Après L'Ondée 1906 Eau de Toilette

Après L'Ondée (Eau de Toilette) von Guerlain
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Platz 76 in Parfums für Damen
8.2 / 10 504 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Guerlain für Damen, erschienen im Jahr 1906. Der Duft ist blumig-pudrig. Es wird von LVMH vermarktet. Der Name bedeutet „Nach dem Regenschauer”.
Aussprache
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Duftrichtung

Blumig
Pudrig
Würzig
Frisch
Süß

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
WeißdornWeißdorn LavendelLavendel RosmarinRosmarin BergamotteBergamotte
Herznote Herznote
VeilchenVeilchen OrangenblüteOrangenblüte Bouvardia LilieLilie OrchideeOrchidee JasminJasmin
Basisnote Basisnote
HirschmoschusHirschmoschus IrisIris

Parfümeur

Bewertungen
Duft
8.2504 Bewertungen
Haltbarkeit
6.4397 Bewertungen
Sillage
5.8398 Bewertungen
Flakon
8.3373 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
7.274 Bewertungen
Eingetragen von DonVanVliet, letzte Aktualisierung am 09.05.2024.
Wissenswertes
Angeregt von "L'Origan" ist es eine der wohl frühesten Verwendungen von p(ara)-Anisaldehyd, dessen süß warmer Geruch Mimose und Weißdornblüte ähnelt. p(ara)-Anisaldehyd wurde erstmals 1845 von Auguste Cahours synthetisiert. 1877 haben Ferdinand Tiemann und Hermann Herzfeld eine industriell nutzbare Synthese-Methode entwickelt. Jean Claude Ellena berichtet, Analyse und Rekonzeptionierung von "Après L'ondée" habe ihn zu der Komposition von "L'Eau d'Hiver" inspiriert.
Seit Februar 2014 wird ein historischer Louis XVI Flakon von Après L'ondée in der "Hall of Mirrors" im Pariser Guerlain-Stammhaus an den Champs Elysées ausgestellt. Auf Nachfrage bekommt man den Duft - Extrait, rekonstruiert nach der Formel aus dem Jahr 1906 - auch zu riechen.

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Rezensionen

27 ausführliche Duftbeschreibungen
9
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
FioreMarina

29 Rezensionen
FioreMarina
FioreMarina
Top Rezension 77  
Summer Of 1908 oder: Granny Was a Wild Girl

Ich möchte gern mal ein paar Worte zum Thema Großmutterduft loswerden. Vielleicht deshalb, weil ich Veilchen so sehr verehre, dass es mich ganz fuchtig macht, wenn man ihnen Unrecht tut. Vielleicht weil ich Großmütter im Generalverdacht habe, hinter der Würde des Alters ein paar Geschichten auf Lager zu haben, die uns die Münder offenstehen lassen würden. Vielleicht weil ich glaube, dass es manchmal nichts wilderes, nichts abgefahreneres oder visionäreres gibt, als einen echten Großmutterduft zu tragen: Einen wie Après L´Ondée.
Ich nehme Euch dazu auf eine kleine Zeitreise mit. Nach Wien, wenn es recht ist. Es ist Sommer 1908 und wie ein Sturm zieht eine neue Zeit herauf. Siegmund Freud macht mit seiner Psychoanalyse Furore und brüskiert die Welt indem er ihr erklärt, dass sie Tag und Nacht nur an das Eine denkt. Man ist empört. Und rennt ihm die Türen ein.
Hinter dem Naschmarkt räumen ein paar junge Künstler mit dem Schwulst des Fin de Siècle auf und Gustav Klimt malt in seinem Kuss die ewige Liebe in einen goldenen Rausch an des Messers Schneide.
Ein paar Straßen weiter verkauft ein wirrer Typ Postkarten. Er wohnt in einem Obdachlosenheim für Männer und träumt davon, als Maler berühmt zu werden. Einige Jahre später wird er es als Politiker – und lässt die Menschheit in ihren finstersten Abgrund blicken.
Und eine junge Frau jagt publikumswirksam die Geliebte ihres Mannes aus einer Suite des noblen Hotel Sacher, um ihr im Anschluss - taub gegen die Beknieungen des sich windenden Gatten - vom Fenster aus die Bekleidungsstücke einzeln auf die Straße hinunter zu werfen. Es ist nicht gesichert, ob Freud die Szene beobachtet und sich von ihr zu einer Abhandlung über die Hysterie hat erleuchten lassen, oder ob den vorbeiflanierenden Klimt der Anblick der schönen Sünderin auf der Straße zu einer seiner entblätterten Leinwandschönheiten inspiriert hat.
Ziemlich sicher weiß man allerdings, dass dieser Vorfall den Ehemann nachhaltig beeindruckte und seiner zürnenden Gattin ein Versöhnungsgeschenk in Gestalt eines ruinös teuren Colliers einbrachte. Ich muss das wissen, denn ich kenne das Collier, meine Mutter hat es mir oft gezeigt: Die Rachegöttin vom Hotel Sacher war meine Urgroßmutter.
Wenn ich sie auf der verblichenen Schwarzweißfotografie betrachte, meine ich, den Sturm in ihren hellen Augen aufziehen zu sehen. Es ist mir, als könnte er jederzeit an ihrem weißen langen Kleid zerren, die kunstvoll frisierten blonden Haarsträhnen in das schmale Gesicht wehen, dem der Fotograf kein Lächeln hat abringen können. Als könnte dieser Sturm jederzeit ihre gesamte Gestalt, ihr ganzes Wesen erfassen und sie sei noch nicht entschieden, ob sie ihm standhalten, ob sie sich fortwehen lassen oder aber ihn antreiben wolle.
Ich weiß nicht, ob meine Urgroßmutter Après l´Ondée getragen hat, aber eigentlich muss es so sein: Der Duft ist geschaffen für Frauen mit wilden freien Seelen wie ihrer.
Ich lerne, dass er im Wesentlichen seinen Charakter einem künstlich synthetisierten Aldehyd zu verdanken hat. Und dennoch ist Après l´Ondée genau das nicht: künstlich. Es hat im Gegenteil einen unverwandt klaren, frischen, irgendwie ungeschminkten Charakter: die Welt nach einem Gewitterschauer, die Hitze hat sich abgekühlt, der Wind treibt die Wolken vor dem klaren Himmel her, die Luft wirkt durchsichtiger als sonst, die Farben wilder, intensiver. Wir atmen ein und nehmen sofort den Duft von Veilchen war, diesen unbeeindruckten Widerstandskämpferinnen gegen jegliche Art klimatischer Zumutung. Diesmal gibt es keine Lippenstiftsüße, keinen vergissmeinnichtblauen Firlefanz, sondern ein Veilchen in seiner wilden Schönheit. Ein wenig Lavendel verleiht ihm spröde Würze und ein Hauch - aber wirklich nur ein winziger - von Süße kommt wohl von diesem Weißdornmimosendingsda mit dem unaussprechlichen Namen. Das Veilchen bleibt über die Zeit hin standhaft, der Duft entwickelt eine vibrierende, kühle Regengusseleganz, das mag von den Lilien und den Orchideen herrühren. Aber er wird niemals, dem floralen Übergewicht zum Trotz, zu einem sich überblümelnden Allerlei und auch der (Hisch)Moschus vermag das Bild nicht weicher zu zeichnen. Après l´Ondée ist nach dem Regenschauer, aber mitten im Sturm und da bleibt es, um die Klarheit, den Mut, die Entschlossenheit seiner Trägerin zu unterstreichen. Ja, Après l´Ondée ist ein Duft aus seiner Zeit. Und er ist radikal zeitlos. Er nimmt mein Herz in seine Hände und trägt es fort wärend ich ihn trage.
Ich sehe dem Bild meiner Urgroßmutter in die hellen Augen und frage mich, welcher der Düfte unserer Zeit eines Tages einen solchen Anspruch erheben können wird. Denn das Eine wisst Ihr ja:
Es ist Frühling 2021 und wie ein Sturm zieht eine neue Zeit herauf. Wir wissen es, aber wir wissen nicht: stehen wir in seinem Auge? Oder hat er eben erst begonnen? Was wird meine Urenkelin eines Tages sagen, über mich und meine Zeit? Und: wird es einen Duft geben, der eine Brücke schlagt von ihr zu mir? Einen wie Après l´Ondée?
35 Antworten
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Profumo

284 Rezensionen
Profumo
Profumo
Top Rezension 66  
Eine fragile, zart-melancholische Schönheit
Es war mir schon immer ein Rätsel, warum dieser wunderbare Duft keine mit ‚Mitsouko’ oder ‚Shalimar’ vergleichbar weite Verbreitung und Wertschätzung fand, sondern ganz im Gegenteil ein eher stiefmütterliches Dasein auf den unteren Regalen, oder in der zweiten Reihe führte. Kenner, ob selbsternannte oder wirkliche, haben es immer als eines der innovativsten, schönsten und feinsten Parfums gehandelt, als einen Duft voller Bilderreichtum und großer Finesse. ‚Après l´ondée’ meint: nach dem Regen(schauer) – ein blühender, sonnendurchfluteter Garten, über den gerade eben ein kräftiger Regenguss hinweg ging. Alles ist noch pitschnass, doch schon verströmen die unzähligen Blüten erneut, wenn auch noch zaghaft, ihre Aromen. Leise ziehen sie durch die von unzähligen Tropfen gereinigte Luft und vermischen sich mit dem schwachen Geruch feuchter Blätter und Gräser.

Das Wunderbare an Après l´ondée ist, dass der Duft kein florales Schwergewicht ist, der bei zu großzügiger Dosierung seiner Umgebung Atem und Sinne beraubt, sondern dass sein Auftritt leise und zurückhaltend ist, und er damit einen äußerst diskreten Charme zu entfalten vermag. Er ist überhaupt nicht laut, oder auftrumpfend, hat nichts Offensives, oder gar Exzentrisches an sich. Und vermutlich ist es genau diese dem Duft anhaftende noble Zurückhaltung, ja fast Bescheidenheit, die ihn davor bewahrte in die erste Reihe der großen Meisterwerke vorzurücken, der Duft einer Epoche zu werden, massenhafte Verbreitung zu finden und unzählige Male imitiert zu werden. So kann heute vor allem ‚Shalimar’ kaum jemand tragen ohne dass nicht irgendwer an seine Mutter, Tante oder Großmutter erinnert würde – nicht so Après l´ondée. Der Duft hat sich dem Fokus der Aufmerksamkeit entzogen, oder geriet seiner vermeintlichen Schüchternheit wegen nie in diesen. Vielmehr fristete er ein jahrzehntelanges Dasein beinahe im Verborgenen. Kaum jemand kannte ihn, kaum jemand verlangte nach ihm, aber die, die ihn schufen hielten fest an ihm, im Wissen um seine wunderbare Raffinesse und Besonderheit.
Dieses Schicksal teilte der Duft mit einem weiteren aus dem Hause Guerlain, dem ebenso exquisiten, wie mit aristokratischer Noblesse ausgestattetem ‚Mouchoir de Monsieur’. Beide waren frühe Werke des jungen Jacques Guerlain. ‚Mouchoir de Monsieur’ entstand 1904, ‚Après l´ondée’ 1906. Es war die Zeit, in der die ‚Belle Epoque’ langsam ausklang und der nationalen Pathos bald wiederkehren sollte. Die Zeit Debussys, die Zeit der ‚Art Nouveau’. In diesen Jahren schuf Jacques Guerlain Düfte von nie mehr erreichter Subtilität.

‚Après l´ondée’ ist ein pudrig-floraler Duft, mit zwei im Mittelpunkt stehenden Anker-Noten, die eine wunderbare Liaison eingehen: Zum einen Heliotropin, mit seinem zarten Mandelaroma, und zum anderen die Iris, mit ihren pudrig-trockenen, floralen Nuancen. Gebettet auf einer im Gegensatz zu späteren Kreationen eher fein ziselierten Guerlinade-Basis, verströmt dieser Zweiklang eine Aura der Melancholie. Manche gehen sogar so weit ‚Après l’ondée’ einen Duft zu nennen, den man am zweckmäßigsten zu einer Beerdigung trägt. Sicher, ein Hochzeits-Duft ist er nicht. Überschäumende Freude und Ausgelassenheit sind ihm fremd, aber es muss ja nicht gleich die denkbar gegensätzlichste Veranstaltung sein, die seiner bedarf. Zwischen Schwarz und Weiß gibt es bekanntlich jede Menge Graustufen. Doch zugegeben: Der Duft neigt ein wenig zur Schwermut und Introvertiertheit, allerdings nicht auf die Art, dass man sich absondern möchte, die Befürchtung hegend man könne ‚runter-gezogen’ werden. Nein, gar so düster ist er nicht, ganz im Gegenteil: er hat eigentlich gar nichts dunkles, oder anders gesagt: er hat die Ahnung von etwas dunklem - wie eine drohende Gefahr die vorüberzog, und sich nun glücklicherweise wieder entfernt. Wobei ich wieder bei dem Namen des Duftes wäre: ‚Après l’ondée’, nach dem Schauer.

Gemessen allerdings an der sanguinischen Wucht ‚Shalimars’ ist ‚Après l’ondée’ doch ein arg zart-melancholisches Pflänzchen. Aber ich liebe es, genau deswegen.
Denn mag man auch vom unaufhörlichen Tamtam des großen Zampano begeistert sein, manchmal sind es doch die leiseren Töne, die einen nachhaltigeren Eindruck hinterlassen. So ein Duft ist ‚Après l’ondée’. Keine ‚femme fatale’ und kein exaltierter Dandy, sondern ein schüchternes Wesen von fragiler Schönheit, mit leichtem Hang zur Schwermut.
Mich erinnert der Duft auch immer wieder an Papier – an einen parfümierten Briefbogen wie man sie früher gerne versendete, um seinen Liebsten nicht nur mit der eigenen Schrift, sondern auch mit dem eigenen Duft zu erfreuen.
Eine hoffnungslos altmodische und kitschig-romantische Vorstellung sicherlich, erst recht im Zeitalter von E-Mail und SMS, aber so ist es nun mal: Der Duft erinnert mich eben an parfümiertes Papier. Ich mag dieses Changieren zwischen trockenen, fast staubtrockenen Akzenten und süßen, Vanille- und Mandelartigen Aromen.

Leider ist ‚Après l’ondée’ für mich, als Mann, nicht trocken genug. Ich weiß, dass manche ihn sogar als Unisex-Duft einstufen, aber mir persönlich tritt die Süße im Duftverlauf doch allzu deutlich zutage, während die trockenen Aspekte zusehends (leider) in den Hintergrund treten.
Daher habe ich mir immer gewünscht, Guerlain käme eines Tages mit einem ‚Après l’ondée pour homme’ auf den Markt. Und gewissermaßen ist das auch mit ‚L’Instant de Guerlain p.H.’ geschehen: Beide Düfte teilen nämlich einen ähnlich frisch-aromatischen Start, der durch zitrische Noten und eine gute Dosis scharfkantigem Anis getragen wird. Auch das Wechselspiel von nussig-vanilliger Süße und pudrig-floralen Noten im Herzen ist recht ähnlich, wobei im Falle des neueren Duftes das Heliotropin durch eine leichte Kakao-Note, und die Iris durch Hibiskus ersetzt wird. Doch auch ‚L’Instant de Guerlain p. H.’ erst recht dessen Eau de Parfum-Variante, ist mir letzten Endes einen deutlichen Tick zu süß, (es erreicht auch bei weitem nicht die Raffinesse von ‚Après l’ondée’).
Doch es gibt noch einen anderen Duft, der meiner Vorstellung von einem für mich, als Mann, tragbareren ‚Après l’ondée’ nahe kommt, und das ist Frédéric Malles ‚Une Fleur de Cassie’.

Trotzdem möchte ich ‚Après l’ondée’ immer in meiner Sammlung haben – der Duft ist so unglaublich gut, dass man ab und zu einfach an ihm schnuppern muss, um dem eigenen olfaktorischen Navigations-System wieder die notwendigen Koordinaten zu verleihen.
Vor lauter irrlichternder Sternchen vergisst man die wahrhaft hell strahlenden Fixpunkte am Firmament der Parfumkunst nämlich schnell.
16 Antworten
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Chanelle

746 Rezensionen
Chanelle
Chanelle
Top Rezension 54  
Vom Wegsehen, Hinriechen und dem neuen Bewußtsein
Après L' Ondée kenne ich schon seit ca 20 Jahren, habe damals den klassischen Louis XVI Extrait Flacon gesehen und dachte: "Schön- edel und alt. Nichts für mich." Damit hatte sich mein Verlangen, den Inhalt zu testen quasi auch schon erledigt. Ich schloß einfach mal vom Namen und Flacon auf den Inhalt. Dieses Urteil wurde auch noch bestätigt, als mir eine Dame, die mit der von mir besuchten Ausstellung im Düsseldorfer Ehrenhof zu tun hatte, bei der es um Geschichte und Kunst im Zusammenhang mit Parfum ging, erklärte, daß Après ihr Lieblingsduft wäre, er sei ein Traum. Die Dame war unbestritten Akademikerin, Ende 60 und trug schlichte, hochwertige, aber eher praktische Kleidung. Alles in allem das genaue Gegenteil von 90s-me.
Jahre gingen ins Land. Guerlain wurde verkauft, fast alle private Parfümerien in Düsseldorf starben, und die Parfumszene veränderte sich. Meine Ansichten änderten sich, das Internet änderte quasi die ganze Welt.
Zwischendurch begegnete mir Après noch öfter, aber ich hatte kein Interesse, zu erfahren wie er riecht, zumal ich inzwischen Jicky kennen-, aber nicht liebengelernt hatte, auch wenn man ihn mir noch so schönredete.
Après stand irgendwo als EdT (Tester) herum und ich wollte an jenem Tage dann wohl doch mal wissen, wie er riecht. Sprühte ihn an, roch kurz und fühlte mich bestätigt: "Riecht nach nichts, aber als Omma-Version, also muffig. Muffiges leichtes Blümchendüftchen. Dachte ich's mir doch!"
Wieder vergingen Jahre. Ich fing an, mich für Klassiker zu interessieren, nicht nur im Duftbereich. Dinge, die zeitlos sind. Dinge, die ihren Wert nicht verlieren. Dinge, die man lieben lernt und für immer im Herzen behält.
Dinge, die einfach perfekt sind, weil ein grosser Künstler sie geschaffen hat.
Dann kam vor ein paar Tagen die Idee, mich nochmal bewusst mit einigen Düften zu befassen, die ich nie so richtig getestet habe, obwohl sie als Meilensteine der Duftkunst angesehen werden. Après war dabei. Den gestrigen Tag widmete ich der aufmerksamen Verfolgung seiner Duftentwicklung als EdT auf meiner Haut. Dabei erlebte ich vielerlei Eindrücke zum ersten Mal.
Die Kopfnote war überraschend modern, dafür, daß der Duft seit 110 Jahren gemacht wird. Eine trockenblumige Note, nicht allzu weit von der in Angelique Noire entfernt, überrascht mich positiv und gefällt mir ungemein.
Dann strömt langsam eine Vielzahl von schillernden, sehr zarten, aber doch merklichen Frühlingsblühern auf mich ein, ich rieche frischwürzige Hyazinthe, zarte Maiglöckchen, pudriges Veilchen, unschuldige, saubere Noten, die sich zu einem subtilen, traumhaft schönen Duftteppich zusammenfinden.
Die Sauberkeit und Unschuld durchzieht auch den Duft weiterhin, selbst wenn er langsam eine süßere Wendung nimmt und bißweilen sogar Anwandlungen von harzigen Noten sich durchsetzen. Nicht nur die reingewaschene, süße Unschuld, sondern ein Neuanfang voller ungeklärter Mysterien. Aber man muß keine Angst davor haben - eine weiche Moschusdecke gibt Halt, Schutz und Wärme.
Selten hat mich ein so leiser Duft so fasziniert. Noch nie habe ich so wenig erwartet, aber so viel erfahren. Es sind diese kleinen Dinge, die immer noch Zauber in sich tragen können.
6 Antworten
6
Preis
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Axiomatic

102 Rezensionen
Axiomatic
Axiomatic
Top Rezension 61  
Dein bis später
Während ich diesen Duft einatme und diese Zeilen schreibe, ergießt sich einer dieser Frühjahrsschauer vor dem Fenster.
Wie jener Schauer beim unbeabsichtigten Abschied.
Das Licht nach dem Regen silbern, der Duft der nassen Landschaft.
Und es wird in mir regnen, wieder einmal.

Du grinst über beide Ohren.
Der Sprüher wird zur Mutprobe, Du blasser Beflügelter!
Du forderst mich heraus, meine Weltsicht, mein Begreifen.
Und wir werden Glück haben an jenem Guerlain Stand.
Wir sind allein.

Mein junges Herz wird pochen.
Es hat geregnet.
Dein jugendlicher Übermut wird meine Hand ergreifen und mich entlang dieser prächtigen Straße bis zum See zerren.
Doch es wird nicht Deine erwünschte Allee zum Schloss Kammer sein.
Silberne Pfützen aus Weißdorn benetzen unsere unbekümmerten Hosen, so wie Gustav Klimt es gewollt hätte.
Ein zarter Lavendel mit dem Wind eines weit entfernten Rosmarins wird den Himmel färben.
Völlig außer Atem blicken wir hinauf.
Der Mundschenk der Götter am Ufer wird uns ein Lächeln schenken.
Doch es ist nicht Dein See.
An diesem Odeon wird nicht musiziert.
Das Bellevue lädt nicht zum Verweilen ein.
Und es wird in Deinem Inneren regnen.

Deine Engel weinen.
Doch ihre Tränen sind pudrig voller Iris.
So wie der marmorne Staub ihrer Standbilder.
Ich werde Dich mit Moschus an das irdische Dasein erinnern.
Ein Kuss nach dem Regen.
Und in Deinen Augen öffnen sich die Wolken wieder.
Und wir werden die Ruhestätte verlassen.

Dein Fernweh wird mein Herz zerreissen.
Unsere brüchigen Bande eines abendlichen Jasmins nach dem Sturm flattern zu anderen Ufern.
Dein bis später.

Du träumst längst vergangene Träume.
Es wird Dir viel bedeuten, aber ich werde es erst im Nachhinein verstehen und erkennen.
Wir werden zu spät kommen.
Und können nur hinter verschlossenen Türen einer entrückten Kitty lauschen.
Der Sterngucker in Dir.
Und es wird wieder in Dir regnen.
Dein bis später.

Du wirst mir Dein Herz zeigen, das Herz Deines Landes.
Ein gekröntes Haupt.
Eine sorglose Fahrt.
Der Unfall.
Die nasse Böschung.
Die Gedächtniskapelle am verzweigten See.

Vor Deinem Rigi wird sich der Himmel ergießen.
Die Regentropfen erklingen wie traurige Saiten des Hackbretts.
Wie der melancholische Duft.
An Deinem Ufer die Lilien, an meinem die Veilchen.
Diese Welt hält Dich nicht, Du möchtest freie Orangenblüten des Südens regnen lassen.
Und in Deinen Augen hört der Regen nicht auf.
Dein bis später.

Am anderen See des Mundschenks werde ich auf Dich warten.
Der Regen wird den Himmel reinigen.
Kapriolen voller Blüten werden diese staubigen Engel befreien.
Sie werden Dich begleiten.
Und Du wirst mir eine Orchidee zuwerfen.
Weit weg am andern Ufer wirst Du mir zuwinken.
Dein bis später.

Und ich werde nach dem Regen mir den nächsten wünschen.
Doch Du wirst längst mit Sternenstaub spielen.
Und manchmal ganz leise,
wenn der Himmel aufklart,
mir ein Lächeln schenken.

Und nun verstehe ich die Introduktion des Sternguckers.

Still ruht wie gebannt
weithin das Meer,
regt sich noch kaum.
Gleich einem Kind
schlummert es sanft,
atmet nur leis’
träumt einen Traum!
Still ward auch mein Herz,
hofft kaum im Traum!

Dein bis später.
39 Antworten
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
loewenherz

882 Rezensionen
loewenherz
loewenherz
Top Rezension 38  
Von Gibson und von Flapper Girls
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts etablierte sich in Amerika und Europa eine modisch wie soziokulturell neuartige (Sub-)kultur junger und selbstbewusster Frauen. Der amerikanische Illustrator Charles Dana Gibson beschrieb um die Jahrhundertwende den 'Typus der sportlichen und sehr selbstbewussten jungen Dame der Oberschicht, die mit den an sie gestellten Erwartungen (…) in souveräner Weise umzugehen weiß. Äußerlich (…) gekennzeichnet durch eine modisch aufgetürmte Frisur, einen oft strengen Gesichtsausdruck, hohen Hals und eine sehr gerade Haltung'. Die 20er Jahre schließlich waren das Jahrzehnt der Flapper Girls - 'junge Frauen, die kurze Röcke und kurzes Haar trugen, Jazz hörten und sich über die Regeln des guten Benehmens selbstbewusst hinwegsetzten. Die Flapper galten in ihrer Zeit als keck und frech, weil sie sich schminkten, hochprozentigen Alkohol tranken und (in der Öffentlichkeit) rauchten.', wie Wikipedia zu berichten weiß.

Beide – die Gibson und die Flapper Girls – waren urbane Erscheinungen, in London, Paris, Berlin und New York City – einer Zeit, als die Mode (und eine Frau namens Gabrielle Chanel) die Frauen von Tournüre und Korsett befreiten und sie stattdessen mit (kurzen oder auch längeren) Hängerkleidern und (echten oder unechten) Perlenketten ausstaffierten, die ihnen erlaubten, Auto oder sogar Fahrrad zu fahren. Diese äußerst mode- und selbstbewussten Frauen entstammten zunächst dem Adel und dem arrivierten Bürgertum, doch in den 20er Jahren wurde die Mode zusehends - bei weitem noch nicht völlig – klassenlos. Die Amerikanerin Clara Bow war damals das wahrscheinlich erste It-Girl (ohne dass es diesen Begriff in jenen Tagen schon gegeben hätte), aber auch etwa die Schauspielerinnen Sarah Bernhardt und Pola Negri oder die friesische Tänzerin (und spätere Spionin) Mata Hari waren Ausdruck dieses neuen, selbstbestimmt auftretenden Frauentyps.

Après L'Ondée, einer der heute weniger bekannten der großen Düfte des Pariser Dufthauses Guerlain, ist so etwas wie der olfaktorische Soundtrack dieser beiden ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Obschon mit der (geschulten) Nase der Gegenwart gerochen merklich ein Parfum der spürbar nicht jüngeren Vergangenheit, ist er doch verblüffend modern, nachgerade cool. Nichts an seinem Wesen ist billig oder laut (Wie könnte es? Er ist ein Guerlain!), aber sein keckes und selbstbestimmtes Wesen – getragen durch seinen Aldehydakkord, der vor gut einhundert Jahren neu war, wenn nicht gar ein Skandal - enthebt ihn jeder Artigkeit und Konvention. Weißdorn, Iris und Moschus sind die Pfeiler dieses hochfahrenden, fast androgyn anmutenden Duftes, das doch ruhige Souveränität ausstrahlt – wie eine Frau mit Federn in kurzgeschnittenem Haar, die am Fuße einer Feuertreppe raucht, während von drinnen die Tanzmusik auf die Straße wabert.

Fazit: 'après l'ondée' heißt 'nach dem Regen'. Wenn die Wolken sich zurückziehen und den Blick freigeben auf ein noch junges Licht, das alle Möglichkeiten bietet, die es bisher nicht gab. Es waren Düfte wie dieser, die Tore aufstießen für eine neue, selbstbewusste Definition von Grazie und Schönheit. Sein Zauber wirkt noch heute.
5 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

102 kurze Meinungen zum Parfum
PinseltownPinseltown vor 2 Monaten
Straßennass
Schimmert Veilchenlila
Goldpudrig Engelsfunkeln
Am Lavendelhimmel
Guerlain hält diesen Glücksmoment fest
Füllt ihn im Flakon ab+
41 Antworten
PollitaPollita vor 1 Jahr
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Für gewöhnlich mag ich keine Puderdüfte. Doch wie Schneewittchen da im Puderregen steht und auf ihren Prinzen wartet - einfach wunderschön.
35 Antworten
MarieposaMarieposa vor 1 Jahr
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
In hoffnungstrunkener Melancholie
Lächeln Feen in Weißdornhecken
Lüften Mimosenstrahlen Anisnebel
Schweben Pastellblüten im Sommerregen
38 Antworten
FrauKirscheFrauKirsche vor 12 Monaten
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
In lila leuchtendes
Lavendelpuder
cremeweich gebettet
Bergamotte blinzelt
Iris umarmt
Unter Veilchenwolken
von Märchen
träumen ...
30 Antworten
UntermWertUntermWert vor 1 Jahr
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
im Geheimen Garten hat's geregnet,
bitter-kühle, melancholische Traumzeitlupe
zwischen Garten, Kinderzimmer und Großmutters Umarmung
36 Antworten
Weitere Statements

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So ordnet die Community den Duft ein.
Torten Radar

Diskussionen

Themen zum Parfum im Forum
KirthiKirthi vor 11 Jahren
Beratung
Ähnlichkeit zu Après L'ondée
Hm, insolence EdP (nicht das EdT) und l'heure de nuit waeren einen Versuch wert. Allerdings sind beide deutlich kraeftiger und nicht so pastellig. Beide haben eine deutliche Veilchennote.Wenn es eher pastelliges...
UndineUndine vor 11 Jahren
Damen-Parfum
Gerüchte um Guerlains "Après l'ondée"
Dannyboy:Wer weiß, wo der sich wieder rumtreibt......in einem Labor tief, tief unter der Erde?!

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