TheScent

Ich kann mir selten den Luxus erlauben auf den Markt zu gehen. Wenn sich jedoch die Möglichkeit bietet, dann nur in aller Frühe und NUR mit diesem Duft.

Concentré d'Orange Verte ist wie ein köstlich herber Aperitif.

Er macht Lust auf knackiges Grün, auf saftiges und die Farben welche auf einem guten Markt mir nur so in die Augen springen. Beschwingt, voller Tatendrang und gehüllt in diesen doch eher maskulinen Aufguss der Orange ist es ein Erlebnis von Stand zu Stand zu schlendern und die besten Zutaten für ein Dinner mit guten Freunden zu ergattern. Solche Tage sind bei mir nicht hektisch aber doch betriebsam, so dass der Duft sich mit der Körperwärme entwickeln kann. Die grüne Orange tut dies zuverlässig und in erstaunlichem Einklang. Selbst beim Blumenstand wirke ich in dieser Begleitung nicht deplatziert. Wenn ich dann ab Mittag in der Küche stehe und Allerlei putze, schneide, hacke und mit einander vermische, ist dieser Duft durchaus noch präsent aber lenkt mich in keiner Weise von den Aromen, die gerade in den Töpfen entstehen, ab.
Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, die Tafel ist gedeckt und nur noch eine Stunde bis die Gäste kommen. ......und jetzt meldet es sich....dieses herb-frische langsam zwar durch ein Zedernzweig gestreichelte Aroma, das so gar nicht zu einem ausgelassenen Essen mit guten Freunden passen will......und ich gehe duschen!

Hmmmmm, die Italiener finden Etro ja ganz chic. Ich konnte dieser ganzen Assemblage von "Basis-Noten-Parfums" nie so wirklich etwas abgewinnen. Bei Lemon Sorbet musste ich an Barbie & Ken denken; Sandalo könnte sehr schön einen Platz im Regal neben den Mottenkugeln finden und bei Musk musste ich aussteigen. Ich hab Jahre lang einen weiten Bogen um diese Fläschchen gemacht -bis ich die Mitternachtsmesse unter die Nase bekam. Zugegeben, Etro bleibt seiner Sache treu - Weihrauch wohin man auch schnuppert. Aber dieser Weihrauch kommt nicht harzig-warm sondern ...FEUCHT! daher ....und diese merkwürdige Feuchte die diesen Duft durchzieht macht ihn durchaus interessant. Er erinnert an ein feucht aufgewischtes Florentiner Gotteshaus (San Miniato al Monte würde sich hier anbieten). Morbide, verschroben mit wirkliche fast lächerlichen frischen Akkorde hüpft dieser Geist aus der Flasche. Und verhält sich auf der Haut wie die Seele nach der Beichte, angenehm leicht mit dem etwas bitteren Nachgeschmack. Absolut fehl am Platz im Winter, viel zu ernüchternd für den Sommer und im Herbst nur für Liebhaber von Tarnkappen zu empfehlen, bleibt nur noch der Frühling.
Für leicht dem Zynismus anhängenden Zeitgenossen, die auch noch ein Auge für Selbstironie offen haben, ist dieser Duft ein ganz wunderbares Spiel mit allem was heilig ist (oder sein sollte).
Menschen die Gefallen daran finden zu Ostern die Eier in munterem SCHWARZ zu färben finden Messe de Minuit ihren Frühlingsduft schlecht hin!

Jetzt brauch ich nur noch schwarze Eierfarbe!

Wer im Frühling am frühen Morgen einmal durch die korsische Macchia gestreift ist wird in Maestrale ein Déjà-vu finden. Ein unglaublich komplexer Duft, der die meisten klassischen Duftrichtungen elegant streift ohne an ihnen hängen zu bleiben. Die Frische zu Beginn wirkt warm und natürlich ohne auch nur einen Gedanken an ein Zitrusduft zu verschwenden. Er lässt die reife Würze von harzigen Kräutern des Südens erahnen jedoch ohne jegliche Schwere. Grüne Elemente die an frischen Koriander oder auch wildem Dill erinnern durchflechten dieses Duftkunstwerk. Langsam verdunstenden Morgentau auf mediterran Holz gibt eine interessante Aqua-Note.

Maestrale ist wie ein Spiel aus Vorahnung und Versprechen.

Wie gemacht für einen eleganten Frühlingsduft der auch den Sommer noch überlebt.

Bei mir überlebt er schon seit einigen Jahren und jedes Frühjahr entdecke ich ihn neu.