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loewenherz’ Blog
vor 8 Jahren - 17.01.2016
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Wie zu mir kam, wer bei mir ist - und wieso bleibt, wer bleibt

Morgens, wenn mein Blick über meine Parfumsammlung schweift (also die echte, physische, nicht die hier eingestellte virtuelle, wobei das in meinem Fall dasselbe ist), bemerke ich immer wieder zweierlei. Erstens, dass mir das eigentlich zu viele Fläschchen sind (einige hier haben ein Vielfaches davon, ich weiß - macht Euch das nicht wahnsinnig?) - und zweitens, dass es doch bei jedem einzelnen von ihnen einen Grund (oder gleich mehrere) gibt, weswegen es dort steht - und stehen bleiben darf. Diese Gründe sind nicht immer die gleichen - und liegen darüber hinaus nicht immer nur im eigentlichen Duft.

Da sind zum einen jene, die mir so lieb und teuer sind, dass etwas Wesentliches fehlte, fehlten sie. Nicht dass ich sie jeden Tag trüge - bei weitem nicht - aber es sind Düfte, die mich in ihrer Schönheit berühren und meine Sinne auf die Reise schicken, nicht jedes Mal, aber doch oft. "Musc Ravageur" ist ein solcher Duft, der mich auf diese Art berührt - oder auch "Eau de Gentiane Blanche". Ein bisschen sind sie wie die wenigen wirklich guten Freunde, die man im Leben hat - die man manchmal auch längere Zeit nicht sieht, aber die nicht ersetzbar sind. In einer idealen Welt, so möchte man vielleicht sagen, sollte eine Sammlung nur aus solchen Düften (oder Freunden) bestehen - aus solchen, die besonders sind und wertvoll. Aber ebenso wie ich nicht nur 'allerbeste Freunde' habe, habe ich auch nicht nur 'allerbeste und liebste' Parfums - und wenn ich drüber nachdenke, möchte ich das auch gar nicht.

Weiterhin gibt es da solche Düfte, die nur manchmal wunderbar sind - ich sie dann aber nicht missen möchte. "Batucada" trage ich vielleicht drei- oder viermal im Jahr, aber bei diesen Gelegenheiten - wenn ich mit einem kühlen Becks Lemon (ja, manchmal trinke ich auch Mädchenbier!) an einem Sommerabend auf glitzernde Hochhäuser im Sonnenuntergang schaue - bedauerte ich, wäre er nicht bei mir. An manchen Düften hängen auch Erinnerungen - sei es an den Moment ihres Erwerbs oder auch solche, bei denen man sie getragen hat - und alleine deswegen dürfen sie bleiben. Auch "Mentha Citrata" oder "Neroli Portofino" (alle miteinander Sommerdüfte, merke ich eben) trage ich nur selten - aber auch sie fehlten, fehlten sie!

Es gibt die Allrounder - Klassiker oftmals - die ich besitze, wie ich 'Krieg und Frieden' im Regal stehen habe oder die 'Buddenbrooks' - Düfte, die ich trage, wenn ich nicht nachdenken möchte, wie ich denn heute riechen möchte, die (für mich subjektiv) sind wie ein dunkelgrauer Anzug oder ein weißes Hemd, von denen ich weiß, dass sie gut (zu mir) passen. Es muss nicht jeder Duft gleich Träume und tiefe Gefühle evozieren - er soll meinen (All-)tag nur ein bisschen besser machen, als er ohne wäre; "Eau Sauvage" fällt etwa in diese Kategorie oder auch "Grey Vetiver (Eau de Parfum)". Und letztlich gibt es natürlich auch jene, von denen man sich wohl trennen wird, sind sie denn aufgebraucht - Düfte, deren Zeit abgelaufen ist, die zu einer anderen Lebensphase zu gehören scheinen. So ich denn einen Duft gar nicht mehr ertragen kann, würde ich ihn wohl sofort entfernen, aber solche habe ich nicht in meiner Sammlung, vielleicht kaufe ich dafür doch zu überlegt.

Darüber hinaus pflege ich meine Sammlung wie ein Duftportfolio - und wenn ich nun einen wunderbaren neuen Hyazinthenduft entdeckte - ich würde ihn nicht anschaffen, solange ich "Bluebell" habe - und keinen neuen Moschusduft, ehe "Musc Ravageur" und "Hammam Bouquet" nicht aufgebraucht sind. Ich versuche klassische ("Blenheim Bouquet") und dramatische ("Noir de Noir"), zwanglose ("Racquets Formula") und intime Düfte ("Méchant Loup") im Gleichgewicht zu halten - für jede Stimmung jeden Tag den rechten Duft zu haben. Manchmal kaufe ich ein Parfum, weil ich dabei eine Situation im Kopf habe, bei der ich ihn tragen möchte (oder er mich - eingebildet oder auch nicht - an eine Situation erinnert, an die ich gerne denke oder lange nicht mehr gedacht habe) - gefallen muss er mir natürlich dennoch.

So freue ich mich jeden Morgen über die Auswahl, die ich habe - auch wenn ich sie gerne etwas reduzieren möchte - andererseits ist es schon gut so, wie es ist...

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