Undine

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6 - 10 von 30
Undine vor 12 Jahren 2
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
An der Hotelbar mit den Schönen und den Reichen
Als Souk-Zugabe (danke an eine liebe Parfuma!) ist ein Mini dieses Duftes zu mir gekommen. Keine Ahnung, wie alt dieses EdT ist. Auf jeden Fall wird die Flüssigkeit im Tropfenflakönchen dem Duftnamen gerecht: Ihre Farbe ist ein weiches Goldgelb.

Medusas Duftbeschreibung trifft's. Nur als kleine Ergänzung: In der Herznote könnte neben Rose und vor allem Tuberose – Letztere ist unüberriechbar! – auch ein Hauch Orchidee und/ oder Lilie und/ oder Jakaranda dabei sein; das füllige Blumenbouquet (mit etwas Würze dabei) hat für meine Nase einen deutlich tropisch-schwülen Touch. Und in der Basis dürfte neben Moschus und Sandelholz, die Medusa schon angesprochen hat, wohl auch Amber mitspielen.

Die Hotel-Geschichte kommt mir plausibel vor: Der Duft passt vorzüglich zum Publikum einer Nobelherberge. Er ist schwer, auffällig und recht laut, hat was von "Auftritt" und exaltierter Divenhaftigkeit, aber er ist nicht schrill; er ist sinnlich, aber auf eine nicht vulgäre, sondern edel-elegante Weise. Perfekt, um ihn den Schönen und den Reichen neben goldene Hotel-Wasserhähne zu stellen.

Von der Duftcharakteristik her hat "Golden Drop" mich ein wenig an das alte "Nu" von YSL erinnert (die Düfte, mit denen Medusa verglichen hat, kenne ich leider nicht). Allerdings etwas weniger geheimnisvoll, weniger intim – Bettgeschichten, wie sie einige "Nu"-Kommentatoren erzählt haben, fallen mir hier nicht ein, beim Goldtropfen macht mein Kopfkino an der Hotelbar Schluss ;-).

Absolut kein Duft für mich, deshalb fällt meine Bewertung nicht großartig aus. Wer diese Duftrichtung mag, wird aber gewiss eine höhere Punktzahl vergeben. Denn der Duft ist in sich stimmig, hochwertig und gut gemacht.

Der Mini hat seine Duftbildungs-Mission erfüllt, er zieht weiter...
2 Antworten
Undine vor 12 Jahren 6
10
Flakon
7.5
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10
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9
Duft
Die Dosis macht's: "Mein" Vetiverduft
Um an Profumo anzuknüpfen: "Vetiver-Skeptikerin" bin ich nicht, im Gegenteil; das Aroma des exotischen Grases mag ich sehr. Wenn ich ihm in Damenparfums begegne, denke ich oft bedauernd: Warum sind die Duftmacher bloß nicht großzügiger damit umgegangen?

Meine Versuche mit ausgeprägten Vetiverdüften waren aber sämtlich Fehlschläge. Von Guerlains Klassiker "Vetiver" über "Vetiver Extrème", Lubins "Vetiver – Itasca", Malles "Vetiver Extraordinaire" bis hin zu Chanels "Sycomore" (was habe ich vergessen?): Ich habe einiges gefunden, was ich sehr gern an (m)einem Mann rieche. Nur leider nichts für mich. (Mit "Sycomore" habe ich einen Kampf der dritten Art ausgefochten. Da als Damenduft ausgeflaggt, durfte er ohne Papier-Umweg auf den Arm – ein Fehler: Nach drei Stunden wehte es mir zwar grandios, jedoch erschröcklich muskulös entgegen, der Duft nervte, sollte von der Haut. Trotz Wasser, Seife, Bürste, Creme, Öl und sogar Bimsstein (!) habe ich den Fight verloren, ich hatte das kerlige Zeug bis zum nächsten Mittag (!!) am Leibe ;-))….)

Dann lernte ich "Vetyverio" von Diptyque kennen. Frauentauglich, keine Frage. Aber Eigenheiten des Duftgrases, die ich schätze, sind dort stark heruntergedimmt. Da ist nichts Erdiges, Eckiges, Kratzbürstiges, nur helles, frisches, freundliches Grün – das hat Charme, kommt für mich aber zu nett, zu glattgebügelt, zu eindimensional daher. "Mein" Vetiver ist es nicht.

Das ist "Vetiver pour Elle" geworden: dunkler, sperriger, komplexer.

Zunächst war da ein Pröbchen, nebenbei mitbestellt bei einem US-Decanter. Ohne große Erwartungen, schließlich hatte ich hier was von "Vetiver für Weicheier" ;-) gelesen. Der Inhalt der Phiole überraschte mich. Noch’n Test, noch einer: ja!!!

Beim Besuch in der Pariser Maison Guerlain kam ein Sprüher aufs Handgelenk. Durch den Laden streifen, anderes beriechen, gucken, ab und zu die Nase an den Arm halten – nach einer halben Stunde war ich reif für den Flakon. Denkste, ausverkauft, es gab nur noch Literflaschen. Nö. Doch beim Stadtbummel wurde der Duft auf dem Arm immer schöner, unwiderstehlich: Anderthalb Stunden später stand ich ein zweites Mal im Geschäft an den Champs Elysées und reservierte die Riesenbuddel ;-)…

Dass der Duft Vetiver im Namen trägt, scheint mir gerechtfertigt: Das Gras ist von Anfang bis Ende dabei. Zum Start legt es der Bergamotte-Frische Zügel an, dunkelt den Duft ab, gibt ihm angenehme Kanten. Und eine eigenwillige Rauheit. Nichts Kompakt-Kratziges, kein derbes Sackleinen, eher frisch aufgebürstes Mohairgestrick: ein bisschen widerspenstig, aber fluffig-leicht. In der Kopfnote – fein verwebt, das Maiglöckchen drängelt sich zum Glück nicht vor! – tritt Vetiver höflich einen Schritt zurück, übernimmt die Begleiterrolle fürs unsüße Blumenbouquet, dessen Komposition akzentuierend und steigernd. In der Basis gesellen sich Zweige zum Gras, holzige Noten treten hinzu, der Duft wird immer würziger, wärmer, dunkler, tiefer. Wobei zwei Leitmotive den gesamten Duftverlauf prägen: herbes, widerborstiges Vetiveraroma und grazile Luftigkeit – Gegensätze, raffiniert vereint. (Dass Jean-Paul Guerlain lange gebraucht hat, um dieses Balance-Kunststück hinzukriegen, wundert mich nicht ;-)…)

Alles in allem wirkt der Duft recht hell und leicht; nein, ein Fall für Hardcore-Vetiver-Fans ist er nicht. Aber denen ist er ja auch nicht zugedacht. Sondern eher Vetiver-Sympathisanten, denen das Gras pur "too much" ist – die Dosis macht's. Kraft und Ausdauer bringt der Duft trotz seiner Luftigkeit mit, er hat ordentliche Ausstrahlung und hält ewig.

Warum Guerlain die Produktion eingestellt hat, verstehe, wer kann. Ebenso rätselhaft die Preispolitik des Hauses: Warum "Vetiver pour Elle" doppelt so teuer verkauft wird wie der Herren-Klassiker, erschließt sich mir nicht. (Solche Rätsel gibt es freilich auch jenseits der Parfum-Welt, man schaue sich nur mal bei Friseuren um: Oft müssen Frauen fürs Haareschneiden doppelt so viel berappen wie Männer.) Ob der Duft besser ist als das männliche Pendant, diese Frage stellt sich mir nicht – ich finde ihn einfach gut. Sehr gut. Übrigens auch für Männer.
6 Antworten
Undine vor 12 Jahren 5
10
Flakon
7.5
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10
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10
Duft
Tema con variazioni
Wenn ein Musikstück die Bezeichnung "Tema con variazioni" trägt, versteht sich's, dass da nur ein Thema variiert wird. Wie ist das beim Lavendel, den Vero Kern in "Kiki" in den Mittelpunkt gestellt hat? Ist das EIN Thema? Oder sind's ZWEI?

Lavendel 1:
Juli/ August im Lubéron, violette Pflanzenreihen auf ockerfarbener Erde, hügelan, hügelab. Stille. Nur ein Trecker tuckert auf dem schmalen, kurvigen Sträßchen (Überholen unmöglich); der Anhänger – eine roh gezimmerte Bretterkonstruktion gibt ihm verwegene Höhe – ist bis oben beladen mit Lavendelbündeln. Ein, zwei davon fliegen den Nachfolgenden vor den Kühler, wann immer der Trecker durch Schlaglöcher rumpelt. Durch die offenen Autofenster wehen Gerüche herein, besonntes Kraut, Holz, trockene Erde, ferner Rauch. Und Blüten, stark, warm, frisch, mit einer Prise ockerfarbenen Staubs dabei. Der Trecker biegt ab, der Duft bleibt.

Lavendel 2:
Ein Konzern hat in der Großstadt eine neue Zentrale errichten lassen. Zeitgenössisch gestaltet, viel Glas, viel Stahl. Gleiche lichte Klarheit auf den Freiflächen drumrum: schnurgerade Lavendelreihen auf gekiestem Grund, Sattviolett-Grausilber zu Silbergrau, strenge Geometrie, rhythmisch akzentuiert durch hohe Gräser und schlanke Gehölzsäulen. (Das gibt's tatsächlich, im Net bin ich mal über Fotos der reizvollen Anlage gestolpert; leider finde ich die nicht wieder.)

Lavendel, das ist was Ländliches, sehr traditionell – die Spanne reicht vom Feld in der Provence über die Duftsäckchen im Wäscheschrank bis hin zur geläufigen Lavendel-Parfümerie.

Lavendel, das ist was Urbanes, sehr modern – (Landschafts-)Architekten haben in den vergangenen Jahren entdeckt, welches Gestaltungspotenzial in der robusten Pflanze steckt, und führen's nun allerorten vor, von repräsentativen Freiflächen über eigenwillige Dach- und Terrassengärten bis hin zu innerstädtischen Verkehrsinseln.

Gegensätze. Zwei Welten. Voneinander sternenfern.

Oder doch nicht?

Bei "Kiki" jedenfalls zitiert die Parfümeurin beide Aspekte herbei. Und lässt durch raffiniertes, schnelles Variieren mal den einen, mal den anderen Pol in den Vordergrund treten, plus x Nuancen dazwischen. Mit immer neuen Überraschungen. Verblüffend, wie harmonisch sich Lavendel- und Fruchtaromen verbinden, einander sogar steigern. Verblüffend, wie süße Beigaben dem Lavendel das Allzukrautige, Allzusaubere nehmen, seine Wärme und Sinnlichkeit an den Tag bringen und zugleich seine knochentrockene (!) Würze. Verblüffend auch, welche Ausdauer das sonst so flüchtige Lavendelaroma durchs Variieren gewinnt: "Kiki" hält locker einen ganzen Tag durch – von Anfang bis Ende ist Lavendel mit dabei. Und von Anfang bis Ende folgt der Duft konsequent dem Variationsprinzip.

Besonders rund und weich entfaltet sich das EdP auf frisch gecremter oder geölter Haut; auf sehr trockener Haut kann's etwas "stauben" ;-). Ganz kleine Portionen genügen (der Flakon erleichtert das, sein Sprühkopf dosiert sparsam und produziert sehr feinen Nebel), denn der Duft "tanzt" – sehr präsent, dabei grazil, leicht, flink beweglich. Das Extrait benimmt sich viel ruhiger, duftet dafür voller und tiefer; Geschmackssache, welche Version man wählt.

Mein Favorit ist das EdP: ein bisschen übermütig, ein bisschen frech ;-), ein bisschen elegant. Das passt für mich zur mediterranen Landpartie ebenso gut wie auf sonnenheißen Stadtasphalt – zwei Welten, die letztlich doch zusammmengehören.
5 Antworten
Undine vor 12 Jahren 11
7.5
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10
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10
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1
Duft
Der Stoff, aus dem die Thriller sind
Metro Goldwyn Mayer, so habe ich aus zuverlässiger Hollywood-Quelle gehört, plant einen neuen Film über Duft. Und rechnet fest damit, dass der ein Hit wird.

Die Handlung:
Zeit: Mai. Ort: Nahe beim fiktiven Uralt-AKW Behindthemoon. Viele Anrainer sind weggezogen, die Natur hat die Region zurückerobert. In dieser Wildnis unternehmen zwei Bio-Studenten eine Exkursion. Sie kehren nicht heim. Die Familie sorgt sich. Polizeitrupps gehen suchen – und kommen nicht wieder. Das halbe Dorf zieht los, auch Mama-Papa-Bello, Letzterer top bei der Fährtenarbeit; alle verschwinden spurlos.

Jetzt schlägt Omas und Opas Stunde. Sie riskieren eine Solo-Suchaktion. Nach zwei Stunden Wildnis-Durchstolpern fällt Opa wie vom Blitz getroffen um. Oma fühlt seinen Puls: Er ist quicklebendig, aber tief bewusstlos. Ratlos stolpert sie weiter. Und findet Sekunden später die anderen Vermissten am Boden liegend auf, ebenso betäubt, Mensch wie Tier. Sie sieht sich um: Was sie für dichten Wald gehalten hat, ist keiner. Es sind gigantische Stauden, in 30 Metern Höhe wiegen sich riesige weiße Blüten. Monster-Maiglöckchen – Oma versteht. Sie hat schweren Heuschnupfen, ist vorübergehend geruchsblind; diesem Leiden verdankt sie, dass sie nun als einzige noch bei Sinnen ist. Raus aus der Wildnis. Die Feuerwehr rückt unter schwerstem Atemschutz an, Rettungsaktion mit allem Pomp (dem Vernehmen nach lässt das Drehbuch nicht alle Narkotisierten überleben, wohl aber die beiden Studis).

Unsere Jungbiologen hatten schon was läuten hören von mutierten Monster-Maiglocken. Sie forschen weiter. Kommen einem vertuschten AKW-Störfall auf die Spur. Und einem mysteriösen Parfümeur, der von selbigem und den Folgen weiß. Ein paar Jahre lang ist er jeden Mai in der Gegend aufgetaucht. Ist vor Tau(er) und Tag, Sauerstoffflaschen im Rucksack, in die Wildnis gezogen, hat allabendlich einen Lkw mit Vakuumbehältnissen beladen; aber seit 2009 ward er nicht mehr gesehen. Die Studenten decken dunkle Geheimnisse der AKW-Fritzen und des Parfummanns auf: Konflikt, Gefahr, "thrill and suspense" plus Spezialeffekte satt. Oma mischt voll mit, ist sie doch immun gegen Duftattacken – aber wie lange? Heuschnupfen hört irgendwann wieder auf...

Die MGM-Bosse haben für die Rolle der investigativen Oma Jane Fonda engagiert, weiland Hauptdarstellerin in "Das China-Syndrom". Den Parfümeur soll Ben Whishaw spielen, der in "Das Parfüm" den Grenouille verkörperte. Gedreht wird im Mai 2013.
;-))

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Schon seit 2010 gibt es Monstermaiglocken ganz real im Flakon (okay, in der Flasche steckt noch mehr, aber das schmettern die Maiglocken nieder). Wer den Stöpsel zieht, hört "Glocken für einen Engel" läuten. Wobei das Etikett zweierlei verschweigt: Die Glocken dröhnen betäubend – und der Engel heißt Luzifer.

Eine 10-Prozent-Wertung gibt es von mir einzig für den Mut (oder die Chuzpe?), solch waffenscheinpflichtige K.o.-Tropfen in Parfumflaschen zu füllen.

P.S. Ich bekenne, ich habe diesen Duft nicht auf meine Haut gelassen. Auf Papier hatte er selbst nach 36 Stunden noch kopfschmerzerzeugende Intensität und eine Sillage, die der von "Dolce Acqua" (siehe Kommentare dort) mindestens ebenbürtig ist. Näheren Kontakt mochte ich auch für einen Kommentar nicht auf mich nehmen.
11 Antworten
Undine vor 12 Jahren 5
10
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Wie Duft "erzählt"
Einen Duftporträt-Versuch verkneife ich mir, nach allem, was die Vorschreiber/innen schon Treffendes formuliert haben. Nur ein paar Impressionen und Gedankensplitter zu diesem wunderbaren Duft möchte ich zur Diskussion stellen.

Ich knüpfe an Profumos Text an: Fragil? Melancholisch? – Einspruch, Euer Ehren!

Das Plädoyer beginnt mit einem Versuchsbericht.

Experiment Vergleichsriechen:
Ein grauer Tag. Regenpause. Undine, den Duft am linken Arm, flitzt in den nassen Garten. Es ist Januar, aber mild, und in Nasenmenschen-Gärten wird durchgeblüht. U. geht rund, schnüffelt – die würzige Süße der Winterblüte (Chimonanthus praecox), das Honigaroma der Fleischbeere (Sarcococca humilis) liegen in der Luft. U. schiebt den Jackenärmel hoch, schnüffelt am Arm. Schüttelt den Kopf. Schnüffelt vorm Kräuterbeet: Lavendel, Thymian, Rosmarin, Ysop, Salbei, Zistrose. Noch ein paar Schritte, noch ein Schnüff: Erde, moderndes Falllaub, feuchte Baumrinde, Gras, Farn, Moos, dürres Gezweig. U. dreht den Kopf nach links, lässt den Ärmel unten, nickt. Schüttelt den Kopf. Guckt verwirrt. Geht – es regnet wieder – zurück ins Haus.

Auswertung 1 – Fakten:
1. Unnötig, den Ärmel aufzukrempeln, der Duft entwischt mit Houdini-Tricks ins Freie. Der leise Geselle ist ganz und gar nicht "fragil", sondern erstaunlich kraftvoll, beweglich, präsent.
2. So stark die Assoziation auch ist, die der Duft weckt – "blühende Landschaft, angefeuchtet" riecht in der Realität völlig anders.

Auswertung 2 – Fragen:
1. Kein olfaktorisches Abbild des Wirklichen, nicht das kleinste geruchliche Zitat. Dennoch diese Wirkung – wie kommt das?
2. Der Duft "sagt" mir etwas, berührt mich. Aber warum? Und wie? Er beschwört aquarellige Farbeindrücke herauf, leise Klänge und Stimmen. Aber wort- und bilderlos, verweht, verwischt, seltsam ungreifbar – welche Geschichte erzählt er?

Auswertung 3 – Hypothesen:
Es dauert, bis der Groschen fällt (da ist das Pröbchen schon fast leer):
Der Duft ERZÄHLT keine Geschichte. Er IST die Geschichte.
Eine Geschichte, zu der der Name des Parfums zwar den Weg weist, die aber ausschließlich in der "Sprache", im Medium des Duftes lebt – so schwerelos und flüchtig wie dieses, unübersetzbar. Material und Ausdruck, Stoff und Gestaltung fallen zusammen, sind eins.

Der Duft stellt hellen, lieblichen (Blüten-)Aromen herbe Noten gegenüber, Dux und Comes, einander antwortend wie im musikalischen Kontrapunkt. Bittersüß. Aber der Verlauf hat ein Ziel. Und ist so kein bisschen melancholisch – weil nämlich (ich borge mir mal Turandots schöne Formulierung) "der Blütenzauber des Heliotrop für den Ausklang aufbewahrt wurde". Wer den Duft trägt, genießt neben der Freude über die aparte, fein ziselierte Duftnoten-Polyphonie zugleich Vorfreude aufs Finale: Lichter, heiterer, zärtlicher könnte es nicht sein.

Um das Plädoyer zu schließen, rufe ich die Literatur in den Zeugenstand. Ein japanisches Haiku (gefunden in dem Insel-Bändchen "Bambusregen"):

"Frühlingsregen fällt,
und alles, was da grünt, hat
plötzlich seinen Namen."

Nein, das ist nicht die Duft-Geschichte. Jedenfalls nicht die ganze. Aber es gehört unbedingt dazu.

Einspruch stattgegeben, Euer Ehren? ;-)
5 Antworten
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