DerDefcon
30.10.2019 - 17:25 Uhr
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Hilfreiche Rezension
7.5Duft 9Haltbarkeit 9Sillage 9Flakon

Überladenes Unrundsein

Vielleicht werde ich mit diesem Kommentar ein wenig anstoßen, für ungläubige und empörte Blicke vor so manchem PC- oder Handy-Display sorgen und daraus resultierend Widerspruch ernten. Da ich jedoch im Bilde darüber bin, es hier mit einem recht zivilisierten Forum zu tun zu haben, kann ich mir ein schroffes Schreiben gegenüber manchem Parfumhaus bzw. eher gegen eines seiner Produkte ja erlauben. Fair sein werde ich. Versprochen!

Von Parums de Marly hatte ich nun schon die wohl für die Marke wichtigsten Kandidaten unter der Nase, wenn auch nicht zu jedem ein Kommentar von mir verfasst wurde. So durfte ich schon "Pegasus" kennenlernen, ebenso "Herod", "Layton Exclusif" und nun auch "Layton". Der "exklusivere" Layton gefällt mir von all jenen übrigens am besten - so viel kann ich schon verraten. Doch soll es um den noch teureren "Exklusivling" heute nicht gehen.

Exklusivität ist etwas, was sich durch diverse Faktoren definieren lässt. Bezogen auf Parfum ist das zum einen die Duft-DNA, zum anderen der Flakon und dann natürlich auch der Preis. Hersteller, die einen besonderen Premiumanspruch haben oder zu haben scheinen, wollen sich nach Möglichkeit über die soeben genannten drei Faktoren - es gibt bestimmt auch andere - definieren. Parfums de Marly gelingt dies im Falle von "Layton" auch, jedoch nur in zweierlei Hinsicht. Zum einen wäre da der Flakon, den ich zwar nicht selbst besitze (ich habe nur eine kleine Abfüllung), welchen ich aber in einer Nischenparfümerie bereits in der Hand halten durfte - ein interessantes, wertiges, auffallendes Wurfgeschoss. Über den Preis brauchen wir nicht lange reden. Der ist, wie auch bei Amouage, Creed und Co., hoch angesetzt - Nische halt. Worüber ich aber gerne reden möchte - welch Überraschung - ist der Duft, also das wohl Wichtigste für uns alle. Vorweg sei gesagt, dass ich mir durchaus im Klaren darüber bin, dass man nicht mit allem und jedem das Rad neu erfinden kann, doch hätte ich mir hier etwas mehr erwartet, berücksichtigt man, was für einen Marly mitunter auf den Tisch gelegt werden muss.

Kommen wir mal zum Duft:

Er ist nicht schlecht, keineswegs. Hätte er sonst eine 7,0 von mir bekommen? Wohl eher nicht. Allerdings habe ich mit der Duft-DNA so meine Probleme. Das Apfel-Zimt-Gemisch ist ein recht bewährtes Konzept, dessen sich auch der "böse Mainstream" gerne bedient. Dass die beiden Macher dieses blauen Marlys diese DNA nutzten, stellt für mich kein großes Problem dar, denn immerhin kann man und das erwähnte ich bereits, nicht permanent das Rad neu erfinden. Ich kann aber von einem teuren Marly erwarten, dass jene Verwendung der bereits allseits bekannten Apfel-Zimt-DNA (Zimt ist zwar nicht gelistet, aber ich meine, ihn zu riechen) auf eine kreativere Art und Weise erfolgt und dass es da die eine oder andere Duftnote gibt, welche die Komposition ein wenig anders oder gar einzigartiger macht.
Ich habe das Gefühl, der Versuch des Einzigartigmachens wurde vorgenommen, ist jedoch kläglich - gut, ein etwas übertriebener Begriff - gescheitert. Die Kombination aus Zimt, Apfel und später dann auch Vanille ist stets im Vordergrund und das mit einer wahrhaftig saftigen Sillage sowie auch Haltbarkeit. Das eher dunkle Guajakholz ist auch präsent, ebenso die Rosengeranie, doch wirken beide relativ unrund in das Gesamtwerk eingegliedert. So wirkt es, als wäre den beiden Parfümeuren erst im Nachgang, nachdem die Apfel-Zimt-Vanille-Kombination geschaffen wurde, eingefallen, dass da noch mancherlei vergessen wurde, um einen Duftcharakter zu kreieren, der sich vom eh schon süßen "Mainstream" ein wenig abgrenzt. Also hat man das Guajakholz zusammen mit der Rosengeranie schnell noch reingekippt und voila ... man war fertig. Nun gibt es da aber ein kleines Problem, welches ich schildere und womit ich dann auch zum Abschluss komme.

Das Nachgekippte pflegt mit dem Apfel-Zimt-Vanille-Konglomerat kein harmonisches Zusammensein, womit der Charakter des Unrundseins eigentlich auch schon beschrieben ist. Die Duftnoten bilden keine wirklich harmonische Einheit , wodurch dieser Marly einfach überladen daherkommt - etwas, was bei diesem Dufthaus prinzipiell keine Seltenheit zu sein scheint, was aber lediglich meine Meinung darstellt. Hier das Holz, da die Vanille, dann wieder das Holz, später Rosengeranie, dann wieder Holz, hier der Zimt mit Apfel, darauffolgend Vanille und übrig bleibt ein großes Durcheinander, bei dem alles irgendwie mal da und dann wieder weg ist, damit es später wiederkommt, nur um kurz danach doch zu verschwinden und all das in Dauerschleife aufgrund einer sehr guten Haltbarkeit. Das ist auf Dauer dann doch etwas anstrengend, keineswegs katastrophal riechend, doch für einen Marly und seinen Preis einfach zu wenig.

Nachtrag:

Nach mehrmaligem Tragen im Alltag muss ich meine Meinung ein wenig revidieren. Wahrlich ist es noch immer der Fall, dass die Duftnoten über den Tag ein wenig herumhüpfen und nie an ihrem eigentlich vorgesehenen Platz bleiben wollen, wodurch das ganze weiterhin etwas unruhig daherkommt. Jedoch fühlte ich mich mit dem Duft recht wohl und so vergebe ich statt einer 7,0 eine 7,5. Wenn ein Duft es nämlich schafft, dass ich mich gut fühle, so seien ihm ein paar kleine Schönheitsfehler verziehen und eine 7,5 ist das Mindeste.
8 Antworten
Marcello79Marcello79 vor 6 Jahren
Du und deine Nachträge:) In Köln sagt man ab dem 3. mal ist es Tradition;) Aber ich kann deiner Analyse zustimmen das sich Layton manchmal nicht so recht festlegen will. Trotzdem ein toller Duft! Von daher Traditions-Pokal;)
AndreasUAAndreasUA vor 6 Jahren
Naja ich stimme dir nicht überein. Der Layton riecht einfach nur gut. Punkt. Exclusif Probe war ich froh als diese aufgebraucht war. Viel zu komplex. Erst in der Basis wird das halbwegs harmonisch. Aber die Geschmäcker sind halt unterschiedlich))
FlirtyFlowerFlirtyFlower vor 6 Jahren
Mir fällt auf, dass du das Wort Konglomerat in sehr gern verwendest =D ist mir schon mal aufgefallen ... Aber ein interessanter Kommentar. Pokal für dich
Helena1411Helena1411 vor 6 Jahren
Die Marlys sind mir allesamt unbekannt, ziehen mich jedoch bislang auch noch nicht so recht an. Und dank Deines aufschlussreichen und m.M.n. fairen Kommentar wird es vorerst auch so bleiben. Exklusivitätspokal :-)
SchatzSucherSchatzSucher vor 6 Jahren
Deine Ausführungen habe ich wieder gern gelesen. Über Exklusivität müssen wir nicht diskutieren, das entscheidet jeder selbst. Layton ist für mich ok, aber reizte mich nicht zum Kauf. Den exklusiven Layton wiederum fand ich scheußlich, überladen und nervte mich binnen kurzem.
Melisse2Melisse2 vor 6 Jahren
Ich finde ganz angenehm, dass Apfel und Mandarine im Auftakt für mich schön frisch und echt rüberkommen. Was mich im weiteren Verlauf stört, ist eine Note, die gefühlt mittlerweile in jedem 10. Duft vorkommt und irgendwie nach trockenem Holz und Wacholder riecht. Sie ist im Layton in der angenehmeren Version vorhanden und ich wüsste gerne mal, was das ist.
PollitaPollita vor 6 Jahren
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Den Duft kenne ich noch nicht aber klingt anstrengend. Nichtsdestotrotz mal wieder sehr schön geschrieben.
FeniceFenice vor 6 Jahren
Julien Sprecher (Erfinder?) von Parfums de Marly sagte mal in einem Interview: "Layton nahm die längste Zeit in Anspruch, da es eine Herausforderung war, die Formel auszugleichen und sie langlebig zu machen, ohne die Noten zu verdrehen."