Gengis Khan Marc de la Morandière 1991 Eau de Toilette
11
Sehr hilfreiche Rezension
Totgesagte duften länger
Na, dieser schwarze Flakon im Urnen-Design mit roter Schrift ist schon äußerst faszinierend. Ich gehe doch mal davon aus, dass dies eine Urne sein soll und kein mongolischer „Henkelmann“ in dem die asiatischen Steppenreiter ihre Mahlzeiten von Eroberung zu Eroberung mitgeschleppt hatten.
Dabei ist über das Ableben sowie die Grabesstätte von Gengis bzw. Dschingis Khan relativ wenig Zuverlässiges bekannt. Zwar kennt man sein Todesdatum (18.08.1227), aber nicht die genaue Todesursache. Stark vermutet wird, dass er aufgrund innerer Verletzungen nach einem Reitunfall gestorben ist. Angeblich wurden danach alle Lebewesen in seiner Umgebung, sowie 2000 Menschen die an seinem Begräbnis teilgenommen hatten umgebracht um nach mongolischer Tradition die Grabstätte geheim zuhalten. Bis heute wurde sein Grab nicht gefunden.
Entsprechend ist das riesige Dschingis Khan Mausoleum bei Ordos in der Inneren Mongolei nur ein Kenotaph, also eine Gedenkstätte mit einem leeren Sarg ohne wirklich als Grab zu gelten.
Darum ist es verwundernswert, was es mit diesem Urnen-Flakon auf sich hat, wobei der Inhalt nicht minder reizvoll ist, sofern man auf Wummser-Düfte der 80er Jahre steht.
Am Anfang wirkt dieses Eau de Toilette relativ launisch. Zunächst vernimmt man frisch-würzige Noten, unterlegt mit ordentlich Bergamotte um dann allmählich aus dem komplexen Wirrwarr langsam eine Struktur zu bilden. Zwischenzeitlich blitzen Thymian, Minze und Kiefernadel mit leicht krautig-grünem bis stechenden Charakter durch, was zunächst irritiert. Doch nach und nach formieren sich die Duftmoleküle zu einer militärischen Einheit und schreiten diszipliniert voran.
Was sich daraus entwickelt, ist eine starke würzig-orientalisch-pudrige Über-Wolke – sehr Raum füllend und mit beinahe phänomenaler Beständigkeit. Dabei bleibt Gengis Khan stets kultiviert mit dunklen blumigen Nuancen, ohne allzu wild oder animalisch zu agieren. In dieser Phase erinnert es mich an eine Mischung aus Chanels Antaeus, Balenciagas pour Homme und Exciting Amber von Gammon.
Im später noch Stunden dauernden Drydown wird Gengis Khan doch noch etwas sanfter, wobei in erster Linie Weihrauch und Patchouli die Oberhand gewinnen.
Allerdings mit den anderen Ingredienzien fein süßlich ausbalanciert, so dass es eigentlich auch Damen tragen könnten, ohne Befürchtungen haben müssten, schief angeschaut zu werden, sofern sie die Kopfnote überstehen.
Somit ist Gengis Khan eine nicht uninteressante olfaktorische Hommage an den mongolischen Großkhan mit allerlei aufregenden Windungen und unüblichem Verlauf – irgendwo changierend zwischen schroff bis ungestüm und sinnlich bis geheimnisvoll. Eine zeitgeschichtliche Vorliebe muss man dafür nicht zwingend haben, doch wer mit Wummsern aus der Ära der 80ern seine Probleme hat, dem wird hier schlimmstenfalls seine persönliche Nasengeißelung widerfahren.
Nostalgiker könnten eventuell leicht in Verzückung geraten. Schade, dass er eingestellt wurde – schön, dass ihn Marc de la Morandière als Eau de Parfum quasi wiederbelebt hat.
An dieser Stelle vielen Dank an Cappellusman für die Abfüllung!
Dabei ist über das Ableben sowie die Grabesstätte von Gengis bzw. Dschingis Khan relativ wenig Zuverlässiges bekannt. Zwar kennt man sein Todesdatum (18.08.1227), aber nicht die genaue Todesursache. Stark vermutet wird, dass er aufgrund innerer Verletzungen nach einem Reitunfall gestorben ist. Angeblich wurden danach alle Lebewesen in seiner Umgebung, sowie 2000 Menschen die an seinem Begräbnis teilgenommen hatten umgebracht um nach mongolischer Tradition die Grabstätte geheim zuhalten. Bis heute wurde sein Grab nicht gefunden.
Entsprechend ist das riesige Dschingis Khan Mausoleum bei Ordos in der Inneren Mongolei nur ein Kenotaph, also eine Gedenkstätte mit einem leeren Sarg ohne wirklich als Grab zu gelten.
Darum ist es verwundernswert, was es mit diesem Urnen-Flakon auf sich hat, wobei der Inhalt nicht minder reizvoll ist, sofern man auf Wummser-Düfte der 80er Jahre steht.
Am Anfang wirkt dieses Eau de Toilette relativ launisch. Zunächst vernimmt man frisch-würzige Noten, unterlegt mit ordentlich Bergamotte um dann allmählich aus dem komplexen Wirrwarr langsam eine Struktur zu bilden. Zwischenzeitlich blitzen Thymian, Minze und Kiefernadel mit leicht krautig-grünem bis stechenden Charakter durch, was zunächst irritiert. Doch nach und nach formieren sich die Duftmoleküle zu einer militärischen Einheit und schreiten diszipliniert voran.
Was sich daraus entwickelt, ist eine starke würzig-orientalisch-pudrige Über-Wolke – sehr Raum füllend und mit beinahe phänomenaler Beständigkeit. Dabei bleibt Gengis Khan stets kultiviert mit dunklen blumigen Nuancen, ohne allzu wild oder animalisch zu agieren. In dieser Phase erinnert es mich an eine Mischung aus Chanels Antaeus, Balenciagas pour Homme und Exciting Amber von Gammon.
Im später noch Stunden dauernden Drydown wird Gengis Khan doch noch etwas sanfter, wobei in erster Linie Weihrauch und Patchouli die Oberhand gewinnen.
Allerdings mit den anderen Ingredienzien fein süßlich ausbalanciert, so dass es eigentlich auch Damen tragen könnten, ohne Befürchtungen haben müssten, schief angeschaut zu werden, sofern sie die Kopfnote überstehen.
Somit ist Gengis Khan eine nicht uninteressante olfaktorische Hommage an den mongolischen Großkhan mit allerlei aufregenden Windungen und unüblichem Verlauf – irgendwo changierend zwischen schroff bis ungestüm und sinnlich bis geheimnisvoll. Eine zeitgeschichtliche Vorliebe muss man dafür nicht zwingend haben, doch wer mit Wummsern aus der Ära der 80ern seine Probleme hat, dem wird hier schlimmstenfalls seine persönliche Nasengeißelung widerfahren.
Nostalgiker könnten eventuell leicht in Verzückung geraten. Schade, dass er eingestellt wurde – schön, dass ihn Marc de la Morandière als Eau de Parfum quasi wiederbelebt hat.
An dieser Stelle vielen Dank an Cappellusman für die Abfüllung!
8 Antworten

Klingt sehr interessant, schöne Mischung, ist mir aber wahrscheinlich zu viel. Wämmser halte ich immer nur kurz aus :)

Ja, der war nicht übel.

Gab es da nicht in den späten 70igern, frühen 80igern eine unsägliche Popgruppe mit ähnlichem Namen?

Zum Glück habe ich noch eine Miniatur von dem. Das Faszinierende: Der ist m.E. klar im Mainstream verortet (91 gab's kaum was anderes), aber trotzdem irgendwie besonders geblieben und auch kein oller Frische-Langweiler aus Anfang 90! Insofern: gut!

Im Kampf kann man den Feind mit diesem Duft schon von weitem riechen, nehme ich an. Den Flakon finde ich eher schrecklich und ja, sieht aus wie Suppentopf oder Urne. Wobei man eine Urne ja auch ..... ah, ich hör jetzt auf! ;-)

Hört sich ganz gut an. Bis auf die mongolischen Sitten bei Beerdigungen...

Vielleicht war da Feindgulasch drin?

Jo, den finde ich auch klasse! Henkelpokal.