aus der Reihe. Meist bringen sie eine gewisse kühle Aura, von vielen auch als Chanel-DNA bezeichnet, mit sich. Modern? Weniger! Klassich? Schon eher! Zeitlos? Ja zeitlos, das wäre ein passendes Adjektiv für viele Chanel Düfte. Ganz besonders passt dies aber für die Herrendüfte des Modehauses.

Seinem Namensvetter Égoïste, macht der Platinum Égoïste wenig nach, wenn nicht sogar gar nichts. War dieser noch eher würzig und heute vielleicht etwas altbacken (man munkelt, dass die grauen Haarkonturen ein MUSS für das Tragen des Originals sind), so macht die Platinum-Version da einiges anders. Hier würde mir das Prädikat zeitlos auf jeden Fall einfallen, denn der Duft hat sicherlich auch in den 90er Jahren an der Männerhaut schon frisch, grün, aber dennoch edel gerochen. Keinerlei Süße, dafür leichte florale Grüne gemischt mit dem Barbershop/Aftershave Gefühl aus einem guten Herrensalon. Auch ein leichter metallischer Unterton, der in der Basis mitschwingt, bringt den des sauberen Rasiermessers deutlich hervor.

Der Duft schneidet, wie eben dieses Rasiermesser, durch jede Jahreszeit, da macht man weder bei Hitze, noch bei Kälte etwas falsch, ein Chanel-Allrounder eben. Und die drei eingangs erwähnten Adjektive meistert er auch mit Bravour: Modern? Check, immer noch! Klassisch? Absolut! Zeitlos? Wird er weiterhin bleiben!

Ein einzelner Kritikpunkt ist und bleibt auch hier wie bei vielen Chanel-Düften die Haltbarkeit bzw. Sillage. Ist Erstere in etwa 5-6 Stunden lang gegeben, so wird die Sillage dann doch eher von wenigen Menschen wahrgenommen. Aber was gibt ein Égoïste denn schon auf andere Menschen?

Ich beginne mal mit einer provokanten Aussage:
"Zeig mir einen Duft, der das Thema Sommer so gut einfängt wie der LV Afternoon Swim?"

Denn ich bin mittlerweile der Überzeugung, dass dies wirklich kein anderer Duft so gut kann. Was will man denn im Sommer, bei der schwülen Hitze? Sicherlich will ich keine Klostein-Zitrone um mich, sondern eben den frischen kühlen Cocktail mit Zitrus und Pepp. Genau das macht dieser Duft durch seine tolle Orange und die erstklassige Frische. Er wird aber dabei auch nie langweilig, wie der ein oder andere bekannte Designer und riecht dabei nicht im Ansatz künstlich. Mit leichter Süße macht er sich außerdem auch an Sommerabenden bemerkbar und kann wirklich trotz des Cologne-Stempels mit guter und angenehmer Haltbarkeit plus Sillage punkten.

Und am Ende wollen Menschen jedes Geschlechts in den Sommermonaten nur eins: Entspannen und die Seele baumeln lassen. Afternoon Swim ist genau das außerdem: Ein waschechter Wohlfühlduft.

Wer hier besonders komplexe Noten sucht, wird sie nicht finden, aber ich glaube auch nicht, dass der Otto-Normal-Duftjunkie im Sommer nach dem großen Abenteuer, statt nach dem Strandurlaub sucht. Insofern bleibt festzuhalten: Über Afternoon Swim geht im Sommer rein gar nichts!

Was habe ich diesen Duft verteufelt...

Im Zuge meiner Entdeckung der Louis Vuitton Düfte bin ich bereits zu Beginn, aufgrund der ansprechenden Noten, auf das sprichwörtliche Gewitterwölkchen Orage gestoßen. Herrlich anders, tolles Patchouli, dunkel, herb, aber mit einer Note nach frischem Sommerregen. Der wahrlich perfekte (etwas andere) Büroduft. Clean, aber doch besonders. Nicht aufdringlich, aber trotzdem ein Statement. Wenn, ja wenn da eben nicht die, anfänglich festgestellte, fürchterliche Haltbarkeit wäre. Der Duft hielt aus der offiziellen Probe unglaublicherweise keine zwei Stunden auf Haut und Klamotten! Meine bessere Hälfte hat den Duft auch nach mehrfachem Test keine Stunde an mir wahrgenommen. Was ein Jammer.

Fast ein Jahr habe ich dem Duft hinterhergeweint! Er hatte mir sogar so gut gefallen, dass ich mir nochmal eine Abfüllung besorgt habe. Ich bin eben nicht der every day freshie Fan. Dumm wie ich manchmal bin hat mich der Gedanke an den Duft nicht losgelassen, sodass ich nun vor ein paar Wochen mir den Duft dann doch im Flakon zugelegt habe. "Auch wenn ich ihn dann nur für mich trage und er schnell verflogen ist!" muss mein Gedankengang gewesen sein.

Nun aber die große Überraschung: Der Duft hält auf einmal an mir. 6 Stunden leicht. Was mir fürs Büro vollkommen ausreicht! Aus dem Flakon gesprüht, scheint der Duft vollkommen anders zu wirken/ sich zu verteilen, es ist ein Traum!

So wurde am Ende aus dem wirklich vollkommen irrationalen Kauf des Dufts der nicht hält, ein kleines Happy End für das Gewitterwölkchen!

Xerjoff Homme, ein Name mit Programm!
So ist die italienische Duftmanufaktur ja doch dafür bekannt keine klassischen Parfum Namen wie "Homme" zu vergeben und sich eher einzigartigen Namen wie Pikovaya Dama einfallen zu lassen. Also warum dann hier der klassische Name "Homme"?

Für mich ist dieser Duft der Inbegriff des maskulinen Mannes: The Appearance of Power!
Er öffnet zitrisch, aber eher sauer und kratzig als abgerundet spritzig. Bewegt sich danach in Richtung eines in Seife getauchten Leders (Shoutout an den Oudisten), welches sich durch kräftige Hölzer windet.

Beim ersten Riechen hat dies alles für mich unharmonisch und fast schon provokant gewirkt. Unpassend, kantig und hart. Gefallen hat mir zuerst nur, was dieser Duft an Attitude mit sich bringt...
nämlich die im Titel erwähnte IDGAF-Mentalität.

Es muss dem Riechenden nicht in den Kram passen, dass hier das Unharmonische vorherrscht, der Träger bestimmt den Duft. Der Träger strahlt damit Selbstbewusstsein aus, wer hier sprichwörtlich bremst, der verliert gegen Xerjoff Homme.

Für mich ist der Duft gekommen um zu bleiben und mittlerweile mein Signature für Büro und Alltag. Und auch die Duftpyramide weiß mir mittlerweile zu gefallen, weil gerade die nicht vorhandene Harmonie der Duftnoten, eine tolle Synergie des männlichen Selbstbildes widerspiegeln...

Die Kanten die der Duft zeigt, gibt dem Mann Kanten, der ihn trägt. Der Duft gibt Selbstbewusstsein, der Duft braucht Selbstbewusstsein! Mit Überzeugung trägt sich dieser Duft wie von selbst!

Das alles hier muss niemand verstehen, aber mir ist es wichtig diesem Statement-Duft eine Rezension zu widmen.

Xerjoff Homme, Ellenbogen raus!

Ich habe diese Rezension schon drei Mal angefangen zu schreiben und sie auch genauso oft schon wieder verworfen. Ich habe versucht diesem Duft ein Gedicht zu widmen, Medien mit einfließen zu lassen, die das Gefühl des Duftes vermitteln können... Nichts wird dem gerecht, was ich sagen will...

Wenig kann beschreiben was dieser Duft ausdrückt. Ist es eher die anmutige Duftwolke, die man den gesamten Tag mit sich zieht, oder die tatsächlich ausgesprochenen Komplimente die man dafür erhalten hat, welche man erwähnen sollte?

Ist es die dominante, wenn auch nicht orientalische Rose, die einen ganzen Raum einnimmt, oder doch eher der weiche "Nachgeschmack", der sich tagelang noch auf Jacken und Sweatern hält, was Erwähnung finden sollte?

All das und nichts davon machen diesen Duft besonders empfehlenswert. Denn Portrait Of A Lady, macht eben aus dem jungen Mädchen, eine Dame, aus dem jugendlichen Buben, einen Mann. Dieser Duft lässt Menschen altern, aber auf eine positive Art und Weise: Er verhilft dazu, Dinge gelassen und rational zu betrachten, schenkt Selbstvertrauen und bringt Sicherheit. Der Duft zeichnet eben keine Zeichnung auf Papier mit Bleistift und Radiergummi, sondern malt ein opulentes Ölgemälde.

Sollte dies alles unverständlich klingen oder wirken, entschuldige ich mich dafür, dennoch war es mir wichtiger mich überhaupt zu diesem Duft zu äußern, als zu schweigen, so verwirrend dies auch klingen mag.

Portrait Of A Lady - Das Abbild des erwachsenen Ichs!