Le Cri / Le Cri de la Lumière von Parfum d'Empire

Le Cri
Le Cri de la Lumière
2017

Serenissima
08.08.2018 - 01:32 Uhr
26
Top Rezension
8.5Duft 8Haltbarkeit 7Sillage 7Flakon

die Göttin des Lichts

Die beiden Düfte von Parfum d'Empire, die ich bisher kennenlernen durfte, haben mir in ihrer Eigenartigkeit sehr gefallen: "Wazamba", der etwas andere Weihrauchduft, und "Ambre Russe", das immer an einen kleinen Schwips erinnert, der alles ein bisschen weichzeichnet.
So war ich natürlich sehr neugierig, als mir Yatagan eine Abfüllung von "Le Cri de la Lumière" schickte.
Was würde mich hier erwarten?

"La Cri de la Lumière" macht seinem Namen wirklich Ehre: es ist Licht!
Kein warmes, weiches Licht - nein, dieses Licht ist hell, beinahe gleißend!
So, als würde man über eine unberührte, sonnenbeschienene Schneedecke blicken: Schatten, die durch dieses Licht entstehen, sind nicht schwarz, sondern tief dunkelblau!
Am liebsten würde man zuerst einmal die Augen vor dieser Lichtfülle schließen.
So steht am Ende dieses Duftverlaufs wohl auch im hellen Gegenlicht die Göttin des Lichts!
Ob sie Gutes oder weniger Gutes bringt, wird sich zeigen.

"La Cri de la Lumière" eröffnet wie ein Spitzenumhang: leicht, transparent und erstaunlich blumig.
Die Rosen in voll erblühter Schönheit verströmen fast verschwenderisch ihren Duft. Meinem Empfinden nach sind es hier keine schweren, rot blühenden, sondern die eleganten fragilen gelben Teerosen - so, wie ich sie aus meiner Kindheit und Jugend in Erinnerung habe: ein Duft, der schwebt und nicht auf die Pauke haut!
(Ich bin sicher: Düfte können auch das - gerade diese tiefen, vollmundigen Rosendüfte!)
Dazu gesellt sich eine Iris, die hier wirklich einmal eine gleichwertige Partnerin der Rose ist: beide Blütendüfte vereinen sich auf das harmonischste.
Schon jetzt hat "La Cri de la Lumière" eine erstaunliche Klarheit (noch sensiblere Seelchen als ich würden dieses entstandene Duftgewebe vielleicht sogar "kalt" nennen!).
Um dem wohl entgegenzuwirken, wurde eine gute Portion des stark erotisierenden Moschuskörneröls - Ambrettesamen - beigefügt.
Unter normalen Umständen würde mir "La Cri de la Lumière" jetzt um die Ohren fliegen: zu viel Erotik für mich altes Weiblein!
Aber erstaunlich: die Kühle der Blütendüfte scheint dieses heiße Feuer zu neutralisieren - es entsteht ein zwar lebhaft, aber nicht aufregend dahinfließendes Duftwesen.
Das jetzt auch eine gewisse Pudrigkeit nicht verleugnen kann. Ganz so klar und durchsichtig wie zu Beginn, ist dieser Duft nicht mehr: er hat praktisch seine Unschuld verloren!
Das macht ihn natürlich interessanter (nicht ganz so unterkühlt langweilig!).
Er erinnert an eine leicht errötende Marmorstatue (oh, she is blushing!)

Die Sillage ist ein wenig schwach auf der Brust, die Haltbarkeitsdauer angenehm; dieser Duft verblasst langsam auf eine freundliche und leise Art: es macht Freude, nachzusprühen.
Die wieder so sympathisch runde Flaconform lädt geradezu zum Berühren ein.

Yatagan berichtet zu meinem Statement, dass Luca Turin "La Cri de la Lumière" zu einem der derzeit schönsten Düfte erkoren hat.
Nun ist für mich Signor Turin nicht der "Gott der Düfte", der er für viele zu sein scheint.
Manche seiner Urteile erscheinen mir doch etwas hart; vieles ist für mich nicht nachvollziehbar.
Vielleicht sind meine Sinne hier genauso sperrig wie ich selbst manchmal bin - mit leicht herausklappbaren Stacheln!
Aber wie es auch sei: in diesem Fall kann ich ihm beipflichten. "La Cri de la Lumière" hat etwas Außergewöhnliches, das diesen Duft zu einem eleganten, unaufdringlichen Begleiter zu allen Tageszeiten macht.
Es scheint nur ein feiner Schleier zu sein, der seinen Träger umschwebt, und doch besitzt diese Duftkomposition eine Präsenz, die sich der Umgebung auf sehr angenehme Art einprägt.
Es ist wie ein leichtes "den Kopf heben, aufmerksam etwas nachspüren, lauschen ...".

"La Cri de la Lumière" ist da; ein Duft, der kühlt, der wärmt, der schützt - ja, der ein Teil des Ganzen wird!
Es erinnert an ein gut sitzendes Kleidungsstück, einen gut sitzender Schuh.
Die "Göttin des Lichts" scheint hier im Flacon zu wohnen und ist immer da, wenn wir sie brauchen!
Ich fürchte, wir werden sie künftig noch häufig bemühen müssen ...
7 Antworten
FlirtyFlowerFlirtyFlower vor 7 Jahren
Hier gibt es allein für die Überschrift einen Pokal
LaPrimaveraLaPrimavera vor 7 Jahren
Nach dieser sehr schönen Beschreibung muss er einfach auf meine Merkliste!
MeggiMeggi vor 7 Jahren
Hm. Ich denke, ich passe,
Can777Can777 vor 7 Jahren
Sehr charmant dargebracht und wie immer sehr gerne gelesen. Dafür gibt es einen Goddess of Light-Pokal!
GerdiGerdi vor 7 Jahren
Toll beschrieben, aber mir zu kühl und zu 'rosig'. Bestimmt jetzt in den heißen Tagen ein feiner Begleiter!
YataganYatagan vor 7 Jahren
Mir war er zu "weiß", aber er ist definitiv interessant.
M3000M3000 vor 7 Jahren
Danke für die ergiebige Beschreibung! Übrigens ist auch der Colognoisseur Mark Behnke hingerissen, so dass seine Meinung und die von LT/TS mich mindestens neugierig machen