17.11.2014 - 14:41 Uhr
Palonera
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Palonera
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21
Großmutters Schoß
Wenn die Tage immer noch kürzer werden, immer noch grauer, immer noch kälter, dann sehnt sich der Mensch, dann sehne ich mich nach ein bißchen Wärme, nach kindlicher Süße, nach Kuscheln und Geborgenheit.
Nach heißem Früchtetee abends auf dem Sofa, an den Füßen die dicken Kuschelsocken, neben mir den Liebsten und um uns her ein Meer aus kleinen Lichtern, die vergessen lassen, daß draußen vor dem Fenster der Nordwind pfeift und aus dem tiefschwarzen Abendhimmel eisige Sturzbäche herniedergehen.
Dann will ich nicht daran denken, daß ich groß bin und vernünftig, daß es Pflichten gibt und einen Terminkalender, tickende Sekundenzeiger und etwas, das sich Verantwortung nennt.
Dann will ich noch einmal das kleine Mädchen sein, damals auf Großmutters Schoß, das Geschichten lauschte von verzauberten Prinzen und schlafenden Prinzessinnen, die klebrigen Finger fest geschlossen um kandierte Früchte, die vor lauter Spannung ganz vergessen waren.
So groß konnte gar kein Riese sein, so böse keine Hexe, daß ich mich wirklich gefürchtet hätte, nicht in Großmutters weichen Armen, nicht in Sichtweite von Großvaters Stock, mit dem er jeden Bösewicht zu verscheuchen gedachte.
Kindheit – süße, unwiederbringliche Erinnerungen, allumfassende Geborgenheit, kein Gedanke an das Morgen, an "Wenn ich einmal groß bin..."
Jetzt bin ich groß.
Jetzt ist die Welt kalt, grau und dunkel, angefüllt mit Fürchterlingen, denen kein Krückstock beizukommen vermag.
Aber manchmal rotfunkelnder Früchtetee, Kuschelsocken, der Liebste auf dem Sofa und ein Duft, der mich vier Jahrzehnte in die Vergangenheit schickt.
Er steht vor mir auf dem Tisch.
Eine eckige Säule, altrosafarben gefrostet, die silbernen Sterne schon leicht verblichen.
Unscheinbar und gar nicht "leider teuer".
Nichts Exclusives, nichts Abgehobenes, nicht ernsthaft erwachsen und sicherlich auch kein Statussymbol.
Stichelig-hellrosafarbene Rosenknospen und eine junge Magnolie, eher auf dem Reißbrett gezeichnet denn im Garten erblüht, verbinden sich alsbald mit himbeerigen Geleefrüchten – süß ist das und kleinmädchenhaft, doch nur ein paar Minuten lang, nur so lange, bis sich hellholzige Noten einbringen und die Süße dimmen.
Rosenknospen-Früchtetee – das kommt jetzt hin, fein gesüßt mit Blütenhonig und funkelndrot im Kerzenschein.
Nicht laut, nicht raumgreifend – eine auf Armlänge gut wahrnehmbare Aura, die große und kleine Nasen schnuppernd in meine Richtung dreht, ohne sie merklich zu krausen.
Ein bißchen kratzig mitunter wie jene dicken Wollpullover, die ich trug, bevor Cashmere und Angora zu tragbaren Alternativen wurden, und noch immer mit einem feinen Sticheln, das sich bis weit in die Basis hinein erhält.
Mit der Zeit erwärmt sich der Duft, legt das Kratzige ab und gewinnt an Süße, die je nach Haut- und Außentemperatur fein und ein wenig crispy wirken kann, in sehr warmer Umgebung jedoch zu kleben beginnt wie jene Kinderlutscher, die, achtlos fortgelegt, kaum noch von ihrem Untergrund zu lösen sind.
Und da ist es wieder, das kleine Mädchen, das so leicht glücklich zu machen ist mit Fruchtgummi und Himbeerbonbons, mit Dornröschen auf Großmutters Schoß, mit dicken Socken und flackernden Kerzen, während vor dem dunklen Fenster der Wind in den Bäumen heult und kein Fürchterling ihm etwas anhaben kann.
Manchmal muß es gar nicht mehr sein.
Nach heißem Früchtetee abends auf dem Sofa, an den Füßen die dicken Kuschelsocken, neben mir den Liebsten und um uns her ein Meer aus kleinen Lichtern, die vergessen lassen, daß draußen vor dem Fenster der Nordwind pfeift und aus dem tiefschwarzen Abendhimmel eisige Sturzbäche herniedergehen.
Dann will ich nicht daran denken, daß ich groß bin und vernünftig, daß es Pflichten gibt und einen Terminkalender, tickende Sekundenzeiger und etwas, das sich Verantwortung nennt.
Dann will ich noch einmal das kleine Mädchen sein, damals auf Großmutters Schoß, das Geschichten lauschte von verzauberten Prinzen und schlafenden Prinzessinnen, die klebrigen Finger fest geschlossen um kandierte Früchte, die vor lauter Spannung ganz vergessen waren.
So groß konnte gar kein Riese sein, so böse keine Hexe, daß ich mich wirklich gefürchtet hätte, nicht in Großmutters weichen Armen, nicht in Sichtweite von Großvaters Stock, mit dem er jeden Bösewicht zu verscheuchen gedachte.
Kindheit – süße, unwiederbringliche Erinnerungen, allumfassende Geborgenheit, kein Gedanke an das Morgen, an "Wenn ich einmal groß bin..."
Jetzt bin ich groß.
Jetzt ist die Welt kalt, grau und dunkel, angefüllt mit Fürchterlingen, denen kein Krückstock beizukommen vermag.
Aber manchmal rotfunkelnder Früchtetee, Kuschelsocken, der Liebste auf dem Sofa und ein Duft, der mich vier Jahrzehnte in die Vergangenheit schickt.
Er steht vor mir auf dem Tisch.
Eine eckige Säule, altrosafarben gefrostet, die silbernen Sterne schon leicht verblichen.
Unscheinbar und gar nicht "leider teuer".
Nichts Exclusives, nichts Abgehobenes, nicht ernsthaft erwachsen und sicherlich auch kein Statussymbol.
Stichelig-hellrosafarbene Rosenknospen und eine junge Magnolie, eher auf dem Reißbrett gezeichnet denn im Garten erblüht, verbinden sich alsbald mit himbeerigen Geleefrüchten – süß ist das und kleinmädchenhaft, doch nur ein paar Minuten lang, nur so lange, bis sich hellholzige Noten einbringen und die Süße dimmen.
Rosenknospen-Früchtetee – das kommt jetzt hin, fein gesüßt mit Blütenhonig und funkelndrot im Kerzenschein.
Nicht laut, nicht raumgreifend – eine auf Armlänge gut wahrnehmbare Aura, die große und kleine Nasen schnuppernd in meine Richtung dreht, ohne sie merklich zu krausen.
Ein bißchen kratzig mitunter wie jene dicken Wollpullover, die ich trug, bevor Cashmere und Angora zu tragbaren Alternativen wurden, und noch immer mit einem feinen Sticheln, das sich bis weit in die Basis hinein erhält.
Mit der Zeit erwärmt sich der Duft, legt das Kratzige ab und gewinnt an Süße, die je nach Haut- und Außentemperatur fein und ein wenig crispy wirken kann, in sehr warmer Umgebung jedoch zu kleben beginnt wie jene Kinderlutscher, die, achtlos fortgelegt, kaum noch von ihrem Untergrund zu lösen sind.
Und da ist es wieder, das kleine Mädchen, das so leicht glücklich zu machen ist mit Fruchtgummi und Himbeerbonbons, mit Dornröschen auf Großmutters Schoß, mit dicken Socken und flackernden Kerzen, während vor dem dunklen Fenster der Wind in den Bäumen heult und kein Fürchterling ihm etwas anhaben kann.
Manchmal muß es gar nicht mehr sein.
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