Seamera

Der Titel trifft es leider recht gut. Der Hype um diesen Release ging hier wohl an niemandem vorbei, und als erklärte Gourmandbegeisterte musste ich ihn unbedingt testen. Die anderen Düfte des Hauses kenne ich fast alle und wusste daher: Die können was.
Tja nun. Ich bin sicher, dass der Duft vielen gefällt, dass er nicht an vielen Stellen anecken wird.
Warum? Weil leider nichts spannendes zu finden ist. Im Großen und Ganzen bleibt am Ende des Tages eine relativ plumpe, eindimensionale Praline übrig. Kein netter Twist, keine Unvorhersehbarkeit, kein kleines Augenzwinkern. Da hätte ich wirklich mehr erwartet- Gourmands können so schön komplex sein, mit Tiefe aufwarten. Dieser tut das leider nicht. Ich kriege, was drauf steht. Zum Gähnen langweilig und massiv wie eine Wand, da der Duft mit der Marly- typischen Haltbarkeit und Sillage aufwartet.
Und noch ein Wort zum Flakon? Ebenso langweilig, einfach die anderen kopiert und ne neue Farbe ran. Eine furchtbare Farbe, die mich doch an gewisse andere Dinge erinnert, die ich eigentlich nicht mit einem Parfum assoziieren will. Für mich vollkommen überbewertet und garantiert kein Nachkauf- Kandidat. Schade, ich hatte mich auf einen schicken Gourmand gefreut.

Das ist Accento, mein kleiner Kobold. Er ist 80cm hoch, etwas beleibt und kommt in einem quietschgelben Anzug daher, der ein bißchen an einen Kanarienvogel erinnert. Er hat rosige Wangen und grinst stets wie ein Honigkuchenpferd übers ganze sommersprossige Gesicht. Er läuft nicht, sondern er hüpft beständig. Und wenn er mal für einen Moment stillstehen muss, trippelt er ungeduldig auf dem Boden herum wie ein Rennpferd.

Leise sein liegt ihm nicht. Er singt fröhlich vor sich hin, zeigt alle Emotionen deutlich und macht nie einen Hehl daraus, was er ist. Dabei bringt er die Unschuld eines Kindes mit, das sein Ding durchzieht, ohne sich um andere zu kümmern: Dabei bleibt er aber immer nett und offen. Und wie auch ein Kind hat er die Fähigkeit, dich intensiv anzustarren sodass du dich auf dem Präsentierteller fühlst. Wenn du mit Accento an der Hand einen Raum betrittst, fällst du auf. Natürlich, wer würde sich auch nicht nach einem quietschgelben hüpfenden Kobold umschauen? Und dann lächelst du. Du lächelst aufgrund seiner entwaffnenden Ehrlichkeit und Frische, seiner fröhlichen Wuseligkeit. Wenn du nicht der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sein willst, lässt du ihn besser zu Hause. Doch hüte dich: Er kann auch eifersüchtig sein. Wenn du ihn loswerden willst, musst du ihn schon unsanft wegstoßen, denn es kann durchaus sein, dass er, wenn ein anderer weniger präsenter Duft am Ende des Tages verflogen ist doch wieder hinter der Ecke hervorspringt a la "ich bin übrigens auch noch da!" und dich mit Blüten bewirft. Nachts und wenn du innehältst zeigt er dann seine weiche Seite. Dann kuschelt er sich an dich, malt dir Buchstaben auf den Rücken und flüstert dir Mut zu. Dann ist er ein echter Freund.
Am nächsten Morgen dann, wenn du die Augen öffnest, liegt er schon neben dir und strahlt dich an. Was wollt ihr heute unternehmen? Bungeespringen? Einen Regentanz in Unterwäsche um ein Feuer? Kreidezeichnungen in der Fußgängerzone? Wildfremde Menschen umarmen? Kinder glücklich machen? Karneval in den Straßen Rio de Janeiros? Stets sieht er eine Fülle von Möglichkeiten und Unsinn, nur eines entspricht ihm überhaupt nicht: Langeweile und Stillstand.
Accento will sich bewegen und aktiv sein. Und er will gesehen werden.

Also, wenn du Freiheit und unendliche Möglichkeiten liebst, wenn du tanzen und springen willst, dann nimm Accento mit. Wenn du lieber unauffällig und elegant oder edel wirken möchtest, tu euch beiden einen Gefallen und lass ihn jemand anderen begleiten.