Parma
10.12.2022 - 02:05 Uhr
24
Top Rezension
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Blütezeit

In einem Video über Maiglöckchendüfte - meiner bevorzugten floralen Gattung - stieß ich auf Apogée. Die Beschreibung klang so gut, dass ich ihn kennenlernen musste. Gerechnet hatte ich mit einem Soliflor, bekommen habe ich ein wunderbar unaufdringliches, modernes, frisches Weißblüherbouquet.

Gelistet sind Maiglöckchen, Magnolie, Jasmin und Mairose. Für mein Empfinden dominiert ersteres leicht, aber im Grunde ergibt sich ein recht ausgeglichener Blumeneindruck. Anfangs ist eine etwas präsentere Rosigkeit vorhanden, dazu durchgehend die frische Grünheit des Maiglöckchens, das Blütige des Jasmin und die dezente cremige Süße der Magnolie. Jede Protagonistin wirkt dabei nur angedeutet bzw. auf ihre angenehmen Seiten reduziert. Sehr weich. Und ohne die solcher Art oft innewohnenden Indolik. Zusammen entsteht ein sanfter, lieblich-frischer und zart cremeseifiger blumiger Charakter.
Getragen wird das Bouquet von einem sphärisch-stickigem Moschus, der wie trockene Bügelluft erscheint. Mit einem – nur beim eigenen Tragen – dezent wahrnehmbaren gummihaften Ton, anfänglich fast plastikhaft, welcher aber durchaus auch von den Weißblühern herrühren kann. Früher hätte mich diese synthetische Basis verärgert, heute kann ich gut damit leben, wenn sie zum Duft passt. Und das tut sie hier. Denn sie verleiht dem lieblich-sauberen Strauß einen leicht rauen, trockenen Gegenpart. Eine Diffusität wie sie im Hochsommer über einen Blumenwiese steht. Nicht duftgleich, aber von der Konsistenz her. Zudem leicht metallisch, was dem Duft einen zusätzlich zeitgemäßen Anstrich gibt. Diese Kombination von lieblicher Blumigkeit (dominierend), trocken-herber Luftigkeit und unterschwelligem Gummiton erlebe ich so ähnlich z.B. ebenfalls in Frédéric Malles ‚En Passant‘. Allerdings wirkt ‚Apogée‘ im Vergleich erkennbar mehr dem Mainstream zugeneigt. Etwas weniger nuanciert und tief. Rundgeschliffener. Cleaner. Gefälliger. Unmittelbarer zu verstehen. Jedoch nur vom Duftprofil her, nicht bzgl. der Qualität der Inhaltsstoffe. Die sind merklich wertiger als in den Basisreihen der Modehäuser. Das zeigt sich u.a. darin, dass er über lange Zeit gut wahrnehmbar und dabei so stabil bleibt, dass seine anfängliche Charakteristik durchweg aufrecht erhalten wird. Zudem produziert er keine überraschenden, sich meist erst später zeigenden, unangenehmen aromachemischen Nebenabfälle. Ein weiteres Kennzeichen für seine ausgereifte Komposition ist die innere Beweglichkeit. Trotz Linearität entwickelt sich nichts Eintöniges. Er wirkt unbeschwert. Wie mit leichter Hand gezeichnet. Eine Mischung aus Legerem und Elegantem, aus erwachsenen und jugendhaften Facetten. Dabei etwas Sanftes, Sauberes und Einnehmendes ausstrahlend.

Insgesamt ein herrlich unkomplizierter, schmeichelnder, gepflegter, frischer Weißblüherduft, immer und überall tragbar. In seiner mühelosen, stimmigen und trotz aller Zurückhaltung präsenten Charakteristik so nicht häufig anzutreffen. Aus meiner Sicht zumindest.
16 Antworten