Ripieno

Oudh-Öl kann sehr verschieden duften; das hängt außer von der Herkunft auch vom Alter ab: Ähnlich wie bei großen Bordeaux-Weinen dauert es ein paar Jahre, bis sich die optimale Qualität entwickelt hat.

Oudh duftet ledrig, und im Prinzip mag ich es. Verschiedenheiten kommen in Nebennoten zum Ausdrück: Mal medizinisch, mal ätherisch, mal nach irgendwelchen organischen Lösemitteln, oft nach Werkstatt. Am besten gefällt es mir, wenn es einfach nur intensiv nach Leder duftet.

Steam Aoud mag ich überhaupt nicht. Es läßt mich an Dampfmaschinen denken. Ob man die, statt mit Koks, wohl mit Schweröl beheizt hat? Das wären dann aber Schiffs-Diesel. Leder ist auch dabei, das sind anscheinend die Transmissionsriemen. "Modern Times" kommt in den Sinn, mit Charly Chaplin. Lustig ist das nicht.

Bei Montale werde ich von Mal zu Mal skeptischer. Dieses hier wirkt auf mich wie ein Brechmittel.

Trotzdem ein ganz herzliches Dankeschön an die liebe Lila!

Jaisalmer ist gleich zu Beginn ein wunderbarer, überzeugender Weihrauchduft, angenehm frei von jeder Süße, wenn auch mit einer für mich ungewohnten Einfärbung und einer leichten Schärfe. Die Frische eines Timbuktu von L'Artisan Parfumeur entwickelt er jedoch nicht; zum Glück hat er auch nicht die etwas stechenden Aldehyde eines Cardinal von Heeley, die mir leider Kopfschmerzen bereiteten.

Er ändert seinen Charakter jedoch schnell und wird dabei bitter. Diese Herbheit kommt mir merkwürdig vor: Es ist weder die von Myrrhe wie beispielsweise bei Frankincense & Myrrh von Czech & Speake, noch die waldig-grüne des Cardinal. Eher erinnert es ein wenig an den grauen Rauch des Greyland von Montale, ohne jedoch ins Verbrannte abzugleiten. Ein trauriger Weihrauch.

Mehr noch stört mich ein animalischer Akzent. Hier wäre weniger mehr gewesen. Jaisalmer ist handwerklich sehr gut gemacht. Leider aber nicht das, was mir gefallen würde.

Weihrauch muß man natürlich mögen, sonst wird das nix mit der guten Laune. Das Hochgefühl, das sich bei mir einstellt, wenn ich Cashmere Men genieße, geht ein wenig über das Gefühl des rundum Zufriedenseins hinaus, das ich bei manchen anderen meiner Lieblingsdüfte empfinde. Und das liegt vor allem an der ambratischen Note, die sich im Drydown einstellt und nach abendlichem Auftragen noch am nächsten Tag erkennbar ist. Sie hält eine sehr angenehme Balance zwischen Holzigkeit und Samtigkeit. Die Vielfalt der Untertöne eines echten Ambergris gehen ihr zwar ab, sie verbindet sich jedoch sehr harmonisch mit der Weihrauchnote und wird nur ganz langsam stärker, ohne jene ganz zu verdecken.

Bin ich ein Moschusliebhaber? Das wird sich erst noch herausstellen müssen. Auf jeden Fall mag ich Orientalisches, auch wenn ich von Lagerfeld ebenso wie von dem schweren und voluminösen Antaeus schon lange Jahre abgekommen bin. Was liegt da näher, als Les Orientales von Annick Goutal auszuprobieren.

Heute ist Musc Nomade dran; NEC hat mich gerade scharf darauf gemacht. Und dann der Schock: Himbeeren! Genauer: Himbeerbrausepulver. So ekelhaft, daß mir schwindlig wird. Säße ich nicht bereits, jetzt bräuchte ich was zum hinsetzen. Nein, einen zweiten Versuch würde ich nicht überleben.

Mein erster Gedanke, sobald das Gehirn wieder in Gang kommt: Eine Verwechslung beim Abfüllen? Sehr unwahrscheinlich. Die Duftpyramide nennt weißen Moschus; das kann nun wirklich alles mögliche sein, denn "weißer Moschus" (white musk) ist bei den Amis der Oberbegriff für sämtliche künstlichen Moschusriechstoffe. Dann ein Blick ins Netz: Ambrettolid, ein fruchtig duftender Moschus-Riechstoff, das könnte es sein. IFF schreibt von "red fruit sweetness", also dem süßen Duft roter Früchte. Passt.

Jetzt wird mich NEC fragen: In welchen Schoß ich meine Hand gerade vergraben hätte? - Klar, auch das Handgelenk. Manchmal geht das. - Ob sich noch Himbärmarmelade auf meiner Oberlippe befinde? - Ja bin ich denn der Breitmaulfrosch? - Oder ob ich in Gedanken bei Signora Cheffe gewesen sei? - Nö, das letztere kann ich gelassen dementieren. Und ich rieche keine Marmelade, sondern Brausepulver. Das Tütchen für fünf Pfennige, soviel kostete es in meiner Kindheit. Ich bevorzugte Waldmeister; mit Himbeerbrausepulver kann man mich besser vertreiben als Läuse mit Läusepulver.

Ich bin also wieder um eine Erfahrung reicher. Eine nützliche noch dazu, denn das Ambrettolid kann ich sofort von meiner Beschaffungsliste streichen. Trotzdem brauche ich jetzt eine duftende Erholung, und dank Perle (und Marie Salamagne) wird es auch diesmal wieder Mandarine-Basilic sein. In Zukunft aber werde ich dem NECschen Beispiel folgen und mir eine Frau suchen, deren bloße Anwesenheit meine Hautchemie verzaubert. Dann klappt's auch mit Kamelpi*;-)

Den Namen Greyland finde ich sehr treffend: Für mich dominiert hier Rauch, schmutziger, grauer Rauch. Aber nicht angenehm wie guter Weihrauch, sondern irgendwie verbrannt. Und das war's dann auch schon, denn eine Entwicklung konnte ich nicht erschnuppern.

Ich kann diesem Duft nichts abgewinnen; er ist mir zu grau und vor allem zu schmutzig.