Rutil

Rutil

Rezensionen
Filtern & sortieren
6 - 10 von 31
Rutil vor 5 Jahren 8 4
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Irisierend anschmiegsam
Viel kann ich nicht zu diesem, leider eingestellten, Parfumgesellen schreiben… so belasse ich es bei ein paar wohlwollenden Zeilen.
Immer wenn die Temperaturen sinken, zieht dieser Flakon meine Hand in seine Richtung. Am irisierenden Äußeren liegt es wahrlich nicht; der Füllstand lässt sich schwer abschätzen, die Flasche ist etwas klobig geraten und vermag Staub anzuziehen. Die inneren Werte sprechen jedoch für sich.
Im Auftakt vermögen Orangenblüte und Jasmin mit einem blumigen, fast staubigen Schwall die Aufmerksamkeit erregen, jedoch hüllt der Moschus sogleich alles ein. Süßlich verwebend nimmt er Kopf- und Herznoten in eine sanfte Mangel und bleibt konstant bestehen. Er ist jedoch nicht aufdringlich, sondern bleibt zahm und zart, quasi anschmiegsam pudrig. Die Basis ist hingegen fast schweigsam und filigran; bestenfalls ist eine minimale Note von vanillegetränkten Hölzern im Abschluss zu vernehmen.
For Her Muss Collection ist wie ein weiches Bett aus Moschus und in eben jenem Bett liegen die einzelnen Noten und umarmen sich - zur Unzeit fester, manches Mal temporär distanzierter zueinander. Stringent und äußerst schmeichelhaft, allerdings mit bescheidener Haltbarkeit.
4 Antworten
Rutil vor 5 Jahren 2
1
Flakon
6
Sillage
5
Haltbarkeit
1
Duft
Schießbudenromanze
Eddy hatte es nicht leicht. Tagtäglich hockte er im Gruselkabinett als Skelett verkleidet und erschreckte die Kundschaft für ein paar Scheinchen. Er war melancholisch dieser Tage. Seine herzgeliebte heiße Blondine hatte ihm dem Laufpass gegeben. Sie liebte nun den jungen Spund vom Autoscooter gegenüber. Wenn der Abend kam und der Rummelplatz sich in die grellsten Leuchtfarben des Universums kleidete, fand Eddy Ablenkung. Er ging dann vollständig in seiner Tätigkeit auf.
Trotz allem grübelte Eddy, konnte er es sich doch nicht so recht klar machen, was sie an diesem Autoscooter-Fuzzi fand. Als er so in seinem Kostüm vor sich hin sinnierte und die letzten Wochen reflektierte, dämmerte es ihm, die ganze Chose musste etwas mit seinem Valentinstagspräsent zu tun haben. Es war Hearts & Daggers von Ed Hardy. Er hatte es in der Schießbude schräg gegenüber selbst geschossen und seiner Herzdame voller Stolz überreicht und damit nahm das Unglück seinen Lauf ...

Der Hersteller hat sich keinen Totenkopf dabei abgebrochen, dieses Parfum nicht mehr zu produzieren. Die Kuh musste gemolken werden und das wurde sie bis zum letzten Tropfen. Eben jener Tropfen ist es nun, der stellvertretend für die kleine Serie von Ed Hardy Parfums steht. Der Flakon gelang vor einigen Jahren zufällig in meine Hand und ich sprühte mit gewissem Abstand, fast schon in leichtem Unwohlsein abgekehrt, einen Hauch auf mein Handgelenk.
Die Basisnote wird fast vollständig erstickt in einem Konglomerat aus Apfel, Mango und Blutorangen. Das Veilchenblatt schreit leise im Hintergrund und der Jasmin hockt vollkommen verschreckt in der hintersten Ecke. Synthetisch und süß dampft es hier aus jeder Pore, da findet der Aufdruck „Love kills slowly“ glatt eine neue Bestimmung.
Der Flakon ist so überaus unansehnlich, dass das Parfum gleich in der hintersten Ecke des Schrankes verschwand und das Schicksal hieß hier unausweichlich Verkauf auf der allseits bekannten Auktionsplattform ...sogar mit Gewinn. Tragisch!
0 Antworten
Rutil vor 5 Jahren 15 3
9
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
6
Duft
Milchzähnchenrechnung
Es gibt Türklinken welche eine Geschichte zu erzählen haben; oftmals war dabei ein Faden im Spiel. Und wiederum gibt es banale Begebenheiten mit einem Pausenbrot, welches jener Tage nicht nur zur liebevollen Befüllung meines noch jungen Magens diente - nein, diesem Pausenbrot wurde eine besondere Rolle zuteil. Es durfte Bühne sein, Bühne für meinen vorderen Schneidezahn. Diese Begebenheit war durchaus abstoßend für mich, rechnete ich doch keinesfalls damit und so lag der Milchzahn feist und weiß schimmernd auf dem Brote nach dem ersten Bissen. Jedoch hatte die ganze Sache natürlich auch einen Vorteil; ich konnte mich auf ein Tauschgeschäft mit der Zahnmaus einlassen…
Generell scheinen Zahnmäuse nicht wählerisch zu sein, selbst plombierte Milchzähne werden angenommen und über Nacht in ein kleines Präsent verwandelt. Als kleines Kind habe ich mich oft gefragt, was mit diesen ganzen Zähnen wohl geschehen mag… Werden daraus neue Zähne gemacht? Hat ein frustrierter Zahnarzt wohlmöglich eine skurrile Sammelleidenschaft? Baut sich die Zahnmaus einen Zahnpalast?

Dent de Lait - der olfaktorisch gewordene Milchzahn; ein Parfum welches gewissermaßen Erinnerungen wach werden lässt oder aufgrund des schon beim Lesen aufgeführten Blut-Akkordes leichten Ekel verursacht. Nun, so schlimm ist es durchaus nicht.
Der Auftakt ist, durch die verwendeten Aldehyde, durchaus metallisch und seifig und bleibt auch für eine gewisse Zeit bestehen. Kokosmilch und Mandel setzen eine süße und leicht sähmige Cremigkeit hinzu und schwächen den metallischen Eindruck ab. Der Blut-Akkord ist hauchzart und wird bestenfalls im Auftakt durch die Aldehyde in seiner metallischen Form wahrnehmbar. Die Haltbarkeit ist erstaunlich ausdauernd; die Sillage ist schon bei einem Sprüher recht raumfüllend und hält sich dementsprechend.
Generell bewegt sich das Parfum in eine zahme, unspektakuläre Richtung ohne viel Verlauf und so mag der Name "Dent de Lait" zwar Assoziationen wecken, bleibt jedoch im Endeffekt eine Variation der altbekannten Nivea Creme mit klinisch versüßtem Unterton.
3 Antworten
Rutil vor 6 Jahren 9 2
8
Flakon
4
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
Frottierte Diskretion
Winde peitschen durch die frische Wäsche im Garten. Man hört die Laken flattern. Ein weiß gefliestes Bad. Reiner Dampf quillt aus der Dusche empor. Hartes Baumwollfrottee trocknet den Körper. Ein sauberes T-Shirt legt sich über die Schultern. Das Fenster wird geöffnet. Die Kühle tritt in den Raum. Kondenswasser perlt hinab. Ein Tag beginnt…
Man darf nicht allzu viel erwarten, denn Cotton ist recht simpel gestrickt. Im Auftakt ist der Duft frisch, fast schon aquatisch und relativ maskulin. Bergamotte und Mandarine sind, im Gegensatz zu Orange und Pfirsich, gut erkennbar und leicht herb jedoch keineswegs penetrant zitrisch. Der Lavendel ist fast durchgängig zu vernehmen und setzt der Komposition einen sanften würzigen Charakter hinzu. Jasmin, Maiglöckchen und Baumwolle sind recht flach, kaum merklich und generell ist die Baumwolle bestenfalls im synthetischen Sinne zu begreifen, allenfalls kann man sie kaum bestimmen. Sandelholz und weiße Hölzer stabilisieren ohne starr und kantig zu wirken, Moschus und Wildleder halten sich gepflegt im Hintergrund und so gestaltet sich der langsame Abgang holzig, weich und hautnah. Das Zusammenspiel aller Noten ist durchaus stimmig, denn der Vorstellung von Baumwolle mögen sie im Dufteindruck durchaus gerecht werden. Die Haltbarkeit ist moderat, jedoch im Gegensatz zu Rain und Cucumber wesentlich schlechter; die Sillage ist milde.

Cotton ist kein Überflieger, kein lauter Geselle...eher ein Parfum für leise Tage, Tage ohne Aufsehen, langweilige Tage. Funktionale Zurückhaltung im Flakon. Schlicht, weiß, sauber und frottiert.
2 Antworten
Rutil vor 6 Jahren 12 3
8
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Immer der Gurke nach
Als Schlangengurke hat man es nicht einfach. Wenn man schief und krumm ist wird man rigoros aussortiert. Sollte dem nicht so sein, bekommt man zu allem Überdruss einen Plastikschlauch übergestülpt und landet mit einer Vielzahl anderer Gurken in einem Karton im Supermarkt. Dort fristet man sein Dasein solange im simplen Neonlicht bis man mitgenommen, ausgepackt und zerteilt wird. Die biologisch angebaute Gurke hat da schon einen kleinen Vorteil. Sie kann wachsen wie sie will und mittlerweile, je nach Verkaufsplattform, darf sie FKK zelebrieren. Kurz ist zwar beider Gurken Existenz, aber die Möglichkeit in ein Parfum zu gelangen mag schon reizvoll erscheinen. Man wird zwar geschält und zerhackt, hat aber die Chance etwas länger in geruchlicher Form zu überdauern und auch Abwechslung würde sich einstellen, trifft man doch auf Gefährten denen man sonst im Leben niemals begegnet wäre. Im Ganzen ergibt sich also durchaus eine Win-win-Situation für die gute alte Schlangengurke.

Erfrischend kühl und grün ist der Auftakt. In Kombination mit den übrigen Kopfnoten von Bambus und Lotusblatt entsteht ein stimmiges Bild. Es verhält sich jedoch nicht so als würde man sich in einer Schüssel Gurkensalat befinden, das wäre vielleicht etwas zu profan. Im Verlauf rückt das Maiglöckchen blumig und süßlich in den Vordergrund und das ist irgendwie eigenartig interessant, sodann man dem Geruch des Glöckchens nicht abgeneigt ist. Freesie und Lindenblüte bleiben eher zart und zurückhaltend im Hintergrund. In dieser ganzen Kumulation der Noten bleibt die Gurke grundsätzlich der Hauptakteur und verströmt seinen frisch-grünen Charakter bis in den Abgang. Moschus und Hölzer ergeben zwar eine stützende Basis, sind aber selbst nicht großartig präsent. Die Haltbarkeit ist überraschend gut; die Sillage recht zahm.
Im Fazit ist Cucumber eine saubere und frische Angelegenheit mit sanft aquatischem Charakter. Schlicht und unkompliziert. Gurkig gut.
3 Antworten
6 - 10 von 31