Candy Night Prada 2019 Eau de Parfum

Zugegeben: Der Flacon ist sehr schön anzusehen. Das war er ja bereits beim „Ursprungs-Candy“. Aber bei der Night-Edition ist er noch reizvoller. Andererseits: Ein Duft namens Candy Night – „Nachtzuckerl“ auf österreichisch – ist vielleicht doch nicht so ganz meins. Oder? Ich werde es gleich feststellen. Keine Vorurteile.

Vor mir liegt eine Probe, eingeschweißt in ein Tütchen in Pink und Schwarz. Öffnet man es, kommt ein Glasröhrchen mit Spray zum Vorschein. Ich sprühe – und schnuppere. Vor allem süß, meldet mein Näschen sofort. Und gourmandig. Ich erkenne dunkle Schokolade oder Kakao und Vanille. Das überrascht mich. Eigentlich hätten mich jetzt Neroli, Iris und Bitterorange umfangen sollen. Ich liebe Iris und ihre pudrige Eleganz. Und Bitterorange wäre ein interessanter Kontrast zu den Gourmetnoten gewesen. Doch bei mir geht der Duft gleich in medias res. Das heißt, er entwickelt eine Fülle von süßen Nuancen. Karamell, Kakao, Schokolade, Vanille. Selbst Patchouli, als Nachzügler, duftet hier süß. Diesen gourmandigen Süßnoten scheint sich alles brav unterzuordnen. Von der sonst eher dominanten Pomeranzenblüte Neroli nehme ich nichts wahr, von Bitterorange auch nicht. Die Iris erkennt man höchstens mit viel Fantasie. Selbst die dunkle Schokolade duftet hier nicht herb oder bitter, sondern süß.

Der Duft ist warm, seidig, sanft, eher dunkel – und vergänglich, was seine Haltbarkeit betrifft.
Eine große Entwicklung kann ich nicht feststellen.

Ich würde den Duft mehr dem Herbst und Winter zuordnen. Er ist ein anschmiegsamer, aber wie schon erwähnt, flüchtiger Begleiter. Das „normale“ Candy ist hier ansatzweise an der typischen Karamellnote erkennbar. Dieses erste Candy ist bereits 2011 erschienen. Damals waren Parfüms mit Gourmand-Note gerade im Trend. Die sinnliche Süße der Tonkabohne lag überall in der Luft. In der U-Bahn duftete es besonders abends nach Angel von Thierry Mugler.

Ich konnte den schweren Düften schon damals nicht viel abgewinnen. Ich mochte sie als Duft – etwa als Raumduft, Seife oder Duftkerze -, aber nicht an mir. Wieso Prada nun den Candy nach so vielen Jahren wiederbeleben zu müssen glaubt, ist mir nicht ganz klar. Gourmand-Düfte waren einmal etwas Neues, ja, Sensationelles. Man liebte es, als Dessert im Marzipan- oder Amarettoduftschleier herumzulaufen oder als wandelnde Zuckerwatte bzw. Karamellbonbon. Für Fans dieser Süßigkeiten gibt es viele dieser beliebten Düfte immer noch. Originell sind sie inzwischen nicht mehr. Die Parfummode hat sich längst weiterentwickelt und neue Aromen entdeckt.

Meiner Ansicht nach, wäre es nicht notwendig gewesen, zum ursprünglichen Candy jetzt noch eine Night-Version zu erschaffen.

In den Kommentaren lese ich, dass einige Candy Night als erwachsener und reifer empfinden als das Originalcandy. Dieser Ansicht kann ich mich nicht anschließen. Für mich ist der Duft „girlie“. Mit seiner dominanten Süße passt er zu Mädchen und jungen Frauen. An Damen 40+ kann ich ihn mir nicht gut vorstellen. Das wäre ungefähr so, als würden sie das Outfit ihrer Teenietöchter tragen.

Mir persönlich bietet der gefällige Kuschelduft zu wenig Inspiration und Innovation. Er ist mir zu süß und zu mainstreamig, hat zu wenig Tiefe und Substanz. Es scheint, als seien die letzten 8 Jahre Parfumgeschichte an Prada unreflektiert vorübergegangen.
Ich bevorzuge Anspruchsvolleres. An jungen Discoqueens kann ich mir den Duft aber gut vorstellen.