Fashion Avenue 2003

IamCraving
13.04.2020 - 13:14 Uhr
15
Top Rezension
6
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft

Das Gefühl nach einem Mittagsschlaf, von dem man immer nicht so recht weiß, ob man es mag oder nicht

Friedlichkeit und wirre Träume belauern sich gegenseitig im Tiefschlaf eines Schlummers am Tag.
Da breitet sich ein Suchtgefühl nach warmer, wunder Schlafeslust aus, fast schon wütend und dabei doch so zerbrechlich. Nach dem Aufwachen ist die Kehle trocken und geweitet, die Orientierungslosigkeit oft groß, das leichte Pochen im Bauch zufrieden, irgendwo bleibt ein Rest von bedrohlicher, traumhafter Unwirklichkeit.

All das ist „Fashion Avenue“ für mich in einem Duft.
Eine hinreißende Mimose ist der Beginn dieser schläfrigen Versuchung. Sie lenkt mit ihrer blumigen Lieblichkeit und unverfälschten Klarheit alle Aufmerksamkeit auf sich, ist frech, hell und flink und lockt uns mit gurgelndem Kichern …….in den Stall. Zum Glück ist weit und breit keine Kuh zu sehen. Der Stall ist leer und läuft über vor Nachmittagssonne, die durch alle Ritzen im trockenen Holz rinnt. Es duftet nach warmem Heu und das ist der Moment, in dem es zu spät ist, der Verlockung eines kleinen Schläfchens zu widerstehen, denn das Heu ist einfach zu weich um sich nicht darin einzubetten. Sofort betäubt uns ein schweres, ziehendes Wohligkeitsgefühl, in das man sich fallen lassen kann wie in einen Kuss, das nicht langweilig wird und welchem ständig und aufs Neue nachzugeben die größte Wonne ist! Ab und zu zucken wir im Schlaf kurz und kräuseln die Nase weil eine bärengroße Limette uns im Traum verfolgt und mit Fruchtfleischfasern bewirft, denen wir mehr schlecht als recht auszuweichen versuchen. Und so wälzen wir uns in sachter Erregung durch den goldgelben Nachmittag, bis wir aufgeweckt werden und das erwähnte leichte Brennen die Brust abwärts eine Mischung aus drohendem Unheil und Geborgenheit verströmt. Aber wer hat es eigentlich gewagt, uns aus diesem seligen Schlummer zu reißen, und gerade dann, als die böse Limette von einem riesigen Heuballen erschlagen worden ist? Natürlich, die Mimose. Sie hatte sich just nach unserer Ankunft im Stall, wie Mimosen das so machen, schüchtern verzogen. Da sie aber ein neugieriges Geschöpf ist, hat sie sich nach einer Stunde wieder geöffnet, angepirscht und uns mit großen grünen Augen beim Schlafen zugeschaut. Es gibt schlechtere Schlafzimmergefährten zum wach werden und so mustern wir uns gegenseitig aus sicherer Entfernung. Die Sonne geht bereits unter und irgendwo platzt ein kleiner Glücksspeicher in uns und löst die Unentschlossenheit, ob dieses Nach-dem-Mittagsschläfchen-Gefühl denn nun angenehm sei oder nicht, eindeutig in die schöne Richtung auf.
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