Sharka

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Rezensionen
Sharka vor 6 Jahren 18 5
Gibt es eine Katzen-DNA in der Parfumkunst?
Heute habe ich meine „Lune Féline“-Probe hervorgeholt, um mir den grauen Arbeitstag mit etlichen arbeitsintensiven Dateien auf dem PC ein wenig zu versüßen. Als Katzenfan musste ich sie haben, so wie ich auch „The Bewitching Yasmine“ von Penhaligon’s ursprünglich näher in Augenschein wegen des zauberhaften Katzenflakons nahm, um dann festzustellen, dass auch der Duft mir wirklich gefällt.

„Lune Féline“ mag ich ebenfalls auf Anhieb. Bereits beim Erschnuppern der Kopfnote komme ich allerdings ins Grübeln. Das kennst Du doch irgendwie, das duftet doch ganz ähnlich wie ...? Ja genau, da sind starke Anklänge an die betörende Yasmine aus dem britschen Traditionshaus. Ein Blick auf die Ingredienzen bestätigt, was meine Nase mir schon mitteilte: Beide Parfums enthalten Kardamom in der Kopfnote, doch wo „Yasmine“ durch den Kaffee eifrig die Krallen wetzt, bleibt „Lune Féline“ dank Zimt anschmiegsam und süß. Den rosa Pfeffer erahne ich nur beim körpernahen Schnuppern.

Im weiteren Verlauf stellt sich klar heraus, dass wir es hier mit zwei sehr unterschiedlichen Katzencharakteren zu tun haben: „Lune Féline“ entwickelt sich zu einer etwas behäbigen, aber bildschönen Perserkatze mit der toll ausbalancierten Herznote, in der vor allem Styrax und edle Hölzer ruhige Bodenständigkeit vermitteln. „The Bewitching Yasmine“ dagegen ist eine auf Krawall gebürstete Orientalin, die lieber durch die Gegend fetzt und ihre Krallen schon mal in die eine oder andere Nase haut. Mit Jasmin kann frau/man(n) eben oder nicht!

In der Basis kommen dann beide Katzentiere zur Ruhe: Vanille sorgt für dieses heimelige Gefühl, und während bei „Lune Féline“ selbst der animalische Moschus dezent bleibt, muss „Yasmine“ noch mal ein Statement abgeben, bevor sie schlafen geht, was Katzen ja bekanntlich – pardon! – manchmal durch Urinmarkieren tun. Ja, auch Oud ist Geschmackssache, und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.

Mir gefallen beide Düfte. Aber ich rätsle immer noch über der Frage, ob es eine Katzen-DNA in der Parfumkunst gibt ...
5 Antworten
Der Stein, der keiner ist und das Parfum, das mehr ist als ein Parfum
Lange habe ich mit einem Kommentar gewartet, den mein absoluter Lieblingsduft natürlich längst verdient hat. „Encens Divin“ begleitet mich nämlich schon seit dem Herbst 2018 – „Schuld“ ist der nette Verkäufer eines Duty Free Shops auf dem Flughafen London Heathrow, der meine Duftvorlieben gut einordnen konnte und mich mit einem Sprüher des goldfarbenen Elixirs derart beglückte, dass ich während des knapp anderthalbstündigen Flugs nach Hamburg nicht von meiner Armbeuge lassen konnte. Der distinguierte Brite neben mir ignorierte mich geflissentlich, bis sein Handy während einer Turbulenz unter dem Sitz verschwand. Ich half ihm bei der Suche, indem ich meins als Taschenlampe verwendete. Kopfunter trafen sich unsere Blicke und ihn wohl eine Welle von „Encens Divin“. Prompt entfuhr ihm ein: „Oh, it DOES smell good!“ Auch das Handy fand sich eine Reihe hinter uns wieder an.

Aber nun zum Duft: Die pfefferige Kopfnote ist erstaunlich weich, fast mit Anklängen von Honig und eingebettet in den bereits aufsteigenden Weihrauch, der auch im weiteren Verlauf alle anderen Noten mit trägt, sie einhüllt, verbindet und verfeinert.

Wäre „Encens Divin“ ein Edelstein, wäre es ein Bernstein – ein prachtvoller, großer, hochglanzpolierter Bernstein mit Facetten von dunklem Orange-Braun bis hin zu strahlendem Gold, in dem in der Zeit gefangene, filigrane Insekten tanzen. Seine Tiefe und lang anhaltende Duftentwicklung sind wie das Spiel von Licht und Schatten, die einen immer neue Details im Inneren dieses Steins entdecken lassen, der ja keiner ist. Wie das teilweise Millionen Jahre alte Baumharz, so weckt für mich auch „Encens Divin“ dank Weihrauch und Amber Assoziationen mit der Vor- und Frühgeschichte, einer Zeit weit vor unserer Zeit.

Der Duft entführt mich nach Mesopotamien zu den ersten Hochkulturen, in Städte wie Ur und Akkad. Hier weht ein warmer Wind um die Zikkurate, aber nicht nur die Menschen, auch die Götter bekriegen sich und müssen immer wieder mit Duftgaben beschwichtigt werden. Weise Herrscher wie Hammurabi und Gilgamesh sorgen dafür, dass diese Regeln strikt eingehalten werden, und so ist der Weihrauch noch abends, lange nachdem die Sonne hinter den Horizont gefallen ist, in den warmen Steinen zu riechen und in der lauen, staubigen Luft zu schmecken. Das ist der göttliche Weihrauch!

Die Assoziation mit „Akkad“ von Lubin kommt übrigens keinesfalls von ungefähr, sind diese Düfte doch Seelenverwandte. Beide evozieren eine Tiefe und Schönheit, wie es nur wenige Duftkompositionen schaffen. Beide geizen nicht mit einer Fülle an Zutaten aus dem Nahen Osten, wobei das Rosenabsolue und die balsamische Zedernnoten von „Encens Divin“ den Duft für mich noch schöner und tiefer machen als den von „Akkad“.

Wer „Akkad“ liebt, könnte „Encens Divin“ eventuell verfallen. Ich bin es jedenfalls mit Haut & Haar und freue mich, diesen uralten, wunderbar strahlend hell-dunklen Duft in den kühleren Monaten wieder tragen zu können.

2 Antworten
In einem englischen Hafen im späten 19. Jahrhundert ...
Nachdem ich die Penhaligon’s-Düfte gerade für mich entdeckt habe, insbesondere die „Portraits“-Reihe, musste ich natürlich auch diesen Herrenduft testen.

Im Proberöhrchen dümpelt eine Flüssigkeit von der Farbe kalt gepressten Olivenöls. Nach dem Auftragen ist ganz kurz etwas Undefinierbares, Alkoholisches wahrnehmbar, das sich aber bereits nach wenigen Sekunden von meiner Haut verabschiedet.

Jetzt wird es spannend: nach einigen Minuten rieche ich Teer und Tauwerk in der beißenden Sonne eines Hafens der viktorianischen Zeit. Vor meinem inneren Auge erscheinen von Meer und Wind gezeichnete Fregatten, die träge an ihren Anlegeplätzen dümpeln. Nur Möwengeschrei, leise knarrende Takelage und gluckerndes Wasser sind vernehmbar. Ansonsten ist es vollkommen still – die für britische Verhältnisse viel zu heiße Sonne hat alle Aktivitäten zum Erliegen gebracht.

Nanu, Lord George, Sie hier? Was der vornehm gekleidete, etwas blasse Kerl mit dem hohen Zylinder hier wohl will? Ein wichtiges Geschäft besiegeln? Gar ein Schiff kaufen oder Waren aus Indien begutachten, die er vor über einem Jahr geordert hat? Er hat ein halb volles Glas dabei, aus dem er immer wieder nervös eine rotgoldene Flüssigkeit nippt. Ts-ts-ts! Das ist aber nicht gerade die feine englische Art, Alkohol to go...

Was immer der sichtlich agitierte Lord vorhat – er muss sich offenkundig erst eine halbe Stunde Mut antrinken, bevor er mitsamt seinem hochprozentigen Getränk zwischen einem Stapel Säcke entschwindet, die dem Geruch von Teer und erhitzten Holzplanken noch eine leichte Pfeffernote hinzufügen. Oder ist es das Aftershave des Lords, das in der Hitze etwas penetranter ausfällt als sonst?

Sehr mysteriös! – und ein interessanter, nicht alltäglicher Duft, den ich mir gut an einem Mann vorstellen kann, der ebenso „sophisticated“ wie bodenständig ist. Tragen werde ich ihn selbst nicht, da er mir zu maskulin ist, aber ich weiß bereits, wem ich das Proberöhrchen vermache: meinem guten Freund J., der nicht nur der viktorianischen Zeit sehr zugetan ist, sondern auch als Matrose auf der Fregatte „Shtandart“ Gibraltar umsegelte. Kein anderer wird ihn so sehr zu schätzen wissen.
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