Sisyphos

Sisyphos

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141 - 143 von 143
Sisyphos vor 12 Jahren 12 3
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Dschungelbuch-Konfitüre
Original Santal von Creed, Molinard Homme II, Joop! Homme und Individual von Mont Blanc (kenne ich nicht) werden ja gerne miteinander verglichen. Es gibt Leute, die empfinden Original Santal und Joop! Homme beispielsweise in der Basis als nahezu identisch. Die Ähnlichkeiten sind nun mal nicht von der Hand zu weisen. Ich denke aber, dass die drei erstgenannten Düfte alle einen eigenen Charakter aufweisen, der sich vielleicht nicht direkt auf den ersten Blick erschließt. Ist Molinard Homme II in erster Linie ein subtiler und leicht floraler Honigduft, Joop! Homme ein knalliges Kirsch-Vanille-Bonbon, so empfinde ich OS als den Duft, der am deutlichsten und schönsten eine reife Beerenfrucht mit orientalischer Würze und Sandelholz verbindet. Das ist die große Stärke dieses Parfums, und in dieser Hinsicht ist OS für mich punktgenau und präzise.

OS ist ein Eau de Parfum im oberen Preissegment. Der Duft ist intensiv, aber auf eine andere Art und Weise als Joop! Homme, nämlich weniger grell und mit einer natürlicheren Projektion. Die Sillage ist auch bei OS sehr gut, wie auch Haftfestig- sowie Haltbarkeit. Die Süße ist meines Erachtens bei OS besser eingebunden als bei Joop! Homme, der Vanilleton in der Basis wirkt weniger aufgesetzt. Als kräftiger, süßlich-aromatischer Orientale erinnert mich der Duft stilistisch immer eher an einen drahtigen, durchtrainierten Outdoor-Sportler (obwohl es sich hier gewiss nicht um einen Sport-Duft handelt), während ich bei Joop! Homme letztlich an einen 19-Jährigen auf der Hantelbank mit Ed-Hardy-Cap denken muss. Dabei lehne ich Joop! Homme nicht grundsätzlich ab, ich denke lediglich, es ist der schwächste der drei erstgenannten Düfte (hinsichtlich Qualität, nicht hinsichtlich Sillage und Haltbarkeit).

OS ist primär ein Abend- und Winterparfum, aber aufgrund seine tiefen Frucht in meinen Augen durchaus auch zu anderen Tages- und Jahreszeiten denkbar. Der Duft zeigt sich vielschichtig, erinnert an Waldfrucht-Konfitüre, Gewürz- und Kräuterstand sowie edle Hölzer. Überhaupt, das Sandelholz in der Kopfnote verflüchtigt sich nicht so schnell, trägt den Duft schön mit in seiner Entwicklung. Die Orangennote in der Mitte ist zudem ausgesprochen schön integriert, hinzu kommen immer wieder die verschiedenen Gewürznoten. Dieser Duft ist exotisch. Seine Power wirkt auf mich dabei nie billig oder synthetisch.

Original Santal von Creed setzt einen anderen Akzent als verwandte Düfte, und das gelingt ihm sehr gekonnt. Innovativ ist er streng genommen nicht. Kurioserweise, und das ist für mich der zweite wesentliche Kritikpunkt, wirkt OS auf seine Art durchaus auch ein wenig streng und vielleicht eine Spur zu straff. Ein kleines bisschen mehr (erträgliche) Leichtigkeit des Seins hätte ihn für mich persönlich noch spannender gemacht.
3 Antworten
Sisyphos vor 12 Jahren 9 6
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Kirmes
Es gibt wohl kaum ein Herrenparfum, an dem sich derart die Geister scheiden. Ohne Frage, es gibt Herrendüfte, die stilistisch eine vergleichbare Richtung einschlagen (z. B. 1 Million, Joop! Homme, Le Male). Ich habe eine emotionale Schwäche für diesen Duft, und er funktioniert heute bei mir ein bisschen wie die erste gekaufte Single.

Es gab Zeiten, da habe ich A*Men "eiskalt" im Hochsommer getragen. Gut, man wird älter. "Zuckerwatte", sagte einmal ein Kommilitone zu mir, als wir in seinem alten Ford Fiesta saßen, und ich glaube, A*Men (großzügig aufgetragen, was soll der Geiz?) hat damals sein L´Eau d´Issey (Issey Miyake) einfach dazu bewogen, Harakiri zu begehen. Ich möchte mich ausdrücklich an dieser Stelle dafür entschuldigen!

Das Spannende an diesem Duft ist zu Beginn ganz klar die Pfefferminznote. Die süße Schwere ist jedoch stets präsent in der Duftentfaltung, wenn auch eine gewisse Würze streckenweise versucht, gegenzusteuern. Das Zedernholz trägt zügig in die Basis, wo wir nicht nur Kaffee finden, sondern den gesamten Nürnberger Christkindlesmarkt und ein wenig später die Düsseldorfer Rheinkirmes: Vanille, Karamell, Marzipan, gebrannte Mandeln, Kokos und die eingangs erwähnte Zuckerwatte. Altbier habe ich allerdings nicht identifizieren können. Was aber wirklich darüber hinaus hinzukommt, ist eine gewisse Petrol-Note. Ich empfinde sie als spannend und habe nicht das Gefühl, im Maschinenraum von Das Boot zu stehen. Sillage sowie Haltbarkeit sind herausragend und auf Eau-de-Parfum-Niveau. Der Metall-Flakon ist beeindruckend. Klar, das alles ist Gourmand pur.

Vielleicht sollte man A*Men nicht allzu ernst nehmen, wenn man sich ihm nähern möchte. Die Kritik an dem Duft kann ich nachvollziehen, ich verwende ihn heute selten und vorsichtig dosiert. Dennoch kann ich A*Men nicht böse sein und verzeihe ihm fast alles, wie der der Vater dem Sohn, der einfach nicht erwachsen werden will.
6 Antworten
Sisyphos vor 12 Jahren 16 10
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Ein Colt für alle Fälle
Mein erster Beitrag versucht sich einem Duft zu nähern, der für viele ein Klassiker ist, den ich persönlich jedoch erst vor Kurzem so richtig für mich entdeckt habe. Vielleicht liegt das am Alter, und man beginnt diesen Duft erst zu schätzen, wenn man die 30 überschritten hat. Zino von Davidoff startet mit gewaltiger Durchschlagskraft. Die Bergamotte-Note ist zwar wuchtig, verbindet dabei aber für meinen Geschmack vorbildlich Zitrus- und Orangenaromen. Der Duft nach Rosenblüten und Rosenholz – überhaupt Rose, das Thema des Parfums – tritt rasch hinzu und kennzeichnet den Duft, der von einer ordentlichen Portion Patchouli und Sandelholz in der Basis bestimmt wird. Die Rosenwasser-Assoziation mag nicht jedermanns Sache sein, ich finde sie sehr stimmig. Ein markanter, maskuliner Herrenduft, dabei würzig, warm und zugleich mit einer gewissen Vitalität.

Die Aura ist stark, die Sillage also sehr gut. Die Duftentwicklung zeigt sich harmonisch und ausbalanciert. Was die Haftfestigkeit/Haltbarkeit betrifft, bin ich persönlich fast ein wenig enttäuscht. Meines Erachtens baut das Eau de Toilette letztlich schneller ab als manche meinen. Nach etwa zwei Stunden ist bei mir die weiche und angenehme Basis erreicht. Den ganzen Tag hält Zino nicht durch. Es gibt Eau de Toilettes, die sind in meinen Augen stärkere Langstreckenläufer (z. B. Dior Homme oder A*Men). Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wir bewegen uns in Sachen Haftfestigkeit immer noch im guten Bereich – das Ganze ist also Jammern auf hohem Niveau. Möglicherweise liegt das aber auch schlicht an meiner Hautbeschaffenheit. Man liest zudem ja immer wieder, dass auch dieser Duft des Öfteren reformuliert wurde. Ich kann mir gut vorstellen, dass man ihm über die Jahre gehörig die Flügel gestutzt hat.

Zino kommt dennoch auch heute noch ein wenig altmodisch daher. In einer von Sports- und Adventure-Düften geprägten Mainstream-Parfum-Welt wirkt er wie ein erwachsener Mann oder ein etwas älterer Herr mit leicht grau meliertem Haar, der es einfach nicht nötig hat, sich zu seinem jüngeren, auf gesunde Ernährung, ausreichend Sport und penible Brusthaarbeseitigung bedachten Cousin Cool Water zu gesellen. Wer in Jahreszeiten denkt, findet hier einen wunderschönen und preisgünstigen Herbstduft. Ein kleiner Anachronismus, der gerne mal ganz unten im Parfumregal steht. Etwas für Nostalgiker, doch nichts für ewig Gestrige oder romantische Spinner. Dabei ist Zino kein lauter Duft, der nach Action oder Extravaganz schreit. Er ist einfach präsent und souverän.

Der Flakon ist keine Schönheit, passt aber irgendwie – die 80er-Jahre sind unverkennbar. Jedoch eher im Sinne von Ein Colt für alle Fälle als American Psycho. Nein, das ist kein Yuppie-Duft für Patrick Bateman. Dieses Parfum passt eher zu Colt Seavers, wenn er am Ende des Tages und nach getaner Arbeit lässig mit Zigarre zwischen den Zähnen aus der Badewanne steigt.
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