Chnokfir
18.06.2023 - 06:23 Uhr
13
Sehr hilfreiche Rezension
7
Preis
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Obst

Auf die Frage, wie ich mir einen perfekten Urlaubstag vorstelle, kommt bei mir sehr schnell: Südsee, weisser Sandstrand, sanftes Meeresrauschen, Liegestuhl, ein paar gute Bücher und der Poolboy bringt nach einem vorher festgelegten Turnus regelmässig gekühlte Getränke vorbei. Ich könnte es mir aber auch genauso gut den gesamten Tag in einer netten Trattoria in einer norditalienischen Kleinstadt gut gehen lassen, im Schatten sitzend, bei ebenso einfachen wie schmackhaften Speisen und Getränken und den ganzen lieben langen Tag Leute beobachten und mir dabei ihre Geschichten ausdenken. Oder aber ich stelle mir einen Liegestuhl oder spanne mir eine Hängematte in einen Zitrushain irgendwo an der Amalfiküste, Blick auf die grünen Berge und die blaue See und umgeben von dem unsagbar schönen, beruhigenden Geruch der Zitrusbäume mit ihren reifen Früchten.

Laboratorio Olfattivo verpackt dieses italienische Lebensgefühl sehr gut. Ein schlichter orangener Karton mit Messingplakette und schlichten Schreibmaschinenlettern. Ein ebenso schlichter, aber massiver, sattgrüner Glaszylinder mit goldenem Käppchen und schwarzem Aufkleber. Laboratorio Olfattivo macht schöne, schlichte Flakons, ich habe sie gerne in der Hand.

Mit dem ersten Sprüher ist sie gleich voll da, die Mandarine. Nicht zu verwechseln mit der schnöden Discounter-Clementine, die eine Hybridzüchtung aus der italienischen Mandarine und der Orange darstellt. Die eigentliche Mandarine bekommt man heutzutage nur mehr selten im gutsortierten Feinkostladen oder sehr selten auf dem Obstmarkt. Mit dem ersten Sprüher ist die Mandarine gleich voll da, die süsse Frucht, die herbe Schale, die grünen Nuancen der Blätter, die spritzigen zitrischen Noten. Da ist nichts künstliches bei: Man lege ein frisch geschälte Mandarine daneben und beisse in eine Spalte ... 1:1 deckungsgleich. Und unfassbar lecker. Das Herz geht einem auf. Man jubelt uns da noch die eine oder andere Rispe schwarzer Johannisbeeren unter, ebenso vollsaftig, aber süsser und auch sauer, anders herb, aber eben nicht zitrisch. Mandarine und Johannisbeere sind ein schönes Paar, sie passen gut zusammen, sie verstehen sich, da kommt kein Streit auf. Ich muss mir schon arge Mühe geben, will ich da noch den Moschus der Pyramide herausriechen wollen. In der Basis ist da etwas Weiches, Warmes, Edles, was ich aber nicht benennen möchte, denn meine Nase gehört nur der Mandarine.

Eigentlich ist "Mandarino" weniger ein Parfum, sondern eher Aromatherapie. Dennoch ein überaus angenehmer Begleiter für den Tag, wenn man nicht vor hat, das Haus zu verlassen. Da tröstet es einen auch, dass man bei einem so monothematischen Duft immer wieder getrost nachsprühen kann. Denn die Haltbarkeit ist mit 4-6 Stunden, je nach Tagesform, leider nicht für einen Bürotag geeignet. Was für einen so natürlichen, zitrischen Fruchtduft aber überaus OK ist. Denn die Abstrahlung ist auch ganz ordentlich, man nimmt sich selber die Zeit über gut wahr.

"Mandarino" eignet sich auch gut zum Layern, wenn man einem klassischen, warmen Herrenduft, der selber kaum Frucht hat, der Geranie, der Gartennelke, Tabak oder Leder kurz noch einen fruchtigen Frische-Kick mitgeben möchte. Für mich klappt es beispielsweise ganz gut bei Bel Ami Eau de Toilette , Equipage Eau de Toilette oder auch Moods by Krizia Uomo Eau de Toilette.

Die Mandarine ist eine schöne Frucht, eine leckere Frucht. Schade, dass man sie bei uns so selten bekommt. Muss mal wieder nach Kampanien reisen. Oder etwas "Mandarino" auftragen.
Die Mandarine kam übrigens erst vor knappen 200 Jahren aus China und Japan zuerst nach England, bevor sie dann im Mittelmeerraum heimisch wurde. Die ebenso leckere Orange ging dann aus ein Beziehung der Mandarine mit der Pampelmuse hervor. Ich geh dann mal in die Küche, mal sehen, was wir noch an Obst so da haben. Vielleicht ein paar Himbeeren oder etwas Wassermelone. Erdbeeren sind leider schon alle ...
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